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Alkohol verursacht mehr als 20.000 Krebsfälle pro Jahr

Alkoholatlas 2022 veröffentlicht

(BPtK) Durch Alkohol werden schätzungsweise pro Jahr mehr als 20.000 neue Krebserkrankungen und 8.000 Krebstodesfälle verursacht. Besonders häufig sind Darmkrebs bei Männern und Brustkrebs bei Frauen, die jeweils fast 60 Prozent aller alkoholbedingten Krebs-Neuerkrankungen ausmachen. Insgesamt sterben jährlich über 40.000 Menschen vorzeitig an den Folgen ihres Alkohol-Gebrauchs. Das sind zentrale Befunde des Alkoholatlas 2022, der vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg herausgegeben wurde. Als Zellgift, das den gesamten Körper angreift, gefährdet Alkohol stark die Gesundheit: Mehr als 200 Krankheiten werden mit Alkoholkonsum in Zusammenhang gebracht. Dazu gehören neben Schädigungen des Gehirns oder Nervensystems vor allem Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen.

Deutschland gilt dabei als Hoch-Konsumland: Rund zwei Drittel aller Erwachsenen und ein Drittel der Jugendlichen hatte 2021 in den 30 Tagen vor der Befragung Alkohol getrunken, Männer vor allem Bier (70,7 %), Frauen am häufigsten Wein (58,2 %). Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 5,6 Litern Reinalkohol hat die deutsche Bevölkerung den vierthöchsten Bierkonsum in Europa. 16 Prozent der Männer und elf Prozent der Frauen trinken Alkohol in riskanten Mengen, das heißt Frauen mehr als zehn Gramm Reinalkohol pro Tag und Männer mehr als 20 Gramm Reinalkohol pro Tag. Je höher das Bildungsniveau, umso häufiger und mehr wird getrunken: Die Anzahl der Menschen mit hoher Bildung, die wöchentlich trinken, ist in etwa doppelt so hoch wie die Anzahl der Menschen mit geringer Bildung. Das Trinken riskanter Mengen Alkohol tritt bei einem hohen Bildungsgrad 1,5- (Männer) bis 2-fach (Frauen) häufiger auf als bei einem niedrigen Bildungsabschluss. Rauschtrinken, also das Trinken von mehr als vier (Frauen) oder fünf (Männer) Gläsern Alkohol hintereinander, ist am häufigsten bei jungen Menschen zwischen 18 bis 25 Jahren. Im Jahr 2021 hat sich in dieser Altersgruppe jede Dritte* im Monat vor der Befragung einen Rausch angetrunken.

Die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des hohen Alkohol-Gebrauchs sind gravierend: Pro Jahr fallen aufgrund des schädlichen Konsums rund 57 Milliarden Euro an direkten (z. B. Krankheitskosten) und indirekten (z. B. Arbeitsunfähigkeit) Kosten an. Denen stehen lediglich Einnahmen von 3,2 Milliarden Euro durch die Besteuerung von Alkohol gegenüber. Jede zehnte Straftat und jeder zwanzigste Verkehrsunfall mit Personenschaden erfolgt unter Alkoholeinfluss.

Gegen die negativen Folgen des Alkoholkonsums wird in Deutschland bislang zu wenig getan: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zählen Deutschland zu einem der Länder, das dringend verhältnispräventive Maßnahmen zur Verringerung des riskanten Alkoholkonsums ausbauen sollte. Dieser Einschätzung schließen sich auch die Autor*innen des Alkoholatlas 2022 an: Sie fordern eine erhöhte Alkoholsteuer, ein Mindestalter von 18 Jahren für den Erwerb aller alkoholischen Getränke sowie eine Beschränkung der Bewerbung und Verfügbarkeit von alkoholischen Getränken

BPtK-Fortbildungsreihe zur ambulanten Komplexbehandlung geht weiter

Online-Veranstaltung am 11. Oktober 2022 zu Abhängigkeitserkrankungen

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) setzt ihre Fortbildungsreihe zur ambulanten Komplexversorgung im digitalen Format fort. Thema der fünften Veranstaltung am 11. Oktober 2022 ist die multiprofessionelle Behandlung von Patient*innen mit Abhängigkeitserkrankungen. In der Fortbildung werden die Anforderungen der neuen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur ambulanten Komplexbehandlung einschließlich der Aufgaben von Psychotherapeut*innen vorgestellt. Im Anschluss wird aus der Perspektive von Expert*innen aus der Suchtberatung, Suchtbehandlung und Suchtrehabilitation dargestellt und diskutiert, wie eine vernetzte Versorgung für Patient*innen mit Abhängigkeitserkrankungen ausgestaltet werden kann.

Anmeldungen sind ab sofort unter der E-Mail-Adresse veranstaltung@bptk.de möglich. Anmeldeschluss ist der 3. Oktober 2022. Eine Zertifizierung der Fortbildung bei der Berliner Psychotherapeutenkammer wurde bewilligt.

Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen können künftig eine ambulante multiprofessionelle Komplexbehandlung erhalten. Das neue Versorgungsangebot kann ab dem 1. Oktober 2022 starten, sobald sich die Netzverbünde gegründet haben und von einer Kassenärztlichen Vereinigung anerkannt worden sind. Um Psychotherapeut*innen dabei zu unterstützen und den Aufbau der Netzverbünde zu befördern, hat die BPtK Anfang des Jahres eine neue Fortbildungsreihe begonnen.

Straftäter*innen trotz fehlender Deutschkenntnisse behandeln

BPtK zum Entwurf des Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetzes

(BPtK) Im Referentenentwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts plant die Bundesregierung, Straftäter*innen bei fehlenden Deutschkenntnissen eine Suchtbehandlung zu verweigern. Unzureichende Sprachkenntnisse stünden dem Erfolg einer Behandlung entgegen und für den Einsatz von Sprachmittler*innen seien forensische Kliniken nicht geeignet.

„Suchterkrankungen sind schwere, häufig chronisch verlaufende psychische Erkrankungen, die dringend behandlungsbedürftig sind“, betont Dr. Dietrich Munz, Präsident Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Menschen eine Unterbringung in Entziehungsanstalten zu verwehren, weil sie die deutsche Sprache nicht sprechen, ist menschenverachtend und diskriminierend“, so Munz weiter.

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Sprachmittlung bei notwendigen medizinischen Behandlungen gesetzlich verankert werden soll. Das muss auch für die Behandlung von Straftäter*innen mit Suchterkrankungen gelten.

Mit qualifizierten Sprachmittler*innen ist Psychotherapie auch bei mangelnden Deutschkenntnissen möglich und praktisch erprobt sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting. Mangelnde Sprachkenntnisse sind daher kein Argument dafür, suchtkranken Menschen eine notwendige Behandlung zu verweigern. Erst kürzlich hat die BPtK gemeinsam mit anderen Organisationen der psychotherapeutischen, psychiatrischen und psychosozialen Versorgung in einem Positionspapier gezeigt, dass Sprachmittlung Behandlungen ermöglicht und eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung werden sollte.

Cannabis legalisieren, Alkohol verteuern, Hilfsangebote ausbauen

Drogen- und Suchtpolitik in Deutschland neu ausrichten

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hält es für notwendig, die Drogen- und Suchtpolitik grundsätzlich neu auszurichten. Statt auf Verbot und Kriminalisierung sollte sie auf Regulierung, Prävention und aufgeklärten, kompetenten und eigenverantwortlichen Gebrauch von Drogen setzen. Das ist der beste Schutz vor Drogenmissbrauch und -abhängigkeit. „Von keiner Drogenpolitik ist zu verhindern, dass Drogen ausprobiert und gebraucht werden. Deshalb sollten Erwachsene wie Jugendliche auch lernen, Drogen so zu nutzen, dass sie ihre Gesundheit nicht gefährden und das Risiko für Missbrauch und Abhängigkeit gering bleibt.“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK.

Die BPtK fordert deshalb, Cannabis zu legalisieren, Alkohol deutlich stärker zu besteuern und beide ausschließlich über staatlich lizenzierte Geschäfte abzugeben. Werbung ist für alle legalen Drogen grundsätzlich zu verbieten. Die Abgabe an Minderjährige muss stärker als bislang sanktioniert werden. Unverzichtbar ist außerdem der gezielte Ausbau von Aufklärungsangeboten ebenso wie von professionellen Angeboten zur Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Suchterkrankungen, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Das Ziel bleibt das gleiche wie das der bisherigen Drogenpolitik: Drogenmissbrauch und -abhängigkeit vermeiden.

Cannabis ist nicht harmlos: Es kann, anders als früher angenommen, auch körperlich abhängig machen und birgt insbesondere das Risiko, an einer Psychose zu erkranken. Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis. Alkohol kann tödlich sein. In Deutschland sterben jedes Jahr 14.000 Personen an Alkoholerkrankungen und Leberschäden. Alkohol fördert aggressives und gewalttätiges Verhalten. Jede vierte Gewalttat erfolgt unter Alkoholeinfluss. Alkohol erhöht das Risiko, an einer Psychose zu erkranken, deutlich. Er wird von vielen Expert*innen aufgrund seiner leichten Verfügbarkeiten, seinen massiven gesundheitlichen Schäden und gesellschaftlichen Kosten als „die gefährlichste aller Drogen“ eingeschätzt. Cannabis gilt als eine moderat schädliche Droge.

Alkohol ist als legale Droge in Deutschland fast überall verfügbar und ausgesprochen preiswert. Fast jede fünfte Deutsche* trinkt Alkohol in riskanten Mengen. Cannabis ist die meistgebrauchte illegale Droge. Mehr als jede vierte Deutsche* hat schon mindestens einmal im Leben Cannabis als Rauschmittel genutzt. Jede zweite junge Erwachsene* (46,4 %) und jede zehnte Jugendliche* (10,4 %) hat dieses Rauschmittel schon einmal ausprobiert. Der Gebrauch von Cannabis nimmt seit Jahrzehnten zu – trotz Verbot und Strafen. Die deutsche Prohibitionspolitik, die den Cannabis-Gebrauch einschränken sollte, ist damit gescheitert.

Die BPtK fordert deshalb, Cannabis zu legalisieren und ergänzend zu regeln:

  • Mindestalter für den Erwerb aller legalen Drogen auf 18 Jahre festlegen,
  • Verkaufsverbot von Cannabis in Nahrungsmitteln,
  • Cannabis nach seiner stärksten psychoaktiven Substanz (THC-Gehalt) und Menge besteuern, THC-Gehalt auf höchstens 15 Prozent beschränken,
  • Alkoholsteuer auf den europäischen Durchschnitt erhöhen und einen Mindestpreis für Alkohol festlegen,
  • Abgabe aller legalen Drogen ausschließlich über staatlich lizenzierte Geschäfte,
  • Abgabe legaler Drogen an Minderjährige stärker sanktionieren,
  • striktes Werbeverbot für alle legalen Drogen,
  • Aufklärungs- und Anti-Stigma-Kampagnen zu Suchterkrankungen,
  • verpflichtende Aufklärungsprogramme zu Drogen an Schulen ab der sechsten Jahrgangsstufe,
  • Screening zur besseren Früherkennung von Drogenmissbrauch,
  • Suchtberatung als verpflichtendes Leistungsangebot der Kommunen,
  • ambulante Psychotherapie bei Suchterkrankungen ohne Einschränkungen ermöglichen,
  • Rehabilitationseinrichtungen zur Behandlung von Suchterkrankungen besser finanzieren,
  • spezielle Behandlungsangebote für suchtkranke Kinder und Jugendliche schaffen,
  • Therapie- und Versorgungsforschung bei Suchterkrankungen ausbauen.

Durch Corona: Digitaler Zeitvertreib bei Kindern und Jugendlichen stark gestiegen

DAK-Studie zu Computerspielen und sozialen Medien im Sommer 2021

(BPtK) Während der Corona-Pandemie hat die Dauer, die Kinder und Jugendliche mit Computerspielen oder in sozialen Netzwerken wie Twitter, TikTok oder Instagram verbringen, stark zugenommen. Dies stellt eine Studie der DAK-Gesundheit in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf fest. Im Sommer 2021 verbrachten Kinder und Jugendliche an Schultagen durchschnittlich fast zwei Stunden (109 Minuten) mit digitalen Spielen. Das waren 31 Prozent mehr als im September 2019. Bei den sozialen Medien stieg die Nutzungsdauer im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten um knapp 20 Prozent auf über zwei Stunden (139 Minuten).

Die deutlich längeren Zeiten, die Kinder und Jugendliche wegen Schulschließungen und Kontaktverboten online verbracht haben, hat auch das Risiko für Internetsucht erhöht. So sind mittlerweile 4,1 Prozent aller 10- bis 17-Jährigen vom Computerspielen abhängig. Vor der Corona-Pandemie waren es noch 2,7 Prozent. Bei sozialen Medien erhöhte sich der Anteil der abhängigen Nutzer*innen von 3,2 auf 4,6 Prozent. Im Vergleich zu 2019 bedeutet das einen Anstieg um rund 50 Prozent beim digitalen Spielen und um rund 40 Prozent bei den sozialen Medien.

Laut der Studie gibt es in rund der Hälfte der Familien keine festen Regeln für die Mediennutzung. „Eltern sollten mit ihren Kindern vereinbaren, wann und wie lange sie Computer und Internet nutzen“, rät Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), angesichts des bevorstehenden Pandemie-Winters 2021/22. Welche Regeln je nach Alter sinnvoll sind und wie Eltern erkennen können, ob der Internetkonsum ihrer Kinder noch normal oder schon krankhaft ist, können sie im BPtK-Elternratgeber „Internet“ nachlesen.

Psychisch gefährdende Internetnutzung im Jugendalter nimmt erheblich zu

„Drogenaffinitätsstudie 2019“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

(BPtK) Neun von zehn Jugendlichen in Deutschland besitzen inzwischen ein Smartphone mit Internetzugang. Damit ist auch die Zahl derjenigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gestiegen, die das Internet psychisch gefährdend nutzen. Dies zeigt die aktuelle „Drogenaffinitätsstudie“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Während 2015 noch 21,7 Prozent der 12- bis 17-Jährigen das Internet psychisch gefährdend nutzten, waren es 2019 bereits 30,4 Prozent (plus 40 Prozent). Bei den jungen Erwachsenen (18- bis 25-Jährige) stieg der Prozentsatz sogar von 15,2 Prozent auf 23,0 Prozent (plus 51 Prozent).

„Der Anstieg psychisch gefährdender Internetnutzung unter Jugendlichen ist ein Warnzeichen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Das Internet ist zwar aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken. Wer aber zu häufig online ist und das reale Leben vernachlässigt, der riskiert, abhängig zu werden.“ Laut der Studie ist der Anteil der Jugendlichen, die bei Befragungen deutliche Suchtsymptome beschreiben, mehr als verdoppelt: bei männlichen Jugendlichen von 3,0 Prozent (2011) auf 6,7 Prozent (2019) und bei weiblichen Jugendlichen von 3,3 Prozent (2011) auf 8,6 Prozent (2019). „Die Drogenaffinitätsstudie 2019 zeigt, dass insbesondere die 12- bis 17-Jährigen von Internet- und Computerspielsucht berichten“, so Munz. „Wir benötigen daher für sie und ihre Eltern spezielle Präventionsangebote. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf Mädchen und junge Frauen gelegt werden.“ Die BPtK hat zu diesem Thema einen „Elternratgeber Internet“ herausgegeben, der Eltern zum Beispiel Empfehlungen gibt, wie viel Internet je nach Alter der Kinder psychisch unbedenklich ist.

Die BZgA untersucht seit 2011 die Computerspiel- und Internetnutzung von Jugendlichen. Für die „Drogenaffinitätsstudie 2019“ wurde im Zeitraum April bis Juni 2019 eine für Deutschland repräsentative Stichprobe von 7.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 12 bis 25 Jahren mit computergestützten Telefoninterviews befragt.