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BPtK befürchtet anhaltende Unterversorgung in psychiatrischen Kliniken

G-BA setzt Sanktionen bei Unterschreiten der Mindestpersonalvorgaben aus

(BPtK) Psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen haben bis 2026 Aufschub bekommen, sich auf die die Personalvorgaben der Richtlinie „Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik“ (PPP-Richtlinie) einzustellen. Bis dahin müssen sie keine Konsequenzen befürchten, wenn sie diese unterschreiten. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in seiner gestrigen Sitzung beschlossen.

»Die gewonnene Zeit darf nicht ungenutzt verstreichen. Im Interesse der Patient*innen muss der dringend nötige Personalaufbau für eine leitliniengerechte Versorgung jetzt erfolgen“, mahnt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Seit Jahren verschiebt der G-BA die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags, eine leitliniengerechte psychotherapeutische Versorgung der Patient*innen im Krankenhaus sicherzustellen und die Personalmindestanforderungen entsprechend zu erhöhen.“ Statt eines kompletten Aussetzens der Sanktionen hatte sich die BPtK deshalb für eine Absenkung der Höhe der Sanktionen ausgesprochen, damit der befürchtete „Kahlschlag“ in der Versorgung abgewendet werden kann. Zugleich sollte der Anreiz für die Kliniken erhalten bleiben, das erforderliche Personal anzustellen und mehr vollstationäre Betten in stationsäquivalente, personaleffizientere tagesklinische und ambulante Behandlungsangebote umzuwandeln.

Gerade die Erfahrungen mit der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) haben gezeigt, dass ohne einen gewissen Anpassungsdruck die erforderlichen Veränderungen häufig nicht erreicht werden können. „Wir hoffen, dass mit dieser G-BA-Entscheidung nicht eine weitere Abwärtsspirale beim therapeutischen Personal in den Krankenhäusern angestoßen wird”, sagt BPtK-Präsidentin Benecke. „Die Überlastung der vorhandenen Mitarbeiter*innen in den Häusern setzt sich nun erst einmal weiter fort mit der Gefahr, dass noch mehr Personal abwandert und sich die Überlastungssituation weiter verschärft.“

Aktuell erfüllt gerade mal die Hälfte der Einrichtungen einen Umsetzungsgrad von 90 Prozent, knapp 8 Prozent der Erwachsenenpsychiatrien erreichen nicht einmal einen Umsetzungsgrad von 80 Prozent der Personalvorgaben. Das geht aus dem 3. Quartalsbericht 2022 des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zur Einhaltung der Mindestvorgaben hervor. Dies sind Zustände, die im Sinne der Patient*innenversorgung so schnell wie möglich geändert werden müssen.

Regionale Verankerung von digitalen Anwendungen sichern

BPtK zum Entwurf eines Digitalgesetzes (DigiG)

(BPtK) Digitale Gesundheitsanwendungen und videogestützte Psychotherapie müssen konsequent in die bestehenden Versorgungsstrukturen eingebettet werden, um eine Verbesserung der Versorgung darzustellen. Das ist eine Kernforderung in der heute veröffentlichten Stellungnahme der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) zum Entwurf eines Digitalgesetzes (DigiG). Diese Chance wird mit dem Entwurf des Digitalgesetzes jedoch verpasst. „Werden digitale Anwendungen losgelöst eingesetzt, senkt dies Qualitätsstandards in der Versorgung und gefährdet die Patientensicherheit“, betont Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK.

Insbesondere in der Psychotherapie muss sichergestellt sein, dass Patient*innen jederzeit die Praxis ihrer behandelnden Psychotherapeut*in aufsuchen können, beispielsweise dann, wenn eine Psychotherapie per Video nicht mehr möglich ist, weil sich der psychische Gesundheitszustand der Patient*in verschlechtert. Egal ob in Präsenz oder videogestützt, die Behandlung sollte aus einer Hand gewährleistet sein, um unnötige Therapeutenwechsel zu vermeiden. Videogestützte Psychotherapie eignet sich nicht für alle Patient*innen, deshalb ist eine sorgfältige Indikationsstellung vorab erforderlich. „Die Anzahl der Patient*innen, die per Video behandelt werden dürfen, sollte begrenzt bleiben“, fordert Benecke. „Psychotherapie muss regional verankert sein. Patientengruppen, bei denen eine videogestützte Therapie nicht möglich oder nicht indiziert ist, dürfen vom Zugang zur Psychotherapie nicht strukturell benachteiligt werden.“

Solidarität mit den Jüd*innen in Israel und Deutschland

BPtK verurteilt den terroristischen Überfall der Hamas auf Israel

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) verurteilt den Terror der Hamas gegenüber Israel scharf. Unsere Gedanken sind bei all den Menschen, die unter den weitreichenden traumatischen Folgen von Krieg, Terror, Flucht und Antisemitismus leiden. Wir erklären uns auch solidarisch mit den Jüd*innen, die in Deutschland antisemitisch angefeindet und angegriffen werden. Dieser Form der Menschenfeindlichkeit muss gesellschaftlich und politisch entgegengetreten werden.

Keine Patientenverunsicherung durch falsche Kassenwarnungen!

BPtK zum Entwurf eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG)

(BPtK) Über Gesundheitsgefährdungen zu beraten und Handlungsempfehlungen zu geben ist eine psychotherapeutische und ärztliche Aufgabe. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb, dass der Regelungsvorschlag im Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), den Kranken- und Pflegekassen diese Aufgabe auf der Basis automatisierter Datenauswertungen ebenfalls zu übertragen, gestrichen wird. Auf die weitreichenden Probleme der geplanten Regelung hatte die BPtK, ebenso wie zahlreiche andere Organisationen, schon im Vorfeld der Verbändeanhörung im Bundesgesundheitsministerium (BMG) hingewiesen.

Aus Sicht der BPtK schadet die geplante Regelung erheblich mehr, als sie den Patient*innen nützt. Denn dass mit solchen Daten eine gute Prognose von Gesundheitsgefährdungen möglich ist, ist bisher nicht belegt. „Das ist ein massives Einmischen in psychotherapeutische und ärztliche Belange, ohne dass nachgewiesen ist, dass Patient*innen davon überhaupt profitieren“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Patient*innen dürfen nicht durch fehlerhafte Warnhinweise verunsichert werden. Risiken zu beurteilen und zu entscheiden, welche Art der Behandlung notwendig ist, erfordert eine individuelle Diagnostik und Indikationsstellung durch Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen.“

Dem Entwurf des GDNG nach sollen Krankenkassen künftig jederzeit auf Basis der Aktenlage in das Behandlungsgeschehen eingreifen können. Sie können dann beispielsweise Empfehlungen an Patient*innen aussprechen, dass diese gesundheitliche Risiken abklären lassen, die sie aus den bei ihnen gespeicherten Abrechnungsdaten ermittelt haben. „Woher die zusätzlichen Kapazitäten in der Versorgung kommen sollen, um vermeintliche Risiken abzuklären, die auf einer unzureichenden Datenbasis ermittelt wurden, ist völlig unklar“, so Dr. Benecke weiter.

Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, auch vor dem Hintergrund ökonomischer Interessenkonflikte sowie negativer Erfahrungen der Versicherten bei der Beratung durch die Krankenkassen, unter anderem beim Krankengeldbezug, auf eine Ermächtigung der Krankenkassen zur Einmischung in die Behandlung beziehungsweise den Zugang zur Behandlung grundsätzlich zu verzichten. Eine strikte Trennung von Versicherung und Versorgung ist unerlässlich.

Bundesregierung soll Finanzierung der Weiterbildung sichern

BPtK begrüßt Forderung des Bundesrates

(BPtK) Der Bundesrat hat heute einen Entschließungsantrag (BR-Drs. 403/23) angenommen, mit dem er die Bundesregierung auffordert, die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung zu sichern. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt ausdrücklich den Beschluss des Bundesrates.

»Der Beschluss der Bundesländer ist ein klares Signal an den Bund, endlich zu handeln. Um ausreichend psychotherapeutische Weiterbildungsplätze zu schaffen, muss die Finanzierung gesetzlich gesichert werden“, erklärt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Der Beschluss des Bundesrates sollte vom Bundesgesundheitsministerium spätestens mit dem ersten Versorgungsgesetz umgesetzt werden.“ In dem Entschließungsantrag stellt der Bundesrat fest, dass die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung Voraussetzung dafür ist, genügend Weiterbildungsplätze zu schaffen und damit die Psychotherapeutenausbildungsreform umzusetzen.

Auf den dringenden Handlungsbedarf wurde bereits mit einer Bundestagspetition aufmerksam gemacht, die Anfang Juli 2023 im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in einer öffentlichen Anhörung beraten wurde. Der Student Felix Kiunke hatte mit der Unterstützung eines breiten Bündnisses aus Studierenden der Psychologie und Psychotherapie und der Psychotherapeutenschaft verdeutlicht, dass die Finanzierung der Weiterbildung gesetzlich geregelt werden muss, um den psychotherapeutischen Nachwuchs nicht zu gefährden. Ohne eine ausreichende Finanzierung wird es nicht genug Weiterbildungsstellen für Psychotherapeut*innen geben. Der Abschluss einer Weiterbildung zur Fachpsychotherapeut*in im Anschluss an das Approbationsstudium ist aber Voraussetzung für die Niederlassung in einer ambulanten Praxis und die Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenversicherung.

Klimakrise gefährdet psychische Gesundheit

BPtK veröffentlicht Standpunkt zu psychischen Folgen der Klimakrise

(BPtK) Die Klimakrise wirkt sich nicht nur auf die körperliche, sondern auch auf die psychische Gesundheit aus. Studien zeigen, dass Naturkatastrophen, Hitzewellen oder Luftverschmutzung die Psyche belasten und das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Posttraumatische Belastungsstörungen erhöhen. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat einen Standpunkt veröffentlicht, der über die Evidenz zu den psychischen Folgen der Klimakrise aufklärt und politischen Handlungsbedarf ableitet.

»Mit den zunehmend spürbaren Folgen der Klimakrise wird auch die psychische Belastung in der Bevölkerung ansteigen“, erklärt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Zu diesen belastenden Folgen zählen nicht nur vermehrte Naturkatastrophen. Auch indirekte Auswirkungen der Klimakrise, wie verstärkte Migration oder die Verschärfung sozialer Ungleichheit, setzen der Psyche zu. Die beste Prävention ist deshalb eine wirksame Klimapolitik.“

»Die Politik muss auf diese gesundheitlichen Implikationen zeitnah reagieren. Neben dringend erforderlichen Maßnahmen zur Reduktion der Ursachen der Klimakrise ist es auch nötig, dass die psychosoziale und psychotherapeutische Versorgung für die zukünftigen Herausforderungen ausgebaut wird“, sagt Dr. Nikolaus Melcop, Vizepräsident der BPtK.

»Die psychischen Folgen der Klimakrise treffen vulnerable Gruppen, wie Kinder und Jugendliche, sozial Benachteiligte oder Menschen mit psychischen Vorerkrankungen, besonders hart.“, betont Sabine Maur, Vizepräsidentin der BPtK. „Zum Schutz dieser Gruppen müssen spezifische Präventions- und Interventionsmaßnahmen entwickelt und etabliert werden.“

Um die psychische Gesundheit im Kontext der Klimakrise zu erhalten und zu fördern, sieht die BPtK insbesondere in den folgenden Bereichen politischen Handlungsbedarf:

  • Folgen der Klimakrise auf die psychische Gesundheit im öffentlichen Diskurs und bei politischen Entscheidungsprozessen unter Einbezug psychotherapeutischer Expertise berücksichtigen,
  • psychosoziale und (notfall-)psychotherapeutische Versorgung für zukünftig steigenden Bedarf anpassen,
  • Forschung zu klimaassoziierter psychischer Belastung und Interventionen zu deren Reduktion fördern,
  • Entwicklung und Umsetzung von Hitzeschutzplänen unter Berücksichtigung der psychischen Gesundheitsrisiken gesetzlich verankern,
  • strukturelle Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise zeitnah umsetzen.

Kasseneinmischung gefährdet Patientenwohl

BPtK zum Entwurf eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert den Referentenentwurf zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), demzufolge sich Kranken- und Pflegekassen künftig massiv in psychotherapeutische und ärztliche Belange einmischen können. Geplant ist aktuell, dass Krankenkassen mit automatisierten Auswertungen von Gesundheitsdaten ihre Versicherten zu Gesundheitsrisiken beraten können. Aus Sicht der BPtK schadet eine solche Regelung mehr, als sie den Patient*innen nützt.

»Das Patientenwohl bleibt auf der Strecke, wenn Krankenkassen jederzeit auf Basis der Aktenlage in das Behandlungsgeschehen eingreifen können“, stellt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK, fest. Risiken zu beurteilen und zu entscheiden, welche Art der Behandlung erforderlich ist, ist eine Kernaufgabe von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen. Sie entscheiden dies im Einzelfall auf der Grundlage einer individuellen Diagnostik und Indikationsstellung unter Einbeziehung der Patient*innen. „Patient*innen werden erheblich verunsichert, wenn ihre Krankenkasse sie aus heiterem Himmel mit vermeintlichen Risiken für ihre Gesundheit konfrontiert“, warnt Dr. Benecke weiter.

Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, vor dem Hintergrund ökonomischer Interessenkonflikte sowie negativer Erfahrungen der Versicherten bei der Beratung durch die Krankenkassen, unter anderem beim Krankengeldbezug auf eine Ermächtigung der Krankenkassen zur Einmischung in die Behandlung beziehungsweise den Zugang zur Behandlung grundsätzlich zu verzichten. Eine strikte Trennung von Versicherung und Versorgung ist unerlässlich.

Psychische Erkrankung erstmalig als Berufskrankheit anerkannt

BPtK begrüßt BSG-Urteil zur Posttraumatischen Belastungsstörung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt die Entscheidung des 2. Senats des Bundessozialgerichts (BSG), der zufolge erstmalig eine psychische Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wurde (Aktenzeichen B 2 U 11/20 R). Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) eines Rettungssanitäters könne wie eine Berufskrankheit eingestuft werden, obwohl psychische Erkrankungen nicht zu den in der Berufskrankheiten-Verordnung aufgezählten Berufskrankheiten gehören.

»Das Urteil des Bundessozialgerichts ist bahnbrechend und längst überfällig“, konstatiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Als Psychotherapeutenschaft fordern wir bereits seit Jahren, psychische Gefährdungen im Arbeitskontext konsequent im Berufskrankheitenrecht zu berücksichtigen. Rettungskräfte werden in ihrem Arbeitsalltag mit traumatisierenden Ereignissen konfrontiert. Sie sind oft die ersten an Unfallorten, erleben Tod, schwere Unglücke und Katastrophen mit. Und das immer und immer wieder. Wer solch traumatische Ereignisse erlebt, hat ein erhöhtes Risiko, an einer PTBS zu erkranken“, so Benecke weiter. „Natürlich gilt dies auch für andere Berufsgruppen wie Lokführer*innen, Einsatzkräfte und Soldat*innen, die im Rahmen ihrer Arbeit stark belastenden Ereignissen ausgesetzt sind.“ Nun hat auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil diesen Zusammenhang anerkannt. Das Berufskrankheitenrecht muss endlich angepasst werden. Dabei muss die Expertise von Psychotherapeut*innen unbedingt berücksichtigt werden. Dass Menschen, die unter einer im Arbeitskontext entstandenen psychischen Erkrankung leiden, immer noch jahrelang vor Gericht um ihr Recht kämpfen müssen, ist unfassbar“, so Benecke.

Für die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit muss eine eindeutig nachgewiesene Kausalkette zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Entstehung der Erkrankung vorliegen. Zudem muss das Risiko für die Entstehung dieser spezifischen Erkrankung für eine bestimmte Personen- bzw. Berufsgruppe deutlich erhöht sein.

BPtK kritisiert Diskriminierung fremdsprachiger Straftäter*innen

Bundestag beschließt Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz

(BPtK) Als diskriminierend bezeichnet die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) das vom Deutschen Bundestag am 22. Juni 2023 beschlossene Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz. Straftäter*innen mit fehlenden Deutschkenntnissen darf diesem Gesetz zufolge künftig die Suchtbehandlung verweigert werden. Lediglich in der Beschlussempfehlung zum Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz wird darauf verwiesen, dass in Einzelfällen eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht abgelehnt werden könne, wenn die Suchtbehandlung ausnahmsweise über eine Sprachmittlung oder fremdsprachige Therapeut*innen sichergestellt werde oder in einer Einrichtung erfolgt, die auf die Behandlung in der jeweiligen Muttersprache der Personen ausgelegt ist (BT-Drs. 20/7026, S. 19).

»Menschen aufgrund fehlender Deutschkenntnisse die Suchtbehandlung zu verweigern, entbehrt jeder fachlichen Grundlage und ist deshalb diskriminierend“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Mit einer qualifizierten Sprachmittlung kann eine Behandlung fremdsprachiger Menschen erfolgreich durchgeführt werden; dieser Anspruch muss gesetzlich verankert werden. Ob eine günstige Behandlungsprognose besteht oder nicht, wird von Ärzt*innen oder Psychotherapeut*innen festgestellt. Eine solche Prognose bei Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse nur ausnahmsweise zu ermöglichen oder davon abhängig zu machen, ob zufällig fremdsprachige Therapeut*innen angestellt sind, ist nicht tragbar.“

Die BPtK hatte gefordert, dass Menschen, die nicht oder nicht ausreichend Deutsch sprechen, in einer Entziehungsanstalt zur Behandlung ihrer Suchterkrankung untergebracht werden können und ihre Behandlung über den Einsatz von qualifizierter Sprachmittlung sichergestellt werden sollte.

Die BPtK setzt sich gemeinsam mit anderen Organisationen der psychotherapeutischen, psychiatrischen und psychosozialen Versorgung in einem Positionspapier dafür ein, dass Sprachmittlung Behandlungen ermöglicht und eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung werden sollte.

Keine Abschiebung bei Krankheit!

Positionspapier: Anerkennung ärztlicher & psychotherapeutischer Expertise

(BPtK) Ein Bündnis aus sechs Verbänden der psychotherapeutischen, psychiatrischen und psychosozialen Versorgung, darunter die Bundespsychotherapeutenkammer, fordert den Gesetzgeber in einem Positionspapier auf, die Anerkennung ärztlicher und psychotherapeutischer Expertise in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren wiederherzustellen und die erhöhten Nachweispflichten zurückzunehmen.

»Wenn eine Geflüchtete* schwer traumatisiert ist, eine Abschiebung den psychischen Gesundheitszustand weiter verschlechtern würde oder sogar die Gefahr besteht, dass die Person aufgrund ihrer psychischen Erkrankung Suizid begeht, muss die Geflüchtete* geschützt werden. Dass psychotherapeutische Gutachten in Asylverfahren nicht mehr anerkannt werden, ist Schikane und erschwert Geflüchteten mit psychischen Erkrankungen, ihr Recht auf Schutz wahrzunehmen“, erklärt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).

Geflüchtete Menschen tragen derzeit die Beweislast, wenn es um den Nachweis von Erkrankungen im Asylverfahren geht. Sie verfügen in der Regel jedoch nicht über die Ressourcen oder den Zugang zu Fachkräften, um solche Stellungnahmen in Auftrag zu geben. Keine andere Personengruppe treffen derart hohe Anforderungen beim Nachweis von Erkrankungen, die im Zuge der gesetzlichen Verschärfungen im Asylrecht in den Jahren 2016 und 2019 noch erhöht wurden.

Aus diesem Grund fordern die Verbände:

  • Die Ermittlungspflicht muss bei den Behörden liegen;
  • Die Kosten für die anspruchsvollen Nachweise müssen von den zur Ermittlung verpflichteten Behörden getragen werden;
  • Stellungnahmen Psychologischer Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen müssen wieder berücksichtigt werden.

Damit eine Bescheinigung im Asylverfahren als qualifiziert gilt, muss sie nicht nur die Krankheitsvorgeschichte, die Untersuchungsmethoden und die Diagnose enthalten, sondern auch die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben.

Viele Behandler*innen können aus Kapazitätsgründen keine derart umfangreichen Stellungnahmen erstellen. Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, die mit der Versorgung von Geflüchteten in Berührung kommen, sind zudem regelmäßig mit dem Problem konfrontiert, dass ihre Expertise in der Beurteilung von Erkrankungen von Behörden oder Verwaltungsgerichten nicht berücksichtigt werden.

Im Bereich psychischer Erkrankungen wie der Posttraumatischen Belastungsstörung werden Atteste von Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen ohne Anführung fachlicher Gründe seit 2019 nicht mehr berücksichtigt. Infolgedessen bleibt es dem Zufall überlassen, ob Menschen eine fachärztliche Bescheinigung rechtzeitig einreichen können. Traumatisierten Menschen, die Sicherheit und Schutz in Deutschland suchen, droht die Abschiebung trotz Krankheit und Schutzbedarf.