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Reform der Psychotherapeutenausbildung zügig abschließen

32. Deutscher Psychotherapeutentag in Bremen

(BPtK) Der 32. Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) am 20. und 21. April 2018 in Bremen forderte, die Reform der Psychotherapeutenausbildung zügig abzuschließen. Dabei votierte er für eine Erprobungsklausel, um die Ausbildung der Psychotherapeuten künftig flexibel an Veränderungen anpassen zu können. Außerdem stellte der 32. DPT die Weichen für eine konsequentere Frauenförderung und forderte von der Politik einen Ausbau der ambulanten Versorgung, insbesondere außerhalb von Ballungszentren und im Ruhrgebiet, um die unzumutbar langen Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung zu verringern.

Senatorin Quante-Brandt: „Das Schiff ins Wasser kriegen“

Die bremische Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz, Prof. Dr. Eva Quante-Brandt, begrüßte die Delegierten und war zuversichtlich, dass es in „naher Zukunft“ ein „tragfähiges Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung gebe“. Strittig sei noch die Frage nach dem Hochschultyp, deren Klärung für die Reform notwendig sei. Hier könne und müsse es aber einen Kompromiss geben. Man werde, so sage man in Bremen, das Schiff schon „ins Wasser kriegen“.

Höchste psychische Belastungen im Gesundheits- und Sozialwesen

Bericht der Bundesregierung zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2016

(BPtK) Im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Verwaltung und bei den Sozialversicherungsträgern sowie im Bereich Erziehung und Unterricht fehlen Arbeitnehmer überdurchschnittlich häufig wegen psychischer Erkrankungen. Deutlich seltener sind psychisch bedingte Fehltage im produzierenden Gewerbe wie beispielsweise im Maschinenbau, im Baugewerbe und in der Land- und Forstwirtschaft (siehe Abbildung). Dies ist ein Ergebnis des Berichts der Bundesregierung zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit für das Jahr 2016.

Der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft führt dazu, dass Arbeitnehmer häufiger als früher aufgrund psychischer Erkrankungen krankgeschrieben werden. „Immer mehr Menschen arbeiten in Berufen, die hohe psychosoziale Anforderungen an die Arbeitnehmer stellen“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die psychischen Belastungen sind in solchen Berufen am höchsten, in denen es darum geht, sich um andere Menschen zu kümmern und für sie da zu sein. Soziale Fürsorge ist intensive Arbeit, in der häufig Höchstleistungen gefordert werden. Ist jedoch das Personal zu knapp bemessen oder kommt fehlende Anerkennung hinzu, steigt das Risiko, wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig zu werden.“ Die BPtK fordert deshalb, in Gesundheits- und Sozialberufen einen besonderen Fokus auf die Verringerung psychischer Belastungen, die Stärkung psychosozialer Ressourcen sowie die Früherkennung psychischer Beschwerden und das Angebot psychosozialer Beratungs- und Hilfsangebote zu legen.

Männer und Frauen sind in Gesundheits- und Sozialberufen fast gleich häufig arbeitsunfähig aufgrund psychischer Erkrankungen. Eine Frau fehlt durchschnittlich 4,4 Tage im Jahr, ein Mann 3,6 Tage.

Psychische Erkrankungen verursachen weiter häufige Fehlzeiten

Ausgaben für Krankengeld höher als für Psychotherapie

(BPtK) Psychische Erkrankungen führen weiterhin häufig zu überdurchschnittlich langen Krankschreibungen von Arbeitnehmern. Das ergab eine aktuelle Übersicht der Bundespsychotherapeutenkammer über die Dauer und Gründe von Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2016. Danach nahmen die Tage, die Arbeitnehmer wegen psychischer Erkrankungen krankgeschrieben waren, noch leicht zu, von 14,1 Prozent im Jahr 2015 auf 14,7 Prozent im Jahr 2016. Damit sind psychische Erkrankungen der zweithäufigste Grund für betriebliche Fehlzeiten nach den Muskel-Skelett-Erkrankungen. Die Anzahl der psychisch bedingten Krankschreibungen hat im Vergleich zum vergangenen Jahr sogar noch stärker zugenommen – von 5,1 auf 6,2 Prozent.

Auch die durchschnittliche Dauer psychisch bedingter Krankschreibungen blieb überdurchschnittlich hoch und lag bei 34 Arbeitstagen. Damit sind psychische Erkrankungen eine der Hauptursachen für Langzeitarbeitsunfähigkeit und Krankengeldzahlungen, die die Krankenkassen nach der betrieblichen Lohnfortzahlung übernehmen müssen. Die Kassen zahlen rund ein Viertel des Krankengeldes aufgrund psychischer Erkrankungen. Das waren 2016 rund 2,9 Milliarden Euro. Damit sind die jährlichen Krankengeldausgaben wegen psychischen Erkrankungen höher als die Ausgaben für ambulante Psychotherapie. Diese betrugen nur circa 2 Milliarden Euro.

„Anstelle Krankengeld zu zahlen, sollten die Krankenkassen mehr Behandlungsplätze schaffen“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Psychisch Kranke müssen insbesondere auf dem Land noch wochen- und monatelang auf eine Psychotherapie warten. Dadurch verschlimmern sich psychische Erkrankungen und werden chronisch. Könnten psychisch kranke Arbeitnehmer früher als bisher mit einer Psychotherapie beginnen, könnten lange Krankschreibungen und damit die Ausgaben von Krankengeld verringert werden“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. Die BPtK fordert rund 4.000 zusätzliche psychotherapeutische Praxen in ländlichen Regionen. Hierfür müssten die gesetzlichen Krankenkassen rund 320 Millionen Euro jährlich zusätzlich in die Gesundheit ihrer Versicherten investieren.

Psychische Belastungen in der Arbeitswelt

BAuA legt umfangreiches Gutachten vor

(BPtK) Psychische Belastungen am Arbeitsplatz können krank machen. Das zeigt ein umfangreiches Gutachten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), das am 5. Mai vorgestellt wurde. Danach gehören beispielsweise eine langandauernd hohe Arbeitsintensität, geringe Erholungszeiten, enge Handlungsspielräume, häufige Störungen und Unterbrechungen bei der Arbeit und anhaltende Konflikte mit Kolleginnen und Kollegen zu den Belastungen am Arbeitsplatz, die die psychische Gesundheit beeinträchtigen und das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen. Anderseits ist Arbeit auch eine Ressource, die die psychische Gesundheit stärken kann.

„Der Bericht belegt, dass psychische Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung und im Arbeitsschutz noch nicht ausreichend verankert sind“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Politik und Sozialpartner müssen mehr als bisher dafür Sorge tragen, dass arbeitsbedingte psychische Belastungen frühzeitig und besser erkannt und verringert werden.“

Der Bericht enthält zehn Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bei psychischen Belastungen. Hierzu gehören die Begrenzung und partizipative Gestaltung der Arbeitszeit, das Ausbalancieren zwischen Arbeit und Erholung, die Stärkung der Bedeutung der Führungskräfte für eine Arbeitsgestaltung, die der psychischen Gesundheit zuträglich ist, und den Aufbau von Strukturen, die es ermöglichen, psychische Probleme von Beschäftigten so früh wie möglich zu erkennen und sie bei der Bewältigung zu unterstützen.

Der Bericht ist der Startschuss für einen Runden Tisch zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebern und dem Bundesarbeitsministerium zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt, an dem auch die BAuA und die Nationale Arbeitsschutzkonferenz beteiligt sein werden. „Wir begrüßen den geplanten Dialog zwischen den Sozialpartnern und dem Bundesarbeitsministerium“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Munz. „Wir hoffen, dass daraus konkrete und wirksame Maßnahmen abgeleitet werden.“

Psychische Erkrankungen sind ein Armutsrisiko

Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes greift Thema erstmals auf

(BPtK) Nicht nur geringe finanzielle Ressourcen machen arm – sondern auch mangelnde Teilhabe am Arbeits- und gesellschaftlichen Leben. Psychisch und vor allem chronisch psychisch kranke Menschen sind hiervon besonders häufig betroffen. Das ist ein Ergebnis des Armutsberichts 2017 des Paritätischen. 50 Prozent der chronisch und schwer psychisch kranken Menschen haben keine Arbeit, 20 Prozent haben einen geschützten Arbeitsplatz und nur 10 Prozent stehen in einem regulären Beschäftigungsverhältnis.

Ein Grund für die niedrige Beschäftigungsquote liege im starren System von Reha- und Integrationsmaßnahmen, die eine individuelle Gestaltung der Übergänge von der Akutbehandlung in die Rehabilitation und eine frühzeitige berufliche Wiedereingliederung erschweren. Ein weiterer Grund stelle der Beginn einer psychischen Erkrankung in frühen Lebensjahren dar und die damit verbundenen Einschränkungen in Ausbildung oder Studium und einem eigenständigen Einkommen. Neben den fehlenden finanziellen Ressourcen gehe mit psychischen Erkrankungen oft auch eine Erosion von sozialen und persönlichen Netzwerken einher. Eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben werde deshalb nicht nur durch die mangelnden finanziellen Ressourcen beschränkt.

Um die Abwärtsspirale in die Armut zu stoppen, seien deshalb eine bessere Verzahnung von Akutbehandlung und Rehabilitationsmaßnahmen sowie der Ausbau von Zuverdienstangeboten, Jobcoaching und „Train and Place“-Maßnahmen notwendig, so der Paritätische. Zudem müssten die Rahmenbedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt flexibler gestaltet werden, um auch psychisch kranke Menschen eine bessere Teilhabe am Erwerbsleben zu ermöglichen.

Psychische Erkrankungen sind die dritthäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit

BPtK-Auswertung „Gründe für Arbeitsunfähigkeit 2015“

(LPK BW) Während im Jahr 2016 psychische Erkrankungen noch als zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit galten, sind sie mittlerweile auf Platz drei gerutscht. Das liegt an der enormen Zunahme an Atemwegserkrankungen. Sie sind mittlerweile der Hauptgrund für AU-Tage. Auf Platz zwei liegen Muskel- und Skeletterkrankungen. Zudem konnte laut aktuellem BKK-Gesundheitsreport zwischen 2016 und 2023 ein Anstieg der AU-Tage festgestellt werden, der vornehmlich auf Atemwegserkrankungen und psychische Störungen zurückgeht. 

Der DAK-Gesundheitsreport stellte für das Jahr 2024 zwar einen Rückgang der Atemwegserkrankungen fest, sie waren mit den meisten Fehltagen pro 100 Versicherten aber nach wie vor der häufigste Grund für eine Krankschreibung. 

Psychische Erkrankungen haben längere Ausfallzeiten 

Obwohl Atemwegserkrankungen auch im Jahr 2024 der häufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit waren, ziehen sie vergleichsweise geringe Ausfallzeiten nach sich. Das Wissenschaftliche Institut der AOK schreibt dazu, dass der Anteil der AU-Tage, die aufgrund von Atemwegserkrankungen genommen wurden, im Jahr 2024 nur 15,1 Prozent ausmachten. Psychische Erkrankungen führen hingegen in der Regel zu deutlichen längeren Ausfallzeiten. 

Frauen sind häufiger betroffen als Männer

Dem BKK-Gesundheitsreport zufolge sammeln Frauen im Laufe eines Jahres im Durchschnitt mehr AU-Tage als Männer. Davon sind alle Altersgruppen betroffen. Dementsprechend weisen Frauen auch mehr Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen auf. Männliche Berufstätige sind hingegen häufiger von Muskel-Skelett-Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Verletzungen betroffen. 

Die Anfälligkeit von Frauen für bestimmte psychische Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen liegt vermutlich in verschiedenen Faktoren begründet. Unter anderem spielen sozio-kulturelle Begebenheiten eine Rolle. Frauen übernehmen häufig den Großteil der Care-Arbeit und sehen sich so einer Doppelbelastung ausgesetzt. 

Auch die Hormone könnten Einfluss haben. Die weiblichen Sexualhormone Östrogen und Progesteron wirken sich auf den Serotoninspiegel aus und können bei manchen Frauen depressive Verstimmungen hervorrufen. 

Das Ärzteblatt schreibt, dass dreimal so viele Frauen als Männer an einer Depression erkrankt sind. Um diesen Missstand auszugleichen, sind effektive Präventionsmaßnahmen sowie eine bessere psychologische Behandlung von Bedeutung. Dabei ist es wichtig, individueller auf die geschlechtsspezifischen Bedürfnisse von Frauen einzugehen 

Psychische Erkrankungen sind der häufigste Grund für Berufsunfähigkeit 

Zahlreiche Berufstätige fallen aufgrund einer psychischen Erkrankung wochenlang aus, können anschließend aber an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Das ist allerdings nicht immer der Fall. Bei manchen Betroffenen ist der Leidensdruck so groß, dass sie berufsunfähig werden und ganz mit dem Arbeiten aufhören müssen. Laut dem Gesamtverband der Versicherer sind psychische Erkrankungen der häufigste Grund für die Berufsunfähigkeit. Im Jahr 2022 waren es 35 Prozent der Fälle. 

Als berufsunfähig gilt, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr oder zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausführen kann. Die Berufsunfähigkeit muss außerdem für voraussichtlich mindestens sechs Monate anhalten. Gegebenenfalls kann ein Wechsel in eine andere Branche Abhilfe schlafen. Möglicherweise handelt es sich aber auch um eine Erwerbsunfähigkeit, sodass der Betroffene gar keiner Erwerbstätigkeit mehr nachkommen kann. 

Da die Berufsunfähigkeit starke finanzielle Einbußen mit sich bringen kann, ist eine entsprechende Absicherung ratsam. Allerdings hat in Deutschland nur jeder Fünfte eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Viele Menschen wären also auf die Erwerbsminderungsrente angewiesen. 

Psychische Belastung am Arbeitsplatz hat verschiedene Gründe

Berufstätige Frauen und Männer, die sich am Arbeitsplatz einer ständigen Überlastung gegenübersehen, haben ein erhöhtes Risiko, an einem Burn-out zu erkranken. Auch mangelnde Wertschätzung, eine unausgeglichene Work-Life-Balance oder Mobbing können den Stressfaktor erhöhen. 

Auf einen Zusammenhang zwischen Depressionen und Stress auf der Arbeit gibt es hingegen wenig Hinweise. Für das Entstehen einer Depression muss eine genetische Veranlagung gegeben sein. Darauf haben weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber Einfluss. 

Unternehmen können dennoch einiges tun, um die erkrankten Angestellten aufzufangen und sie dabei unterstützen, schnellstmöglich eine adäquate Behandlung wahrnehmen zu können, sodass den Betroffenen viel Leid erspart und die Ausfallzeiten minimiert werden. 

Präventionsmaßnahmen helfen nur bedingt 

Arbeitgeber können davon profitieren, wenn sie ein möglichst stressfreies Arbeitsumfeld und ein angenehmes Betriebsklima kreieren. Zusätzlich kann das Angebot von gesundheitsfördernden Maßnahmen dazu beitragen, Burn-outs, einige Muskel-Skelett-Erkrankungen oder andere Auslöser für Fehltage auf ein Minimum zu senken. Gegen psychische Erkrankungen wie Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen oder eine bipolare Störung helfen diese Vorsorgemaßnahmen in der Regel nicht. Hier ist ein anderer Ansatz notwendig. 

Offene Kommunikation und Unterstützungsangebote 

Eine offene Kommunikationskultur macht es Angestellten leichter, sich bezüglich ihrer psychischen Erkrankung zu äußern, auch wenn sie dazu natürlich nicht verpflichtet sind. Zudem können Unternehmen ihre Unterstützung signalisieren, indem sie Ansprechpartner benennen und Beratungsangebote zur Verfügung stellen. 

Auch ein allgemeines Grundwissen zu psychischen Erkrankungen und ein nicht-stigmatisierender Umgang mit dem Thema können sich positiv auswirken. Im besten Fall suchen sich Betroffene schneller Hilfe und haben keine Scheu, mit dem Arbeitgeber zu kommunizieren. Gleichzeitig können leitende Angestellte aktiv auf Mitarbeiter zugehen, die sich in letzter Zeit stark verändert haben oder denen es offensichtlich nicht gut geht. Das Gespräch sollte dabei nie anklagend verlaufen, sondern ein Angebot zur Unterstützung sein. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Programme zur Wiedereingliederung. Da gerade psychische Erkrankungen lange Fehlzeiten bedeuten können, ist es wichtig, dass Unternehmen darauf vorbereitet sind, Betroffene langsam wieder in den Betrieb einzuführen.

Fast 80 Millionen Fehltage wegen psychischer Erkrankungen pro Jahr

Kleine Anfrage der GRÜNEN zu Arbeitsbedingungen und psychischen Belastungen

(BPtK) Arbeitnehmer fehlten 2014 fast 80 Millionen Tage aufgrund von psychischen Erkrankungen in ihren Betrieben. Damit sind psychische Erkrankungen die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit (AU). Ihr Anteil an allen Fehltagen liegt bei 17 Prozent. Nur Muskel-Skelett-Erkrankungen sind mit 27 Prozent noch häufiger. Dies zeigt die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Arbeitsbedingungen und psychischen Belastungen, die heute veröffentlicht wurde. 2014 waren unter den zwanzig häufigsten Einzeldiagnosen sechs psychische Erkrankungen. Depressionen waren die zweithäufigste Einzeldiagnose.

Aufgrund psychischer Erkrankungen fehlten überdurchschnittlich viele Arbeitnehmer in der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheits- und Sozialwesen. In diesen Wirtschaftszweigen gibt es mehr als 1,5-mal so viele psychisch bedingte AU-Tage wie im Durchschnitt.

Die Bundesregierung zählt den Erhalt und die Förderung der psychischen Gesundheit heute zu den wichtigsten Herausforderungen im Arbeitsschutz. Die zunehmenden psychischen Belastungsfaktoren, wie erhöhter Zeitdruck, permanente Erreichbarkeit und zunehmende Unterbrechungen bei der Arbeit, erhöhten das Risiko für psychische Erkrankungen.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb, dass Psychotherapeuten in der geplanten psychotherapeutischen Sprechstunde auch Präventionsempfehlungen geben können. „Psychotherapeuten sind ausgesprochene Experten für die Vorbeugung und Früherkennung von psychischen Erkrankungen“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Es ist deshalb unverständlich, dass sie nach dem Präventionsgesetz keine Präventionsempfehlungen ausstellen können.“

Krankengeld: Depressionen verursachen die höchsten Ausgaben

Sachverständigenrat legt Sondergutachten zum Krankengeld vor

(BPtK) Psychische Erkrankungen sind für einen großen Teil der Krankengeldtage, -fälle und -ausgaben in Deutschland verantwortlich. Im Jahr 2014 führten unipolare Depressionen zu den höchsten Ausgaben für Krankengeld unter allen Erkrankungen. Sie verursachten bei Frauen mehr als ein Drittel und bei Männern fast ein Viertel der Ausgaben für Krankengeld. Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in seinem Sondergutachten zum Krankengeld, das er diese Woche Gesundheitsminister Gröhe überreichte.

Langzeitarbeitsunfähigkeit wegen psychischer Erkrankungen hat in den vergangenen 15 Jahren deutlich zugenommen. So ist die Zahl der Tage, an denen Arbeitnehmer wegen einer psychischen Erkrankung länger als sechs Wochen krankgeschrieben waren, von 2000 bis 2014 um 114 Prozent gestiegen.

Ein zentrales Problem in der Versorgung psychisch Kranker sehen die Sachverständigen in der „Wartezeit auf eine bedarfsgerechte, insbesondere psychotherapeutische Behandlung“. Die Wartezeit betrage nach einer Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer und der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ übereinstimmend etwa drei Monate. Eine rechtzeitige Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen könne dabei helfen, lange Krankschreibungen und Fehlzeiten am Arbeitsplatz zu verhindern und die Ausgaben für Krankengeld zu verringern. Bei Depressionen, die sich nicht spontan bessern, führe die Wartezeit „zu einem erheblichen Teil (bis hin zur vollen Länge)“ zu einer verlängerten Arbeitsunfähigkeit. Dies verlängere – nach der Entgeltfortzahlung – auch die Krankengeldzahlungen. Die lange Durchschnittsdauer der Krankschreibungen bei psychischen Diagnosen „ließe sich durch eine Verkürzung der Wartezeit möglicherweise entsprechend deutlich verkürzen“.

Die Sachverständigen empfehlen daher, die Bedarfsplanung dem realen Behandlungsbedarf bei psychischen Erkrankungen anzupassen. Dazu sollten für die regionalen Vorgaben der Bedarfsplanung die tatsächlich erbrachten Psychotherapiestunden berücksichtigt werden. Außerdem empfehlen die Gutachter den Ausbau gestufter Versorgungsmodelle und flexibler ambulanter Angebote insbesondere im Krisenfall. Zusätzlich schlagen sie den Ausbau eines ambulanten Fallmanagements und frühere erste Kontakte von psychisch Kranken zu einem Psychotherapeuten oder Arzt vor – etwa durch die Einführung einer regelhaft und flächendeckend angebotenen Akutsprechstunde. Schließlich regen sie an, zukünftig Honoraranreize, die von der Schwere der psychischen Erkrankung abhängen, sowie vermehrt E-Health-Interventionen zu nutzen.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat die Aufgabe, regelmäßig Gutachten zu erstellen, mit dem Ziel, die Entwicklung in der gesundheitlichen Versorgung zu analysieren, Prioritäten für den Abbau von Versorgungsdefiziten und bestehenden Überversorgungen zu entwickeln und Wege zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens aufzuzeigen. In dem diesjährigen Sondergutachten zum Krankengeld werden Ursachen der Entwicklung von Krankengeld erörtert und Empfehlungen zur Vermeidung eines unnötigen Anstiegs der Krankengeldausgaben ausgesprochen.

Das Krankengeld ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, durch die ein Versicherter bei längerer Krankheit und Arbeitsunfähigkeit (ab sechs Wochen) finanziell abgesichert werden soll. Die Dauer der Krankengeldzahlungen ist begrenzt. Der Versicherte erhält Lohnersatz für insgesamt maximal 78 Wochen für dieselbe Krankheit innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren.

Bedeutung psychischer Erkrankungen für Fehlzeiten steigt weiter an

BPtK-Auswertung „Gründe für Arbeitsunfähigkeit 2014“

(BPtK) Der Anstieg geht weiter: Die Bedeutung psychischer Erkrankungen für Fehlzeiten am Arbeitsplatz nimmt weiter zu. Das ergab eine aktuelle Auswertung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) für das Jahr 2014, die auf Daten von fast 85 Prozent aller gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland basiert.

Im Jahr 2014 waren 14,4 Prozent der Tage, die Arbeitnehmer arbeitsunfähig waren, psychisch verursacht. Das ist ein Prozent mehr als im Jahr 2013. Damit hat sich der Anteil psychisch bedingter Fehltage in der Wirtschaft seit dem Jahr 2000 (7,0 Prozent) mehr als verdoppelt. Nach den Muskel-Skelett-Erkrankungen sind psychische Erkrankungen der zweithäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeitstage.

Die durchschnittliche Dauer einer Krankschreibung stieg in dieser Zeit von 26,1 auf 34,3 Tage – also um gut eine Woche je Krankmeldung. Damit führen psychische Erkrankungen im Vergleich zu körperlichen Krankheiten zu überdurchschnittlich langen Ausfällen am Arbeitsplatz.

Auch die Anzahl der Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen nahm weiter zu. Im Jahr 2014 stellten Ärzte auf 5,5 Prozent ihrer Bescheinigungen der Arbeitsunfähigkeit z. B. eine Depression, Angststörung, Suchterkrankung oder ein psychosomatisches Leiden fest. Im Jahr 2000 waren es nur 3,3 Prozent der Atteste gewesen. Trotz dieses Anstiegs führen andere Erkrankungen deutlich häufiger zu Krankschreibungen.

„Arbeit hat ein doppeltes Gesicht“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Arbeit ist ein wesentlicher Faktor für die psychische Gesundheit, weil sie in unserer Gesellschaft eine zentrale Bedeutung für das Selbstwertgefühl des Menschen hat. Arbeit kann aber auch massiv überfordern und krank machen. Starker Leistungsdruck, Arbeitsplatzunsicherheit und eine immer unklarere Trennung zwischen Arbeit und Erholung führen immer häufiger zu Arbeitsunfähigkeit wegen psychischer Erkrankungen. Wir fordern einen stärkeren Fokus der betrieblichen Gesundheitsprävention auf psychische Erkrankungen und einen stärkeren Einbezug psychotherapeutischer Expertise im Bereich der Prävention“, fordert Munz. „Außerdem müssen die Regelungen im Versorgungsstärkungsgesetz für eine psychotherapeutische Sprechstunde rasch umgesetzt werden, damit psychische Erkrankungen frühzeitig diagnostiziert und den Betroffenen ein entsprechendes Behandlungsangebot gemacht werden kann.“

Fehltage wegen psychischer Erkrankungen auf Rekordniveau

DAK veröffentliche Psychoreport 2015

(BPtK) Fehltage wegen psychischer Erkrankungen haben bei DAK-Versicherten im vergangenen Jahr ein neues Rekordniveau erreicht. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage wegen einer psychischen Erkrankung etwa verdreifacht. Sie liegt aktuell bei fast 240 Fehltagen pro 100 Versicherten. Psychische Erkrankungen sind damit erstmals die zweithäufigste Ursache für Fehltage am Arbeitsplatz. Das sind zentrale Ergebnisse des neuen Psychoreports 2015 der DAK-Gesundheit.

„Psychisch kranke Menschen sprechen inzwischen offener über ihre Beschwerden und trauen sich auch, ihrem Arzt davon zu berichten. Durch zunehmende Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen steigt die richtige Feststellung der Ursache von Arbeitsunfähigkeit und auch die Zahl derjenigen Patienten, die sich behandeln lassen wollen und einen Psychotherapeuten suchen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest.

Um den steigenden Behandlungsbedarf zu decken und den langen Wartezeiten auf eine Psychotherapie entgegenzuwirken, setzt die DAK verstärkt auf Online-Programme. „Psychisch belastete und kranke Menschen benötigen schnell Beratung und Hilfe“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Online-Programme können das bisherige Behandlungsangebot ergänzen. Der Großteil der psychisch kranken Menschen braucht und will aber eine Psychotherapie. Und diese müssen sie auch erhalten.“

Nach den DAK-Analysen verursachen Depressionen und Anpassungsstörungen die meisten der Arbeitsunfähigkeitstage. Frauen sind fast doppelt so oft wegen psychischer Erkrankungen krankgeschrieben wie Männer (6,5/3,6 Prozent). Außerdem zeigen sich deutliche regionale Unterschiede. Während im Saarland im vergangenen Jahr 306 Fehltage je 100 Versicherte psychisch bedingt waren, waren es in Bayern lediglich 193 und in Baden-Württemberg 197 Fehltage.

Die DAK-Gesundheit ist eine der größten gesetzlichen Kassen in Deutschland und versichert 6,1 Millionen Menschen. Für den DAK-Psychoreport hat das IGES-Institut die anonymisierten Daten von rund 2,6 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet.