Schlagwortarchiv für: Stellungnahme

Psychisch kranke Flüchtlinge sollen grundsätzlich abgeschoben werden

BPtK kritisiert das Asylpaket II der Bundesregierung

(BPtK) Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) gehören zu den häufigsten Erkrankungen von Flüchtlingen, die vor Krieg, Terror und Gewalt geflohen sind. Sie sind schwere Erkrankungen, die bis zur Selbstgefährdung führen und lebensbedrohlich sein können. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass Flüchtlinge häufig schwere psychische Störungen in asylrechtlichen Verfahren geltend machen.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert deshalb das Asylpaket II, das die Bundesregierung heute im Kabinett verabschiedet hat. Danach sollen die Asylbehörden davon ausgehen, dass insbesondere PTBS nicht zu den „schwerwiegenden Erkrankungen“ gehören, die eine Abschiebung verhindern. Der Gesetzgeber spricht in diesem Zusammenhang von „vermeintlich gesundheitlichen Gründen“ und stellt damit Flüchtlinge unter Generalverdacht, psychische Leiden nur vorzutäuschen. Er behauptet ferner, dass psychische Erkrankungen „schwer diagnostizierbare und überprüfbare“ seien. Richtig ist, dass für diese Erkrankungen seit Langem wissenschaftlich konsentierte Diagnosekriterien bestehen, die durchaus überprüfbar sind.

„Wir fordern daher, dass schwerwiegende oder lebensbedrohliche psychische Erkrankungen grundsätzlich als Erkrankungen gelten, die eine Abschiebung nicht möglich machen. Flüchtlinge, die unter psychischen Beschwerden leiden, haben einen Anspruch auf eine angemessene Begutachtung ihrer Erkrankungen. Dies darf nicht daran scheitern, dass die Begutachtung einer Erkrankung für die Behörden eine ‚große Herausforderung‘ darstellt, wie der Gesetzentwurf beklagt“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Die deutliche Voreingenommenheit des Gesetzgebers gegen psychische Erkrankungen ist fachlich falsch und fördert massiv die Stigmatisierung aller psychisch kranken Menschen in Deutschland.“

Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen nur „lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen“ eine Abschiebung verhindern. Die Erkrankung müsste sich außerdem durch die Abschiebung „wesentlich verschlechtern“. „Dies kann sowohl bei Depressionen als auch bei posttraumatischen Erkrankungen der Fall sein. Eine Selbstgefährdung ist bei beiden psychischen Erkrankungen sogar häufig“, erklärt BPtK-Präsident Munz. 40 Prozent der Patienten mit PTBS hatten bereits Pläne, sich das Leben zu nehmen oder haben sogar schon versucht, sich umzubringen. Außerdem ist es sehr wahrscheinlich, dass sich eine PTBS verschlechtert, wenn der Erkrankte wieder an den Ort zurückgeschickt wird, der mit seinen traumatischen Erlebnissen verbunden ist.

Aus Sicht der BPtK sind ferner einzelne Regelungen für ein beschleunigtes Asylverfahren für Flüchtlinge gar nicht umsetzbar. Flüchtlingen sollen innerhalb einer Woche alle Untersuchungen und Gutachten einholen, die belegen, dass ihre psychische Erkrankung so schwer ist, dass sie nicht abgeschoben werden können. „Das ist praktisch unmöglich“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Ein Flüchtling, der kein Deutsch spricht und sich im deutschen Gesundheitssystem nicht auskennt, kann in so kurzer Zeit seine schwere Erkrankung nicht belegen.“

Weiterhin behauptet der Gesetzentwurf, „qualifizierte Kriterien für ärztliche Bescheinigungen“ zu schaffen. Die Bundesregierung plant deshalb, dass nur noch „approbierte Ärzte“ Begutachtungen durchführen dürfen. „Für eine qualifizierte Begutachtung von psychischen Erkrankungen reicht eine Approbation als Arzt aber nicht aus“, stellt der BPtK-Präsident fest. „Depressionen und posttraumatische Erkrankungen erfordern einschlägige fachärztliche oder psychotherapeutische Kompetenz.“ Deutsche Gerichte greifen ständig auf psychotherapeutische Gutachten zurück, weil sie aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation befähigt sind, insbesondere in asylrechtlichen Verfahren psychische Erkrankungen zu diagnostizieren.

Mehr Psychotherapie in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung

G-BA beschließt Gruppenpsychotherapie für alle Indikationen

(BPtK) Zukünftig können Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) psychotherapeutische Gruppengespräche im notwendigen Umfang erbringen. Bisher war dies den Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie sowie den Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vorbehalten. Damit vereinheitlicht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Voraussetzungen zur psychotherapeutischen Leistungserbringung. Dies war eine wesentliche Forderung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).

Der Beschluss des G-BA vom 17. Dezember 2015 gilt für alle ASV-Indikationen, die bisher verabschiedet wurden, d. h. für gastrointestinale, gynäkologische und Tumore der Bauchhöhle, Marfan-Syndrom (genetisch bedingte Bindegewebserkrankung) sowie pulmonale Hypertonie (Erhöhung des Gefäßwiderstandes und damit des Blutdruckes im Lungenkreislauf). Welche Leistungen in der ASV erbracht werden können, wird im jeweiligen indikationsbezogenen Appendix bestimmt. Zur Leistungsbeschreibung werden die entsprechenden Ziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) ausgewählt. Für Leistungen, die im EBM nicht abgebildet sind, können zusätzliche Leistungen, die nur im Rahmen der ASV erbracht werden können, vom G-BA beschlossen werden. Psychotherapeutische Gespräche als Einzelbehandlung und als Gruppenbehandlung in jeweils notwendigem Umfang können nun bei allen Indikationen von Psychotherapeuten in der ASV durchgeführt werden. Der Beschluss wird bei Nichtbeanstandung durch das Bundesgesundheitsministerium demnächst in Kraft treten.

Gegen Korruption im Gesundheitswesen

Bundestag berät neue Straftatbestände für Heilberufe

(BPtK) Korruption im Gesundheitswesen war bisher nur für abhängig Beschäftigte strafbar. Daher plant die Bundesregierung eine Änderung des Strafgesetzbuchs (BT-Drs. 18/6446). Der Gesetzentwurf führt die Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung für Ärzte und andere Heilberufe ein. Die erste Lesung fand am 13. November 2015 im Bundestag statt.

Damit schließt die Bundesregierung eine Lücke im Strafrecht, die der Bundesgerichtshof mit seinem Beschluss vom 29. März 2012 deutlich gemacht hatte (AZ: GSSt 2/11). Danach konnten Kassenärzte, die sich von Pharmafirmen für das Ausstellen bestimmter Rezepte bezahlen ließen, bisher nicht wegen Bestechlichkeit oder Vorteilsannahme nach §§ 331, 332 Strafgesetzbuch (StGB) oder wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB belangt werden. Ihnen fehle die Eigenschaft als Amtsträger bzw. als Angestellter oder Beauftragter im geschäftlichen Verkehr, urteilte der BGH. Auch die Entgegennahme von „Kopfprämien“ für die Überstellung von Patienten an bestimmte Krankenhäuser und ähnliche Verhaltensweisen von Kassenärzten verstießen zwar gegen das Berufs-, nicht aber gegen das Strafrecht.

Diese „Strafbarkeitslücke“ wird nun geschlossen. Damit will der Gesetzgeber das Vertrauen der Patienten, dass Entscheidungen von Ärzten und Psychotherapeuten allein medizinisch motiviert sind, schützen. Am 2. Dezember 2015 findet im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf statt.

G-BA streicht Behandlungen für schwer abhängige Raucher

Empfehlungen der S3-Leitlinie zur Tabakabhängigkeit missachtet

(BPtK) Schwer kranke Raucher haben zukünftig keinen Anspruch mehr auf eine nachweislich wirksame Suchtbehandlung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) strich am 15. Oktober 2015 die psychotherapeutische Behandlung von schwer kranken Rauchern aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.

„Das ist eine versorgungspolitische Fehlentscheidung“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Die aktuelle S3-Leitlinie zum schädlichen und abhängigen Tabakkonsum empfiehlt mit der höchsten Empfehlungsstärke eine verhaltenstherapeutische Behandlung von Rauchern. Gerade für schwer abhängige Raucher mit schweren körperlichen Erkrankungen, wie zum Beispiel onkologischen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, muss es deshalb weiter ein kassenfinanziertes Behandlungsangebot geben.“

Im Jahr 2011 hatte der G-BA noch völlig anders entschieden. Damals stellte er fest, dass der schädliche Gebrauch und die Abhängigkeit von Tabak als Teil der „psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ eine Indikation zur Anwendung von Psychotherapie seien. Schwer abhängige Raucher, die alleine nicht von der Sucht loskommen, konnten damit ein evidenzbasiertes ambulantes Behandlungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Der G-BA bezeichnet diese fachlich richtige Entscheidung heute als ein redaktionelles Versehen, das mit dem aktuellen Beschluss korrigiert werde. Damit übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung zukünftig weder psychotherapeutische Behandlungen noch niederschwellige Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung für schwer abhängige Raucher.

Circa 13 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland erfüllt die diagnostischen Kriterien für eine Tabakabhängigkeit. Tabakabhängigkeit zählt zu den psychischen Erkrankungen mit dem höchsten somatischen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Jährlich sterben rund 140.000 Menschen an den Folgen eines langjährigen Tabakkonsums. Jahrelanges Rauchen verkürzt das Leben um durchschnittlich zehn Jahre.

Neues Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik

Psychiatrische Verbände legen Alternativkonzept zum PEPP vor

(BPtK) Das Konzept eines budgetbasierten Entgeltsystems als Alternativkonzept zum Pauschalierenden Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) schafft nach Ansicht der Bundespsychotherapeutenkammer nicht für alle psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäuser die Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, eine an Leitlinien und den Bedürfnissen psychischer kranker Menschen orientierte Versorgung anzubieten. Dazu gehören insbesondere eine verbindliche Personalausstattung in den Kliniken, ihre Finanzierung und eine leistungsgerechte Verteilung der Mittel zwischen den Häusern. Das Konzept hat aus BPtK-Sicht Stärken bei der inhaltlichen Entwicklung neuer Personalanforderungen sowie der Berücksichtigung besonderer struktureller Krankenhauskosten. Zielführend könnte ein Hybridsystem sein, bei dem ein Teil der Vergütung über leistungsorientierte Entgelte und ein anderer Teil über krankhausindividuelle Zuschläge erfolgt.

Am 29. September 2015 hatten verschiedene psychiatrische Fach- und Pflegeverbände der Öffentlichkeit einen Alternativvorschlag zum PEPP vorgestellt. Gesundheitsminister Hermann Gröhe hatte in dem von ihm initiierten strukturierten Dialog die Kritiker des PEPP aufgefordert, Lösungen für ihre Hauptkritikpunkte zu entwickeln.

Damit ein neues Entgeltsystem geeignet ist, eine leitlinienorientierte, an den Bedürfnissen psychisch kranker Menschen orientierte Versorgung sicherzustellen, muss es mindestens folgende Kriterien erfüllen:

• Verbindliche Personalanforderungen, deren Umsetzung überprüft wird

Grundvoraussetzung für eine gute Versorgungsqualität ist eine ausreichende und qualifizierte Personalausstattung. Diese kann nur mit verbindlichen Personalanforderungen realisiert werden, deren Umsetzung auch überprüft wird.

• Finanzierung der verbindlichen Personalanforderungen

Für die Umsetzung der verbindlichen Personalanforderungen müssen ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Da derzeit von einer Unterfinanzierung der Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik auszugehen ist, sind zusätzliche finanzielle Ressourcen notwendig. Weitere Mittel sind außerdem notwendig, weil in der Psychiatrie-Personalverordnung der wissenschaftliche Fortschritt, den es vor allem in der Psychotherapie und bei ambulanten und auf-suchenden Behandlungen gegeben hat, nicht berücksichtigt ist.

• Gleiches Entgelt für gleiche Leistung

Die in einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem begrenzt zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel müssen leistungsgerecht verteilt werden. Für gleiche Behandlungsleistungen bzw. die Versorgung aufwandsgleicher Patienten sollten gleiche Entgelte gezahlt werden. Die großen Unterschiede in der Höhe der bisherigen Pflegesätze sind weniger medizinisch als mit dem Verhandlungsgeschick der Kliniken, historisch gewachsenen Strukturen und klinikindividuellen Besonderheiten zu begründen. Die große Spreizung der Pflegesätze legt nahe, dass die Versorgungsqualität in den Einrichtungen sehr unterschiedlich ist und viele Kliniken derzeit nicht die notwendigen Personalressourcen haben, um eine leitlinienorientierte Versorgung anzubieten.

• Strukturelle Besonderheiten berücksichtigen

Klinikindividuelle strukturelle Besonderheiten, wie zum Beispiel regionale Versorgungsverpflichtungen, die sich über ein pauschalierendes Entgeltsystem nicht adäquat abbilden lassen, sollten gesondert berücksichtigt und vergütet werden.

• Sektorenübergreifende Versorgung

Das Entgeltsystem sollte darüber hinaus eine stärker ambulant orientierte und sektorenübergreifende Versorgung fördern und weiterentwickeln. Wichtige Fragen wie die Kooperation zwischen Krankenhäusern und vertragsärztlicher bzw. psychotherapeutischer Versorgung gestaltet werden sollte, aber auch welche Patientengruppen sektorenübergreifende Versorgungsansätze benötigen und welche Anforderungen zum Beispiel im Bereich der Qualitätssicherung zu erfüllen sind, müssen dafür geklärt werden. Eine grundsätzliche Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung oder die flächendeckende Einführung von Regionalbudgets eignen sich dafür nicht.

Psychisch kranke Flüchtlinge bleiben unzureichend versorgt

BPtK fordert Nachbesserungen bei Asylgesetzreform

(BPtK) Psychisch kranke Flüchtlinge haben auch zukünftig nach dem Asylbewerberleistungsgesetz keinen Anspruch auf eine angemessene Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen. Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert deshalb Nachbesserungen bei den geplanten Änderungen. „Von den Sozialbehörden werden psychische Erkrankungen meist als nicht akut behandlungsbedürftig beurteilt“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK, fest. „Das ist fachlich falsch. Flüchtlinge, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkranken, sind oft suizidal. 40 Prozent von ihnen hatten bereits Pläne, sich das Leben zu nehmen oder haben sogar schon versucht, sich zu töten. Sie sind deshalb dringend behandlungsbedürftig. Das muss durch die Reform deutlich gemacht werden.“

AsylbLG: Besonderen gesundheitlichen Bedarf anerkennen

Die BPtK fordert im Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) eine Klarstellung, dass psychisch kranke Flüchtlinge als besonders schutzbedürftige Personen auch in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts einen Anspruch auf eine ausreichende Versorgung, in aller Regel Psychotherapie, haben. Das sind z. B. Menschen, die aufgrund von erlittener Folter und Kriegsgewalt oder während ihrer Flucht unter psychischen Erkrankungen, einschließlich Traumatisierungen, leiden. Dazu zählen aber auch psychisch kranke Flüchtlingskinder und -jugendliche, die z. B. Augenzeuge von Folter und Kriegsgewalt wurden oder die Rückkehr von gefolterten und schwer misshandelten Eltern erleben mussten. Auch bei Flüchtlingskindern in Deutschland sind Erkrankungen aufgrund traumatischer Erlebnisse besonders häufig. Jedes fünfte von ihnen ist an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt. „Mit der Anerkennung der “besonderen Bedarfe“ auch von psychisch kranken Flüchtlingskindern könnte der EU-Aufnahmerichtlinie Rechnung getragen werden“, erläutert BPtK-Präsident Munz.

Nach wissenschaftlichen Leitlinien ist Psychotherapie bei einer posttraumatischen Belastungsstörung die empfohlene Behandlungsmethode. Die alleinige Behandlung mit Medikamenten ist nicht ausreichend und medizinisch in der Regel nicht zu verantworten. Nur rund vier Prozent der psychisch kranken Flüchtlinge erhalten bisher jedoch eine Psychotherapie.

Ausreichend Ermächtigungen für Flüchtlingszentren sicherstellen

Die BPtK hält es für eine entscheidende Verbesserung, dass die Bundesregierung die Zulassungsverordnung für Ärzte verändern will. Danach sollen sowohl einzelne Psychotherapeuten und Ärzte als auch Einrichtungen, die von Ärzten oder Psychotherapeuten geleitet werden, ermächtigt werden. Dadurch können sie Flüchtlinge vertragspsychotherapeutisch und -psychiatrisch versorgen. Die zuständigen Ausschüsse sollen demnach verpflichtet werden, die ambulante Versorgung von Flüchtlingen, die Folter, Vergewalti-gung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, sicherzustellen. Die BPtK fordert aber, den Personenkreis generell auf Flüchtlinge mit psychischen Erkrankungen auszuweiten, wie dies in der EU-Aufnahmerichtlinie vorgesehen ist. Eine solche Regelung ermöglicht eine angemessene Versorgung der Flüchtlinge, auch wenn sie länger als 15 Monate in Deutschland sind. Unverzichtbar ist ferner ein Anspruch auf Dolmetscherleistungen, die in aller Regel erst eine psychotherapeutische Behandlung ermöglichen.

Downloads

Psychische Erkrankungen auch am Lebensende behandeln

BPtK fordert bessere psychotherapeutische Versorgung in Hospizen und Pflegeheimen

(BPtK) „Auch am Lebensende haben schwer erkrankte Patienten mit komorbiden psychischen Erkrankungen Anspruch auf eine psychotherapeutische Versorgung“, mahnt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) anlässlich der heutigen Anhörung zum Hospiz- und Palliativgesetz (HPG). „Die psychotherapeutische Versorgung in der Hospiz- und Palliativversorgung muss dringend verbessert werden. Dies gilt auch für Pflegeheime, in denen viele Menschen ihre letzte Lebenszeit verbringen.“

Tödlich verlaufende körperliche Erkrankungen gehen häufig mit psychischen Erkrankungen einher. Studien zufolge leidet ungefähr ein Drittel der Patienten in Palliativeinrichtungen an einer affektiven Störung. Am häufigsten sind schwere (14 Prozent) oder weniger schwere depressive Erkrankungen (zehn Prozent). 15 Prozent der Patienten entwickeln eine Anpassungsstörung oder eine Angststörung (zehn Prozent). Weiterhin treten bei schwer und tödlich kranken Patienten kognitive Störungen auf, z. B. Einschränkungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit. Die Prävalenzraten hierfür liegen zwischen 25 und 85 Prozent.

Psychische Erkrankungen werden aber in der letzten Lebensphase viel zu selten erkannt und behandelt. Bis zu 50 Prozent der psychischen Erkrankungen werden in Palliativeinrichtungen nicht diagnostiziert oder nicht ausreichend bzw. inadäquat (35 Prozent) behandelt. Viele Patienten scheuen sich, ihre emotionale und psychische Belastung anzusprechen. Ähnlich ist die Situation in Pflegeheimen. 50 bis 90 Prozent der Pflegeheimbewohner leiden unter einer seelischen Erkrankung, nur fünf bis 19 Prozent werden psychotherapeutisch behandelt. Aber auch bei älteren Menschen ist nach evidenzbasierten Leitlinien Psychotherapie allein oder in Kombination mit einer Pharmakotherapie das Mittel der Wahl.

„Die hohen Prävalenzraten psychischer Erkrankungen in Hospiz- und Palliativeinrichtungen, aber auch in Pflegeheimen, erfordern die regelhafte Einbindung von Psychotherapeuten und Fachärzten für Psychiatrie bzw. Psychosomatik in Palliativteams. Ferner ist eine bessere Kooperation von Pflegeinrichtungen mit den niedergelassenen Fachärzten und Psychotherapeuten erforderlich“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Im HPG müssen die richtigen Weichen gestellt werden, damit dies zukünftig auch umgesetzt wird.“

G-BA soll klinische Neuropsychologie als Schwerpunktbezeichnung ausweisen

BPtK fordert das Bundesministerium für Gesundheit zur Beanstandung auf

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Aufnahme der Qualifikation „klinische Neuropsychologie“ in die Bedarfsplanungsblätter abgelehnt. Die Bedarfsplanungsblätter, die die Schwerpunktbezeichnungen betreffen, umfassen die Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen sowie Zusatzweiterbildungen nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Ärzte. Der G-BA weigert sich aber, die neue Zusatzbezeichnung „klinische Neuropsychologie“ in die Anlage der Bedarfsplanungs-Richtlinie aufzunehmen. Damit entscheidet der G-BA willkürlich und nicht nachvollziehbar, wann er Schwerpunktkompetenzen oder Zusatzweiterbildungen in die Bedarfsplanungs-Richtlinie aufnimmt oder nicht. Fachlich unstrittig ist, dass die klinische Neuropsychologie bedarfsplanerisch relevant ist und sich deswegen auch in den Bedarfsplanungsblättern wiederfinden sollte. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb das Bundesministerium für Gesundheit auf, die Entscheidung des G-BA zu beanstanden.

Der G-BA regelt mit seinen Richtlinien die vertragspsychotherapeutische Versorgung. Hierzu gehört auch die Richtlinie „Methoden vertragsärztliche Versorgung“. Darin wird ausdrücklich die Zusatzbezeichnung für klinische Neuropsychologie gemäß der Weiterbildungsordnungen der Landespsychotherapeutenkammern genannt. Der G-BA hat mit Beschluss vom 24. November 2011 die neuropsychologische Therapie als vertragsärztliche Leistung anerkannt. Danach sind zur neuropsychologischen Therapie nur die Fachärzte und Psychotherapeuten qualifiziert, die diese Weiterbildung klinische Neuropsychologie nachweisen können.

Novellierung des Unterbringungsrechts für psychisch kranke Straftäter

BPtK für höhere Anforderungen an externe Gutachter

(BPtK) Die Bundesregierung plant eine Reform des Unterbringungsrechts. Bei der Unterbringung psychisch kranker oder suchtkranker Straftäter in psychiatrischen Krankenhäusern (Maßregelvollzug/forensische Psychiatrie) war insbesondere auch die Qualität der Sachverständigengutachten, wie z. B. im Fall Mollath, in die öffentliche Kritik geraten. Die Bundespsychotherapeutenkammer hält die Anforderungen an externe Sachverständige, wie sie jetzt der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vorsieht, noch nicht für ausreichend.

Bei einer Unterbringung für psychisch kranke oder suchtkranke Straftäter geht es im Gerichtsverfahren um die Beantwortung der Frage von Schuldfähigkeit (§ 20 StGB), verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) oder um eine Prognose zur Gefährlichkeit aufgrund der psychischen Erkrankung des Angeklagten durch einen Gutachter. Dabei ist heilkundliches Wissen zur Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen unabdingbar. Nur so kann sichergestellt werden, dass die entsprechende Fachkenntnis zur umfassenden Beschreibung und Analyse der Auswirkungen vorliegt, die die Erkrankung auf die Entwicklung einer Person, ihrer Verhaltensmuster und der aufrechterhaltenden Bedingungen delinquenter Verhaltensweisen hat. Die genannten Fachkenntnisse können bei Psychologischen Psychotherapeuten oder Fachärzten für Psychiatrie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vorausgesetzt werden und nicht, wie im Gesetz auch genannt, bei Rechtspsychologen ohne Approbation. Die BPtK schlägt deshalb vor, als Sachverständige nur Psychologische Psychotherapeuten oder Fachärzte für Psychiatrie bzw. Psychosomatische Medizin zuzulassen, die zusätzlich über ausreichend Erfahrung in der forensischen Psychiatrie sowie entsprechende Fachkenntnisse in der Gutachtenerstellung verfügen.

Zusätzlich hat die BPtK zu der Frage Stellung genommen, ob die Unterbringung suchtkranker Straftäter in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) auch dann möglich sein soll, wenn die Behandlung voraussichtlich länger als zwei Jahre dauert. Die BPtK hält dies für sinnvoll, weil eine Suchterkrankung bei Straftätern häufig mit komorbiden Persönlichkeitsstörungen und erschwerenden sozialen Faktoren einhergeht, die häufig eine Behandlungsdauer von über zwei Jahre erfordern. Die Erfolgsaussicht einer Behandlung kann außerdem besser im Behandlungsverlauf als zum Zeitpunkt der Entscheidung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beurteilt werden. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnten bisher keine validen prognostischen Kriterien zur Prognose des Behandlungsverlaufs in einer Entziehungsanstalt gefunden werden.

Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht außerdem eine stärkere Fokussierung der Unterbringung in der forensischen Psychiatrie auf gravierende Fälle, eine zeitliche Begrenzung der Unterbringung bei weniger schwerwiegenden Fällen sowie eine Konkretisierung der Anforderungen an die Fortdauer der Unterbringung vor. Externe Gutachten, mit denen eine Unterbringung verlängert wird, sollen zukünftig alle drei Jahre und nicht mehr nur alle fünf Jahre erfolgen. Diese Qualitätssicherung durch einen Blick von außen ist aus Sicht der BPtK positiv zu bewerten. Mit der Vorlage des Kabinettsentwurfs ist im Herbst 2015 zu rechnen.

Literatur:

Kemper, A. (2008). Fehleinweisungen in die Entziehungsanstalt. Recht & Psychiatrie 26, 15-26.

Lindemann, V. et al. (2013). Psychiatrische Prognosen für den Behandlungserfolg in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB). Forensische Psychiatrie und Psychotherapie 20 (2), 37-63.

Querengässer, J. et al. (2015). Outcomeprädiktoren forensischer Suchtbehandlungen. Recht & Psychiatrie 33, 34-41.

Schalast, N. et al. (2009). Zur Prognose des Behandlungsverlaufs bei strafrechtlicher Unterbringung in der Entziehungsanstalt. Sucht 55 (1), 19-29.

Verbindliche Personalanforderungen für Psychiatrie und Psychosomatik notwendig

BPtK fordert Anpassungen im Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG)

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer begrüßt die Pläne des Bundesministeriums für Gesundheit, Mehrkosten, die den Krankenhäusern durch Qualitätsrichtlinien des G-BA entstehen, zukünftig zu refinanzieren. Ein besonderer Qualitätsstandard in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken ist eine qualitativ hochwertige Personalausstattung, die eine leitliniengerechte Behandlung ermöglicht. Um diese sicherzustellen, fordert die BPtK, dass im Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt wird, verbindliche Mindestanforderungen für die Personalausstattung in Krankenhäusern für psychisch kranke Menschen festzulegen. Bisher soll er dafür nur Empfehlungen entwickeln (§ 137 SGB V). Damit ist eine ausreichende Qualität der Behandlungen in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken jedoch nicht sicherzustellen.

Die BPtK hält die in diesem Zusammenhang vorgesehenen krankenhausindividuellen Zuschläge zur Finanzierung von Mehrkosten, die aufgrund von Richtlinien und Beschlüssen des G-BA entstehen, für unverzichtbar. Insbesondere Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik, die sich bislang im Schwerpunkt an den Personalvorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) orientierten, verfügen in aller Regel nicht über eine Personalausstattung, die für eine leitlinienorientiere Behandlung erforderlich ist. Daher sind Zuschläge notwendig, damit die Krankenhäuser Mehrkosten, die durch verbindliche Mindestanforderungen an die Personalausstattung entstehen, abdecken können.

Darüber hinaus fordert die BPtK, bundeseinheitliche Regelungen für die Finanzierung der regionalen Versorgungsverpflichtung von psychiatrischen Kliniken einzuführen. Nahezu alle psychiatrischen Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet, psychisch kranke Menschen in ihrem Einzugsgebiet stationär aufzunehmen. Dadurch entstehen den Klinken unterschiedlich hohe Kosten, die bisher nicht ausreichend abgedeckt sind. Im KHSG sollte deshalb ein Auftrag an den G-BA erteilt werden, Stufen der regionalen Versorgungsverpflichtung für Einrichtungen der Psychiatrie zu entwickeln.

Ferner sollen durch das KHSG die Qualitätsberichte der Krankenhäuser um besonders patientenrelevante Informationen erweitert werden. Die BPtK fordert, für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vorzuschreiben, auch über Zwangsbehandlungen und über den Anteil psychotherapeutischer und pharmakologischer Interventionen in der Behandlung zu berichten.

Downloads