Schlagwortarchiv für: Versorgung

Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen nimmt weiter zu

BKK legt „Gesundheitsatlas 2015 – Blickpunkt Psyche“ vor

(BPtK) Psychische Erkrankungen gehören bei den rund 9,3 Millionen Versicherten der Betriebskrankenkassen (BKK) weiterhin zu den häufigsten Erkrankungen. Bei über 30 Prozent der BKK-Versicherten wurde 2013 eine psychische Störung diagnostiziert – bei Frauen (35,7 Prozent) deutlich häufiger als bei Männern (26,1 Prozent), bei Arbeitslosen (32,2 Prozent) häufiger als bei Beschäftigten (27,0 Prozent). Bei 9,5 Prozent wurde eine depressive Störung und bei 2,6 Prozent eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert. Depressionsdiagnosen waren besonders häufig bei Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung, Sozialversicherung und Gesundheits- und Sozialwesen. Antidepressiva wurden in Ostdeutschland erheblich weniger verschrieben als in Westdeutschland. So wurden in Straubing (Bayern) mehr als 2,5-mal so häufig Antidepressiva verordnet wie in Meißen (Sachsen). Das sind die zentralen Ergebnisse des „Gesundheitsatlas 2015 – Blickpunkt Psyche“, den der BKK-Bundesverband in Berlin veröffentlichte.

Arbeitsunfähigkeit

Auch die Anzahl der Tage, die BKK-Versicherte aufgrund von psychischen Erkrankungen arbeitsunfähig geschrieben waren (AU-Tage), nahmen weiter zu. Rund 15 Prozent aller AU-Tage waren 2013 psychisch bedingt. Die Krankschreibungen dauerten durchschnittlich circa 40 Tage. Bei Depressionen fielen die Beschäftigten sogar 58 Tage aus. Keine andere Erkrankung (Krebserkrankungen, Kreislauf, Muskel-Skelett) führte zu so langen Ausfällen in den Unternehmen. Vor allem Beschäftigte in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen fehlten überdurchschnittlich häufig aufgrund von Depressionen. Die meisten Krankschreibungen wegen Depressionen (F32) erfolgten bei der Hälfte der AU-Tage (49,3 Prozent) aufgrund unspezifischer Diagnosen (F32.9).

Prävalenz- und Diagnosedaten

Der BKK-Dachverband nutzte die Expertise von Prof. Dr. Frank Jacobi (Psychologische Hochschule Berlin), um die BKK-Abrechnungsdaten mit Studien zur Häufigkeit psychischer Erkrankungen in Deutschland (Bundes-Gesundheitssurvey 1998 und DEGS1 2012) zu vergleichen.

Nach den epidemiologischen Studien nehmen psychische Erkrankungen nicht zu. Danach erkrankt weiterhin ungefähr jeder dritte Erwachsenen innerhalb eines Jahres an einem seelischen Leiden (BGS: 31,1 Prozent, DEGS: 30,1 Prozent). Seit Ende der 1990er Jahre des letzten Jahrhunderts ist keine generelle Zunahme der psychischen Störungen festzustellen. Dagegen haben die diagnostizierten psychischen Erkrankungen bei den BKK-Versicherten deutlich zugenommen: von 21,4 Prozent (2009) auf 30,5 Prozent (2013). Beide Häufigkeiten haben sich damit über die Jahre angenähert. Insbesondere bei Depressionen haben die Diagnose- die Prävalenzdaten sogar schon knapp überholt.

Der Anstieg der diagnostizierten psychischen Erkrankungen ist nach Jacobi unter anderem damit zu erklären, dass in der Vergangenheit längst nicht alle psychisch Kranke einen Arzt oder Psychotherapeuten konsultiert hatten. Aufgrund einer geringeren Stigmatisierung psychisch Kranker und einer besseren ambulanten Versorgung erhielten inzwischen mehr Patienten eine Behandlung. Jacobi geht davon aus, dass zurzeit psychische Erkrankungen sowohl überdiagnostiziert als auch weiterhin häufig nicht erkannt werden. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung blieben Diagnosen länger in den Krankenakten, auch wenn die Betroffenen bereits wieder gesund seien. Auch könne der hohe Anteil unspezifischer Diagnosen dazu führen, dass der Anteil psychischer Erkrankungen überschätzt werde. Andere psychische Erkrankungen würden dagegen häufig nicht ausreichend diagnostiziert und behandelt. Nach wie vor sei von einem „Versorgungsmissstand“ bei schweren psychischen Erkrankungen auszugehen.

Krankenhaus-Strukturgesetz für bessere stationäre Versorgung psychisch Kranker nutzen

BPtK fordert Ergänzungen zum PEPP

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, das Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) stärker zu nutzen, um die stationäre Versorgung psychisch kranker Menschen zu verbessern. Der Gesetzgeber sollte dafür sorgen, dass mit der Umsetzung des pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) ausreichend Personal für eine leitliniengerechte Behandlung in den Krankenhäusern zur Verfügung steht und finanziert wird. „Um eine qualitätsorientierte stationäre Versorgung psychisch kranker Menschen sicherzustellen, sollte der Gesetzgeber jetzt handeln“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die verbindliche Einführung des PEPP wurde um zwei Jahre verschoben, um Alternativen zum PEPP zu suchen. Bisher liegen keine realisierbaren Vorschläge auf dem Tisch. Bei der Finanzierung auf Basis der überholten Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) zu bleiben, ist keine Lösung für die bestehenden Versorgungsdefizite in der stationären psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung.“

„Es ist an der Zeit, durch ergänzende Regelungen dafür Sorge zu tragen, dass zukünftig eine Krankenhausversorgung gemäß dem „State of the Art“ garantiert und finanziert wird“, fordert BPtK-Präsident Munz anlässlich der ersten Lesung des KHSG am 2. Juli im Bundestag. Die Personalstandards der Psych-PV würden chronisch unterschritten. Die Erwachsenenpsychiatrie erfülle sie nur noch zu 90 Prozent, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sei der Personalmangel noch größer. Transparenz über die Verwendung der verhandelten Mittel und die durchgeführten Leistungen gebe es nicht. „Das geht unmittelbar zulasten der psychisch kranken Menschen in den Kliniken“, stellt Munz fest. „Doch selbst die vollständige Erfüllung einer Personalausstattung gemäß Psych-PV reicht für eine leitlinienorientierte stationäre Behandlung psychisch kranker Menschen nicht mehr aus. Heute sind eine wesentlich kritischere Pharmako- und deutlich mehr Psychotherapie erforderlich. Die Psych-PV berücksichtigt außerdem settingübergreifende Behandlungsansätze nicht.“

Aus Sicht der BPtK ist mit dem PEPP eine qualitätsorientierte Weiterentwicklung von Psychiatrie und Psychosomatik möglich, wenn es um weitere Systemelemente ergänzt wird. Hierzu gehören vor allem verbindliche Anforderungen an die Personalausstattung und deren ausreichende Finanzierung. Das KHSG sollte Zuschläge für die Umsetzung angemessener Personalstandards sowie für die regionale Versorgungsverpflichtung der psychiatrischen Einrichtungen vorsehen.

Schwerstkranke und sterbende Menschen psychotherapeutisch versorgen

Bundestag befasst sich in erster Lesung mit dem Hospiz- und Palliativgesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer begrüßt die Pläne der Bundesregierung, die Versorgung von schwerstkranken und sterbenden Menschen in Deutschland zu verbessern. „Bei einer umfassenden Versorgung von Menschen an ihrem Lebensende sollten auch psychische Erkrankungen berücksichtigt und behandelt werden“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz anlässlich der ersten Lesung des Hospiz- und Palliativgesetzes im Bundestag. „Hier gibt es erhebliche Versorgungsdefizite. Aktuell wird nur ungefähr die Hälfte der psychischen Erkrankungen in Palliativ- oder Hospizeinrichtungen erkannt und nur etwas mehr als ein Drittel behandelt.“

Bis zu einem Drittel der Patienten in Palliativ- und Hospizeinrichtungen leidet unter einer behandlungsbedürftigen affektiven Störung. Zudem treten bei schwerkranken und sterbenden Patienten häufig kognitive Störungen auf. Die Schätzungen hierfür liegen zwischen 25 und 85 Prozent. Die Überlappung von körperlichen und psychischen Symptomen bei sterbenden Patienten erschweren die Differenzialdiagnostik und Erfassung des psychologischen Unterstützungsbedarfs. Psychotherapeutischer oder fachärztlicher Sachverstand sollte deshalb regelhaft in der Palliativversorgung aber auch in Pflegeeinrichtungen, in denen viele Menschen die letzte Lebensphase verbringen, verfügbar sein.

Neben einer Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in Hospiz- und Palliativeinrichtungen bietet das Gesetz auch die Chance, die psychotherapeutische Versorgung in stationären Pflegeheimen zu verbessern. „Hier sind die Versorgungsdefizite bei psychischen Erkrankungen noch größer“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. Mehr als die Hälfte der Pflegeheimbewohner leiden unter einer psychischen Erkrankung, nur fünf bis maximal 20 Prozent von ihnen erhalten eine psychotherapeutische Behandlung. „Ziel muss es sein, durch Kooperationsverträge mit den vertragsärztlichen Leistungserbringern psychotherapeutischen oder fachärztlichen Sachverstand regelhaft in Heimen verfügbar zu machen.“ Der Gesetzentwurf geht aus Sicht der BPtK hier nicht weit genug.

Zukünftig mehr Psychotherapien durch Jobsharing

GKV-VSG ermöglicht Flexibilisierung der Versorgungsaufträge

(BPtK) Die Bundesregierung ermöglicht Psychotherapeuten durch Jobsharing zukünftig mehr Behandlungsstunden anzubieten. „Dadurch können mehr Patienten schneller eine Psychotherapie erhalten“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, das heute im Bundestag verabschiedet wird. „Dies ist aber auch für unsere jungen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die Familie und Beruf miteinander in Einklang bringen müssen, und für unsere erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, die Supervision und Selbsterfahrung im Rahmen der Psychotherapieausbildung anbieten, ein großer Fortschritt. Ein Psychotherapeut, der seine Behandlungsstunden z. B. aufgrund familiärer Verpflichtungen oder wegen seines Engagements in der Ausbildung angehender Psychotherapeuten verringern musste, kann zukünftig das Jobsharing nutzen, um seine Praxis auszulasten.“

Beim Jobsharing teilen sich zwei Psychotherapeuten einen Praxissitz. Dabei handelt es sich entweder um eine Anstellung oder um eine Berufsausübungsgemeinschaft mit einem Senior- und einem Juniorpartner. Bisher durfte der Umfang dieser neuen Gemeinschaftspraxis allerdings nicht wesentlich höher sein als der Umfang der vorherigen Einzelpraxis. Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz sieht jetzt vor, dass psychotherapeutische Praxen, die bisher nur wenige Therapiestunden anbieten können, durch Jobsharing mehr Behandlungsstunden erbringen können als eine psychotherapeutische Durchschnittspraxis. Wo genau die Obergrenze liegen soll, das soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) festlegen.

Das Bundessozialgericht sieht die Maximalauslastung einer psychotherapeutischen Praxis bei 36 Psychotherapiesitzungen pro Woche. Dies entspricht einer wöchentlichen Gesamtarbeitszeit von 51 Stunden. Die zusätzliche Arbeitszeit wird für Dokumentation, Anträge, Abrechnung, Praxismanagement, Inter- und Supervision sowie Fortbildung benötigt. „Daran sollte sich auch der G-BA orientieren, der jetzt angemessene Kapazitätsgrenzen beim Jobsharing definieren muss“, fordert BPtK-Präsident Munz.

Psychotherapeuten erbringen im Durchschnitt rund 22 bis 27 Psychotherapiestunden pro Woche. Für eine höhere Auslastung von psychotherapeutischen Praxen gibt es grundsätzlich eine Vielzahl von rechtlichen Hindernissen. Ein Psychotherapeut kann sich – anders als andere Arztgruppen – bei Krankheit, Urlaub oder Fortbildung nicht vertreten lassen. Er muss seine Praxis in diesen Zeiten schließen. Außerdem sind Psychotherapeuten im Gegensatz zu anderen Arztgruppen bisher nicht befugt, Untersuchungen und Behandlung an andere zu delegieren. Bei den Ärzten gelten auch delegierte Leistungen, wie z. B. Blutabnahmen durch einen Praxishelfer, als „ärztliche“ Arbeitszeit. Dadurch liegt die durchschnittliche Arbeitszeit von Psychotherapeuten selbst dann unter der durchschnittlichen Arbeitszeit von Ärzten, wenn sie persönlich gleich lange gearbeitet haben.

Verbindliche Personalausstattung und Zuschläge für Psychiatrie und Psychosomatik

BPtK zum Krankenhaus-Strukturgesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, das Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) zu nutzen, um die Versorgungsqualität in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen zu sichern. Die Kliniken sollten mit verbindlichen Mindestanforderungen für die Personalausstattung planen können, die von den Krankenkassen zu finanzieren sind. Außerdem sollten sie für ihre regionale Versorgungsverpflichtung individuelle Zuschläge erhalten. Dies sind wichtige Ergänzungen des pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP).

„Die verbindliche Einführung des PEPP ist um zwei Jahre verschoben worden. Dies muss jetzt auch genutzt werden, um das neuen Entgeltsystems substanziell weiterzuentwickeln“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die Behandlungsqualität in Krankenhäusern für psychisch kranke Menschen ist in erster Linie von einer ausreichenden und qualifizierten Personalausstattung abhängig. Um zukünftig einen ruinösen Wettbewerb durch Personalabbau zu verhindern, sind verbindliche Strukturanforderungen und eine ausreichende Finanzierung unerlässlich. Dies muss jetzt im KHSG festgelegt werden.“

Zudem entstehen psychiatrischen Krankenhäusern aufgrund ihrer regionalen Versorgungsverpflichtung unterschiedliche Kosten. Psychiatrische Einrichtungen sind – im Unterschied zu somatischen Häusern – verpflichtet, alle Patienten, die aus einem festgelegten Einzugsbereich zu ihnen kommen, zu behandeln. Der Aufwand dafür ist je nach Einwohner- und Sozialstruktur erheblich. „Diese unterschiedlich hohen Mehrkosten für den ärztlichen Bereitschaftsdienst, die pflegerischen Nachtwachen und die Bereitschaftsbetten werden im PEPP nicht ausreichend berücksichtigt“, erklärt der BPtK-Präsident. „Der Gesetzgeber sollte deshalb den Krankenhäusern ermöglichen, Zuschläge für regionale Versorgungsverpflichtung zu verhandeln. Dies könnte nach bundeseinheitlich festgelegten Kriterien erfolgen.“ Das KHSG sieht bei der Notfallversorgung bereits Zuschläge vor. Diese Regelung sollte für die psychiatrischen Krankenhäuser um Zuschläge für die regionale Versorgungsverpflichtung ergänzt werden.

Kinder und Eltern in Beratungsstellen häufiger psychisch krank

Psychotherapie in der Jugendhilfe unverzichtbar

(BPtK) Kinder und Eltern, die Leistungen der Jugendhilfe erhalten, sind häufiger psychisch krank als Kinder und Eltern, die keine Leistungen der Jugendhilfe benötigen. Dies ist ein Ergebnis einer neuen Studie „Psychotherapeuten in der Jugendhilfe, einschließlich Erziehungsberatung“ der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Nach Einschätzung der befragten Psychotherapeuten leiden rund 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die in Beratungsstellen Hilfe suchen, unter einer psychischen Erkrankung. Dieser Anteil verdoppelt sich in stationären Jugendhilfeeinrichtungen auf fast 75 Prozent. Auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen, die Leistungen der Jugendhilfe erhalten, sind nach Einschätzung der Befragten überdurchschnittlich häufig psychisch krank (Beratungsstellen 30 Prozent, stationäre Einrichtungen 53 Prozent).

„Psychotherapeutische Kompetenz wird in der Jugendhilfe dringend benötigt“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Psychotherapeutische Leistungen sind deshalb in der Kinder- und Jugendhilfe unverzichtbar. Dazu gehören die spezifische Diagnostik psychischer Störungen, die Indikationsstellung und fachgerechte Beratung, sowie psychotherapeutische Einzel- und Gruppengespräche über mehrere Sitzungen. Ohne die Kompetenzen von approbierten Psychotherapeuten ist dies qualifiziert nicht zu leisten.“

Psychotherapeuten sind in vielen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Das größte Tätigkeitsfeld ist die Erziehungsberatung, in der rund die Hälfte der in der Jugendhilfe arbeitenden Psychotherapeuten beschäftigt ist. Über die Hälfte der Befragten übernehmen dabei formal oder informell Leitungs- und Führungsaufgaben. Nach dem Statistischen Bundesamt waren 2010 438 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) und 809 Psychologische Psychotherapeuten (PP) in der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Dies entspricht ungefähr 10 Prozent aller angestellten Psychotherapeuten. Zu den Einrichtungen der Jugendhilfe zählen ambulante, vor allem Erziehungsberatungsstellen und stationäre Angebote wie Heime.

Die Ergebnisse der Befragung zeigen auch, dass ein großer und wachsender Nachwuchsbedarf besteht. Der Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen in der Jugendhilfe nehme zu. Zudem gebe es einen hohen Anteil älterer PP und KJP. Allerdings werde nur der kleinere Teil frei werdender PP- oder KJP-Stellen gezielt mit denselben Qualifikationen wiederbesetzt. „Deshalb ist es auch Aufgabe der Profession, den psychotherapeutischen Nachwuchs für eine Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe zu gewinnen“, stellt BPtK-Präsident Munz fest.

Psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen gefährdet

BPtK: Finanzierung psychosozialer Zentren verbindlich sichern

(BPtK) Viele psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer sind bedroht. Damit ist die ohnehin minimale Versorgung von psychisch erkrankten Flüchtlingen in Zukunft gefährdet. Dies geht aus einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE an die Bundesregierung hervor. Grund dafür sind sowohl Verzögerungen in der EU-Finanzierung der psychosozialen Zentren zur Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen als auch Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), das am 1. März in Kraft getreten ist.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt, dass einzelne Bundesländer die psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer finanziell unterstützen. Um die unverzichtbare Arbeit der Zentren langfristig sicherstellen zu können, bedarf es jedoch einer verbindlichen Finanzierungsregelung durch Bund und Länder. Die Existenz der Zentren dürfe nicht von etwaigen EU-Mitteln abhängig sein. Darüber hinaus sollten Krankenkassen verpflichtet werden, Psychotherapien zu finanzieren, wenn sie von Psychotherapeuten in den psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer durchgeführt werden. Dies sei auch im Kostenerstattungsverfahren möglich. Weiterhin fordert die BPtK, auch Dolmetscher in psychotherapeutischen Behandlungen über die gesetzliche Krankenversicherung zu finanzieren.

Seit dem 1. März müssen sich Flüchtlinge nicht mehr wie bisher vier Jahre, sondern nur noch 15 Monate mit den sehr eingeschränkten Gesundheitsleistungen nach dem AsylbLG abfinden. In dieser Zeit haben sie nur Anspruch auf eine Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen. Da psychische Erkrankungen jedoch häufig chronisch sind, ist eine psychotherapeutische Behandlung nach dem AsylbLG nur ausnahmsweise möglich. Mit der Gesetzesreform haben Flüchtlinge jetzt schneller als bisher Anspruch auf eine Versorgung, die dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Dies schließt auch eine psychotherapeutische Behandlung ein. Grundsätzlich stellt dies eine Verbesserung für psychisch kranke Flüchtlinge dar.

„Das ist aber leider nur auf dem Papier der Fall“, kritisiert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Die Krankenkassen bezahlen nämlich nur Behandlungen, wenn sie von zugelassenen Psychotherapeuten, sogenannten Vertragspsychotherapeuten, erbracht werden. Die psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, die den Bärenanteil der Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge leisten, seien jedoch keine Vertragspartner der Krankenkassen. Die meisten Kassen wendeten zudem die Möglichkeit, Psychotherapie im Rahmen der Kostenerstattung zu finanzieren, nicht zugunsten der Zentren an. Flüchtlinge, die länger als 15 Monate in Deutschland sind, erhielten damit keine Psychotherapie in den Flüchtlingszentren. „Da die gesetzlichen Krankenkassen keine Dolmetscher in psychotherapeutischen Behandlungen finanzieren, diese aber bei Flüchtlingen fast immer notwendig sind, können aktuell niedergelassene Psychotherapeuten nur in wenigen Fällen eine Psychotherapie erbringen“, stellt BPtK-Präsident Munz klar.

Flüchtlinge sind besonders schutzbedürftig. Viele von ihnen haben in ihren Heimatländern oder auf der Flucht Traumatisches erlebt. Sie brauchen schnell und unbürokratisch psychotherapeutische Hilfe. Diese wird in Deutschland aktuell hauptsächlich durch die psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer geleistet. „Wenn die Zentren schließen müssen, weil die Finanzierung nicht gewährleistet ist und die Krankenkassen die Psychotherapien nicht bezahlen, stellt das eine erhebliche Verschlechterung der ohnehin schon beschämend schlechten Versorgung von psychisch erkrankten Flüchtlingen dar“, erklärt der BPtK-Präsident.

Verbindliche Personalanforderungen für Psychiatrie und Psychosomatik notwendig

BPtK fordert Anpassungen im Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG)

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer begrüßt die Pläne des Bundesministeriums für Gesundheit, Mehrkosten, die den Krankenhäusern durch Qualitätsrichtlinien des G-BA entstehen, zukünftig zu refinanzieren. Ein besonderer Qualitätsstandard in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken ist eine qualitativ hochwertige Personalausstattung, die eine leitliniengerechte Behandlung ermöglicht. Um diese sicherzustellen, fordert die BPtK, dass im Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt wird, verbindliche Mindestanforderungen für die Personalausstattung in Krankenhäusern für psychisch kranke Menschen festzulegen. Bisher soll er dafür nur Empfehlungen entwickeln (§ 137 SGB V). Damit ist eine ausreichende Qualität der Behandlungen in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken jedoch nicht sicherzustellen.

Die BPtK hält die in diesem Zusammenhang vorgesehenen krankenhausindividuellen Zuschläge zur Finanzierung von Mehrkosten, die aufgrund von Richtlinien und Beschlüssen des G-BA entstehen, für unverzichtbar. Insbesondere Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik, die sich bislang im Schwerpunkt an den Personalvorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) orientierten, verfügen in aller Regel nicht über eine Personalausstattung, die für eine leitlinienorientiere Behandlung erforderlich ist. Daher sind Zuschläge notwendig, damit die Krankenhäuser Mehrkosten, die durch verbindliche Mindestanforderungen an die Personalausstattung entstehen, abdecken können.

Darüber hinaus fordert die BPtK, bundeseinheitliche Regelungen für die Finanzierung der regionalen Versorgungsverpflichtung von psychiatrischen Kliniken einzuführen. Nahezu alle psychiatrischen Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet, psychisch kranke Menschen in ihrem Einzugsgebiet stationär aufzunehmen. Dadurch entstehen den Klinken unterschiedlich hohe Kosten, die bisher nicht ausreichend abgedeckt sind. Im KHSG sollte deshalb ein Auftrag an den G-BA erteilt werden, Stufen der regionalen Versorgungsverpflichtung für Einrichtungen der Psychiatrie zu entwickeln.

Ferner sollen durch das KHSG die Qualitätsberichte der Krankenhäuser um besonders patientenrelevante Informationen erweitert werden. Die BPtK fordert, für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vorzuschreiben, auch über Zwangsbehandlungen und über den Anteil psychotherapeutischer und pharmakologischer Interventionen in der Behandlung zu berichten.

Downloads

LPK-Vertreterversammlung am 21. März 2015

(LPK BW) Am 21. März fand die 4. Vertreterversammlung (VV) der laufenden Amtszeit statt. Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz ergänzte den schriftlich vorliegenden Vorstandsbericht. Er berichtete über die LPK-Stellungnahmen zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz und zum Referentenentwurf des Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen. Außerdem schilderte er die Pläne zur Novellierung des Heilberufekammergesetzes sowie die Eingaben der Kammer dazu. Vorstandsmitglied Dr. Roland Straub berichtete anschließend vom Arbeitskreis „Psychotherapie für Menschen mit geistiger Behinderung“ (siehe separater Absatz unten) sowie von seiner Teilnahme an weiteren Gremien zur Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Dr. Munz informierte darüber, dass Vizepräsident Martin Klett in den Fachbeirat „Präventionsnetzwerk Ortenaukreis“ berufen worden ist. Der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses Psychotherapie in Institutionen Ullrich Böttinger gab als Leiter dieses Beirats einen Überblick über die dortigen Projekte und die Tätigkeit. Grundlegendes Ziel sei der Aufbau eines systematischen, institutions- und systemübergreifenden Netzwerks zur Förderung der seelischen und körperlichen Gesundheit und Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und deren Familien im gesamten Landkreis. Der Schwerpunkt solle auf einer ersten Stufe in der Unterstützung von Familien mit sozialer Benachteiligung liegen. Es folgte eine ausführliche Diskussion mit den Delegierten.

Die Diskussion über Haushaltsfragen war wie gewohnt konstruktiv, wenn auch in einigen Punkten kontrovers. Es wurden Nachtragshaushalte für 2014 und 2015 verabschiedet sowie eine Änderung des Stellenplans 2015. Eine Satzungsänderung bezüglich der Wahl der baden-württembergischen Delegierten zum Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) konnte nicht beschlossen werden, da die Gegner der vorgeschlagenen Änderung den Sitzungsraum verließen und damit die satzungsmäßig geforderte Anwesenheit von 2/3 der VV nicht mehr gegeben war und somit keine Beschlussfähigkeit bestand.

Aufgrund der weiter gestiegenen Mitgliederzahl steht der LPK BW ein weiterer Sitz im Deutschen Psychotherapeutentag zu. Für diesen 15. Sitz wurde Dr. Alessandro Cavicchioli gewählt.

Die Berufsordnung (BO) wurde an die wegen des neuen Patientenrechtegesetzes überarbeitete Muster-BO der BPtK angepasst. Die Änderung des § 9 der BO, der sich mit der für probatorische Sitzungen nötigen Zustimmung beider sorgeberechtigten Elternteile bei Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapien befasst, wurde aufgrund der sehr kontroversen Diskussion auf die nächste Vertreterversammlung vertagt.

Korrektur der Bedarfsplanung

Gespräch mit MdB Bilger

(LPK BW) Der LPK-Vorstand hat Anfang des Jahres alle Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg angeschrieben und darauf hingewiesen, dass die im Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) geplante Verschärfung der Vorschrift zur Prüfung der Versorgungsnotwendigkeit bei Weitergabe einer Praxis in den nach der Bedarfsplanung überversorgt ausgewiesenen Planungsbezirken die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen schlechter werden lässt. Steffen Bilger, Bundestagsabgeordneter im Kreis Ludwigsburg, hat in seiner Antwort um ein erläuterndes Gespräch gebeten. In der letzten Legislaturperiode war er stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags.

Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz und Vizepräsident Martin Klett sowie LPK-Geschäftsführer Christian Dietrich erläuterten die Probleme der Bedarfsplanung in der Arztgruppe Psychotherapie, nach der der Bedarf auf den 1999 bestehenden Bestand festgelegt wurde. Die mehrfach erhobenen Wartezeiten auf ein Erstgespräch und auf eine psychotherapeutische Behandlung verdeutlichen, dass die psychotherapeutische Versorgung unzureichend ist. Erörtert wurde in dem Gespräch auch die im GKV-VSG vorgesehene Einführung einer Sprechstunde bei Psychotherapeuten, die eine Verkürzung der Wartezeit auf ein Erstgespräch und zeitnahe Beratung der Patienten erwarten lässt. Die dargestellten Mängel der Behandlungskapazitäten können hierdurch jedoch nicht behoben werden. Steffen Bilger sicherte zu, die besprochenen Themen zum GKV-VSG mit anderen Gesundheitspolitikern weiter zu erörtern.

Da sich wenige Tage vor dem Gespräch der tragische Flugzeugabsturz in den französischen Alpen ereignet hatte, war in den Medien diskutiert worden, die Schweigepflicht für Ärzte und Psychotherapeuten zu lockern. Hierzu erklärten Dietrich Munz und Martin Klett, dass eine Aufweichung der Schweigepflicht für Psychotherapeuten angesichts der schon bestehenden Rechtslage mit Offenbarungspflicht bei akuter Gefahr für Menschenleben nicht zu einer höheren Sicherheit führen werde, sondern dass zu erwarten sei, dass sich dann Piloten oder bspw. auch Berufskraftfahrer mit psychischen Problemen weniger an Psychotherapeuten wenden würden und somit die Gefahr akuter psychischer Krisen eher zunehmen würde. Diese Meinung wurde von MdB Bilger geteilt