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Psychische Erkrankungen auch am Lebensende behandeln

BPtK fordert bessere psychotherapeutische Versorgung in Hospizen und Pflegeheimen

(BPtK) „Auch am Lebensende haben schwer erkrankte Patienten mit komorbiden psychischen Erkrankungen Anspruch auf eine psychotherapeutische Versorgung“, mahnt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) anlässlich der heutigen Anhörung zum Hospiz- und Palliativgesetz (HPG). „Die psychotherapeutische Versorgung in der Hospiz- und Palliativversorgung muss dringend verbessert werden. Dies gilt auch für Pflegeheime, in denen viele Menschen ihre letzte Lebenszeit verbringen.“

Tödlich verlaufende körperliche Erkrankungen gehen häufig mit psychischen Erkrankungen einher. Studien zufolge leidet ungefähr ein Drittel der Patienten in Palliativeinrichtungen an einer affektiven Störung. Am häufigsten sind schwere (14 Prozent) oder weniger schwere depressive Erkrankungen (zehn Prozent). 15 Prozent der Patienten entwickeln eine Anpassungsstörung oder eine Angststörung (zehn Prozent). Weiterhin treten bei schwer und tödlich kranken Patienten kognitive Störungen auf, z. B. Einschränkungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit. Die Prävalenzraten hierfür liegen zwischen 25 und 85 Prozent.

Psychische Erkrankungen werden aber in der letzten Lebensphase viel zu selten erkannt und behandelt. Bis zu 50 Prozent der psychischen Erkrankungen werden in Palliativeinrichtungen nicht diagnostiziert oder nicht ausreichend bzw. inadäquat (35 Prozent) behandelt. Viele Patienten scheuen sich, ihre emotionale und psychische Belastung anzusprechen. Ähnlich ist die Situation in Pflegeheimen. 50 bis 90 Prozent der Pflegeheimbewohner leiden unter einer seelischen Erkrankung, nur fünf bis 19 Prozent werden psychotherapeutisch behandelt. Aber auch bei älteren Menschen ist nach evidenzbasierten Leitlinien Psychotherapie allein oder in Kombination mit einer Pharmakotherapie das Mittel der Wahl.

„Die hohen Prävalenzraten psychischer Erkrankungen in Hospiz- und Palliativeinrichtungen, aber auch in Pflegeheimen, erfordern die regelhafte Einbindung von Psychotherapeuten und Fachärzten für Psychiatrie bzw. Psychosomatik in Palliativteams. Ferner ist eine bessere Kooperation von Pflegeinrichtungen mit den niedergelassenen Fachärzten und Psychotherapeuten erforderlich“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Im HPG müssen die richtigen Weichen gestellt werden, damit dies zukünftig auch umgesetzt wird.“

Psychisch kranke Flüchtlinge: Ermächtigungen für Psychotherapeuten notwendig

BPtK veröffentlicht Ratgeber: Wie beantrage ich eine Ermächtigung?

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen auf, sich für die kurzfristige Ermächtigung von Psychotherapeuten zur Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge einzusetzen.

Mindestens jeder zweite Flüchtling ist psychisch krank. Bisher werden aber nicht mehr als vier Prozent der Flüchtlinge psychotherapeutisch versorgt. In der ambulanten Versorgung und in psychosozialen Flüchtlingszentren sind deutlich mehr Psychotherapeuten notwendig, um posttraumatische Belastungsstörungen und Depressionen behandeln zu können. Die BPtK schätzt, dass in diesem Jahr mindestens 40.000 psychisch kranke Flüchtlinge eine psychotherapeutische Behandlung brauchen. Bisher können pro Jahr aber nur rund 4.000 Flüchtlinge behandelt werden.

Für solche Ermächtigungen sind keine neuen gesetzlichen Regelungen notwendig. Ärzte und Psychotherapeuten können nach der Zulassungsverordnung der Vertragsärzte (§ 31 Absatz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV) ermächtigt werden, vertragspsychotherapeutisch tätig zu werden, sofern dies notwendig ist, um einen begrenzten Personenkreis zu versorgen. Flüchtlinge sind ein solcher begrenzter Personenkreis, der zurzeit so gut wie nicht versorgt wird. Ermächtigungen sind zeitlich begrenzt, im Regelfall auf zwei Jahre.

Die psychotherapeutischen Leistungen für Flüchtlinge werden zwar über die Krankenkassen abgerechnet. Nach § 264 Absatz 7 SGB V werden den Kassen aber die Kosten von den zuständigen Sozialhilfeträgern vierteljährlich erstattet.

Eine Ermächtigung muss beim Zulassungsausschuss beantragt werden und ermächtigt zur Behandlung mittels eines Richtlinienverfahrens. Die BPtK hat eine Information für Psychotherapeuten erstellt, die eine Ermächtigung für die Versorgung von Flüchtlingen beantragen wollen. Wer eine solche Ermächtigung erhält, ist berechtigt, vertragspsychotherapeutische Leistungen für Flüchtlinge zu erbringen und diese auch mit den Krankenkassen abzurechnen.

Mindestens die Hälfte der Flüchtlinge ist psychisch krank

BPtK-Standpunkt „Psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen“

(BPtK) Mindestens die Hälfte der Flüchtlinge in Deutschland ist psychisch krank. Meistens leiden sie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (40 bis 50 Prozent) oder unter einer Depression (50 Prozent). Beide Erkrankungen kommen häufig gemeinsam vor. Flüchtlinge, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erkranken, sind oft suizidal. 40 Prozent von ihnen hatten bereits Pläne, sich das Leben zu nehmen oder haben sogar schon versucht, sich zu töten. Auch bei Flüchtlingskindern in Deutschland sind Erkrankungen aufgrund traumatischer Erlebnisse besonders häufig. Jedes fünfte von ihnen ist an einer PTBS erkrankt. Das ist 15 Mal häufiger als bei Kindern, die in Deutschland geboren wurden. Dies sind die zentralen Inhalte des Standpunktes „Psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen“, den die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) heute vorstellte.

Bei PTBS ist Psychotherapie die empfohlene Behandlungsmethode. Die alleinige Behandlung mit Medikamenten ist nicht ausreichend und medizinisch in der Regel nicht zu verantworten. Nur rund vier Prozent der psychisch kranken Flüchtlinge erhalten jedoch eine Psychotherapie. „Psychische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Erkrankungen von Flüchtlingen. In aller Regel sind sie dringend behandlungsbedürftig“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Die ankommenden Flüchtlinge benötigen nicht nur eine Unterkunft und Lebensmittel, sondern auch eine medizinische Versorgung. Aber fast kein psychisch kranker Flüchtling erhält eine angemessene Versorgung. Die BPtK fordert deshalb dringend gesetzliche Änderungen sowie Ermächtigungen von Psychotherapeuten und Flüchtlingszentren, um eine leitliniengerechte Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen zu ermöglichen.“

Flucht und Trauma

Ereignisse, die als lebensbedrohlich oder als katastrophal erlebt werden und eine tiefe Verzweiflung verursachen, können zu einer schweren psychischen Erkrankung führen. PTBS tritt am häufigsten nach traumatischen Erlebnissen auf, die durch andere Menschen ausgelöst wurden („man-made-disaster“). Etwa die Hälfte der Menschen, die Opfer von Vergewaltigung, Krieg, Vertreibung und Folter wurden, leidet unter einer PTBS. Zu den häufigsten „man-made-disasters“, die von Flüchtlingen berichtet werden, gehören Beschuss mit Handfeuerwaffen und Granaten, Hunger und Durst (z. B. während einer Haft), Todesdrohungen und Scheinexekutionen, körperliche Folter, Stromschläge, sexuelle Erniedrigung und Vergewaltigung sowie auch das Miterleben von Hinrichtungen oder Vergewaltigungen.

Wer an einer PTBS erkrankt, erlebt die traumatische Situation immer wieder, meist als Alpträume oder als blitzartige Bilder oder filmartige Szenen (Flashbacks). Diese Erinnerungen werden so intensiv erlebt, als ob sich das Ereignis gerade tatsächlich wieder ereignete. Jesidische Frauen, die aus der Gefangenschaft des Islamischen Staates entkamen, erlebten während ihres Fluges nach Deutschland Flashbacks und Panikattacken mit Herzrasen, Atemnot, Schwindel und Todesängsten. Die Enge im Flugzeug löste Erinnerungen an die Gefangenschaft aus. PTBS-Kranke meiden deshalb Situationen, die Erinnerungen an die traumatischen Erlebnisse wachrufen können. Weitere Symptome einer PTBS sind eine starke Schreckhaftigkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, emotionale Taubheit und Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen. „PTBS-Betroffene sind schwer psychisch krank“, erläutert BPtK-Präsident Munz. „Sie benötigen dringend eine Psychotherapie. Es ist beschämend, dass Menschen mit solch starken und schmerzenden psychischen Verletzungen fast nie eine angemessene Hilfe erhalten.“

Politische Forderungen

Nach der aktuellen EU-Aufnahme-Richtlinie muss Deutschland die spezielle Situation schutzbedürftiger Personen berücksichtigen. Zu diesen schutzbedürftigen Personen zählen auch Menschen mit psychischen Erkrankungen und Menschen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben. Die Richtlinie hätte bis zum Juli dieses Jahres umgesetzt werden müssen. Tatsächlich ist die Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge in Deutschland weiterhin beschämend schlecht. Auch die Änderungen des Asylbewerberleistungsgesetzes im März 2015 haben für psychisch kranke Flüchtlinge keine Verbesserung gebracht. Die BPtK fordert deshalb dringend, die Versorgung von psychisch kranken Flüchtlingen zu verbessern. Dafür bedarf es insbesondere qualifizierter Gutachter in den Sozialämtern, einer Ermächtigung von Flüchtlingszentren und psychotherapeutischen Privatpraxen zur Behandlung von Flüchtlingen sowie die Finanzierung von Dolmetscherleistungen.

Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

Die Entscheidung, ob bei einem psychisch kranken Asylsuchenden in den ersten 15 Monaten seines Aufenthaltes in Deutschland eine Psychotherapie gewährt wird, dauert in den Sozialämtern häufig monatelang. Meist beurteilen Sachbearbeiter und Ärzte, die für psychische Erkrankungen weder aus- noch weitergebildet sind, ob eine Psychotherapie notwendig ist oder nicht. Dies führt häufig zu Fehleinschätzungen. Psychische Erkrankungen werden fälschlicherweise als nicht dringend behandlungsbedürftig beurteilt oder es wird eine medikamentöse Behandlung empfohlen, die nicht ausreicht. „Die Begutachtung und Gewährung von Psychotherapien nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist grob mangelhaft“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Ein Antrag auf Psychotherapie sollte zukünftig nur noch von qualifizierten Gutachtern geprüft werden.“ Aus Sicht der BPtK ist es außerdem nicht akzeptabel, dass Flüchtlingen eine medizinische Versorgung vorenthalten wird, die in Deutschland als notwendig erachtet wird, um kranke Menschen zu behandeln. Die Einschränkungen für Flüchtlinge im Asylbewerberleistungsgesetz sollten deshalb aufgehoben werden.

Ermächtigung von Flüchtlingszentren und Privatpraxen

Nach den ersten 15 Monaten können Flüchtlinge Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen. Damit haben psychisch erkrankte Flüchtlinge grundsätzlich Anspruch auf eine Psychotherapie. Ihre Behandlung findet zurzeit fast ausschließlich in Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer statt. Die dort tätigen Psychotherapeuten sind aber meist nicht berechtigt, mit der gesetzlichen Krankenversicherung abzurechnen. Dadurch bleiben Flüchtlinge auch nach den ersten 15 Monaten praktisch ohne Behandlung. Die BPtK fordert daher, Psychotherapeuten in Flüchtlingszentren und auch psychotherapeutische Privatpraxen zu ermächtigen, sodass sie die Behandlung von Flüchtlingen mit der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen können. Dies wäre aufgrund der Zulassungsverordnung für Ärzte möglich. „Die Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen wäre so schnell und unbürokratisch deutlich zu verbessern“, erläutert BPtK-Präsident Munz.  

Dolmetscher

Für Psychotherapien mit Flüchtlingen sind fast immer Dolmetscher notwendig. Bisher werden Dolmetscherleistungen selten von den Sozialämtern und überhaupt nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Die BPtK schlägt deshalb vor, das Asylbewerberleistungsgesetz so zu ändern, dass alle Flüchtlinge grundsätzlich Anspruch auf Dolmetscherleistungen haben, wenn diese für eine Krankenbehandlung notwendig sind.

PEPP-Entgeltkatalog 2016: Nur wenige Veränderungen

Analysen zur regionalen Versorgungsverpflichtung ohne Ergebnis

(BPtK) Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) hat am 4. September 2015 den Entgeltkatalog 2016 für das neue Pauschalierende Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) vorgestellt. Dabei gibt es nur wenige Veränderungen im Vergleich zu 2015. Diese betreffen vor allem eine Erhöhung der Pauschalen, wenn bestimmte Nebendiagnosen vorliegen.

Liegt z. B. zusätzlich zu einer anderen psychischen Erkrankung auch eine Magersucht vor oder wird z. B. neben einer Suchterkrankung auch noch eine Psychose festgestellt, kann das Krankenhaus höhere Pauschalen für den Behandlungsfall abrechnen. Auch eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen erhält zukünftig ein höheres Kostengewicht, als eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome. Bei Kindern und Jugendlichen führt eine Intelligenzminderung als Nebendiagnose zu höheren Entgelten. Zudem werden die Zeiten für Kriseninterventionen schon ab einer geringeren Schwelle berücksichtigt.

Eine wesentliche Kritik der psychiatrischen Krankenhäuser ist nach wie vor, dass die Kosten, die den psychiatrischen Einrichtungen durch ihre regionale Versorgungsverpflichtung entstehen, nicht im PEPP berücksichtigt werden. Das InEK hat deshalb verschiedene Vorschläge zur besseren Berücksichtigung dieser Kosten empirisch analysiert. Dabei konnte jedoch nicht belegt werden, dass den Häusern durch Patienten, die z. B. nachts oder am Wochenende als Notfall aufgenommen werden, höhere Kosten entstehen als durch die anderen Patienten.

Erschwert werden die Analysen dadurch, dass nahezu alle psychiatrischen Kalkulationskrankenhäuser (97,7 Prozent) eine regionale Versorgungsverpflichtung haben und dass die Definition der regionalen Versorgungsverpflichtung in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ist. Hier wird vom InEK nach weiteren Lösungen gesucht, z. B. durch die Abgrenzung einer spezifischen Kostenstelle für die regionale Versorgungsverpflichtung.

Der Entgeltkatalog 2016 gilt vorbehaltlich der Zustimmung der Selbstverwaltungspartner

G-BA soll klinische Neuropsychologie als Schwerpunktbezeichnung ausweisen

BPtK fordert das Bundesministerium für Gesundheit zur Beanstandung auf

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Aufnahme der Qualifikation „klinische Neuropsychologie“ in die Bedarfsplanungsblätter abgelehnt. Die Bedarfsplanungsblätter, die die Schwerpunktbezeichnungen betreffen, umfassen die Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen sowie Zusatzweiterbildungen nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Ärzte. Der G-BA weigert sich aber, die neue Zusatzbezeichnung „klinische Neuropsychologie“ in die Anlage der Bedarfsplanungs-Richtlinie aufzunehmen. Damit entscheidet der G-BA willkürlich und nicht nachvollziehbar, wann er Schwerpunktkompetenzen oder Zusatzweiterbildungen in die Bedarfsplanungs-Richtlinie aufnimmt oder nicht. Fachlich unstrittig ist, dass die klinische Neuropsychologie bedarfsplanerisch relevant ist und sich deswegen auch in den Bedarfsplanungsblättern wiederfinden sollte. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb das Bundesministerium für Gesundheit auf, die Entscheidung des G-BA zu beanstanden.

Der G-BA regelt mit seinen Richtlinien die vertragspsychotherapeutische Versorgung. Hierzu gehört auch die Richtlinie „Methoden vertragsärztliche Versorgung“. Darin wird ausdrücklich die Zusatzbezeichnung für klinische Neuropsychologie gemäß der Weiterbildungsordnungen der Landespsychotherapeutenkammern genannt. Der G-BA hat mit Beschluss vom 24. November 2011 die neuropsychologische Therapie als vertragsärztliche Leistung anerkannt. Danach sind zur neuropsychologischen Therapie nur die Fachärzte und Psychotherapeuten qualifiziert, die diese Weiterbildung klinische Neuropsychologie nachweisen können.

Muttersprachliche Behandlungsangebote und Dolmetscherdienste nicht ausreichend

Unabhängige Patientenberatung veröffentlicht Monitor Patientenberatung 2015

(BPtK) Mangelndes Wissen, sprachliche Schwierigkeiten und kulturelle Einflüsse erschweren es Migranten, sich im deutschen Gesundheitssystem zurechtzufinden. Dies ist eines der Ergebnisse des Monitor Patientenberatung 2015, den die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) heute veröffentlicht hat.

Fehlende muttersprachliche Angebote beeinflussen danach immer wieder den Behandlungsverlauf. Es gebe zwar je nach Region mehr oder weniger Ärzte, die türkisch, russisch oder eine andere Sprache sprechen. Das Netzwerk der multilingualen Behandlungsangebote sei aber nicht transparent und gerade im ländlichen Bereich nicht dicht genug. Die UPD kritisiert, dass Patienten und Ärzte „ständig improvisieren“ müssten, weil auch Dolmetscherangebote nur sehr begrenzt zur Verfügung ständen. Dringend benötigt würden zudem Patienteninformationen in unterschiedlichen Sprachen. Dies betreffe evidenzbasierte Patienteninformationen und Entscheidungshilfen ebenso wie Grundlageninformationen zum deutschen Gesundheitssystem.

Als besonders kritisch bewertete die UPD den Status von Asylsuchenden und geduldeten Ausländern. Es sei eine Überforderung in der Beratung, einem Asylsuchenden mitteilen zu müssen, dass die Behandlung nur in besonders schwerwiegenden Fällen übernommen werde. Das gilt aus Sicht der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) insbesondere auch für die Behandlung von psychischen Erkrankungen mit Psychotherapie, die häufig nicht bezahlt werde. Flüchtlinge leiden jedoch häufig unter schweren psychischen Erkrankungen aufgrund von traumatischen Erlebnissen im Heimatland oder auf der Flucht, die dringend behandelt werden müssen. Deshalb fordert die BPtK seit langem eine bessere psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen und insbesondere die gesicherte Finanzierung von Dolmetscherleistungen.

Um den sprachlichen, kulturellen, religiösen und soziokulturellen Besonderheiten von Menschen aus Migrantenfamilien besser gerecht zu werden, hat die UPD ein muttersprachliches interkulturelles Beratungsangebot in türkischer und russischer Sprache konzipiert und eingeführt. In Nürnberg, Dortmund, Berlin, Ludwigshafen und Stuttgart bietet sie eine kostenfreie persönliche Beratung vor Ort an. Darüber hinaus betreibt sie eine bundesweite Hotline zur kostenlosen Telefonberatung in türkischer und russischer Sprache. Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 3.135 muttersprachliche Beratungsgespräche geführt, wobei die Beratungszahlen im russischsprachigen Bereich mit 1.891 Beratungskontakten deutlich höher liegen als die Anzahl der türkischsprachigen Beratungsgespräche mit 985 Kontakten.

KHSG: Gute Versorgung in Psychiatrie und Psychosomatik sicherstellen

BPtK fordert verbindliche Anforderungen an die Personalausstattung

(BPtK) Die stationäre Versorgung psychisch kranker Menschen muss dringend verbessert werden. „Die psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäuser verfügen schon lange nicht mehr über ausreichendes Personal, um eine gute Versorgung anbieten zu können.“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) anlässlich der heutigen Anhörung zum Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG). „Die Anforderungen der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV), die vor fast 25 Jahren entwickelt wurden, sind seit Langem überholt und bilden vor allem den psychotherapeutischen Behandlungsbedarf, wie ihn moderne Behandlungsleitlinien beschreiben, nicht ab.“

„Dabei werden selbst die Personalanforderungen der veralteten Psych-PV schon lange nicht mehr erfüllt“, stellt der BPtK-Präsident fest. Der Erfüllungsgrad liege bundesweit bei durchschnittlich 90 Prozent in der Erwachsenenpsychiatrie, allerdings mit großen Unterschieden zwischen den Einrichtungen. „Bei fast einem Drittel der Krankenhäuser liegt er sogar unter 85 Prozent. In den Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist die Situation noch schlechter – hier werden die Personalstandards in fast der Hälfte (45 Prozent) der Einrichtungen um über 25 Prozent unterschritten.“ Das hat mehrere Gründe. Neben Budgetdeckelungen bei gleichzeitig steigenden Lohnkosten, sind Zweckentfremdungen der Mittel zur Quersubventionierung anderer Abteilungen oder für anstehende Krankenhausinvestitionen an der Tagesordnung.

„Wir brauchen verbindliche Mindestanforderungen an die Personalausstattung, die transparent und überprüfbar sind“, fordert BPtK-Präsident Munz. Dafür erarbeitet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gerade Personalstandards. „Im KHSG muss klargestellt werden, dass die vom G-BA zu erarbeitenden Personalstandards nicht nur Empfehlungscharakter haben, sondern verbindlich sind.“ Die Politik sollte dafür Sorge tragen, dass in der stationären Versorgung psychisch kranker Menschen endlich eine solide Personalbasis sichergestellt wird, erklärt Munz.

Der G-BA hat den Auftrag erhalten, bis zum 1. Januar 2017 Anforderungen an die Personalausstattung für Psychiatrie und Psychosomatik zu erarbeiten. Diese Personalanforderungen sollen die veraltete Psych-PV, die zum 1. Januar 2019 ihre Gültigkeit verliert, ersetzen. Umstritten ist derzeit jedoch noch, wie verbindlich diese Personalanforderungen werden sollen.

Interview der ÄrzteZeitung mit Dr. Dietrich Munz

(LPK BW) Dr. Dietrich Munz, Präsident der LPK BW und BPtK, hat der ÄrzteZeitung ein ausführliches Interview gegeben. Darin äußert er sich unter anderem zur Akzeptanz und häufigeren Inanspruchnahme von Psychotherapie, der Behandlung von psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt, dem Versorgungsstärkungsgesetz einschließlich notwendiger Reform der Bedarfsplanung und der Beziehung zwischen Ärzten und Psychotherapeuten.

G-BA flexibilisiert die Regelungen zur Gruppentherapie

Kombination von Einzel- und Gruppentherapie generell möglich

(BPtK) Zukünftig ist die Kombination von Einzel- und Gruppentherapie in allen drei Psychotherapieverfahren zulässig. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschloss dafür am 16. Juli 2015 eine Änderung der Psychotherapie-Richtlinie. Nun kann die Gruppenpsychotherapie auch in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der analytischen Psychotherapie flexibler eingesetzt werden. Dies hatte die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) seit Jahren gefordert.

Einzel- und Gruppentherapie sind häufig in Kombination notwendig. So benötigen Patienten, deren psychische Erkrankungen grundsätzlich gut mit einer Gruppentherapie behandelt werden können, häufig zusätzlich eine Einzeltherapie, um einzelne Probleme gesondert zu bearbeiten. Umgekehrt bedürfen aber auch Patienten in Einzeltherapie oft einer ergänzenden Gruppentherapie. In der stationären Versorgung ist die Kombination von Einzel- und Gruppentherapie für viele Erkrankungen der Standard. In der ambulanten Versorgung behinderte die Psychotherapie-Richtlinie bislang jedoch einen flexiblen Einsatz beider Therapieformen.

Dies gilt beispielsweise für die Behandlung von Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. In der stationären Versorgung werden Einzel- und Gruppentherapie für diese Patienten in der Regel als Kombinationsbehandlung angeboten. In der ambulanten Versorgung reichten dafür jedoch die Stundenkontingente bisher nicht aus. In der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie sowie der analytischen Psychotherapie war die Kombinationsbehandlung sogar grundsätzlich unzulässig. Nur in Einzelfällen waren Ausnahmen möglich. Mit der Änderung der Psychotherapie-Richtlinie wird dieses strukturelle Hindernis für die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie jetzt beseitigt.

Darüber hinaus regelt die Psychotherapie-Richtlinie künftig explizit den Fall, dass Einzel- und Gruppentherapie bei verschiedenen Psychotherapeuten durchgeführt werden. Die behandelnden Psychotherapeuten sind dann gehalten, den Behandlungsplan miteinander abzustimmen und, soweit erforderlich, sich im Verlauf der Behandlung regelmäßig auszutauschen. Der Patient muss dieser Zusammenarbeit allerdings zustimmen und die Psychotherapeuten von der Schweigepflicht entbinden.

Die Änderung der Psychotherapie-Richtlinie ist auch deshalb wichtig, weil der Gesetzgeber im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz beschlossen hat, eine psychotherapeutische Sprechstunde einzurichten und die Gruppentherapie zu fördern. Dadurch kann die Kombination von Einzel- und Gruppentherapie in der ambulanten Versorgung zukünftig an Bedeutung gewinnen. Bislang machen dort gruppentherapeutische Leistungen weniger als zwei Prozent der genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen aus. Damit wird das Versorgungspotenzial der Gruppentherapie nicht ausreichend ausgeschöpft.

Landespsychotherapeutentag 2015

Ambulante psychotherapeutische Versorgung – aktueller Stand und Perspektiven

(LPK BW) Der Landespsychotherapeutentag fand dieses Jahr in der Alten Reithalle des Maritim-Hotels Stuttgart statt. Dr. Dietrich Munz, Kammerpräsident und seit Mai auch gewählter Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, konnte zahlreiche Mitglieder und Gäste zum Thema „Ambulante psychotherapeutische Versorgung – aktueller Stand und Perspektiven“ begrüßen. Wie er eingangs feststellte, habe Baden-Württemberg eine im bundesweiten Vergleich über dem Durchschnitt liegende Versorgung mit niedergelassenen Psychotherapeuten und auch mit stationären psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhausbetten. Eine Besonderheit im bundesweiten Vergleich bestehe in dem 2008 zwischen der AOK BW und dem Hausärzteverband sowie dem Medi-Verbund abgeschlossenen Hausarztvertrag, der 2012 um den sogenannten PNP-Vertrag zur selektivvertraglichen Versorgung in Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie erweitert wurde. Dies bedeute eine gewollte Konkurrenz zwischen dem System der Kollektivversorgung über die KV und dem Selektivvertragssystem. Diese Rahmenbedingungen für die psychotherapeutische Versorgung seien mit ein wesentlicher Teil der folgenden Referate und sicher auch der Diskussion.

Darüber hinaus ging Dr. Munz auf die Konsequenzen des jüngst im Bundestag verabschiedeten GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) ein. Für die vertragsärztliche Versorgung seien damit einige Chancen für die Verbesserung der Versorgung für Menschen mit psychischen Erkrankungen innerhalb des GKV-Systems eröffnet worden. Die vorgesehene Sprechstunde für Psychotherapeuten ermögliche es, Patienten beim ersten Gespräch zu beraten, welches Hilfsangebot sinnvoll und notwendig sei. Dies könne neben der Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie die Empfehlung einer Präventionsmaßnahme oder einer Selbsthilfegruppe oder auch die Verordnung einer stationären Psychotherapie im Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung sein. Eine Verbesserung solle auch dadurch erreicht werden, dass künftig in psychotherapeutischen Praxen das Jobsharing erleichtert bzw. im Sinne der Versorgung verbessert werden solle. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber, so Dr. Munz, jedoch die Regelung zur Nachbesetzung bei der Praxisübergabe verschärft, indem er fordere, in Regionen mit einem offiziellen Versorgungsgrad von mehr als 140 Prozent die Anträge auf Nachbesetzung abzulehnen. Davon wären dann bundesweit über 4.000 psychotherapeutische Praxen betroffen. In Baden-Württemberg wären dies ca. 600 der aktuell etwa 3.000 Psychotherapeutenpraxen, also knapp 20 %.

„Dies würde zu einer drastischen Verschlechterung der psychotherapeutischen Versorgung im Land führen, die verhindert werden muss“ mahnt Dr. Munz. Er sehe einen kleinen Lichtblick am Horizont, da der GB-A durch das Gesetz beauftragt sei, die Bedarfsplanungsrichtlinie bis Anfang 2017 grundlegend zu überarbeiten. Falls hierbei zukünftig tatsächlich die Häufigkeit psychischer Erkrankungen berücksichtigt werde, wäre dies ein wesentlicher Fortschritt. Die Bundespsychotherapeutenkammer fordere deshalb, den Abbau von psychotherapeutischen Praxen so lange auszusetzen, bis eine neue Bedarfsplanung vorliegt.