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BPtK-Auswertung: Monatelange Wartezeiten bei Psychotherapeut*innen

Corona-Pandemie verschärft das Defizit an Behandlungsplätzen

(BPtK) Psychisch kranke Menschen müssen weiterhin monatelang auf einen Behandlungsplatz bei einer niedergelassenen Psychotherapeut*in warten. „Die Coronakrise verschärft den Mangel an Behandlungsplätzen“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Es rächt sich jetzt, dass die Krankenkassen seit Jahren die Zulassung einer ausreichenden Anzahl von psychotherapeutischen Praxen blockieren.“

BPtK-Auswertung von 300.000 Versichertendaten für das Jahr 2019

Nach einer BPtK-Auswertung von über 300.000 Versichertendaten für das Jahr 2019 warten rund 40 Prozent der Patient*innen mindestens drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung, wenn zuvor in einer psychotherapeutischen Sprechstunde festgestellt wurde, dass sie psychisch krank sind und deshalb behandelt werden müssten. Damit wartet fast die Hälfte von psychisch kranken Menschen inakzeptabel lange auf eine notwendige Behandlung.

Dabei beginnt nur die Hälfte der Patient*innen nach einer psychotherapeutischen Sprechstunde eine Behandlung. Knapp 20 Prozent von ihnen benötigt eine besonders dringende Akutbehandlung. Von den Patient*innen, die eine Behandlung brauchen, beginnen über 80 Prozent eine Kurzzeittherapie von höchstens 24 Stunden. Nur knapp 15 Prozent beginnen direkt eine Langzeittherapie oder verlängern innerhalb der untersuchten 15 Monate die Kurzzeittherapie.

Hintergrund: Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat die psychischen Belastungen in der Bevölkerung massiv erhöht. Insbesondere während der zweiten Corona-Welle nahmen die Anfragen bei niedergelassenen Psychotherapeut*innen massiv zu. Nach einer Umfrage der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung vom Januar 2021 erhielten niedergelassene Psychotherapeut*innen deutlich mehr Anfragen als im Januar 2020. Stellten Patient*innen im vergangenen Jahr im Schnitt 4,9 Anfragen pro Woche, waren es 2021 6,9. Allein der Anteil an Psychotherapeut*innen, die mehr als zehn Anfragen pro Woche erhielten, verdoppelte sich dabei. Nur zehn Prozent der Anfragenden konnten innerhalb eines Monats einen Behandlungsplatz erhalten. Knapp 40 Prozent mussten länger als sechs Monate warten.

BPtK-Forderung: Kurzfristige Corona-Soforthilfe

Es ist zu erwarten, dass das ganze Ausmaß der psychischen Folgen erst nach einem Lockdown-Ende sichtbar wird. Die BPtK fordert deshalb eine Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Menschen. Das Angebot an psychotherapeutischer Beratung und Behandlung muss kurzfristig deutlich ausgeweitet werden. Deshalb sollten auch Privatpraxen bis Ende des Jahres grundsätzlich Menschen mit psychischen Beschwerden und Erkrankungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung versorgen können. Die Kassen müssen verpflichtet werden, die Kosten ohne bürokratische Hürden zu erstatten.

BPtK-Forderung: Langfristig mehr Praxen zulassen

Auf Dauer ist eine erneute Reform der Bedarfsplanung notwendig. „Fast jeder zweite psychisch kranke Mensch muss drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung warten“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Die Politik sollte endlich das Leid der psychisch kranken Menschen ernst nehmen. Insbesondere außerhalb von Großstädten und im stark unterversorgten Ruhrgebiet müssen erheblich mehr psychotherapeutische Praxen zugelassen werden, damit Menschen, bei denen in einer psychotherapeutischen Sprechstunde eine psychische Erkrankung festgestellt wurde, auch innerhalb von vier Wochen eine Behandlung aufnehmen können.“

Landeskongress Gesundheit 2020

(LPK BW) Der 5. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg fand am 7. Februar 2020 in der Messe Stuttgart statt. Der 2016 von der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, der kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und einigen großen Krankenkassen ins Leben gerufene Kongress stand diesmal unter dem Motto „Zukunftssicherung Gesundheit“ und versammelte ca. 300 Entscheidungsträger aus Ärzteschaft, Verbänden und Krankenkassen sowie politische Vertreter*innen, um den aktuellen Stand und Weiterentwicklungen im Gesundheitswesen zu diskutieren.

Für die LPK Baden-Württemberg v.a. zum Thema „Depressionen – die neue Volkskrankheit?“ mit dabei waren Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz, Geschäftsführer Christian Dietrich und Dr. Rüdiger Nübling.

Bundesregierung setzt auf Reform der Bedarfsplanung

Monatelange Wartezeiten auf psychotherapeutische Behandlung verringern

(BPtK) Psychisch kranke Menschen warten Monate auf eine psychotherapeutische Behandlung. Das räumt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein (Bundestagsdrucksache 19/7316). Die Bundesregierung erkennt an, dass eine Ursache für die langen Wartezeiten fehlende Psychotherapeuten sein können. Sie sieht die Notwendigkeit, diese Wartezeiten zu verringern.

Dies soll auch mit der Reform der Bedarfsplanung gelingen, die der Gemeinsame Bundesausschuss nach dem Terminservicegesetz bis zum 1. Juli 2019 umzusetzen hat. Die Bundesregierung kündigte an, die Wirkung der Reform aufmerksam zu beobachten.

Die Einführung der psychotherapeutischen Sprechstunde und der Akutbehandlung hat nach Einschätzung der Bundesregierung schnellere erste Termine beim Psychotherapeuten ermöglicht. Ihr liegen zugleich keine konkreten Informationen darüber vor, dass bestimmte Patientengruppen beim Zugang zur Psychotherapie systematisch benachteiligt werden.

Erfolge der psychotherapeutischen Sprechstunde nicht zunichtemachen

BPtK lehnt gestufte Versorgung, wie mit dem TSVG geplant, ab

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) lehnt eine „gestufte und gesteuerte psychotherapeutische Versorgung“, wie sie mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) geplant ist, ab. „Psychisch kranke Menschen werden bereits nach Dringlichkeit und Schwere behandelt“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Der Gesetzgeber hat mit der psychotherapeutischen Sprechstunde bereits eine differenzierte Versorgung eingeführt. Eine zusätzliche Prüfung durch Dritte, ob eine psychotherapeutische Behandlung überhaupt notwendig ist, würde den großen Erfolg, der mit der Sprechstunde erzielt wurde, wieder zunichtemachen.“ Menschen, die an psychischen Beschwerden leiden, erhalten durchschnittlich innerhalb von knapp sechs Wochen einen ersten Termin beim Psychotherapeuten zur Diagnostik und Beratung. Diese Regelung hat sich gerade für schwer psychisch kranke Menschen bewährt, die vorher von den langen Wartezeiten auf einen ersten Termin abgeschreckt wurden.

Alle Patienten, bei denen festgestellt wurde, dass sie psychisch krank sind, müssen danach viel zu lange auf eine psychotherapeutische Behandlung warten: in ländlichen Regionen fünf bis sechs Monate, im Ruhrgebiet sogar sieben Monate. „Diese langen Wartezeiten lassen sich nur durch mehr Psychotherapeuten verkürzen“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Deshalb fordern wir, dort kurzfristig für Psychotherapeuten 1.500 Praxen mehr zuzulassen.“

Vielen Patienten kann mit einer Kurzzeit- oder Langzeitpsychotherapie geholfen werden. Einige dieser Patienten erhalten flankierend eine Pharmakotherapie. „Es gibt aber auch eine kleine Gruppe von Patienten, die nicht nur Psychotherapie und Pharmakotherapie brauchen, sondern darüber hinaus auch soziotherapeutische Unterstützung, psychiatrische Krankenpflege, Ergotherapie oder auch Angebote der Gemeindepsychiatrie“, stellt Munz fest. „Bei diesen Patienten mit komplexem Leistungsbedarf reicht jedoch eine rein psychotherapeutische oder psychiatrische Versorgung nicht aus. Ihr Hauptproblem ist die fehlende Kooperation und Koordination. Für diese schwer und meist chronisch kranken Patienten fehlt schlicht das notwendige multiprofessionelle Behandlungsangebot“, erläutert Munz. „Der Gemeinsame Bundesausschuss sollte den Auftrag erhalten, für diese schwer und meist chronisch kranken Patienten eine ambulante multiprofessionelle Versorgung zu ermöglichen.“

Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen

BPtK-Forderungen zu Terminservice- und Versorgungsgesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) insbesondere ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen. Ein Drittel der Patienten, bei denen in einer psychotherapeutischen Sprechstunde diagnostiziert wurde, dass sie psychisch krank sind und eine ambulante Psychotherapie benötigen, warten sechs bis neun Monate auf den Beginn der Behandlung. Deshalb fordert die BPtK in ländlichen Regionen und im Ruhrgebiet rund 1.500 psychotherapeutische Praxen zusätzlich.

„Das monatelange Leid psychisch kranker Menschen, bevor sie behandelt werden können, muss dringend verkürzt werden“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Dafür müssen mehr Psychotherapeuten zugelassen werden. Denn dort, wo mehr Psychotherapeuten arbeiten, sind die Wartezeiten nachweislich am kürzesten.“ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plane mit dem TSVG bereits die Krankenversorgung vor allem dort zu verbessern, wo besonders große Versorgungs- und Terminschwierigkeiten bestehen. „Besonders schlecht versorgt sind aber insbesondere psychisch kranke Menschen, die seit Jahren nicht rechtzeitig behandelt werden können“, betont Munz. „Dadurch verschlimmern sich psychische Beschwerden oder sie chronifizieren.“ Leitlinien empfehlen bei fast allen psychischen Erkrankungen eine Psychotherapie.

Die Wartezeiten auf eine Behandlung sind dort am längsten, wo am wenigsten Psychotherapeuten je Einwohner arbeiten. „In ländlichen Regionen werden deutlich weniger psychotherapeutische Praxen zugelassen als in den Großstädten“, erläutert der BPtK-Präsident. „Deshalb sind die Wartezeiten dort auch am längsten.“ Dies lasse sich zum Beispiel für Baden-Württemberg belegen, wo er selbst in einer Klinik arbeite. Psychisch kranke Menschen warten in den städtischen Zentren mit mehr als 60 Psychotherapeutensitzen je 100.000 Einwohnern durchschnittlich 12 Wochen auf eine psychotherapeutische Behandlung: beispielsweise in Tübingen 9,8 Wochen, in Heidelberg 11,7 Wochen und in Freiburg 12,5 Wochen. In den ländlichen Regionen mit weniger als 20 Psychotherapeutensitzen je 100.000 Einwohner sind die Wartezeit dagegen fast doppelt so lang und betragen 20,7 Wochen. „Ich erwähne ausdrücklich Freiburg, weil Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Deutschen Bundestag behauptet hat, dass in Freiburg die Wartezeiten am längsten seien, weil es dort am meisten Psychotherapeuten gäbe“, ergänzt BPtK-Präsident Munz. „Da war der Bundesgesundheitsminister schlecht informiert.“

Die BPtK fordert die zusätzlichen psychotherapeutischen Praxen insbesondere für die ländlichen Regionen. Dort sind nach der Bedarfsplanung besonders wenige Psychotherapeuten vorgesehen. „Menschen in ländlichen Regionen leiden jedoch keineswegs seltener an psychischen Erkrankungen“, stellt Munz fest. „Es ist deshalb eine gravierende Fehlplanung, dort weniger Psychotherapeuten zuzulassen als in den Großstädten“. Das Sofortprogramm, das die BPtK fordert, soll deshalb vor allem die psychotherapeutische Versorgung außerhalb städtischer Zentren verbessern. Einzige Ausnahme ist das Ruhrgebiet, das in der Bedarfsplanung als Sonderregion behandelt wird und deshalb ähnlich schlecht psychotherapeutisch versorgt ist wie die ländlichen Regionen.

Spahnscher Irrtum 3:

Psychotherapeutische Praxen: "Mehr Angebot löst das Problem nicht."

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, mehr psychotherapeutische Praxen zuzulassen, um die monatelange Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung zu verkürzen.

Gesundheitsminister Jens Spahn behauptet im ARD-Morgenmagazin am 12. Dezember 2018:

„Mehr Angebot löst das Problem nicht.“

Richtig ist:

Mehr psychotherapeutische Praxen verkürzen die Wartezeit erheblich.

Ende 2012 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss, 1.300 psychotherapeutische Praxen zusätzlich in ländlichen Regionen zuzulassen. Die Wartezeiten in ländlichen Regionen waren damals überdurchschnittlich lang. Es gab drei Kreistypen für ländliche Gebiete:

  • Kreistyp 7: 27,3 Wochen
  • Kreistyp 8: 23,7 Wochen,
  • Kreistyp 9: 28,7 Wochen,
  • Bundesdurchschnitt: 23,4 Wochen.

Der Kreistyp 8 bezog sich auf „verdichtete Kreise in ländlichen Räumen“. Dort waren mehr Psychotherapeuten vorgesehen als in rein ländlichen Kreistypen, was zu vergleichsweise kürzeren Wartezeiten führte.

Mit der Zulassung von 1.300 zusätzlichen psychotherapeutischen Praxen wurden auch die Kreistypen der Bedarfsplanung zusammengefasst. Aus 10 Kreistypen wurden 5 Kreistypen. Der Kreistyp für ländliche Regionen war jetzt der Kreistyp 5.

Im Kreistyp 5 sank die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung durch die zusätzlichen 1.300 psychotherapeutischen Praxen auf 20,7 Wochen. In den rein ländlichen Gebieten sank die Wartezeit durch mehr Angebote also um rund zwei Monate.

Spahnscher Irrtum 1 – Reloaded:

"Wartezeiten sind dort am längsten, wo die meisten Psychotherapeuten sind."

(BPtK) Gesundheitsminister Jens Spahn hatte schon am 26. September 2018 im Bundestag behauptet:

„Die Stadt mit dem höchsten Versorgungsgrad in der psychotherapeutischen Versorgung ist Freiburg; die Stadt mit den längsten Wartezeiten ist – Freiburg.“ (Protokoll Deutscher Bundestag, 51. Plenarsitzung)

Jetzt hat er diese These im ARD-Morgenmagazin (12. Dezember 2018) noch einmal wiederholt:

„Wir müssen gleichzeitig feststellen, dass in den Regionen, wo die meisten Psychotherapeuten sind, ihr Angebot machen, wir auch die längsten Wartezeiten haben.“

Dieser Spahnsche Irrtum, den die Bundespsychotherapeutenkammer schon am 28. September 2018 korrigiert hatte, wird auch durch Wiederholung nicht richtig.

Richtig ist:

Dort, wo es mehr Psychotherapeuten gibt, sind die Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung auch kürzer. In Großstädten, in denen mehr Psychotherapeuten zugelassen werden, als auf dem Land, warten psychisch kranke Menschen deutlich kürzer auf eine Behandlung als im Bundesdurchschnitt (19,9 Wochen). In Berlin warten sie beispielsweise 13,4 Wochen, im Saarland dagegen 23,6 Wochen.

Und auch nochmal zu Freiburg: Dort arbeiten 121,5 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner. Damit ist Freiburg eine der am besten versorgten Großstädte. Im Bundesdurchschnitt sind es 25,1 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner. Weil es in Freiburg mehr Psychotherapeuten als im Bundesdurchschnitt gibt, warten die Menschen dort auch nicht so lange auf einen Termin bei einem Psychotherapeuten. In Freiburg beträgt die Wartezeit auf einen ersten Termin in der Sprechstunde 3,4 Wochen (Bundesdurchschnitt: 5,7 Wochen) und auf einen Behandlungstermin (Richtlinienpsychotherapie) 12,5 Wochen (Bundesdurchschnitt: 19,9 Wochen). Die Wartezeiten sind in Freiburg also deutlich kürzer als anderswo. Fazit: In Freiburg müssen Patienten fast nur halb so lange auf einen Beratungs- oder Behandlungstermin warten wie im Bundesdurchschnitt.

Scharfe Kritik am Terminservice- und Versorgungsgesetz

33. Deutscher Psychotherapeutentag in Berlin

(BPtK) Der 33. Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) am 17. November 2018 in Berlin kritisierte das geplante Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (TSVG). Durch das Gesetz dürfe es nicht zu weiteren bürokratischen Hürden beim Zugang zur Psychotherapie kommen. Vielmehr sei es unerlässlich, die unzumutbar langen Wartezeiten auf eine Richtlinienpsychotherapie abzubauen und mit einer Reform der Bedarfsplanung dafür zu sorgen, dass mehr Psychotherapeuten jenseits der Großstädte für die Versorgung psychisch kranker Menschen zur Verfügung stehen. Außerdem stellte der DPT die Weichen für eine psychotherapeutische Fernbehandlung, bei der die Qualitätsstandards der psychotherapeutischen Versorgung sichergestellt werden. Zentral sei dabei die Einschränkung, dass die Eingangsdiagnostik, Indikationsstellung und Aufklärung weiterhin die Anwesenheit der Patienten erfordert.

Wartezeiten für psychisch kranke Menschen weiterhin zu lang

BPtK zum G-BA-Gutachten zur Bedarfsplanung

(BPtK) Das Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung, das der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute in Berlin vorgestellt hat, bietet keine Lösung, die Wartezeiten auf eine Behandlung für psychisch kranke Menschen ausreichend zu verkürzen. Die Gutachter kommen zwar zu dem Ergebnis, dass deutschlandweit rund 2.400 psychotherapeutische Praxen fehlen. Sie setzen jedoch die von den heute zugelassenen Psychotherapeuten erbrachten Leistungen mit dem Bedarf gleich.

„Die Gutachter haben ihre eigentliche Aufgabe nicht erfüllt“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), das G-BA-Gutachten. „Angesichts der langen Wartezeiten auf eine Psychotherapie reicht es nicht aus, den Status quo an psychotherapeutischer Versorgung heranzuziehen, um den Bedarf abzuschätzen. Aufgabe der Gutachter wäre es gewesen, ein Konzept zu entwickeln, wie unter Berücksichtigung der Häufigkeit psychischer Erkrankungen der Bedarf an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen ermittelt werden kann. Daran sind die G-BA-Gutachter jedoch gescheitert.“ Nach BPtK-Berechnungen sind rund 7.000 zusätzliche Psychotherapeutenpraxen notwendig, um die monatelangen Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung in besonders schlecht versorgten Regionen zu verkürzen.

Kein Konzept für eine bedarfsgerechte Ermittlung der Anzahl psychotherapeutischer Praxen

Die G-BA-Gutachter gehen bei der Ermittlung des fachspezifischen Versorgungsbedarfs über den Status quo nicht hinaus. Sie schlagen vor, die notwendige Anzahl von Ärzten und Psychotherapeuten auf Basis der aktuell abgerechneten ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen zu ermitteln. „Damit gehen sie grundsätzlich davon aus, dass die Versorgungsleistungen, die Ärzte und Psychotherapeuten aktuell erbringen, ausreichen, um kranke Menschen angemessen zu versorgen. Gerade bei psychisch kranken Menschen herrscht jedoch ein erheblicher und unstrittiger Mangel an Behandlungsplätzen“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Weil die Gleichsetzung von Angebot und Bedarf in der ambulanten Psychotherapie völlig unhaltbar ist, hatten die G-BA-Gutachter den Auftrag bekommen, ein neues Konzept zu entwickeln. Dieser Auftrag wurde jedoch nicht erfüllt.“ Psychisch kranke Menschen warten durchschnittlich fünf Monate auf eine psychotherapeutische Behandlung. „Angesichts eines solch gravierenden Mangels an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen keine konkreten Ansätze zur Berechnung des tatsächlichen Versorgungsbedarfs vorzulegen, ist konzeptionell mehr als mager.“

Nach der bevölkerungsrepräsentativen Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) des Robert Koch-Instituts leiden 28 Prozent der erwachsenen Deutschen innerhalb eines Jahres unter mindestens einer psychischen Erkrankung. Insgesamt sind in Deutschland 19 Millionen Menschen jährlich von einer psychischen Erkrankung betroffen. Laut dem G-BA-Gutachten sind jährlich etwa 1,9 Millionen Menschen bei einem Psychotherapeuten in Behandlung. Das sind lediglich 10 Prozent aller psychisch kranken Menschen. Nicht jeder psychisch kranke Mensch benötigt eine Psychotherapie oder möchte diese in Anspruch nehmen. Aber bei den meisten psychischen Erkrankungen ist Psychotherapie nach nationalen und internationalen Leitlinien die Behandlungsmethode der ersten Wahl. „Dass nur jeder zehnte psychisch kranke Mensch eine Psychotherapie erhält, belegt die großen Defizite in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Mit dem Gutachten würde der Missstand, dass viele psychisch kranke Menschen nicht und nicht leitliniengerecht behandelt werden können, auch in Zukunft fortgeschrieben.“

Gesetzliche Vorgaben für die psychotherapeutische Bedarfsplanung notwendig

Der G-BA hatte bereits mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz 2015 den Auftrag erhalten, die Bedarfsplanung zu reformieren und hierbei den Fokus insbesondere auf die psychotherapeutische Versorgung zu richten. Die ihm hierfür gesetzte Frist hat der G-BA nicht eingehalten. Gesundheitsminister Spahn will mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz dem säumigen G-BA eine Fristverlängerung bis zum 1. Juli 2019 gewähren. Diese Fristverlängerung sollte jedoch nicht ohne Auflagen bleiben. Damit der G-BA mit seinen sich in der Bedarfsplanung oft blockierenden Bänken – Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband – zu sachgerechten Lösungen kommen kann, sollte er vom Gesetzgeber konkrete Vorgaben für die Reform insbesondere der psychotherapeutischen Bedarfsplanung erhalten. Diese sollten vor allem das Ziel haben, die Fehler in der Bedarfsplanung für die Bedarfsplanungsgruppe der Psychotherapeuten aus dem Jahr 1999 zu beheben und die bevölkerungsrepräsentativen Daten zur Häufigkeit psychischer Erkrankungen aus der DEGS-Studie des Robert Koch-Instituts systematisch zu berücksichtigen.

Das lange Warten

Interview mit LPK-Präsident Dietrich Munz in Psychologie Heute

(LPK BW) Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, über Ursachen und Folgen der langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz

Herr Dr. Munz, warum ist es in Deutschland so schwierig, einen Psychotherapieplatz zu bekommen?

Weil wir vor allem in ländlichen Gebieten, aber auch in vielen Städten zu wenig Therapeuten mit Kas­senzulassung haben. Deshalb ist die Kapazität zur Behandlung psychisch Kranker begrenzt und zu niedrig.

Jedes Jahr absolvieren rund 2500 Psychologen und Pädagogen erfolgreich die staatliche Therapeutenausbildung. Reicht dieser Nachwuchs nicht, um den Bedarf zu decken?

Wir haben genug Nachwuchs, der Interesse hat, einen Kassensitz zu bekommen… Weiterlesen unter https://www.psychologie-heute.de/gesundheit/39530-das-lange-warten/volltext.html