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Deutscher Suchtkongress 2025: Stigmatisierung beenden, Versorgung erleichtern

BPtK fordert evidenzbasierte Suchtpolitik und niedrigschwelligen Zugang für Betroffene

(BPtK) Anlässlich des heutigen Deutschen Suchtkongresses 2025 in Berlin fordert die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) mehr Engagement gegen die Stigmatisierung von Menschen mit Suchterkrankungen und eine konsequent evidenzbasierte Suchtpolitik.

»Suchterkrankungen sind keine Charakterschwäche, sondern komplexe Krankheiten. Die Stigmatisierung von Suchterkrankungen stellt eine der größten Barrieren beim Zugang zu einer wissenschaftlich fundierten Versorgung dar“, betont Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK, zum Auftakt der Veranstaltung.

»Viele suchen aus Scham oder Angst vor Ausgrenzung keine Hilfe. Die Stigmatisierung von Suchterkrankungen ist stärker ausgeprägt als bei anderen psychischen Erkrankungen und weit verbreitet“, so die BPtK-Präsidentin. „Nur wenn wir sie überwinden, können wir Betroffene möglichst frühzeitig erreichen.“

Mit der von führenden Verbänden getragenen Entstigmatisierungskampagne „Open Hearts – Open Minds“ wird dieses Thema in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatte gerückt. Die Kampagne fordert unter anderem einen vorurteilsfreien Umgang mit suchtkranken Menschen, eine faire mediale Darstellung des Themas Sucht und die Sichtbarkeit von Genesungsgeschichten.

»Zugleich müssen weiterhin bestehende Hürden in der psychotherapeutischen Versorgung dringend abgebaut werden“, fordert Dr. Benecke. Die Psychotherapie-Richtlinie verlangt bei Abhängigkeitserkrankungen nach wie vor den Nachweis von Abstinenz innerhalb einer bestimmten Frist. „Diese starre Regelung widerspricht dem Stand der Forschung und schließt insbesondere die Patient*innen von einer angemessenen Versorgung aus, die besonders schwer erkrankt sind. Stattdessen brauchen wir Regelungen, die einen niedrigschwelligen Zugang zur Versorgung ermöglichen und sich an individuellen Lebenslagen orientieren“, fordert Dr. Benecke.

Dass Psychotherapie bei Suchterkrankungen wirkt, ist wissenschaftlich gut belegt. Eine psychotherapeutische Behandlung reduziert das Risiko für Rückfälle, verbessert die Krankheitsbewältigung und steigert die Lebensqualität Betroffener nachhaltig.

Damit dies gelingt, müssen aber ausreichende Ressourcen bereitgestellt und die bisherige Suchtpolitik neu aufgestellt werden: mit einer effektiven Regulierung von Suchtstoffen, mit der Behebung vorhandener Hürden in der psychotherapeutischen Versorgung und mit einer konsequenten Entstigmatisierung von Suchterkrankungen in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Rigide Vorgabe der Suchtmittelfreiheit in der Psychotherapie streichen!

BPtK: G-BA-Beschluss bleibt hinter Leitlinienempfehlungen zurück

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert den jüngsten Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), der Patient*innen mit Abhängigkeitserkrankungen mit 24 statt bisher 10 Behandlungsstunden künftig ein längeres Zeitfenster einräumt, um im Verlauf ihrer Psychotherapie Suchtmittelfreiheit zu erreichen.

»Die starre Forderung nach Abstinenz als Voraussetzung für eine psychotherapeutische Behandlung muss grundsätzlich abgeschafft werden“, sagt BPtK-Präsidentin Dr. Andrea Benecke. „Sie entspricht seit Langem nicht mehr dem Stand der Wissenschaft und blockiert gerade für Patient*innen mit schweren Abhängigkeitserkrankungen den Zugang zu dringend notwendiger Hilfe.“

Gemäß internationalen wie nationalen Leitlinien für die Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen sind neben einer vollständigen Abstinenz auch kontrollierter Konsum und Harm-Reduction-Ansätze geeignete Behandlungsziele. „Die Versorgungsrealität zeigt, dass viele Betroffene sich zunächst nicht für die Abstinenz entscheiden können oder wollen. Ihnen deshalb eine Psychotherapie zu verwehren, ist fachlich nicht haltbar“, betont BPtK-Vorstandsmitglied Wolfgang Schreck.

Die bestehende Abstinenzregel führt seit Jahren dazu, dass Patient*innen mit Abhängigkeitserkrankungen, die ohnehin unter erheblichen Zugangsbarrieren leiden, systematisch von der Versorgung ausgeschlossen werden. „Menschen mit Suchterkrankungen erleben oft Scham, Stigmatisierung und vielfältige soziale Probleme“, so Benecke. „Gerade diese Menschen brauchen einen unkomplizierten Zugang zu psychotherapeutischer Hilfe.“

Die strikte Abstinenzregel konterkariert die Bestrebungen des Gesetzgebers, für schwer psychisch erkrankte Patient*innen ein ambulant-intensives, multiprofessionelles Versorgungsangebot auf den Weg zu bringen. Die Richtlinie zur koordinierten und strukturierten Versorgung psychisch kranker Menschen (KSVPsych-RL) soll eine ambulante Komplexbehandlung auch für schwer abhängigkeitserkrankte Patient*innen ermöglichen. Auch die seit Februar geltende neue Ermächtigungsregel in der Ärzte-Zulassungsverordnung soll erweiterte Möglichkeiten der Versorgung von Patient*innen mit schweren Abhängigkeitserkrankungen schaffen. Die psychotherapeutische Mitbehandlung wird durch die fortbestehenden Vorgaben der Psychotherapie-Richtlinie jedoch massiv eingeschränkt. „Wenn der G-BA in diesen Strukturen weiter an der Abstinenz festhält, sabotiert er die Reformen des Gesetzgebers“, so Schreck.

Patient*innen mit Suchterkrankungen brauchen vor allem einen niedrigschwelligen Zugang zur Psychotherapie. „Wir benötigen flexible, individuelle Behandlungsziele, die sich an den Lebenslagen und Krankheitsphasen der Patient*innen orientieren, und somit eine vollständige Streichung der Abstinenzregel“, betont Benecke. „Nur so schaffen wir eine Versorgung, die Vertrauen schafft, statt Barrieren zu errichten.“

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im digitalen Zeitalter stärken

EU-Rat setzt wichtiges Signal

(BPtK) Zu den heute vom Rat der Europäischen Union verabschiedeten Schlussfolgerungen zum Schutz und zur Förderung der psychischen Gesundheit junger Menschen im digitalen Zeitalter erklärt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK):

»Damit setzen die EU-Gesundheits- und Sozialminister*innen ein klares Zeichen für eine gesundheitsförderliche Gestaltung der digitalen Welt. Entscheidend wird nun sein, die formulierten Ziele in konkrete und nachhaltige Maßnahmen auf europäischer sowie nationaler Ebene zu überführen. Der Schutz der psychischen Gesundheit junger Menschen im digitalen Raum bleibt eine zentrale Aufgabe unserer Gesellschaft.“

»Medienkompetenz und eine digitale Umgebung mit klaren Kinderschutzregelungen ist für die Prävention unerlässlich. Wir brauchen gemeinsame europäische Standards für den Schutz junger Menschen im digitalen Raum. Eine enge Zusammenarbeit von Politik, Wissenschaft und Praxis hilft, dieses Ziel gemeinsam zu erreichen“, so Dr. Nikolaus Melcop, BPtK-Vizepräsident und EU-Beauftragter.

In seinem Dokument würdigt der Rat die Potenziale digitaler Medien, etwa zur Förderung von Gesundheitskompetenz oder zur niedrigschwelligen Ansprache junger Menschen. Gleichzeitig nimmt er auch die Risiken in den Blick: Exzessive Bildschirmzeiten, suchtfördernde Mechanismen in Apps und gefährliche Inhalte bedrohen die psychisch gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Europa.

Der EU-Rat fordert die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Aktivitäten zu intensivieren und auszubauen, einen sicheren digitalen Raum für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Seine Forderungen: Forschungsförderung, verstärkte Aufklärung junger Menschen über psychische Risiken im Netz, Ausbau von Präventions- und Beratungsangeboten und Bereitstellung von Behandlungsangeboten, aber auch die Bekämpfung von Gewalt im Internet. Ebenso wichtig sind attraktive Alternativangebote für Kinder und Jugendliche, wie sie ihre Freizeit auch ohne Smartphone oder Laptop gestalten können. Eine Schlüsselaufgabe: Kindern und Jugendlichen müssen digitale Kompetenzen vermittelt werden, damit sie sich der Risiken bewusst werden, eigene Schutzstrategien entwickeln und einen kritischen Umgang mit digitalen Inhalten erlernen. Auch Plattformbetreiber sollen ihrer Verantwortung stärker nachkommen, ihre Apps und Einstellungen so auszugestalten, dass der Kinderschutz gewährleistet wird.

Die Initiative des Rates geht auf die polnische EU-Ratspräsidentschaft zurück, die sich einen verbesserten Schutz von Kindern und Jugendlichen im digitalen Raum zum Ziel gesetzt hatte.

Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern präventiv unterstützen

BPtK fordert rasche Maßnahmen nach der Bundestagswahl

(BPtK) Kinder von Eltern mit psychischen oder Abhängigkeitserkrankungen brauchen dringend mehr Unterstützung. Sie haben ein deutlich erhöhtes Risiko, ebenfalls eine psychische Erkrankung zu entwickeln. Deutschland muss präventive Angebote für diese Zielgruppe dringend systematisch ausbauen.

»Die Anliegen von Kindern psychisch und suchtkranker Eltern dürfen nicht wieder in der Schublade verschwinden“, sagt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), anlässlich der Anhörung zum interfraktionellen Antrag „Prävention stärken – Kinder mit psychisch oder suchtkranken Eltern unterstützen“, die heute im Familienausschuss stattfindet. „Der Antrag zeigt: Alle Fraktionen sind sich einig, was zu tun ist, um diese Kinder und Jugendlichen endlich besser zu unterstützen“, so Dr. Benecke. „Wir fordern deshalb, dass diese Maßnahmen nach der Bundestagswahl zügig umgesetzt werden.“

»Die im Antrag geforderte stärkere sektorübergreifende Zusammenarbeit ist ein zentraler Baustein, um Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil umfassend zu helfen. Kooperationen zwischen Psychotherapeut*innen und der Jugendhilfe sollten schon möglich sein, bevor eine Kindeswohlgefährdung festgestellt wird“, fordert Cornelia Metge, BPtK-Vorstandsmitglied. „Denn das Zusammenwirken von Jugendhilfe und Gesundheitswesen kann den Behandlungserfolg und eine gesunde Entwicklung des Kindes fördern.“ Darüber hinaus sind auch Möglichkeiten zu aufsuchender Psychotherapie in Kitas und Schulen nach Ansicht der BPtK entscheidend, um Kinder und Jugendliche besser zu erreichen.

Jedes vierte Kind in Deutschland hat einen psychisch oder suchterkrankten Elternteil. Der Antrag „Prävention stärken – Kinder mit psychisch oder suchtkranken Eltern unterstützen“ (BT-Drs. 20/12089) wurde von den Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/Die Grünen und FDP in den Deutschen Bundestag eingebracht.

Menschen bewegen sich in Lebenswelten – und Lebenswelten bewegen Menschen

63. DHS Fachkonferenz SUCHT 2024 vom 28. – 30. Oktober 2024 in Essen

(LPK BW) Die 63. DHS Fachkonferenz SUCHT rückt vom 28. bis 30. Oktober 2024 in Essen das Thema „Lebenswelten bewegen“ (oder Arbeitstitel – „Sucht und Lebenswelten“) in den Fokus. Dabei geht es unter anderem um die Frage, wie strukturelle Rahmenbedingungen und Hilfsangebote in den Lebenswelten gesundheitsförderlich verbessert werden können. Damit soll das Risiko einer Suchtentwicklung minimiert werden. Mit Blick auf unterschiedliche Lebenswelten werden Fortschritte in der Versorgung durch Prävention, Beratung, Behandlung und Sucht-Selbsthilfe angeregt und diskutiert.

Die Hauptvorträge am ersten Veranstaltungstag gehen aus unterschiedlichen Perspektiven auf das Konferenzthema „Lebenswelten bewegen“ ein. Eine vertiefende und thematisch fokussierte Auseinandersetzung mit verschiedenen Lebenswelten bieten die insgesamt 12 Foren am zweiten Konferenztag. Der beruflichen Integration von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen, den Auswirkungen multipler Krisen sowie den Lebenswelten von Menschen mit (Flucht-)Migrationserfahrung widmen sich die Hauptvorträge am letzten Tag der DHS Fachkonferenz SUCHT 2024. Unter dem Titel „Menschen in ihren Lebenswelten – Wechselwirkungen und Veränderungen“ diskutieren eine Praktikerin, ein Wissenschaftler und eine Selbstbetroffene beim abschließenden Podiumsgespräch.  

Melden Sie sich an und kommen mit renommierten Praktiker:innen und Wissenschaftler:innen in den Austausch im Haus der Technik in Essen! 

Das Programm und die Anmeldung zur DHS Fachkonferenz SUCHT finden Sie auf der Tagungs-Website www.dhs-fachkonferenz.de

Die Veranstaltung wurde von der Ärztekammer Nordrhein als Fortbildungsmaßnahme anerkannt und mit 12 CME-Punkten zertifiziert. 

Rückfragen richten Sie gerne an das DHS Veranstaltungsmanagement, Doris Kaldewei, E-Mail:kaldewei@dhs.de.

GVSG stärkt Psychotherapie für Kinder & Jugendliche und schwer psychisch Erkrankte

BPtK: Nachbesserungen für ländliche Regionen erforderlich

(BPtK) Mehr Behandlungskapazitäten für psychisch kranke Kinder und Jugendliche sowie für schwer psychisch erkrankte Patient*innen sind zwei wichtige Säulen im Kabinettsbeschluss zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), die die ambulante psychotherapeutische Versorgung stärken.

»Die geplante Ermächtigung von Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen zur Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung, Suchterkrankungen oder starken Funktionseinschränkungen ist im Prinzip ein geeignetes Instrument, um gezielt mehr Behandlungsangebote zu schaffen. Für schwer psychisch erkrankte Patient*innen kann damit der Zugang zur psychotherapeutischen Behandlung erleichtert, aber auch die vernetzte Versorgung mit Einrichtungen der Suchthilfe, der Eingliederungshilfe oder mit gemeindepsychiatrischen Verbünden gefördert werden“, stellt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fest. Bereits heute werden viele schwer psychisch kranke Patient*innen in den psychotherapeutischen Praxen versorgt, die Behandlungskapazitäten sind jedoch insgesamt völlig unzureichend. Durch den im GVSG verankerten unmittelbaren Anspruch von Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen auf Ermächtigung, sobald die erforderlichen Kooperationsvereinbarungen vorliegen, könnten Verbesserungen bereits zeitnah nach Inkrafttreten des Gesetzes erreicht werden.

Wichtig sind jedoch die Rahmenbedingungen für Ermächtigungen: „Ermächtigungen sollten mindestens für fünf Jahre erteilt werden, um Planungssicherheit für Praxisinhaber*innen und die Kooperationspartner zu schaffen“, fordert Benecke. „Damit die Ermächtigungen die Versorgung von Suchterkrankten stärken, muss dringend das Abstinenzgebot aus der Psychotherapie-Richtlinie gestrichen werden. Wenn bei Patient*innen die Abstinenz bis zur zehnten Behandlungsstunde nicht erreicht werden kann, darf eine Psychotherapie aktuell nicht durchgeführt werden. Diese Regelung verhindert gerade bei schwer Suchterkrankten die notwendige psychotherapeutische Versorgung.“

Die eigene psychotherapeutische Bedarfsplanung für Kinder und Jugendliche ist ein wichtiger Meilenstein. Sie ermöglicht für psychisch kranke Kinder und Jugendliche künftig schneller und wohnortnaher einen Behandlungsplatz zu erhalten. Für die gesamte Gruppe der psychisch erkrankten Erwachsenen bleibt eine Reform der Bedarfsplanung jedoch weiterhin unverzichtbar. „Insbesondere ländliche Regionen, das Ruhrgebiet und ostdeutsche Städte sind von fehlenden psychotherapeutischen Behandlungsplätzen und langen Wartezeiten stark betroffen. Der Versorgungsbedarf wird bis 2030 nochmals deutlich ansteigen. Hier muss die Bundesregierung dringend nachbessern und den Gemeinsamen Bundesausschuss beauftragen, die Verhältniszahlen in der psychotherapeutischen Bedarfsplanung um mindestens 20 Prozent abzusenken“, fordert BPtK-Präsidentin Dr. Benecke.

Lücken in der Suchtprävention und Suchtbehandlung schließen

BPtK fordert Nachbesserungen am Cannabisgesetz

(BPtK) Anlässlich der öffentlichen Anhörung zum Entwurf des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (BT-Drs. 20/8704) im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages fordert die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), sowohl die Suchtprävention als auch die suchttherapeutische Versorgung zu stärken.

»Der Konsum von Cannabis nimmt unter der bestehenden Prohibitionspolitik seit Jahrzehnten zu. Das anhaltende Verbot und die Kriminalisierung von Konsumierenden erschweren die Aufklärung, die Suchtprävention und den frühzeitigen Zugang zur suchttherapeutischen Versorgung, indem der Konsum tabuisiert und verheimlicht wird“, sagt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. Die BPtK kritisiert, dass die Regelungen zu suchtpräventiven Maßnahmen im Gesetzentwurf zu kurz ausfallen. „Statt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit mehr Informations- und Beratungsaufgaben auszustatten, sollten die Suchtberatungsstellen in den Kommunen ausgebaut und ausreichend finanziert werden“, fordert Benecke.

»Bisher wurde die Chance gänzlich verpasst, die suchttherapeutische Versorgung mit dem Gesetzentwurf zu stärken“, erklärt Cornelia Metge, Mitglied des Vorstands der BPtK. „Für Kinder und Jugendliche mit Suchterkrankungen müssen deshalb dringend die Angebote der Suchtbehandlung sowohl in der stationären Entzugsbehandlung als auch in der Bereitstellung ambulanter Behandlungsplätze für eine Suchttherapie ausgebaut werden“, so Metge weiter.

Die BPtK fordert außerdem, dass die ambulante psychotherapeutische Versorgung ohne Einschränkungen ermöglicht wird. Dazu muss das Abstinenzgebot in der Psychotherapie-Richtlinie gestrichen werden, denn nicht alle suchterkrankten Patient*innen können bis zur zehnten Behandlungsstunde eine Abstinenz erreichen und benötigen eine längere psychotherapeutische Behandlung.

BPtK kritisiert Diskriminierung fremdsprachiger Straftäter*innen

Bundestag beschließt Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz

(BPtK) Als diskriminierend bezeichnet die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) das vom Deutschen Bundestag am 22. Juni 2023 beschlossene Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz. Straftäter*innen mit fehlenden Deutschkenntnissen darf diesem Gesetz zufolge künftig die Suchtbehandlung verweigert werden. Lediglich in der Beschlussempfehlung zum Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz wird darauf verwiesen, dass in Einzelfällen eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht abgelehnt werden könne, wenn die Suchtbehandlung ausnahmsweise über eine Sprachmittlung oder fremdsprachige Therapeut*innen sichergestellt werde oder in einer Einrichtung erfolgt, die auf die Behandlung in der jeweiligen Muttersprache der Personen ausgelegt ist (BT-Drs. 20/7026, S. 19).

»Menschen aufgrund fehlender Deutschkenntnisse die Suchtbehandlung zu verweigern, entbehrt jeder fachlichen Grundlage und ist deshalb diskriminierend“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Mit einer qualifizierten Sprachmittlung kann eine Behandlung fremdsprachiger Menschen erfolgreich durchgeführt werden; dieser Anspruch muss gesetzlich verankert werden. Ob eine günstige Behandlungsprognose besteht oder nicht, wird von Ärzt*innen oder Psychotherapeut*innen festgestellt. Eine solche Prognose bei Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse nur ausnahmsweise zu ermöglichen oder davon abhängig zu machen, ob zufällig fremdsprachige Therapeut*innen angestellt sind, ist nicht tragbar.“

Die BPtK hatte gefordert, dass Menschen, die nicht oder nicht ausreichend Deutsch sprechen, in einer Entziehungsanstalt zur Behandlung ihrer Suchterkrankung untergebracht werden können und ihre Behandlung über den Einsatz von qualifizierter Sprachmittlung sichergestellt werden sollte.

Die BPtK setzt sich gemeinsam mit anderen Organisationen der psychotherapeutischen, psychiatrischen und psychosozialen Versorgung in einem Positionspapier dafür ein, dass Sprachmittlung Behandlungen ermöglicht und eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung werden sollte.

Digitale Suchtberatung für Betroffene und Angehörige

Plattform www.suchtberatung.digital vermittelt Hilfsangebote und Unterstützung

(LPK BW) Probleme mit Alkohol, Cannabis oder Glücksspiel sind für Betroffene und deren Umfeld immer noch schwer einzugestehen. Mit der digitalen Plattform „DigiSucht“ soll es für sie in Baden-Württemberg deshalb in Zukunft einfacher werden, entsprechende Hilfsangebote und Unterstützung zu finden. Seit dem 17.10.2022 kann unter www.suchtberatung.digital unkompliziert digital Kontakt zu entsprechenden Beratungsstellen aufgenommen werden. Auf Wunsch kann in einem weiteren Schritt auch die Beratung komplett digital durchgeführt werden oder bei Bedarf persönlich vor Ort stattfinden.

„Für viele Menschen ist es oft leichter, online nach Hilfsangeboten zu suchen als in eine Beratungsstelle zu gehen“, so Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha. „Deshalb stellen wir die Suchthilfe im Land noch digitaler auf. Mit der Plattform kann sich jede und jeder die Suchtberatungsstelle direkt ins Wohnzimmer holen. Problematisches Suchtverhalten ist leider häufig immer noch ein schambehaftetes Thema. Aus diesem Grund müssen Zugangsbarrieren in das Hilfesystem weiter abgebaut werden.“

An der Entwicklung der Beratungsplattform „DigiSucht“, die auf Bundesebene angestoßen wurde, waren Expertinnen und Experten aus Suchtberatungsstellen, Landesstellen sowie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) beteiligt. Die Landesstelle für Suchtfragen (LSS) koordiniert für Baden-Württemberg das Vorhaben und wird für die Schulung der Fachkräfte sorgen. Das Beratungsangebot ist mit allen Endgeräten (Smartphone, Tablet, Laptop) direkt über das Internet nutzbar, es braucht keine App und keine extra Software. Mit der DigiSucht-Plattform steht erstmals eine länder- und trägerübergreifende technische Infrastruktur zur Verfügung.

Die Technik und die verschiedenen Angebote auf der Plattform DigiSucht sind leicht und selbsterklärend zu bedienen. „Für Jeden, der digital einkauft oder eine Reise bucht, ist die Nutzung der Beratungsplattform kinderleicht – auch wenn der Anlass ganz und gar kein Kinderspiel ist. Wir hoffen, dass die Menschen das als Erleichterung erleben und so frühzeitiger Hilfe in Anspruch nehmen werden“, erhofft sich Elke Wallenwein, Vorsitzende der LSS, von dem neuen Angebot.

Cannabis-Legalisierung richtig, Gesundheitsschutz noch stärken

BPtK begrüßt Eckpunkte des Bundesgesundheitsministeriums

(BPtK) Cannabis ist nicht harmlos: Es kann, anders als früher angenommen, auch körperlich abhängig machen und birgt insbesondere das Risiko, an einer Psychose zu erkranken. Die bisherige Verbotspolitik ist jedoch gescheitert. Mehr als jede vierte Deutsche* hat schon mindestens einmal im Leben Cannabis als Rauschmittel genutzt. Jede zweite junge Erwachsene* (46,4 %) und jede zehnte Jugendliche* (10,4 %) hat dieses Rauschmittel schon einmal ausprobiert. Der Gebrauch von Cannabis nimmt seit Jahrzehnten zu – trotz Verbot und Strafen. Deshalb begrüßt die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) die Eckpunkte des Bundesgesundheitsministeriums, nach denen Cannabisgebrauch ab dem 18. Lebensjahr legalisiert wird.

„Ein legaler Verkauf ist besser als ein unkontrollierter Schwarzmarkt und ermöglicht erst einen ausreichenden Gesundheits- und Jugendschutz“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Insbesondere ist ein Mindestalter von 18 Jahren unbedingt notwendig.“ Eine legale Abgabe von 20 bis 30 Gramm stellt einen guten Kompromiss dar, und verleitet nicht zum exzessiven Konsum. Ein Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen wird schwer zu kontrollieren sein. Eine Höchstgrenze für den THC-Gehalt, der stärksten psychoaktiven Substanz des Cannabis, ist notwendig. Ein Verbot synthetischer Cannabinoide ist sehr wichtig, da hier die Gesundheitsgefahren am größten sind. Ein Verbot von mit THC-versetzten Nahrungsmitteln muss gesetzlich geregelt werden. Die Erfahrungen aus USA und Kanada zeigen, dass es zum Beispiel durch THC-Gummibärchen vermehrt zu versehentlichen Vergiftungen und Cannabisnotfällen kommen kann.

BPtK: Gesundheitsschutz weiter stärken

Die BPtK plädiert aber dafür, den Gesundheitsschutz noch weiter zu stärken. Dazu gehören:

  • Aufklärungs- und Anti-Stigma-Kampagnen zu Suchterkrankungen,
  • verpflichtende Aufklärungsprogramme zu Drogen an Schulen ab der sechsten Jahrgangsstufe,
  • Screening zur besseren Früherkennung von Drogenmissbrauch,
  • Suchtberatung als verpflichtendes Leistungsangebot der Kommunen,
  • ambulante Psychotherapie bei Suchterkrankungen ohne Einschränkungen ermöglichen,
  • Rehabilitationseinrichtungen zur Behandlung von Suchterkrankungen besser finanzieren,
  • spezielle Behandlungsangebote für suchtkranke Kinder und Jugendliche schaffen,
  • Therapie- und Versorgungsforschung bei Suchterkrankungen ausbauen.