Schlagwortarchiv für: E-Health

Corona Sonderregelungen für Privatversicherte verlängert

Videobehandlung und Abrechnung der Hygienepauschale weiter möglich

(BPtK) Versicherte der privaten Krankenversicherung können während der Corona Pandemie weiterhin unbürokratisch per Videotelefonat psychotherapeutisch behandelt werden. Darauf hatten sich Bundesärztekammer, Bundespsychotherapeutenkammer, Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und Beihilfe in einer gemeinsamen Abrechnungsempfehlung verständigt. Diese Sonderregelung wurde nun bis zum 30. September 2020 verlängert.

Auch die Abrechnungsempfehlung für die Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen während der Corona-Pandemie wurde bis zum 30. September 2020 verlängert. Die Berechnung der Analoggebühr Nr. 245 GOÄ ist auch für Psychotherapeut*innen einmal je Sitzung zum 2,3-fachen Satz möglich. Voraussetzung hierfür ist der unmittelbare, persönliche Psychotherapeut*in-Patient*in-Kontakt.

Corona-Sonderregelungen: Videobehandlung verlängert

Telefonische Beratung nicht mehr möglich

(BPtK) Psychotherapeut*innen können Videobehandlungen weiter unbegrenzt anbieten. Auch im dritten Quartal gelten die Sonderregelungen während der Coronakrise. Danach können grundsätzlich Einzelsitzungen und in begründeten Fällen auch psychotherapeutische Sprechstunden und probatorische Sitzungen per Videotelefonat durchgeführt werden, und zwar ohne Grenzen bei der Anzahl der Patient*innen und Leistungsmenge. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen geeinigt.

Dagegen ist telefonische Unterstützung von Patient*innen, die bereits in psychotherapeutischer Behandlung sind, nicht mehr abrechenbar. Aufgrund der zunächst rückläufigen Infektionszahlen und den Lockerungen bei den Kontaktbeschränkungen hat der Bewertungsausschuss nun beschlossen, diese Sonderregelung nicht über den 30. Juni hinaus zu verlängern.

Akutbehandlung und Gruppenpsychotherapie können weiterhin nicht per Video erbracht werden. Genehmigte Leistungen einer Gruppenpsychotherapie können jedoch ohne weiteren bürokratischen Aufwand in Einzelsitzungen umgewandelt werden. Dafür muss kein Antrag bei der Krankenkasse oder ein Bericht an den Gutachter erfolgen. Dies gilt vorerst bis zum 30. September 2020.

„Wie waren Ihre Erfahrungen mit der Videobehandlung?”

BPtK startet Onlinebefragung von Psychotherapeut*innen

(BPtK) Die Corona-Pandemie hatte auch dies verändert: Weil viele Patient*innen sonst nicht erreichbar waren, boten Psychotherapeut*innen ihnen Videobehandlungen an. Jetzt will die Bundespsychotherapeutenkammer wissen: „Wie waren Ihre Erfahrungen?“. Es geht darum, Nutzen und Grenzen dieser Fernbehandlung besser einschätzen zu können. Die Befragung richtet sich an alle Psychotherapeut*innen unabhängig davon, ob sie diese bereits vor oder während der Corona-Pandemie eingesetzt haben, diese häufig oder gar nicht nutzen und ob sie sie als hilfreich oder problematisch beurteilen. Die Antworten sollen helfen, die gesundheitspolitische Diskussion über Videobehandlung nach der Corona-Pandemie mit den Erfahrungen der Praktiker*innen fundiert führen zu können.

Die Onlinebefragung richtet sich an alle Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen. Die Beantwortung des gesamten Fragebogens dauert circa zehn Minuten. Dabei werden keine personenbezogenen Daten erhoben, sodass die Teilnehmer*innen anonym bleiben. Zur Onlinebefragung gelangen Sie über den folgenden Link: https://www.soscisurvey.de/test205913/

Webasiertes Seminar „Videobehandlung in Corona-Zeiten“ mit Mathias Heinicke

(LPK BW) Am 13.05.2020 betrat auch die LPK BW Neuland in Sachen Digitalisierung und führte erstmals eine Fortbildungsveranstaltung als webasiertes Seminar durch. Mathias Heinicke referierte über die seit Januar 2020 bestehende Möglichkeit der Psychotherapie per Video-Modul, deren Nutzung durch die Corona-Krise sehr rasch in größerem Umfang erforderlich wurde. Die Gesprächssituation stellt PatientInnen und TherapeutInnen vor besondere Herausforderungen.

Unbürokratische telefonische Beratung und Behandlung per Videotelefonat

Sonderregeln für Privatversicherte während der Corona-Pandemie

(BPtK) Versicherte der privaten Krankenversicherung können während der Corona-Pandemie unbürokratischer per Videotelefonat psychotherapeutisch behandelt werden. Darauf haben sich Bundesärztekammer, Bundespsychotherapeutenkammer, Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und Beihilfe in einer gemeinsamen Abrechnungsempfehlung verständigt. Diese Sonderregelung ist zunächst bis zum 30. Juni 2020 befristet. Versicherte, die in ihren Verträgen auch psychotherapeutische Leistungen vereinbart haben, können aufgrund dieser Regelung darauf verzichten, vorab die Genehmigung ihrer Krankenkasse einzuholen.

Außerdem sind darüber hinaus längere telefonische Beratungen möglich. Innerhalb eines Kalendermonats können bis zu viermal 40-minütige telefonische Beratungen erstattet werden. Diese Regelung basiert auf einer Empfehlung der Bundesärztekammer, der die private Krankenversicherung allerdings bereits zugestimmt hat. Sie ist zunächst befristet bis zum 31. Juli 2020.

Für Privatversicherte gab es bisher keine einheitlichen Regelungen zur Fernbehandlung. Die meisten PKV-Verträge sehen zwar keine Einschränkung zur Videosprechstunde und -behandlung vor. Die Versicherten mussten jedoch in jedem Einzelfall mit ihrer Versicherung klären, ob diese psychotherapeutischen Leistungen erstattet werden. Dies ist nun nach der gemeinsamen Abrechnungsempfehlung für die meisten diagnostischen und einzelpsychotherapeutischen Leistungen nicht mehr erforderlich.

„Der Schutzraum der Praxis fehlt“

BPtK-Reader: Erfahrungen von Psychotherapeut*innen in der Coronakrise

(BPtK) Die Coronakrise hat auch die psychotherapeutische Beratung und Behandlung erheblich verändert. Hygieneregeln hielten Einzug in die psychotherapeutische Praxis, Patient*innen in Quarantäne mussten per Videogespräch versorgt werden, tagesklinische Angebote fielen weg. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat diese Entwicklung von Anfang an begleitet und die Erfahrungen mit Psychotherapie im Ausnahmezustand dokumentiert. Die ersten zehn Erfahrungsberichte von Psychotherapeut*innen hat die BPtK jetzt in einem Reader zusammengefasst.

Leitfaden für die Prüfung von Gesundheits-Apps veröffentlicht

BfArM-Verzeichnis schafft die erforderliche Transparenz

(BPtK) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat seinen Leitfaden zur Prüfung von Gesundheits-Apps, die Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen ihren Patient*innen verschreiben können, veröffentlicht. „Sehr wichtig ist, dass im Verzeichnis erkennbar sein wird, ob die Gesundheits-App bereits auf ihre Wirksamkeit geprüft oder nur zur Probe zugelassen ist“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Damit liefert das BfArM die erforderliche Transparenz, um digitale Gesundheitsanwendung verantwortungsbewusst verordnen zu können.“ Im Verzeichnis wird auch die Studie nachzuschlagen sein, mit der die Wirkung einer Gesundheits-App überprüft wurde. Dadurch ist nachzuverfolgen, ob es eine Studie mit Kontrollgruppen war oder ein einfacher Vergleich einer Patientengruppe vor und nach einer digitalen Anwendung.

Die BPtK rät davon ab, Gesundheits-Apps zu verordnen, die noch nicht ausreichend geprüft sind. „Gesundheits-Apps können positive wie negative therapeutische Wirkung haben“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Patient*innen sollen nur digitale Gesundheitsanwendungen verordnet bekommen, wenn sie ausreichend geprüft und nicht nur zur Probe zugelassen wurden. Unsere Patient*innen sind keine Versuchskaninchen.“

Munz betont, dass auch wirkungslose Apps schädlich sein können: „Eine Gesundheits-App, die gar nicht oder zu wenig wirkt, kann z. B. den Eindruck verstärken, nicht gegen seine depressiven Stimmungen anzukommen.“ Für einen depressiv kranken Menschen ist es meist eine erhebliche Anstrengung, sich trotz seiner überwältigenden Gefühle der Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit psychotherapeutisch behandeln zu lassen. Misserfolge durch nicht wirksame Gesundheits-Apps untergraben die Therapiemotivation und können zu einer substanziellen Verschlechterung der Erkrankung führen.

Das BfArM plant, noch im Mai die Antragsformulare für Hersteller*innen zu veröffentlichen. Damit können voraussichtlich ab Ende August die ersten Gesundheits-Apps verordnet werden.

Keine vorschnelle Einführung der elektronischen Patientenakte

BPtK: Patient*innen brauchen Hoheit über ihre Daten von Anfang an

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert die vorschnelle Einführung der elektronischen Patientenakte auf Kosten des Datenschutzes, wie sie heute mit der 1. Lesung des Patientendaten-Schutzgesetzes geplant ist. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kann zum 1. Januar 2021 technisch nicht sicherstellen, dass Versicherte die Hoheit über ihre elektronische Patientenakte haben. Dafür wäre insbesondere notwendig, dass sie für einzelne Dokumente, wie z. B. ärztliche Verordnungen, regeln können, wer sie lesen darf. Da die Programmierung der elektronischen Patientenakte diesen datenschutzrechtlich wichtigen Aspekt noch nicht gewährleistet, plant Minister Spahn, eine vorläufige Akte mit abgesenkten Standards ab 2021 einzuführen. Ein „differenziertes Berechtigungsmanagement“ für die Versicherten soll danach erst ab 1. Januar 2022 möglich sein.

„Die geplante Version der elektronischen Patientenakte ist noch unausgereift, ihre Einführung vorschnell“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK. „Patient*innen brauchen von Anfang an die vollständige Hoheit über ihre Daten. Bisher kann psychisch kranken Menschen nicht empfohlen werden, die Patientenakte zu nutzen.“

Die BPtK lehnt außerdem ab, dass psychotherapeutische Praxen, die die Telematikinfrastruktur nicht nutzen und den Abgleich der Versichertenstammdaten nicht durchführen, finanziell sanktioniert werden. „Sanktionen führen allenfalls zu mehr Skepsis und mangelnder Akzeptanz der Telematikinfrastruktur“, gibt BPtK-Präsident Munz zu bedenken.

Krisen-Hotlines und zentraler Terminservice

BPtK-Wegweiser für psychisch kranke Menschen in der Coronakrise

(BPtK) Psychisch kranke Menschen können in vielen Bundesländern spezielle Video- und Corona-Sprechstunden nutzen, um sich psychotherapeutisch beraten und behandeln zu lassen. Für Termine können sie sich an die bundesweite Hotline 116 117 wenden. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg sowie Thüringen bieten zudem eine besondere Krisen-Hotline per Telefon oder Video während der Corona-Pandemie an. „Während der Coronakrise können sich insbesondere Depressionen und Angststörungen entwickeln und verschlimmern“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Die BPtK hat deshalb die verschiedenen Angebote an psychotherapeutischer Beratung und Behandlung in einem „Wegweiser für psychisch kranke Menschen in der Coronakrise“ nach Bundesländern zusammengefasst.

  • Das Angebot der Praxen: Eine psychotherapeutische Beratung und Behandlung kann grundsätzlich auch weiter in den psychotherapeutischen Praxen stattfinden, trotz Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten. Die Behandlung einer psychischen Erkrankung gehört zur medizinisch dringend notwendigen Versorgung. Patient*innen können deshalb weiter Termine für eine Behandlung von Angesicht zu Angesicht machen oder bestehende Termine wahrnehmen, wenn sie keine Erkältungssymptome und sich nicht mit dem Coronavirus angesteckt haben. Die Praxen halten alle Hygienestandards ein, die dafür notwendig sind. Wem es nicht möglich ist, in die Praxis zu kommen, kann eine Behandlung per Video oder, wenn das nicht möglich ist, per Telefon angeboten werden.
  • Die psychotherapeutische Sprechstunde: Wer erstmals aufgrund psychischer Beschwerden Hilfe bei einer Psychotherapeut*in sucht, muss zunächst in die psychotherapeutische Sprechstunde. Diese kann in der Praxis oder per Videogespräch erfolgen. Die Psychotherapeut*in muss die Patient*in weiterhin zur Diagnostik sehen. Eine rein telefonische Beratung, ob eine Behandlung notwendig ist, ist nicht möglich.
  • Direkte Kontaktaufnahme in der Praxis: Um einen ersten Termin bei einer Psychotherapeut*in zu bekommen, können Patient*innen direkt in deren Praxis anrufen. Die Sprechzeiten, zu denen die Praxis telefonisch erreichbar ist, findet man auf der Internetseite der Praxis oder sie werden auf dem Anrufbeantworter angesagt.
  • Bundesweiter Terminservice: Wenn die gewünschten Praxen über keinen freien Termin verfügen, können sich Patient*innen auch direkt einen Termin über den Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung vermitteln lassen, der unter der bundesweiten Hotline 116 117 zu erreichen ist.
  • eTerminservice: In vielen Bundesländern bietet der Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigungen auch die Möglichkeit, direkt bei Psychotherapeut*innen Video- oder Corona-Sprechstunden online zu buchen.
  • Spezielle Krisen-Hotline per Telefon oder Video: Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Thüringen bieten während der Corona-Pandemie sogar spezielle Krisen-Hotlines per Telefon oder Video an. Für spezielle besonders belastete Personen, wie z. B. medizinisches Personal, gibt es darüber hinaus unterschiedliche bundesweite und landesspezifische Angebote zur telefonischen Beratung.
  • Hilfe für Familien: Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen in Praxen und Beratungsstellen bieten ihre Hilfe, insbesondere bei psychischen Krisen und eskalierenden Konflikten in Familien, an.

„Alter ist kein Kriterium für Rationierung!“

Erfahrungsbericht 10: Prof. Eva-Marie Kessler über die Versorgung älterer Menschen

(BPtK) Darüber kann sie sich richtig aufregen. Darüber, wie jetzt in der Öffentlichkeit über ältere Menschen geredet wird. Viele von ihnen sind durch das Virus besonders gefährdet, weil ihr Immunsystem nicht mehr so stark ist oder weil sie bereits chronisch und mehrfach erkrankt sind. Aber als ob das nicht schon reicht, wird in der Öffentlichkeit jetzt diskutiert, ob das Alter ein Kriterium ist, nach dem an Coronakranke noch medizinische Hilfe verteilt werden soll. „Alter ist kein Kriterium für Rationierung!“, stellt Professorin Eva-Marie Kessler fest. In Großbritannien werden an knappe Beatmungsgeräte allerdings schon vor allem Jüngere angeschlossen. „Manche alte Menschen fühlen sich dadurch an gar nicht so gute alte Zeiten erinnert, als von ‚unwertem Leben‘ gesprochen wurde.“

„Wir müssen als Psychotherapeut*innen zeigen, dass wir für besonders gefährdete Personen da sind“, fordert die Professorin für Gerontopsychologie an der Medical School Berlin. „Viel drängender als bei Jüngeren stellt sich bei älteren Menschen zudem die Frage, wie wir überhaupt noch Wege finden, dass sie unsere Hilfe erreicht.“ Immer wieder hört Eva-Marie Kessler jetzt von Patient*innen: „Gut, dass ich noch den Termin mit Ihnen habe. Der Pflegedienst kommt ja schon nicht mehr. Ich traue mich aber nicht raus, weil ich Angst vor dem Virus habe. Mein Hausarzt hat auch seine Hausbesuche eingestellt.“

Ältere Menschen sind aufgrund der Coronakrise noch stärker isoliert als in normalen Zeiten. Manche kommen damit durchaus zurecht. Sie sind seit Jahren sehr an die Häuslichkeit gewohnt und können sich gut zurückziehen. Für sie sind die ersten Wochen der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen gar nicht so anders gewesen. Die Tochter hat den Einkauf übernommen und damit war die Welt soweit in Ordnung. Andere haben bereits sehr viel erlebt und sind dadurch gestärkt und stabil. „Das wird auch vorübergehen“, sagen sie zuversichtlich und nutzen all ihre Kräfte, damit dies auch gelingt. Bei wieder anderen wecken die Warteschlangen allerdings ganz andere Erinnerungen. Erinnerungen an Krieg und Bomben. Diese traumatischen Erlebnisse prägen jetzt wieder ihr Erleben der allgegenwärtigen Ansteckungsgefahr. Bei vielen, die 75 Jahre und älter sind, wird aus der Angst sich anzustecken nicht selten Todesangst und aus Rückzug totale Isolation. Am Ende quälen sie sich mit der Erwartung, wegen Corona allein zu sterben.

„Ältere Menschen sind schon normalerweise psychotherapeutisch ausgesprochen schlecht versorgt“, kritisiert Psychotherapeutin Eva-Marie Kessler. Bei den Über-75-Jährigen mit einer depressiven Erkrankung erhält nicht einmal ein Prozent eine ambulante Psychotherapie.“ Die Gerontopsychologin setzt sich deshalb schon seit Längerem für mehr Hausbesuche durch Psychotherapeut*innen ein. „Wir müssen flexibler werden“, mahnt sie ihre eigene Profession. „Aber wie sollen wir jetzt Hausbesuche machen, wo es an Schutzkleidung mangelt?“ Und damit steht sie wie viele ihrer Kolleg*innen vor der grundsätzlichen Frage: „Wie ist Hilfe für ältere Menschen überhaupt noch möglich?“

Dass inzwischen eine telefonische Beratung und Behandlung möglich sind, war ein ganz entscheidender Schritt in die richtige Richtung. Kontakt und Gespräch sind so wieder möglich. Doch bisher ist die Telefonbehandlung auf Patient*innen eingeschränkt, die bereits bei einer Psychotherapeut*in in Behandlung sind. Alle anderen sind ausgegrenzt. Wer neu erkrankt, bleibt unerreichbar und unbehandelbar. Denn mit Videotelefonaten, die bei allen Patient*innen eingesetzt werden können, kommen viele ältere Menschen nicht zurecht. Sicher, es gibt die jungen Alten, die mit Smartphone und Laptop vertraut sind und mit denen Psychotherapie auch per Bildschirm möglich ist. Aber es gibt auch die alten Alten, die manchmal motorisch kaum in der Lage sind, den Telefonhörer zu halten, die kognitive Einschränkungen haben, die blind sind. „Für die Mehrheit der Über-70-Jährigen ist nach meinen Erfahrungen die Behandlung per Videotelefonat deshalb nicht das richtige Mittel, weil keine entsprechende Technik – WLAN, Webcam – zur Verfügung steht.“, stellt Eva-Marie Kessler fest. „Ohne Telefon ist die Tür zur psychotherapeutischen Versorgung verschlossen.“

Selbst da, wo die Behandlung per Telefon möglich ist, reicht die Zeit, die dafür zur Verfügung steht, nicht aus. Mehr als 20 Telefonate à 10 Minuten im Vierteljahr sind nicht drin. „Das reicht für die Behandlung einer schwer depressiven Patient*in gerade in der jetzigen Situation hinten und vorne nicht aus“, kritisiert Eva-Marie Kessler. Angst und depressive Niedergeschlagenheit sind aber die häufigsten Reaktionen von älteren Menschen auf die Ansteckungsgefahr und häusliche Isolation.

Die Coronakrise erhöht auch den Aufwand an Gesprächen mit anderen, die sich um ältere Menschen kümmern. Mehr als normal sind koordinative Leistungen gefordert: Gespräche mit den Angehörigen, dem Pflegedienst, den Hausärzt*innen. „In der Not müssen wir vor allem individuelle Lösungen finden, wie wir älteren Menschen weiter helfen können“, erklärt die Psychotherapeutin. „Und dafür brauchen wir – noch mehr als sonst – Zeit!“