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Psychotherapeut*innen als Zuweiser für das vom BMAS geförderte rehapro-Projekt „Psychosomatik Direkt“ gesucht

Die LPK BW bittet ihre niedergelassenen Mitglieder in den Regionen Stuttgart, Böblingen, Freiburg und Ravensburg um Beteiligung

(LPK BW) Zwischen der Erstmanifestation einer psychischen Erkrankung und der Inanspruchnahme einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme liegt oftmals ein Zeitraum von mehreren Jahren. Es stellt sich die Frage, wie es gelingen kann, Menschen mit psychischen Erkrankungen schneller in eine Rehabilitationsmaßnahme aufzunehmen, nach Möglichkeit, bevor eine Chronifizierung einsetzt. Im Rahmen des Modellprojektes soll ein niedrigschwelliger Zugang für die Betroffenen und ihre Behandler (Hausärzte und psychologische Psychotherapeuten) analog zu einer Krankenhauseinweisung geschaffen werden.

Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg unterstützt Sie als potentielle Zuweiser, in dem Sie an einem durch Sozialmedizinischen Dienst der DRV durchgeführtes Schulungsangebot teilnehmen können. Falls Sie Interesse haben, an dieser Studie mitzuwirken und sich vorstellen können, entsprechend Patienten für eine Psychosomatische Rehabilitation zuzuweisen, können Sie sich für die online stattfindende Schulung bei der DRV Baden-Württemberg anmelden. Weitere Infos entnehmen Sie dem Schreiben der DRV Baden-Württemberg sowie einer kurzen Übersicht zur Studie.

Die Schulungen sind geplant in der Zeit vom 17.04.2023 bis Anfang Mai 2023. Es werden voraussichtlich 2-3 alternative Schulungstermine am späten Nachmittag angeboten. Die Schulungen finden ausschließlich online über das Medium Rainbow statt.

Falls Sie Rückfragen zur Studie, zur Schulung und/oder zum gesamten Procedere haben, können Sie sich per Mail oder telefonisch an die stellvertretende Projektleiterin bei der DRV BW, Frau Petra Walter wenden, petra.walter@drv-bw.de, +49 (711) 848-18123.

Falls Sie sich für die Studie anmelden möchten, bitten wir Sie, sich online auf unserer Homepage bis spätestens zum 17.03.2023 zu registrieren. Sie erhalten dann eine Rückmeldung von der Studienleitung.

Keine einzige Minute mehr an Psychotherapie für Patient*innen in Kliniken

BMG beanstandet PPP-Richtlinie erneut nicht

(BPtK) Die überfällige Stärkung der psychotherapeutischen Versorgung von Patient*innen in psychiatrischen Kliniken bleibt weiter aus. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Änderung der PPP-Richtlinie vom 16. September 2022 erneut nicht beanstandet. Die Minutenwerte für Psychotherapie bleiben damit unverändert.

„Das BMG billigt erneut, dass die psychotherapeutische Versorgung der Patient*innen in der Psychiatrie mangelhaft bleibt“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Die Patientenvertretung im G-BA (PatV), die Bundesärztekammer (BÄK) und die Bundespsychotherapeutenkammer hatten gemeinsam gefordert, dass Patient*innen in psychiatrischen Krankenhäusern künftig in der Regelbehandlung zehn Minuten mehr Psychotherapie pro Wochentag erhalten. Aktuell stehen Patient*innen maximal 50 Minuten Psychotherapie pro Woche zu. So viel bekommen sie allerdings meist bereits in einer ambulanten Behandlung. Aufgrund der Schwere der psychischen Erkrankungen reicht diese „Dosis“ an Psychotherapie für die Patient*innen in psychiatrischen Kliniken jedoch nicht aus.

Das ist unverständlich auch angesichts der Tatsache, dass der Koalitionsvertrag vorsieht, dass im stationären Bereich für eine leitliniengerechte psychotherapeutische Versorgung und eine bedarfsgerechte Personalausstattung gesorgt werden soll. „Dieser Verschiebebahnhof muss endlich ein Ende haben. Der Gesetzgeber muss klarstellen, dass die Mindestvorgaben für die Personalausstattung eine leitliniengerechte psychotherapeutische Versorgung in Psychiatrie und Psychosomatik sicherstellen müssen. Anders sind die zwingend erforderlichen Verbesserungen der Versorgungsqualität nicht zu erreichen“, so Munz.

Der G-BA hatte in seinem Beschluss begründet, dass weitere Evidenz abgewartet werden müsse. Eine höhere Evidenz ist auch in Zukunft nicht zu erwarten. Studien, in denen unterschiedliche Therapie-intensitäten bspw. im Rahmen von RCT-Studien miteinander verglichen werden, werfen große methodische Probleme auf und werden deshalb aktuell und auch in Zukunft nicht durchgeführt werden. Der gemeinsame Vorschlag von PatV, BÄK und BPtK beruht bereits auf der am besten verfügbaren Evidenz: konsentierten Expertenmeinungen.

Auch der Verweis des G-BA auf die Umsetzungsschwierigkeiten wegen der aktuell noch ungenügenden Personalsituation in den Kliniken ist nicht nachvollziehbar. Der Vorschlag von PatV, BÄK und BPtK sah einen langsamen und schrittweisen Aufbau der Personalsituation in den Kliniken vor. Darüber hinaus gilt, dass gerade die unzureichende Personalausstattung in den Klinken und die damit verbundenen schlechten Arbeitsbedingungen den Fachkräftemangel verstärken. Für die Berufsgruppe der Psychotherapeut*innen gilt zudem, dass der durchschnittliche Umsetzungsgrad der Kliniken der Erwachsenenpsychiatrie im dritten Quartal 2022 bei 152 Prozent lag (vgl. IQTIG Quartalsbericht 3-2022, Abb. 7 [29]). Eine Erhöhung der Minutenwerte in der Berufsgruppe der Psychotherapeut*innen ist gut umsetzbar.

Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg 2023

(LPK BW) Der Landeskongress Gesundheit, der erfreulicherweise gut besucht am 3.2.2023 in der Messe Stuttgart stattfand (Online-Teilnahme war ebenfalls möglich), beschäftigte sich dieses Jahr unter dem Motto „Das Gesundheitssystem im Krisenmodus“ schwerpunktmäßig mit Problemlagen der Krankenhäuser, langen ambulanten Wartezeiten, Versorgungsengpässen und fehlenden Fachkräften. Expertinnen und Experten aus der Gesundheitsforschung und -praxis sowie Entscheiderinnen und Entscheider aus der Politik diskutierten auf dem Stuttgarter Messegelände Lösungsansätze. „Wie die Landespsychotherapeutenkammer auch schon in ihrer Stellungnahme zur Enquetekommission der Landesregierung zum Thema ‚Krisenfeste Gesellschaft‘ hervorgehoben hatte, sollte auch die mentale bzw. psychische Gesundheit als wichtige Voraussetzung von Resilienz und Belastbarkeit, bei der Bewältigung von Krisen mit in den Fokus gerückt werden“ so Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz. Dabei gehe es sowohl um Möglichkeiten der psychosozialen Prävention als auch um die Verbesserung der ambulanten und stationären Versorgung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, so Dr. Munz weiter. Die LPK-Stellungnahme finden Sie hier.

Gesundheitsminister Manfred Lucha rief in seinem Grußwort alle relevanten Akteur*innen aus dem Gesundheitswesen zu Geschlossenheit auf, um die bestehenden Probleme in den Griff zu bekommen.

Prof. Dr. Tom Bschor, Leiter und Koordinator der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung des Bundesministeriums für Gesundheit, sowie Prof. Dr. Henriette Neumeyer, stv. Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft gaben einen Überblick zur Situation in den Kliniken, der angekündigten Krankenhausreform und den Rückwirkungen auf die Versorgungslandschaft. Prof. Dr. Doris Schaeffer, Uni Bielefeld berichtete Ergebnisse aus mehreren der von ihrem Institut durchgeführten repräsentativen Studien zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung und damit der Bedeutung der Patientenperspektive für die Nutzung von Gesundheitsleistungen. Ergänzt wurde das Thema Gesundheitskompetenz durch ein weiteres Impulsreferat von Prof. Dr. med. Mark Dominik Alscher, Medizinischer Geschäftsführer des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart zur Förderung der Digital Health Literacy, d.h. digitalen Gesundheitskompetenz bei Patienten und Bürgern. In der anschließenden Diskussion, an der neben den Referenten auch Cornelia Tausch, Vorstandsvorsitzende der Verbraucherzentrale BW, Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK BW und Dr. Karsten Braun, Vorstandsvorsitzender der KV BW teilnahmen, wurde der Stand und Perspektiven zur Gesundheitskompetenz diskutiert.

Am Nachmittag wurde in kleineren Runden, sog. „World-Cafes“ auf einzelne Themenbereiche fokussiert und v.a. Lösungsvorschläge dazu erarbeitet und vorgestellt, u.a. zum Dreiklang „Reagieren, Bewältigen, Vorbeugen von Krisen“, zur Krisenbewältigung im ambulanten Sektor oder zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit.

Mehr Informationen zum Landeskongress Gesundheit 2023 unter http://www.lk-gesundheit.de.

Psychisch kranke Menschen nicht gegeneinander ausspielen!

Offener Brief der BPtK an Bundesgesundheitsminister Lauterbach

(BPtK) In einem Offenen Brief fordert die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach auf, sich in der Diskussion um die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen an der Evidenz und der realen Versorgungssituation zu orientieren – und nicht Behauptungen aufzustellen, die unhaltbar sind. „Die Behauptung des Ministers, dass in der ambulanten Psychotherapie vor allem ‚leichte Fälle‘ versorgt werden, ist eine Unterstellung, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt“, sagt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer.

Am 8. Februar 2023 hatte Bundesgesundheitsminister Lauterbach sich anlässlich der Vorstellung des Abschlussberichts der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ (IMA) geäußert, zusätzliche Kassensitze für Psychotherapie zu schaffen, sei nicht sinnvoll, weil diese dann lieber „leichte Fälle über längere Zeit“ behandeln wollten.

„Ihre Aussage kommt einem Schlag ins Gesicht aller Patient*innen gleich, die Hilfe bei einer Psychotherapeut*in suchen“, heißt es im dem Offenen Brief. Und weiter: „Für viele Patient*innen ist es immer noch ein schwerer Schritt, sich wegen ihrer psychischen Erkrankung professionelle Hilfe zu suchen. Es ist völlig inakzeptabel, Patient*innen gegeneinander auszuspielen und zu suggerieren, dass einige Patient*innen den Therapieplatz für andere räumen sollten.“

„Es ist verheerend, wenn der Bundesgesundheitsminister an Patient*innen das Signal sendet, sich erst dann psychotherapeutische Hilfe holen zu dürfen, wenn sie besonders schwer erkrankt sind“, kritisiert BPtK-Präsident, Dr. Dietrich Munz. „Eine solche Perspektive ist zutiefst unethisch, aber auch medizinisch und gesundheitsökonomisch völlig widersinnig! Wir fordern Sie deshalb auf, die Versorgung von allen Patient*innen mit psychischen Erkrankungen in den Blick zu nehmen und ein Ausspielen der einzelnen Patientengruppen zu unterlassen.“

Im Offenen Brief widerlegt die BPtK die Behauptungen des Ministers. Sie führt hierzu Studien und Analysen auf der Grundlage von repräsentativen Versorgungsdaten an und bittet den Minister um eine evidenzorientierte Diskussion zur Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung.

„Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, die langen Wartezeiten auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz zu reduzieren, muss endlich umgesetzt werden“, fordert die BPtK. Die Vorschläge des Ministers, die fehlenden psychotherapeutischen Behandlungskapazitäten allein über Sonderbedarfszulassungen und Ermächtigungen lösen zu wollen, wirkten weder schnell noch flächendeckend.

Lange Wartezeiten auf eine Psychotherapie in ländlichen Regionen Bayerns

BPtK fordert zusätzliche Psychotherapeutensitze

(BPtK) Auch in Bayern beträgt die durchschnittliche Wartezeit von der ersten Sprechstunde bis zum Beginn einer Richtlinienpsychotherapie knapp 20 Wochen (139 Tage). Die aktuellen Daten bestätigen damit die Analysen der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) auf Basis der KBV-Abrechnungsdaten von 2019. Die Hälfte der Patient*innen in Bayern wartet nach ihrem ersten Sprechstundenkontakt länger als 13,9 Wochen (Median der Wartezeit = 97 Tage) auf den Beginn der psychotherapeutischen Behandlung. Das ist eines der zentralen Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns.

Die Studie zeigt auch, dass insbesondere psychotherapiebedürftige Kinder und alte Menschen in Bayern besonders lange warten müssen. So muss die Hälfte der Kinder im Alter von 10 Jahren sowie der Erwachsenen im Alter von 64 Jahren länger als 115 Tage auf den Beginn einer Psychotherapie warten. Besonders lang waren die Wartezeiten auch in ländlicheren Regionen Bayerns. Der Median der Wartezeiten liegt in den ländlichen Kreisen im Nordosten Bayerns etwa 50 Tage über dem in München. Wenn Patient*innen mehr als eine Psychotherapeut*in aufsuchen müssen, um einen Therapieplatz zu erhalten, fallen die Wartezeiten mit einem Median von 178 Tage mehr als doppelt so lang aus wie bei Patient*innen, bei denen die erste Sprechstunde und Psychotherapie bei derselben Psychotherapeut*in erfolgen konnte (Median von 85 Tagen). Aufgrund der Methodik der Studie nicht erfasst sind die Wartezeit auf die erste Sprechstunde und die Personen, die nach einer Sprechstunde keinen Therapieplatz gefunden haben und unversorgt bleiben.

„Die langen Wartezeiten auf eine Psychotherapie in den ländlichen Regionen Bayerns für Kinder und für alte Menschen stehen stellvertretend für die unzureichende Versorgungssituation in der gesamten Bundesrepublik“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Es müssen dringend zusätzliche Psychotherapeutensitze geschaffen werden, um die Wartezeiten für Patient*innen spürbar zu reduzieren.“ Die Ampel-Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die psychotherapeutische Bedarfsplanung zu reformieren, um Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz, insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten, deutlich zu reduzieren. Um dieses Ziel umzusetzen, hält die BPtK eine grundlegende Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung für notwendig. Ein wichtiger Schritt ist die Absenkung der allgemeinen Verhältniszahlen für die Arztgruppe der Psychotherapeuten. Dadurch würden zusätzliche Kassensitze insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen entstehen. Außerdem sollten Psychotherapeut*innen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, in einer eigenen Arztgruppe geplant werden, damit das Versorgungsangebot für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche gezielt weiterentwickelt werden kann.

Minister Lauterbach verkennt Situation psychisch kranker Kinder

BPtK fordert nachhaltige Reform der Bedarfsplanung

(BPtK) Kopfschütteln über die Äußerungen des Bundesgesundheitsministers bei der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK): Bei der Vorstellung des Abschlussberichtes der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ (IMA) äußerte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, nur mehr Behandlungskapazitäten für schwer psychisch kranke Kinder schaffen zu wollen. Von der im Koalitionsvertrag angekündigten Reform der Bedarfsplanung war keine Rede.

„Die Praxen unserer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen sind seit Langem überlaufen. Die aktuellen Krisen haben die schlechte Ausgangslage dramatisch verschärft. Kinder und Jugendliche warten monatelang auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz oder finden gar keine Versorgung, obwohl die bestehenden Praxen während der Pandemie schon ihre Versorgungsleistung erhöht haben“, sagt Cornelia Metge, Vorstandsmitglied der BPtK und niedergelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Blieben psychische Erkrankungen zu lange unbehandelt, gefährde dies die Schulfähigkeit, erhöhe das Risiko für Chronifizierung und beeinträchtige die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, so Metge. „Es gibt keine vermeintlich leichten Fälle, die Platz machen könnten. Die Kinder und Jugendlichen, die wir tagtäglich sehen, sind alle psychisch schwer beeinträchtigt. Hier vermeintlich ‚schwerere‘ Fälle gegen ‚leichtere‘ ausspielen zu wollen, verkennt, dass gerade Kinder und Jugendliche frühzeitig behandelt werden müssen, um schwere Langzeitfolgen und gebrochene Biografien zu verhindern.“

Wiederholt setze das Bundesgesundheitsministerium (BMG) allein auf Maßnahmen wie Sonderbedarfszulassungen und Gruppentherapien und verschließe somit weiterhin die Augen vor der bitteren Realität: „Schon vor der Corona-Pandemie mussten psychisch kranke Menschen allen Alters vielerorts monatelang auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz warten. Wir brauchen eine echte Stärkung der Versorgung psychisch kranker Menschen und keine rein kosmetischen Maßnahmen. Insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen müssen mehr Kassensitze zugelassen werden. Das BMG muss den Koalitionsvertrag endlich umsetzen und eine echte Reform der Bedarfsplanung im Interesse der Patient*innen angehen“, fordert deshalb BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Die Ampel-Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die psychotherapeutische Bedarfsplanung zu reformieren, um Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz, insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten deutlich zu reduzieren.

„Das BMG ignoriert damit die Ziele des Koalitionsvertrages und blendet zudem die Faktenlage aus“, so Munz. Denn mehrere Studien und Untersuchungen, die im Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ zusammengefasst sind, stellen den dringenden Handlungsbedarf in der Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen heraus. Des Weiteren zeigt eine aktuelle Auswertung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

Koalitionsvertrag jetzt umsetzen und Wartezeiten reduzieren!

BPtK zur Kleinen Anfrage der Unionsfraktion

(BPtK) Dass Menschen mit psychischen Erkrankungen hierzulande lange auf eine ambulante Psychotherapie warten müssen, ist ein schon seit Jahren bekanntes Versorgungsproblem. Deshalb zielt der Koalitionsvertrag hier auf Verbesserungen ab. Um die Engpässe in der Versorgung zu überwinden, setzt die Bundesregierung wohl dennoch auf Instrumente der Einzelfallentscheidung. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Unionsfraktion zur „Zukunft der psychotherapeutischen Versorgung“ (BT-Drs. 20/5106) hervor. „Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen können das strukturelle Problem von fehlenden Kassensitzen insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen nicht lösen“, sagt Dr. Dietrich Munz. Der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) betont: „Wir brauchen eine echte Reform der Bedarfsplanung, die eine zeitnahe und wohnortnahe Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen sicherstellt. Insbesondere für Kinder und Jugendliche, ältere oder sozial benachteiligte Menschen sind lange Anfahrtswege in die Psychotherapie-Praxis nicht machbar.“

„Ein gesetzlicher Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss, die Bedarfsplanungs-Richtlinie zu überarbeiten, um Wartezeiten abzubauen, ist längst überfällig. Die Bundesregierung muss endlich den Koalitionsvertrag umsetzen“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Die Ampel-Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die psychotherapeutische Bedarfsplanung zu reformieren, um Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz, insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten deutlich zu reduzieren. Um dieses Ziel umzusetzen hält es die BPtK für notwendig, die allgemeinen Verhältniszahlen für die Arztgruppe der Psychotherapeuten um mindestens 20 Prozent abzusenken. Dadurch würden rund 1.600 zusätzliche Kassensitze insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen entstehen. Außerdem sollten Psychotherapeut*innen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, in einer eigenen Arztgruppe geplant werden, damit das Versorgungsangebot für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche gezielt weiterentwickelt werden kann.

Die Wartezeit vom Erstgespräch bis zum Therapiebeginn beträgt durchschnittlich 142,4 Tage. Das zeigen die objektiven Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu den gesetzlich Krankenversicherten, die im 1. Quartal 2019 ihr Erstgespräch erhalten haben. 40 Prozent der Patient*innen, die im 1. Quartal ihr Erstgespräch hatten, konnten ihre Therapie frühestens im 3. Quartal 2019 beginnen, mehr als zehn Prozent sogar erst ein ganzes Jahr später.

Fehlende Therapieplätze für Betroffene sexualisierter Gewalt in kirchlichen Einrichtungen

Brief der Evangelischen Landeskirche Württemberg an die LPK-Mitglieder

(LPK BW) Am 25.7. dieses Jahres fand ein Treffen zwischen dem Kammervorstand und Frau Kress vom Büro für Chancengleichheit der Landeskirche sowie Frau Memmel vom Diakonischen Werk Württemberg statt, in dem es um fehlende Therapieplätze für die von sexualisierter Gewalt Betroffenen in Einrichtungen der evangelischen  Kirche und Diakonie ging. Die Probleme im Zusammenhang mit der Suche nach Therapieplätzen wurden diskutiert und auf die Möglichkeit der Vermittlung von Therapieplätzen über die Terminservicestelle der KV Baden-Württemberg sowie auf Behandlungsmöglichkeiten in Privatpraxen mittels der Kostenerstattung hingewiesen. Um das Anliegen noch weiter bekannt zu machen, hat das Büro für Chancengleichheit für die Evangelische Landeskirche Württemberg nun einen Brief verfasst, in dem interessierte Psychotherapeut*nnen direkt angesprochen werden, die sich als Ansprechpartner zur Verfügung stellen können.

Aus dem Brief (gesamter Text siehe Download unten) „Die Betroffenen bringen diverse Abhängigkeitserfahrungen und eine spezifische Vulnerabilität aufgrund der ihnen in einem helfenden System zugefügten Übergriffe mit. Theologische Erklärungszusammenhänge werden von den Tätern ihnen gegenüber als Rechtfertigung für ihre Taten genutzt. Die Aufnahme von kontinuierlichen Beratungs- und Therapieangeboten fällt den Betroffenen oft schwer, sie koppeln häufig nicht erfolgreich an entsprechende Angebote an.

Dies ist der Anlass für uns als Vertreterinnen der Fachstelle sexualisierte Gewalt von Evangelischer Landeskirche und Diakonischem Werk in Württemberg, dass wir uns mit der Bitte um Unterstützung an die Landespsychotherapeutenkammer und damit an Sie wenden.“

 

Sozialkompetenz des Gesundheitssystems erhöhen

BPtK: Gesundheitskioske für psychisch kranke Menschen erproben

(BPtK) „Dem deutschen Gesundheitssystem fehlt Sozialkompetenz. Für Menschen mit geringen Einkommens- und Bildungsressourcen ist es häufig viel zu komplex und nicht selten undurchschaubar. Das Gesundheitssystem muss verständlicher und Barrieren, die ausgrenzen, müssen abgebaut werden“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fest. „Deshalb sollten Gesundheitskioske erprobt werden, auch für psychisch kranke Menschen. Gerade Menschen in Armut, mit geringer Bildung, in Arbeitslosigkeit und mit ungenügender sprachlicher oder gesellschaftlicher Teilhabe könnte entscheidend dabei geholfen werden, Angebote zur psychischen Gesundheit zu nutzen.“

Präventionsleistungen durch kooperierende oder angestellte Psychotherapeut*innen können zum Angebot der Gesundheitskioske zählen. Kitas oder Schulen könnten spezifische Gruppenangebote in Kooperation mit Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen anbieten. Viele psychisch kranke Menschen brauchen gleichzeitig eine Behandlung aber auch Beratung und Unterstützung, zum Beispiel durch die Jugendhilfe, die sozialpsychiatrischen Dienste, Drogen- und Sucht- oder auch Schuldnerberatung. Gesundheitskioske könnten psychisch kranken Menschen zur Seite stehen, Termine bei Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen zu bekommen und auch wahrzunehmen und so Behandlung überhaupt ermöglichen. Schließlich könnten Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen ihre Patient*innen zu Gesundheitskiosken überweisen, wenn aufgrund sozialer Bedürfnisse und Belastungen eine psychotherapeutische oder ärztliche Beratung und Behandlung nicht ausreicht oder erschwert ist (Konzept des „social prescribing“).

Gesundheitskioske müssen bestehende Strukturen ergänzen und nutzen. Damit sie funktionieren, müssen Kommunen und das Gesundheitssystem aber zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung stellen und zur Kooperation miteinander bereit sein. „All das muss in Modellprojekten erprobten werden“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Mehr Sozialkompetenz wird es nicht zum Nulltarif geben.“

Psychisch Kranke warten 142 Tage auf eine Psychotherapie

BPtK zur Befragung des GKV-Spitzenverbandes

(BPtK) Lange Wartezeiten auf den Beginn einer Psychotherapie sind für viele Patient*innen eine tagtägliche Realität. Die durchschnittliche Wartezeit vom Erstgespräch bis zum Therapiebeginn beträgt durchschnittlich 142,4 Tage. Das zeigen die objektiven Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu allen gesetzlich Krankenversicherten, die im 1. Quartal 2019 ihr Erstgespräch erhalten haben. Vierzig Prozent der Patient*innen, die im 1. Quartal ihr Erstgespräch hatten, konnten ihre Therapie frühestens im 3. Quartal 2019 beginnen, mehr als 10 Prozent sogar erst ein ganzes Jahr später (siehe Abbildung). „Die Daten des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) sind schlichtweg falsch“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).

„Die Zeit vom Erstgespräch bis zum Therapiebeginn kann schon theoretisch nicht nur wenige Tage betragen, wie der GKV-SV behauptet“, erläutert BPtK-Präsident Munz. Durchschnittlich werden mit einer Patient*in zwei Sprechstundentermine durchgeführt, danach folgen mindestens zwei probatorische Sitzungen mit der Patient*in, ehe nach Antragstellung und Genehmigung durch die Krankenkasse eine Therapie begonnen werden kann. Bei Anträgen auf Kurzzeittherapie müssen die Krankenkassen innerhalb von drei Wochen über die Bewilligung entscheiden, bei der Langzeittherapie haben sie sogar bis zu fünf Wochen Zeit. „Der GKV-SV veröffentlicht hier Daten, von denen er wissen muss, dass sie nicht stimmen können“, stellt Munz fest.

Darüber hinaus ist die Datenbasis der Krankenkassen-Befragung viel zu klein. Weniger als ein Prozent der gesetzlich Krankenversicherten beginnt innerhalb eines Jahres eine psychotherapeutische Behandlung. Bei einer repräsentativen Befragung von 2.240 gesetzlich Versicherten wäre das lediglich bis zu 20 Patient*innen, die im letzten Jahr eine Psychotherapie begonnen haben. Eine solche Datenbasis erlaubt keine verlässlichen Aussagen.

Auch an anderen Stellen wird deutlich, dass es dem GKV-SV um Desinformation geht. So warten angeblich knapp 80 Prozent der Patient*innen, die eine Behandlung erhalten haben, weniger als vier Wochen auf ihr Erstgespräch. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, hat der GKV-SV aber die Zeit von der Terminvereinbarung bis zum Erstgespräch erheben lassen. Die lange Wartezeit der Patient*innen liegt jedoch schon vor der Terminvereinbarung. Die entscheidende Frage lautete: Wie lange dauert es von der ersten Anfrage bei einer Psychotherapeut*in bis zum ersten Gespräch in der Sprechstunde? Weil Psychotherapeut*innen häufig für längere Zeit keinen freien Therapieplatz haben, arbeiten sie mit Wartelisten. Wenn nach Monaten ein Therapieplatz frei wird, die Patient*innen auf der Liste nach oben gerutscht sind, meldet sich die Psychotherapeut*in bei der Patient*in, um einen Termin für ein Erstgespräch auszumachen. Dann beträgt der Zeitraum zwischen Terminvereinbarung und Erstgespräch vielleicht nur Tage, die reale Wartezeit aber mehrere Wochen.