Schlagwortarchiv für: Versorgung

Neue bürokratische Hürden für psychisch kranke Menschen abgelehnt

Bundesrat zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)

(BPtK) Der Bundesrat hat heute die im TSVG geplante Reform der Psychotherapie-Richtlinie, die eine gestufte und gesteuerte Versorgung für die psychotherapeutische Behandlung zum Ziel haben soll, abgelehnt. Er befürchtet, dass dadurch neue Hindernisse in der Versorgung für psychisch kranke Menschen geschaffen werden. Er lehnt die Schaffung hierarchischer Zuweisungswege ab, da damit die bestehende Qualifikation der Vertragsärzte und Psychotherapeuten infrage gestellt wird und diesen die Fähigkeit zur indikationsgerechten Versorgung damit abgesprochen wird (Stellungnahme zum Gesetzentwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung, Bundesratsdrucksache 504/1/18).

Auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) schlägt vor, diese Regelung im TSVG ersatzlos zu streichen. Durch die Reform der Psychotherapie-Richtlinie zum 1. April 2017 existiert bereits eine gestufte und gesteuerte Versorgung. Dank der psychotherapeutischen Sprechstunden erfahren Patienten schnell und ohne bürokratische Hürden, ob sie psychisch krank sind und wenn ja, welche Art von Behandlung ratsam ist. „Das Problem ist nicht, dass es keine Steuerung gibt,“ erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz, „sondern dass es an Behandlungsplätzen für eine Richtlinien-Psychotherapie fehlt.“ In Regionen außerhalb der Großstädte warten Patienten zwischen fünf und sieben Monate auf den Beginn einer Richtlinien-Psychotherapie. „Wir erwarten, dass die Politik das Problem der nicht ausreichenden Versorgung löst.“ betont Munz. „Wir brauchen mehr Psychotherapeuten, insbesondere in ländlichen Regionen. Mit zusätzlichen Hürden für Patienten lassen sich die bestehenden Versorgungsmängel nicht beheben.“

Flüchtlinge besser psychotherapeutisch versorgen

WIdO-Studie fordert dauerhafte Förderung von Sprach- und Kulturmittlung

(BPtK) Traumatisierte Flüchtlinge sollten ab dem ersten Tag einen umfassenden Anspruch auf medizinische Versorgung haben, wie er auch gesetzlich Krankenversicherten zusteht. Das fordert das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) in einer aktuellen Studie zur Gesundheit von Flüchtlingen. Bürokratische und sprachliche Hemmnisse müssten abgebaut und das psychotherapeutische Angebot ausgebaut werden. Dazu gehört auch eine Sprach- und Kulturmittlung. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge berichtet, dass sie Schwierigkeiten hatte, einen muttersprachlichen Arzt zu finden oder sich in einer Praxis oder einem Krankenhaus verständlich zu machen. „Eine dauerhafte öffentliche Förderung der Sprach- und Kulturmittlung könnte dieses Problem nachhaltig lösen“, so das WIdO. Dies fördere auch die Integration der Flüchtlinge in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt.

Die Studie zeigt außerdem, dass rund drei Viertel der Flüchtlinge Gewalt erlebt haben und traumatisiert sind – oft sogar mehrfach. 60 Prozent berichteten von Kriegserlebnissen und 40 Prozent von Angriffen durch das Militär. Bei jedem Dritten sind nahestehende Personen verschleppt worden oder verschwunden. 30 Prozent haben Gewalterfahrungen auf der Flucht gemacht, 20 Prozent wurden gefoltert und jeweils 15 Prozent berichteten davon, inhaftiert gewesen oder Zeuge von Folter, Tötung oder sexueller Gewalt geworden zu sein.

Befragt zu psychischen und körperlichen Beschwerden in den letzten sechs Monaten, berichten die Flüchtlinge am häufigsten von Mutlosigkeit, Trauer und Bedrückung (41 Prozent), Nervosität und Unruhe (37 Prozent), Müdigkeit und Erschöpfung (31 Prozent) und Schlafstörungen (29 Prozent). Mehr als 40 Prozent der Flüchtlinge zeigen Anzeichen einer depressiven Erkrankung. Bei den eher körperlichen Beschwerden wird am häufigsten von Rücken- und Kopfschmerzen berichtet (jeweils 30 Prozent). Flüchtlinge, die Traumatisches erlebt haben, berichten sogar mehr als doppelt so oft über psychische und auch körperliche Beschwerden.

Für die Studie befragte das WIdO 2.021 Flüchtlinge aus 260 Aufnahmeeinrichtungen in ganz Deutschland. Die Flüchtlinge stammten vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Sie lebten noch nicht länger als zwei Jahre in Deutschland.

Bessere psychotherapeutische Versorgung für Menschen mit geistiger Behinderung

G-BA ändert Psychotherapie-Richtlinie

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 18. Oktober 2018 eine Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung beschlossen. Künftig können erwachsene Menschen mit einer geistigen Behinderung – wie bereits Kinder und Jugendliche – bis zu zehn Einheiten der psychotherapeutischen Sprechstunde, statt bisher sechs, erhalten. Auch für die probatorischen Sitzungen und in der Rezidivprophylaxe wurden die möglichen Therapieeinheiten analog zu den Regelungen für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen erweitert.

Die entsprechende Änderung der Psychotherapie-Richtlinie trägt dem erhöhten Zeitbedarf bei diesen Patientinnen und Patienten während der Diagnostik und Behandlung Rechnung. Hierbei können auch relevante Bezugspersonen aus dem sozialen Umfeld – wie z. B. Betreuer, Eltern, Geschwister – intensiver einbezogen werden. Einschränkungen und Besonderheiten im Sprachverständnis und den verbalen und non-verbalen Ausdrucksmöglichkeiten können die Kommunikation erschweren und in der Phase der diagnostischen Abklärung, der Indikationsstellung und des Aufbaus einer therapeutischen Beziehung einen besonders hohen zeitlichen Aufwand erforderlich machen. Anregungen der Bundespsychotherapeutenkammer, diese zusätzlichen Zeiten auch für die Akutbehandlung vorzusehen und die Rezidivprophylaxe als eigenen zusätzlichen Leistungsbereich für diese Patientinnen und Patienten bereitzustellen, hat der G-BA bei dem aktuellen Beschluss noch nicht aufgegriffen.

Insgesamt ist die Änderung der Psychotherapie-Richtlinie ein erster wichtiger Baustein, die psychotherapeutische Versorgung von Menschen mit einer geistigen Behinderung zu verbessern. Sie sind häufiger psychisch belastet und haben ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten. Die psychotherapeutische Versorgung von Menschen mit einer geistigen Behinderung ist in Deutschland jedoch häufig noch sehr unzureichend. Trotz aller Fortschritte in der Diagnostik psychischer Erkrankungen und der Anpassung der psychotherapeutischen Verfahren für diese Patientinnen und Patienten bestehen noch immer erhebliche Barrieren in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung. Dabei konnten verschiedene Studien zeigen, dass die psychotherapeutische Behandlung auch bei Menschen mit geistiger Behinderung wirksam ist.

Behandlung geflüchteter Menschen

Zusammenarbeit mit dem Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg

(LPK BW) Viele Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, sind durch die Erfahrungen von Krieg, Bürgerkrieg, Unruhen und Verfolgung in ihrer Heimat sowie auch die Erfahrungen auf der Flucht und die Unsicherheiten des Asylverfahrens belastet und teilweise schwer traumatisiert. Die Landespsychotherapeutenkammer BW hat bereits mehrere Fortbildungen zur Stärkung einer guten Versorgung durchgeführt.

Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg ist ein überparteilicher und weltanschaulich nicht gebundener Zusammenschluss von lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queer (LSBTTIQ) Gruppen, Vereinen und Initiativen in Baden-Württemberg. Innerhalb des Netzwerks engagieren sich mehrere Gruppen und Einrichtungen für die Unterstützung von lsbttiq Geflüchteten und haben sich zu einer Themengruppe Refugees helfen zusammengeschlossen. Da einige der betreuten Geflüchteten eine therapeutische Behandlung benötigen kooperiert die LPK BW mit dem Netzwerk, um diese in eine ambulante Therapie zu vermitteln. Weitere Informationen finden Sie in untenstehender PDF.

LPK-Vertreterversammlung am 19./20.Oktober in Stuttgart

Resolutionen zur gestuften Versorgung im Entwurf zum TSVG sowie zur Bedarfsplanung verabschiedet

(LPK BW) Am ersten Tag der Vertreterversammlung (VV) wurde das Thema „Heilberufeausweis und Telematikinfrastruktur: aktueller Entwicklungsstand und Ausblick“ bearbeitet. Dazu stellte Dominique Krause (BPtK) die aktuellen Entwicklungen dar. In der anschließenden Diskussion wurde über den Nutzen der Telematik für psychotherapeutische Praxen und über den Datenschutz diskutiert. Neben möglichen Risiken wurden auch die Vorteile eines sicheren Datenaustausches zwischen den Leistungserbringern benannt.

Zum zweiten Tagesordnungspunkt des Tages führte Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz in das Thema Bedarfsplanung ein. In seinem Vortrag stellte er das kürzlich veröffentlichte Gutachten des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Bedarfsplanung vor und informierte über die Konsequenzen daraus. So stelle das Gutachten fest, dass im ländlichen Raum je nach Berechnungsmodell bis zu 2400 Psychotherapeutensitze fehlen, in einigen Ballungsgebieten aber eine Überversorgung festzustellen sei. In der anschließenden Diskussion wurden die Vorschläge des Gutachtens kritisch hinterfragt, insbesondere auch, wie denn ein Abbau von Sitzen in den laut Gutachten nominell überversorgten Gebieten von statten gehen solle.

Wartezeiten für psychisch kranke Menschen weiterhin zu lang

BPtK zum G-BA-Gutachten zur Bedarfsplanung

(BPtK) Das Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung, das der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute in Berlin vorgestellt hat, bietet keine Lösung, die Wartezeiten auf eine Behandlung für psychisch kranke Menschen ausreichend zu verkürzen. Die Gutachter kommen zwar zu dem Ergebnis, dass deutschlandweit rund 2.400 psychotherapeutische Praxen fehlen. Sie setzen jedoch die von den heute zugelassenen Psychotherapeuten erbrachten Leistungen mit dem Bedarf gleich.

„Die Gutachter haben ihre eigentliche Aufgabe nicht erfüllt“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), das G-BA-Gutachten. „Angesichts der langen Wartezeiten auf eine Psychotherapie reicht es nicht aus, den Status quo an psychotherapeutischer Versorgung heranzuziehen, um den Bedarf abzuschätzen. Aufgabe der Gutachter wäre es gewesen, ein Konzept zu entwickeln, wie unter Berücksichtigung der Häufigkeit psychischer Erkrankungen der Bedarf an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen ermittelt werden kann. Daran sind die G-BA-Gutachter jedoch gescheitert.“ Nach BPtK-Berechnungen sind rund 7.000 zusätzliche Psychotherapeutenpraxen notwendig, um die monatelangen Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung in besonders schlecht versorgten Regionen zu verkürzen.

Kein Konzept für eine bedarfsgerechte Ermittlung der Anzahl psychotherapeutischer Praxen

Die G-BA-Gutachter gehen bei der Ermittlung des fachspezifischen Versorgungsbedarfs über den Status quo nicht hinaus. Sie schlagen vor, die notwendige Anzahl von Ärzten und Psychotherapeuten auf Basis der aktuell abgerechneten ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen zu ermitteln. „Damit gehen sie grundsätzlich davon aus, dass die Versorgungsleistungen, die Ärzte und Psychotherapeuten aktuell erbringen, ausreichen, um kranke Menschen angemessen zu versorgen. Gerade bei psychisch kranken Menschen herrscht jedoch ein erheblicher und unstrittiger Mangel an Behandlungsplätzen“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Weil die Gleichsetzung von Angebot und Bedarf in der ambulanten Psychotherapie völlig unhaltbar ist, hatten die G-BA-Gutachter den Auftrag bekommen, ein neues Konzept zu entwickeln. Dieser Auftrag wurde jedoch nicht erfüllt.“ Psychisch kranke Menschen warten durchschnittlich fünf Monate auf eine psychotherapeutische Behandlung. „Angesichts eines solch gravierenden Mangels an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen keine konkreten Ansätze zur Berechnung des tatsächlichen Versorgungsbedarfs vorzulegen, ist konzeptionell mehr als mager.“

Nach der bevölkerungsrepräsentativen Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) des Robert Koch-Instituts leiden 28 Prozent der erwachsenen Deutschen innerhalb eines Jahres unter mindestens einer psychischen Erkrankung. Insgesamt sind in Deutschland 19 Millionen Menschen jährlich von einer psychischen Erkrankung betroffen. Laut dem G-BA-Gutachten sind jährlich etwa 1,9 Millionen Menschen bei einem Psychotherapeuten in Behandlung. Das sind lediglich 10 Prozent aller psychisch kranken Menschen. Nicht jeder psychisch kranke Mensch benötigt eine Psychotherapie oder möchte diese in Anspruch nehmen. Aber bei den meisten psychischen Erkrankungen ist Psychotherapie nach nationalen und internationalen Leitlinien die Behandlungsmethode der ersten Wahl. „Dass nur jeder zehnte psychisch kranke Mensch eine Psychotherapie erhält, belegt die großen Defizite in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Mit dem Gutachten würde der Missstand, dass viele psychisch kranke Menschen nicht und nicht leitliniengerecht behandelt werden können, auch in Zukunft fortgeschrieben.“

Gesetzliche Vorgaben für die psychotherapeutische Bedarfsplanung notwendig

Der G-BA hatte bereits mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz 2015 den Auftrag erhalten, die Bedarfsplanung zu reformieren und hierbei den Fokus insbesondere auf die psychotherapeutische Versorgung zu richten. Die ihm hierfür gesetzte Frist hat der G-BA nicht eingehalten. Gesundheitsminister Spahn will mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz dem säumigen G-BA eine Fristverlängerung bis zum 1. Juli 2019 gewähren. Diese Fristverlängerung sollte jedoch nicht ohne Auflagen bleiben. Damit der G-BA mit seinen sich in der Bedarfsplanung oft blockierenden Bänken – Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband – zu sachgerechten Lösungen kommen kann, sollte er vom Gesetzgeber konkrete Vorgaben für die Reform insbesondere der psychotherapeutischen Bedarfsplanung erhalten. Diese sollten vor allem das Ziel haben, die Fehler in der Bedarfsplanung für die Bedarfsplanungsgruppe der Psychotherapeuten aus dem Jahr 1999 zu beheben und die bevölkerungsrepräsentativen Daten zur Häufigkeit psychischer Erkrankungen aus der DEGS-Studie des Robert Koch-Instituts systematisch zu berücksichtigen.

Das lange Warten

Interview mit LPK-Präsident Dietrich Munz in Psychologie Heute

(LPK BW) Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, über Ursachen und Folgen der langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz

Herr Dr. Munz, warum ist es in Deutschland so schwierig, einen Psychotherapieplatz zu bekommen?

Weil wir vor allem in ländlichen Gebieten, aber auch in vielen Städten zu wenig Therapeuten mit Kas­senzulassung haben. Deshalb ist die Kapazität zur Behandlung psychisch Kranker begrenzt und zu niedrig.

Jedes Jahr absolvieren rund 2500 Psychologen und Pädagogen erfolgreich die staatliche Therapeutenausbildung. Reicht dieser Nachwuchs nicht, um den Bedarf zu decken?

Wir haben genug Nachwuchs, der Interesse hat, einen Kassensitz zu bekommen… Weiterlesen unter https://www.psychologie-heute.de/gesundheit/39530-das-lange-warten/volltext.html

Chronifizierung psychischer Erkrankungen verhindern – ambulante Psychotherapie stärken

Aktuelle Versorgungsstudie zur Lage der ambulanten Psychotherapien über Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V in Privatpraxen

(LPK BW)

 

Gemeinsame Pressemitteilung der Landespsychotherapeutenkammern

Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein

Berlin / Hamburg / Stuttgart etc

Spahnscher Irrtum: „Die Wartezeiten sind in Freiburg am längsten“

BPtK zu den Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie

(BPtK) Gesundheitsminister Spahn sagte am 26.09.2018 im Bundestag:

„Die Stadt mit dem höchsten Versorgungsgrad in der psychotherapeutischen Versorgung ist Freiburg; die Stadt mit den längsten Wartezeiten ist – Freiburg.“ (Protokoll Deutscher Bundestag, 51. Plenarsitzung)

Richtig ist: In Freiburg arbeiten 121,5 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner. Das ist nicht der „höchste Versorgungsgrad“ in der psychotherapeutischen Versorgung, aber ein deutlich besserer Versorgungsgrad als im Bundesdurchschnitt. Im Bundesdurchschnitt sind es 25,1 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner.

Weil es in Freiburg mehr Psychotherapeuten als im Bundesdurchschnitt gibt, warten die Menschen dort auch nicht so lange auf einen Termin bei einem Psychotherapeuten. In Freiburg beträgt die Wartezeit auf einen ersten Termin in der Sprechstunde 3,4 Wochen (Bundesdurchschnitt: 5,7 Wochen) und auf einen Behandlungstermin (Richtlinienpsychotherapie) 12,5 Wochen (Bundesdurchschnitt: 19,9 Wochen). Die Wartezeiten sind in Freiburg also deutlich kürzer als anderswo.

Fazit: In Freiburg müssen Patienten fast nur halb so lange auf einen Beratungs- oder Behandlungstermin warten wie im Bundesdurchschnitt. Mehr Psychotherapeuten führen zu einer besseren Versorgung.

Gesundheitsminister Spahn plant Reformen, die längst Realität sind

BPtK kritisiert Regelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert die Veränderungen der psychotherapeutischen Versorgung, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) plant. „Mit der psychotherapeutischen Sprechstunde erhält jeder Patient seit dem 1. April 2017 einen schnellen ersten Beratungstermin und danach eine Behandlung, die sich nach dem Schweregrad seiner Erkrankung richtet“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK, fest. „Gesundheitsminister Spahn plant Reformen, die seit eineinhalb Jahren Realität sind.“

Im Terminservice- und Versorgungsgesetz soll der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt werden, „eine gestufte und gesteuerte Versorgung für die psychotherapeutische Versorgung“ zu beschließen. Damit wird übersehen, dass mit der psychotherapeutischen Sprechstunde gerade eine schnelle und differenzierte Versorgung für psychisch kranke Menschen geschaffen wurde. In der Sprechstunde erfahren die Patienten kurzfristig, ob sie psychisch krank sind oder nicht und welche Hilfe sie benötigen. Unmittelbar Behandlungsbedürftige können kurzfristig eine Akutbehandlung erhalten, Menschen mit Selbst- und Fremdgefährdung können in ein Krankenhaus überwiesen werden. „Damit erhalten psychisch kranke Menschen je nach Dringlichkeit und Schweregrad eine angemessene und leitliniengerechte Behandlung“, erklärt Munz. „Die psychotherapeutische Sprechstunde hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einer zentralen Anlauf- und Koordinationsstelle für psychisch kranke Menschen entwickelt. Es ist nicht ersichtlich, was der Vorschlag daran noch weiter verbessern soll.“

Gerade schwer psychisch kranke Menschen profitieren wesentlich von der neuen psychotherapeutischen Sprechstunde. Die BPtK-Studie „Wartezeiten 2018“ zeigt, dass gerade Patienten mit chronischen Erkrankungen, Patienten, die aktuell arbeitsunfähig sind, aber auch psychotische Patienten die psychotherapeutische Sprechstunde häufiger für ein erstes Gespräch nutzen. „Wir sind froh darüber, dass sich gerade diese Patienten nicht mehr wie früher durch viel zu lange Wartezeiten auf eine erste Beratung und Diagnostik davon abschrecken lassen, sich Hilfe zu suchen“, erläutert BPtK-Präsident Munz.