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Chronifizierung psychischer Erkrankungen verhindern – ambulante Psychotherapie stärken

Aktuelle Versorgungsstudie zur Lage der ambulanten Psychotherapien über Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V in Privatpraxen

(LPK BW)

 

Gemeinsame Pressemitteilung der Landespsychotherapeutenkammern

Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein

Berlin / Hamburg / Stuttgart etc

Gesundheitsminister Spahn plant Reformen, die längst Realität sind

BPtK kritisiert Regelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert die Veränderungen der psychotherapeutischen Versorgung, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) plant. „Mit der psychotherapeutischen Sprechstunde erhält jeder Patient seit dem 1. April 2017 einen schnellen ersten Beratungstermin und danach eine Behandlung, die sich nach dem Schweregrad seiner Erkrankung richtet“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK, fest. „Gesundheitsminister Spahn plant Reformen, die seit eineinhalb Jahren Realität sind.“

Im Terminservice- und Versorgungsgesetz soll der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt werden, „eine gestufte und gesteuerte Versorgung für die psychotherapeutische Versorgung“ zu beschließen. Damit wird übersehen, dass mit der psychotherapeutischen Sprechstunde gerade eine schnelle und differenzierte Versorgung für psychisch kranke Menschen geschaffen wurde. In der Sprechstunde erfahren die Patienten kurzfristig, ob sie psychisch krank sind oder nicht und welche Hilfe sie benötigen. Unmittelbar Behandlungsbedürftige können kurzfristig eine Akutbehandlung erhalten, Menschen mit Selbst- und Fremdgefährdung können in ein Krankenhaus überwiesen werden. „Damit erhalten psychisch kranke Menschen je nach Dringlichkeit und Schweregrad eine angemessene und leitliniengerechte Behandlung“, erklärt Munz. „Die psychotherapeutische Sprechstunde hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einer zentralen Anlauf- und Koordinationsstelle für psychisch kranke Menschen entwickelt. Es ist nicht ersichtlich, was der Vorschlag daran noch weiter verbessern soll.“

Gerade schwer psychisch kranke Menschen profitieren wesentlich von der neuen psychotherapeutischen Sprechstunde. Die BPtK-Studie „Wartezeiten 2018“ zeigt, dass gerade Patienten mit chronischen Erkrankungen, Patienten, die aktuell arbeitsunfähig sind, aber auch psychotische Patienten die psychotherapeutische Sprechstunde häufiger für ein erstes Gespräch nutzen. „Wir sind froh darüber, dass sich gerade diese Patienten nicht mehr wie früher durch viel zu lange Wartezeiten auf eine erste Beratung und Diagnostik davon abschrecken lassen, sich Hilfe zu suchen“, erläutert BPtK-Präsident Munz.

Sofortprogramm für psychisch Kranke in ländlichen Regionen

BPtK zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)

(BPtK) Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) reicht nicht aus, um psychisch kranken Menschen innerhalb von vier Wochen eine Behandlung bei einem Psychotherapeuten zu vermitteln. „Schnelle Termine für Beratung und Diagnose sind ein erster wichtiger Schritt. Danach ist es jedoch entscheidend, dass überhaupt Behandlungsplätze zu vermitteln sind“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Unverständlich ist, dass mit dem Gesetz zwar mehr Psychiater, die im Schwerpunkt Medikamente verschreiben, aber nicht insbesondere auch mehr Psychotherapeuten zugelassen werden sollen.“

Psychisch kranke Menschen warten durchschnittlich fünf Monate auf eine psychotherapeutische Behandlung. Besonders lang sind die Wartezeiten in den ländlichen Regionen, in Brandenburg, Niedersachsen und Thüringen. Und auch im Ruhrgebiet gibt es viel zu wenig Psychotherapeuten, weil den Städten zwischen Duisburg und Dortmund nicht die gleiche Anzahl von Behandlungsplätzen wie anderen Großstädten zugestanden wird. „Wir brauchen deshalb insbesondere ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Psychotherapeuten sollten sich in ländlichen Regionen, die unbestritten besonders schlecht versorgt sind, unbeschränkt niederlassen und Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen versorgen können. Diese Aufhebung der viel zu engen Grenzen für die psychotherapeutische Bedarfsplanung sollte auch für das Ruhrgebiet gelten, das besonders schlecht versorgt wird.“

„Der Gemeinsame Bundesausschuss kommt seit Jahren nicht seinem Auftrag nach, die Bedarfsplanung insbesondere für Psychotherapeuten zu reformieren. Unter dem Überschreiten gesetzlich vorgegebener Fristen leiden vor allem psychisch kranke Menschen, deren Leiden sich verschlimmern und chronifizieren“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Gesundheitsminister Spahn darf die psychisch kranken Menschen nicht länger warten lassen. Er muss deshalb in seinem Terminservice- und Versorgungsgesetz Ad-hoc-Verbesserungen planen, damit für sie auch ausreichend Behandlungsplätze zur Verfügung stehen.“ Darüber hinaus sollte der Gesetzgeber mit Vorgaben dafür sorgen, dass künftig die Häufigkeit der psychischen Erkrankungen zur Grundlage der Bedarfsplanung gemacht und sowohl bei der Gesamtzahl der Psychotherapeuten als auch bei regionalen Regelungen berücksichtigt wird.

Rund 20 Wochen Wartezeit auf psychotherapeutische Behandlung

BPtK-Studie „Wartezeiten 2018“

(BPtK) Psychisch kranke Menschen warten immer noch viel zu lange auf eine psychotherapeutische Behandlung: Von der ersten Anfrage beim Psychotherapeuten bis zum Beginn der Behandlung vergehen rund 20 Wochen. Das ist das Ergebnis der BPtK-Studie „Wartezeiten 2018“, die die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) ein Jahr nach der Reform der Psychotherapie-Richtlinie heute veröffentlicht. „Seit Jahren warten psychisch kranke Menschen monatelang auf eine psychotherapeutische Behandlung. Der Gesetzgeber hatte eine grundlegende Reform der Bedarfsplanung bereits zum 1. Januar 2017 verlangt. Doch bis heute hat der beauftragte Gemeinsame Bundesausschuss nicht einmal ein Konzept vorgelegt“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die Gesundheitspolitik darf vor den überlangen Wartezeiten psychisch kranker Menschen nicht mehr die Augen verschließen. Damit sich Wartezeiten deutlich verkürzen, müssen mehr Psychotherapeuten zugelassen werden. Die BPtK fordert mindestens 7.000 psychotherapeutische Praxissitze zusätzlich insbesondere außerhalb der Großstädte.“

Der Bedarf an psychotherapeutischen Behandlungen ist in den vergangenen 15 Jahren deutlich gestiegen. Nach einer Studie des Robert Koch-Instituts erhält etwa jeder fünfte psychisch Kranke (18,9 %) in dem Jahr, in dem er erkrankt, auch professionelle Hilfe. 1998 lag diese Behandlungsquote noch bei etwa 10 Prozent. „Diese Verdopplung der Behandlungsquote ist darauf zurückzuführen, dass die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen abgenommen und die Bereitschaft zugenommen hat, sich bei psychischen Erkrankungen professionelle Hilfe zu suchen“, erläutert BPtK-Präsident Munz.

Psychotherapeutische Sprechstunde sehr gut angenommen

Ein Jahr nach der Reform der Psychotherapie-Richtlinie lässt sich jedoch auch feststellen: Durch die neue Sprechstunde werden psychotherapeutische Praxen als zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle für psychisch kranke Menschen bereits sehr gut angenommen. Die Wartezeiten auf ein erstes Gespräch konnten von 12,5 Wochen auf 5,7 Wochen verkürzt werden. Rund 70 Prozent der Psychotherapeuten führen innerhalb von vier Wochen ihr erstes Gespräch mit ihren Patienten. „In ihrer Sprechstunde können Psychotherapeuten jetzt jeden kurzfristig beraten, der sich bei psychischen Beschwerden selbst nicht mehr zu helfen weiß.“ Durch die langen Wartezeiten waren bisher vor allem Patienten benachteiligt, die besonders lange krank waren. In die Sprechstunde kommen deshalb inzwischen mehr Patienten mit chronischen Erkrankungen, arbeitsunfähige und sozial benachteiligte Patienten.

Mit Akutbehandlung ein rasches Hilfsangebot geschaffen

Patienten in psychischen Krisen erhalten eine Akutbehandlung circa drei Wochen, nachdem sie für notwendig erachtet wurde. Zwei Drittel aller Psychotherapeuten (66,3 %) bieten die Akutbehandlung innerhalb von zwei Wochen an. Damit ist es gelungen für die meisten Patienten, die nicht auf eine Richtlinienpsychotherapie warten können, ein rasches Hilfsangebot zu schaffen. Bei einem kleineren Teil dieser besonders dringend behandlungsbedürftigen Patienten sind die Wartezeiten noch zu lang.

Wartezeiten auf dem Land und im Ruhrgebiet besonders lang

Bei der Wartezeit auf eine Richtlinienpsychotherapie zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land. In Großstädten liegt die durchschnittliche Wartezeit bei etwa vier Monaten, außerhalb der Großstädte dagegen bei durchschnittlich fünf bis sechs Monaten. Ein Sonderfall ist das Ruhrgebiet, in dem entgegen der grundsätzlichen Systematik der Bedarfsplanung für eine großstädtische Region besonders wenige Psychotherapeuten vorgesehen sind. Die Wartezeit zwischen Duisburg und Dortmund beträgt darum mehr als sieben Monate.

Diese Unterschiede entstehen dadurch, dass nicht überall gleich viele Psychotherapeuten je Einwohner zugelassen sind. Vielmehr sind außerhalb der Ballungszentren deutlich weniger Psychotherapeuten zugelassen als in den Großstädten. Dabei unterstellt die Bedarfsplanung, dass psychische Erkrankungen auf dem Land deutlich seltener sind als in der Großstadt. Dies widerspricht großen bevölkerungsrepräsentativen Studien des Robert Koch-Instituts, wonach sich die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen zwischen städtischen und ländlichen Regionen kaum unterscheidet (Bundes-Gesundheitssurvey, DEGS1-MH-Studie). Auch die Annahme, dass Großstädte ihre Umgebung mitversorgen und deshalb im Umland eine geringere Psychotherapeutendichte notwendig ist, stimmt häufig nicht. Tatsächlich sind die Wartezeiten auf eine Psychotherapie in der Umgebung einer Großstadt erheblich länger als in den Großstädten selbst.

BPtK-Forderungen

Die BPtK fordert deshalb eine grundlegende Reform der Bedarfsplanung, die die Wartezeit auf die Sprechstunde auf höchstens vier Wochen verringert und im Anschluss an die Sprechstunde eine lückenlose Versorgung sicherstellt.

In einem ersten Schritt sollte die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung bundesweit auf die Dauer der Wartezeit in den Großstädten verringert werden. Dafür sind aus Sicht der BPtK rund 7.000 psychotherapeutische Praxissitze zusätzlich erforderlich. In einem weiteren Schritt geht es langfristig darum, die Wartezeiten auch in den Großstädten zu verringern, da die Wartezeit auf den Beginn einer Psychotherapie mit vier Monaten ebenfalls zu lang ist. Patienten, die dringend eine Psychotherapie benötigen, sollten nahtlos die erforderliche psychotherapeutische Behandlung erhalten. Zu einer Reform der Bedarfsplanung gehören aus Sicht der BPtK:

  • Bundeseinheitliches Verhältnis von Psychotherapeuten je Einwohner als Grundlage: Unabhängig davon, ob es sich um eine städtische oder ländliche Region handelt, soll dieselbe Zahl von Psychotherapeuten je Einwohner zugelassen werden. Legt man zur Berechnung dieser Zahl die aktuell zugelassenen Psychotherapeuten zugrunde, entspräche dies einem Verhältnis von rund 3.300 Einwohnern je Psychotherapeut.
  • Regionale Besonderheiten berücksichtigen: Ausgehend von dem bundeseinheitlichen Verhältnis soll die Anzahl der Psychotherapeuten regional angepasst werden. Hierbei sind regionale Unterschiede in der Sozialstruktur der Bevölkerung zu beachten. Aber auch die Mitversorgung durch Großstädte ist zu überprüfen. Es bestehen erhebliche Zweifel an der These, dass Großstädte ihre Umgebung in dem Maße mitversorgen, wie es die bisherige Bedarfsplanung unterstellt.
  • Zuwachs an Praxen finanzieren: Der steigende ambulante Bedarf, insbesondere für zusätzliche Praxissitze, muss systematisch beim Zuwachs der Gesamtvergütung berücksichtigt werden. Die Krankenkassen verweigern sich bisher jedoch einer dringend notwendigen Weiterentwicklung auch der ambulanten ärztlichen Versorgung. Ein steigender Bedarf an sprechender Medizin fällt einer kurzfristigen Kostendämpfung der Krankenkassen zum Opfer. Dabei sind die Ausgaben der Krankenkassen für Krankengeld (ca. 2,9 Milliarden Euro) bereits höher als ihre Ausgaben für ambulante Psychotherapie (ca. 2 Milliarden Euro).
  • Terminservicestellen sollen in Privatpraxen vermitteln: Das größte Defizit der ambulanten Versorgung, der Mangel an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen, bleibt auch nach der Reform der Psychotherapie-Richtlinie bestehen. Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen, muss der Auftrag der Terminservicestellen erweitert werden. Der Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigungen sollte verpflichtet werden, auch an psychotherapeutische Privatpraxen zu vermitteln. Voraussetzung dafür wäre, dass eine Richtlinienpsychotherapie dringend notwendig ist und innerhalb von vier Wochen kein freier Behandlungsplatz bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten oder ambulant in einem Krankenhaus verfügbar ist. Privatpraxen könnten sich dafür bei den Terminservicestellen akkreditieren.

„Bin ich psychisch krank?“ – Psychotherapeuten beraten und helfen

BPtK-Patientenbroschüre „Wege zur Psychotherapie“

(BPtK) Seit einem Jahr können Psychotherapeuten ihren Patienten wichtige neue Leistungen anbieten: In der psychotherapeutischen Sprechstunde kann seither jeder kurzfristig Rat und Hilfe erhalten, der unter psychischen Beschwerden leidet. Wer besonders dringend Hilfe benötigt, weil er sich in einer psychischen Krise befindet, kann außerdem in einer Akutbehandlung rasch stabilisiert werden. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat deshalb ihre Patientenbroschüre „Wege zur Psychotherapie“ grundlegend überarbeitet. „Psychotherapeuten sind heute eine zentrale Anlaufstelle für alle Menschen mit psychischen Beschwerden“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Wer sich selbst bei psychischen Beschwerden nicht mehr zu helfen weiß, sollte nicht zögern, sich professionellen Rat zu holen.“

Die überarbeitete BPtK-Broschüre „Wege zur Psychotherapie“ gibt umfassend Auskunft zu Themen, wie zum Beispiel:

  • Bin ich psychisch krank?
  • Die psychotherapeutische Sprechstunde
  • Akutbehandlung – rasche Hilfe bei akuten Krisen
  • Die Probesitzungen
  • Die ambulante Psychotherapie
  • Die Behandlung im Krankenhaus
  • Die medizinische Rehabilitation
  • Wer zahlt? – Anträge und Kosten
  • Ihre Rechte als Patient

Die Broschüre wendet sich in erster Linie an Menschen, die noch nicht bei einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten waren. Aber auch Menschen, die bereits bei einem Psychotherapeuten gewesen sind, können sich hier noch einmal über die aktuellen psychotherapeutischen Angebote und Hilfen informieren. Die Broschüre bietet verständliche Informationen darüber, was eine psychische Erkrankung ist, wann ein erster Termin bei einem Psychotherapeuten ratsam ist und wann eine Behandlung notwendig ist.

Psychiatrische Institutsambulanzen werden weiter angerechnet

BPtK: G-BA lässt psychisch kranke Menschen weiter warten

(BPtK) Psychiatrische Institutsambulanzen sollen auch künftig in der Bedarfsplanung pauschal auf die Arztgruppe der Psychotherapeuten angerechnet werden. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute beschlossen. Obwohl Psychiatrische Institutsambulanzen nachweislich im Schwerpunkt keine psychotherapeutischen Leistungen erbringen, werden sie in der Bedarfsplanung bis Ende 2022 pauschal auf die Gruppe der Psychotherapeuten angerechnet. „Der G-BA verlängert damit wissentlich eine fachlich falsche Regelung, die in der ambulanten Versorgung von psychisch kranken Menschen weiter zu langen Wartezeiten führt“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Patienten erhalten in Psychiatrischen Institutsambulanzen vor allem eine psychiatrische Basisversorgung, ergänzt um pflegerische und ergotherapeutische Leistungen. Psychotherapie findet dort in aller Regel nicht statt.“

Durch die willkürliche G-BA-Entscheidung droht in den kommenden Jahren ein zusätzlicher Abbau von psychotherapeutischen Praxen. In Regionen, in denen durch Psychiatrische Institutsambulanzen ein Versorgungsgrad von mehr als 140 Prozent erreicht wird, besteht die Gefahr, dass Praxissitze nicht mehr nachbesetzt werden. In ländlichen Regionen, in denen die Bedarfsplanung grundsätzlich viel zu wenige Praxen vorsieht, könnten sich die Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung dadurch weiter verlängern.

Psychiatrische Institutsambulanzen versorgen grundsätzlich andere Patienten als psychotherapeutische Praxen. Sie behandeln psychisch kranke Menschen, die wegen der Art, Schwere oder Dauer der Erkrankung nicht ausreichend in ambulanten Praxen versorgt werden können. Dabei erhält ein Drittel der Patienten in Psychiatrischen Institutsambulanzen nur einen Termin pro Quartal, ein weiteres Drittel lediglich 2 oder 3 Termine. In einer psychotherapeutischen Behandlung ist dagegen ein Termin pro Woche die Regel. „Der G-BA hat eine offensichtlich fachlich falsche Regelung verlängert“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Dies ist Politik zulasten psychisch kranker Menschen.“

Dolmetscher und Sprachmittler finanzieren

BPtK fordert, sprachliche Barrieren im Gesundheitswesen abzubauen

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert eine neue Bundesregierung auf, Dolmetscher und Sprachmittler in psychotherapeutischen und ärztlichen Gesprächen zu finanzieren.

Mit dem Patienten zu sprechen, ist insbesondere bei der Behandlung psychischer Erkrankungen unverzichtbar. Damit Psychotherapie gelingen kann, müssen sich Patient und Psychotherapeut in einer Sprache austauschen können. Krankenkassen sind jedoch bisher nicht gesetzlich verpflichtet, Dolmetscher und Sprachmittler für die Behandlung fremdsprachiger Patienten zu bezahlen. Fehlende sprachliche Verständigung, aber auch kulturelle Unterschiede sowie Missverständnisse gefährden daher viel zu häufig eine fachgerechte Diagnostik, Aufklärung und Behandlung von Migranten. „Wenn Patient und Psychotherapeut nicht die gleiche Sprache sprechen, ist es unbedingt notwendig, auf interkulturell geschulte Dolmetscher oder Sprachmittler zurückgreifen zu können“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz.

Der Einsatz von Dolmetschern und Sprachmittlern ist auch bei der Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen notwendig. Der Anspruch auf eine Behandlung ohne unüberbrückbare sprachliche Hürden sollte unabhängig vom rechtlichen Status des Patienten bestehen. „Für eine gute Gesundheitsversorgung fremdsprachiger Patienten ist es nicht wichtig, ob sie erst vor Kurzem als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind oder aus anderen Gründen in Deutschland leben“, erklärt BPtK-Präsident Munz.

Die BPtK fordert deshalb, im SGB V zu regeln, dass die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für qualifizierte Sprachmittlung übernimmt, wenn diese für eine angemessene Diagnostik, Aufklärung und Behandlung fremdsprachiger Patienten notwendig ist. Um eine angemessene Versorgung von Flüchtlingen sicherzustellen, die noch keinen Anspruch auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung haben, ist eine entsprechende Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz notwendig.

Sektorenübergreifende Versorgung psychisch kranker Menschen

BPtK fordert Einrichtung einer Enquête-Kommission

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert den Bundestag auf, eine Enquête-Kommission zur Versorgung von schwer und chronisch psychisch kranken Menschen einzuberufen.

„Die Versorgung von schwer beeinträchtigten psychisch kranken Menschen geht häufig an deren Bedürfnissen vorbei“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Seit Jahrzehnten mangelt es an einer ausreichenden Koordination, um dem komplexen und individuellen Behandlungs- und Hilfebedarf dieser Menschen gerecht zu werden.“ Die Enquête-Kommission soll innerhalb von 2 Jahren nicht nur grundlegende Empfehlungen zu den Leistungen und zur Organisation einer sektoren-, kostenträger- und berufsgruppenübergreifenden Versorgung von schwer beeinträchtigten psychisch kranken Menschen vorlegen, sondern insbesondere konkrete Vorschläge für einen angemessenen gesetzlichen Rahmen machen.

Trotz jahrzehntelanger Bemühungen ist es bisher nicht gelungen, flächendeckend eine koordinierte Versorgung für Patienten mit komplexem Behandlungs- und Unterstützungsbedarf zu schaffen. Dazu gehören besonders häufig Menschen mit Suchterkrankungen, psychotischen Erkrankungen und schweren affektiven Störungen. Sie sind in vielen Fällen dauerhaft in ihrer gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe eingeschränkt und neben Leistungen des Gesundheitssystems besonders auf Leistungen der Sozial- und Eingliederungshilfe angewiesen.

Auch für schwer und chronisch psychisch kranke Menschen gilt der Grundsatz „ambulant vor stationär“.

  • Steigende Patientenzahlen in psychiatrischen Krankenhäusern belegen jedoch, dass sie nach wie vor zu häufig und zu lange stationär behandelt werden müssen, weil geeignete ambulante Versorgungsangebote fehlen.

Schwer und chronisch psychisch kranke Menschen benötigen ein komplexes Angebot an Behandlungs-, Rehabilitations- und Teilhabeleistungen. Da für die unterschiedlichen Leistungen unterschiedliche Träger und Leistungserbringer zuständig sind, deren Angebote nicht ausreichend koordiniert sind, erhalten Patienten Leistungen häufig zu spät oder gar nicht.

  • Die gesundheitlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen sind beträchtlich: Immer mehr psychisch kranke Menschen werden erwerbsunfähig und müssen vorzeitig in Rente. Mit den Erwerbsunfähigkeitsrenten ist für sie ein hohes Armutsrisiko verbunden.

Der Auftrag der Enquête-Kommission „Bedarfs- und bedürfnisorientierte Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen“ soll sein, auf der Grundlage einer umfassenden Bestandsaufnahme und einer Analyse des Behandlungs- und Betreuungsbedarfs von psychisch kranken Menschen mit schweren Beeinträchtigungen Empfehlungen für angemessene Versorgungs-, Finanzierungs- und Vergütungsstrukturen zu erarbeiten und daraus konkrete Vorschläge für die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen abzuleiten. Die Empfehlungen sollten noch in dieser Legislaturperiode vom Gesetzgeber umgesetzt werden.

Gleiche Chance auf Behandlung in Stadt und Land

BPtK fordert Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert die neue Bundesregierung auf, die Versorgung psychisch kranker Menschen auf dem Land zu verbessern. Insbesondere dort fehlen psychotherapeutische Praxen. Damit psychisch kranke Menschen auf dem Land die gleiche Chance auf eine Behandlung haben wie in der Stadt, sind bis zu 4.000 neue Niederlassungen notwendig. Die neue Bundesregierung sollte deshalb den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit einer Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung beauftragen. Der G-BA sollte verpflichtet werden, noch im Jahr 2018 die Verhältniszahlen für die Arztgruppe der Psychotherapeuten auf dem Land und in der Stadt einheitlicher zu gestalten.

Psychisch kranke Menschen auf dem Land haben bisher eine viel geringere Chance, einen Behandlungsplatz bei einem Psychotherapeuten zu finden als Menschen in Ballungszentren. Ursache hierfür ist, dass der G-BA für ländliche Regionen deutlich weniger Psychotherapeuten vorsieht als für Großstädte. Während sich in Städten 36,1 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner niederlassen dürfen, sind es in ländlichen Regionen im ungünstigsten Fall nur 12,8 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner. „Die beträchtlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land sind nicht zu begründen“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Psychische Erkrankungen sind auf dem Land nur unwesentlich seltener als in der Stadt.“ Epidemiologische Daten belegen: In Großstädten werden 30 Prozent der Menschen jedes Jahr psychisch krank, auf dem Land sind es 27 Prozent.

Erst wenn der Gesetzgeber die Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen ausdrücklich zur Änderung der Bedarfsplanung verpflichtet, lässt sich die massive Unterversorgung von psychisch kranken Menschen auf dem Land beseitigen. „Dabei muss der Gesetzgeber diesmal dafür sorgen, dass sich der G-BA an Aufträge und Fristen hält“, mahnt Munz. Der G-BA hatte bereits den gesetzlichen Auftrag, bis Ende 2016 insbesondere die ambulante psychotherapeutische Versorgung zu verbessern. Bis jetzt hat er diesen Auftrag nicht umgesetzt.

Verantwortlich dafür sind die beiden großen Akteure im G-BA. Der GKV-Spitzenverband agiert in der ambulanten Versorgung psychisch kranker Menschen mit nachgewiesen falschen Annahmen und spricht in Verkennung der Realität von „Überversorgung“. Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung spielen honorarpolitische Überlegungen eine zentrale Rolle. Obwohl Psychotherapeuten in großen Teilen extrabudgetär vergütet werden, besteht für die Kassenärztlichen Vereinigungen die Gefahr, dass sie für niedergelassene Ärzte geringere Einkommenszuwächse verhandeln können, wenn sie dringend benötigte psychotherapeutische Praxen zulassen. „Der Gesetzgeber darf dieses eigennützige Aufschieben seiner Aufträge nicht mehr hinnehmen“, fordert BPtK-Präsident Munz. Mittelfristig muss auch entschieden werden, wie neue Bedarfe in der ambulanten Versorgung zu finanzieren sind. Auch hier ist der Gesetzgeber noch in dieser Legislaturperiode gefordert.

Für Verbesserungen in der Versorgung qualifizieren

BPtK fordert rasche Reform der Psychotherapeutenausbildung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert von der nächsten Bundesregierung eine rasche Reform der Psychotherapeutenausbildung. Psychotherapeuten müssen besser für ein differenziertes Versorgungsangebot qualifiziert werden. Vor allem aber brauchen junge Menschen, die sich entschließen, Psychotherapeutin oder Psychotherapeut zu werden, akzeptable Rahmenbedingungen. Psychotherapeuten in der Ausbildung sind aktuell in aller Regel nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sie erzielen in dieser Phase trotz eines abgeschlossenen Studiums kein regelmäßiges Einkommen und müssen die 3 bis 5 Jahre dauernde Qualifizierung selbst finanzieren. Seit der Bologna-Reform ist zudem nicht mehr klar, welches Studium erforderlich ist, um Psychotherapeut werden zu können. Die Notwendigkeit einer Reform der Psychotherapeutenausbildung ist auch deshalb seit Jahren unstrittig.

Die heutige Ausbildung befähigt Psychotherapeuten im Schwerpunkt für die ambulante Versorgung. In Zukunft müssen Psychotherapeuten aber vor allem in die Versorgung von psychisch kranken Menschen im Krankenhaus und in Reha-Einrichtungen stärker integriert werden. Außerdem sind wichtige Weiterentwicklungen der ambulanten Versorgung heute noch nicht in der Psychotherapeutenausbildung geregelt. Dazu zählt insbesondere das breitere Spektrum von psychischen Erkrankungen, die mit Psychotherapie behandelt werden können, aber auch die Stärkung der Gruppenpsychotherapie und die psychotherapeutische Sprechstunde.

„Künftig sollen Psychotherapeuten bereits nach dem Studium so qualifiziert sein, dass ihnen eine Approbation erteilt werden kann, damit sie sich genauso wie Ärzte darauf aufbauend weiterbilden können und währenddessen ein angemessenes Einkommen erzielen“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Eine Reform sollte außerdem dafür sorgen, dass Psychotherapeuten ihre Qualifizierung nicht mehr selbst finanzieren müssen.“ Die von den Psychotherapeuten in Weiterbildung geleistete Arbeit in der Versorgung wird einen wesentlichen Teil der Kosten decken. Für eine hohe Weiterbildungsqualität mit ausreichender Anleitung werden aber zusätzliche Mittel gebraucht.

Seit Juli letzten Jahres gibt es einen Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein Reformgesetz. Der Entwurf sieht ein fünfjähriges Studium vor, das aus einem Bachelor- und einem Masterstudiengang besteht und nach einer staatlichen Prüfung die Approbation ermöglicht. In der anschließenden Weiterbildung spezialisieren sich Psychotherapeuten für die Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen und erwerben die Fachkunde in einem Psychotherapieverfahren. Erst danach ist eine Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich. Die Reform wird von einer breiten Mehrheit der Psychotherapeuten getragen. Der Deutsche Psychotherapeutentag hat sich seit 2014 mehrfach mit überwältigender Mehrheit für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung ausgesprochen.