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Weiterhin psychotherapeutische Mangelversorgung in der Psychiatrie

BPtK: G-BA-Reform ist patientenmissachtend

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert die Entscheidung zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik als patientenmissachtend. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) scheitert an einer Reform, die dringend notwendig war, um die Patienten in den Krankenhäusern für psychisch kranke Menschen nach modernen Standards ausreichend und sachgerecht zu versorgen. „Der G-BA nimmt in Kauf, dass Patienten nicht die Behandlung bekommen, die sie benötigen“, kritisiert Dr. Dietrich Munz. „Auf den Stationen wird es weiter zu vermeidbarer Gewalt und Zwangsmaßnahmen kommen, da Patienten in psychischen Krisen nicht angemessen behandelt und ausreichend betreut werden können. Das Ergebnis der G-BA-Beratung ist angesichts dieser seit Jahren bekannten Personalmängel und Behandlungsdefizite beschämend.“ Die BPtK fordert deshalb von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, den G-BA-Beschluss zu beanstanden.

Nach fast fünfjähriger Beratungszeit hat der G-BA heute Mindestanforderungen an die Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik beschlossen. Er schreibt damit aber nur die Regelungen der fast 30 Jahre alten Psychiatrie-Personalverordnung fort. Eine nachhaltige Erhöhung des Personals, insbesondere mehr Pflegende und mehr Psychotherapeuten, wird es nicht geben. „Die Fortsetzung der psychotherapeutischen Mangelversorgung der Patienten vor allem in der Psychiatrie ist unverantwortlich“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Der G-BA ist an seinem gesetzlichen Auftrag, eine leitlinienorientierte Versorgung in Krankenhäusern für psychisch kranke Menschen umzusetzen, kläglich gescheitert.“

Die Standards der überholten Psychiatrie-Personalverordnung führen inzwischen zu Fehlbehandlungen, weil Patienten keine fachgerechte Psychotherapie erhalten. Patienten der Allgemeinpsychiatrie erhalten danach in der Regel- und Intensivbehandlung nur maximal eine halbe Stunde Einzelpsychotherapie pro Woche. Das betrifft 73 Prozent der Patienten, die in der Psychiatrie behandelt werden. In anderen Bereichen, z. B. der Gerontopsychiatrie, erhalten sie noch weniger Psychotherapie. Mit den neuen Personalvorgaben bekommen Patienten künftig 50 Minuten Einzelpsychotherapie pro Woche. „Schwer kranke Menschen erhalten allerdings bereits in der ambulanten Versorgung mehrere Stunden Einzeltherapie“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „In den psychiatrischen Krankenhäusern, die gerade eine intensivere Behandlung von psychisch kranken Menschen ermöglichen sollen, bleibt damit die Versorgung mehr als mangelhaft.“ Die BPtK fordert mindestens 100 Minuten Einzelpsychotherapie pro Woche für alle Patientengruppen in allen Behandlungsbereichen.

Die BPtK kritisiert seit Langem, dass in der Psychiatrie keine leitliniengerechte Versorgung der Patienten möglich ist. Dafür muss ein grundsätzlich neues Modell zur Berechnung der Personalausstattung in diesen Kliniken entwickelt werden. Maßgeblich ist, dass der Behandlungsbedarf verschiedener Patientengruppen anhand objektiver, nachvollziehbarer und überprüfbarer Kriterien festgelegt wird. Es muss klar sein, nach welchen Kriterien, z. B. Diagnose, psychosoziale Einschränkungen, somatische Komorbiditäten, Patienten klassifiziert werden und welcher Leistungsanspruch für sie damit verbunden ist. Die Krankenhäuser müssen die Kosten für das so berechnete Personal in den Budgetverhandlungen verbindlich berücksichtigen können. Im Gegenzug sollten die Krankenhäuser verpflichtet werden, Transparenz darüber herzustellen, welche Behandlungsleistungen mit dem vereinbarten Personal realisiert wurden. Die BPtK spricht sich dafür aus, dass der G-BA dazu gesetzlich verpflichtet wird, ein solches Modell zu entwickeln.

„Wege zur Psychotherapie“ – jetzt auch auf Englisch und Türkisch

BPtK-Patientenbroschüre bietet grundlegende Informationen

(BPtK) Die BPtK-Patientenbroschüre „Wege zur Psychotherapie“ ist jetzt auch auf Englisch und Türkisch erhältlich. Sie bietet grundlegende Informationen darüber, wie Psychotherapeuten bei psychischen Beschwerden und Erkrankungen helfen können.

Migration ist für viele Menschen mit kritischen Lebensereignissen und Belastungen verbunden, die das Risiko für eine psychische Erkrankung erhöhen. Dazu gehören insbesondere Identitätskrisen, verstärkte Familien- bzw. Generationenkonflikte, längere Trennungen von den Eltern, traumatische Erlebnisse auf der Flucht, prekäre Arbeits- und Wohnsituationen, wenige Sozialkontakte, unsicherer Aufenthaltsstatus und Diskriminierung durch die einheimische Bevölkerung. Nach einer Auswertung des Bundesgesundheitssurveys erkrankten Migranten um 20 Prozent häufiger als Einheimische während ihres Lebens an einer psychischen Störung, insbesondere an Depressionen und somatoformen Störungen.

Migranten mit psychischen Erkrankungen nehmen bisher allerdings kaum ambulante Psychotherapie in Anspruch. Die beiden BPtK-Patientenbroschüren auf Englisch und Türkisch erläutern verständlich, wann es ratsam sein könnte, in eine psychotherapeutische Sprechstunde zu gehen, und was in einer Psychotherapie passiert.

Die BPtK-Patientenbroschüren stehen Ihnen als Download auf unserer Homepage zur Verfügung.

Mangelhafter Patientenschutz bei Gesundheits-Apps

BPtK: Nachlässige Qualitätssicherung im Digitalen Versorgung-Gesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert einen mangelhaften Patientenschutz bei Gesundheits-Apps, wie er im gestern verabschiedeten Kabinettsentwurf zum Digitalen Versorgung-Gesetz vorgesehen ist. Gesundheits-Apps, auf die Versicherte einen Anspruch haben, werden danach nicht den Standards der gesetzlichen Krankenversicherung genügen. Als ausreichend soll bereits gelten, wenn Versicherte durch eine App besser informiert werden. Die BPtK fordert, an Gesundheits-Apps vergleichbare Ansprüche zu stellen wie an Arznei- und Heilmittel.

„Wenn eine Gesundheits-App verspricht, eine Behandlung wirksam zu unterstützen, dann muss genau diese Wirkung auch unabhängig überprüft werden“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die angestrebte schnelle Verbreitung von Gesundheits-Apps darf nicht zulasten der Patienten gehen. Der Hauptzweck der Gesundheitsversorgung ist das Wohl der Patienten und nicht Wirtschaftsförderung mit Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung.“

Mit dem Digitalen Versorgung-Gesetz plant Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine Liste mit „digitalen Gesundheits-Anwendungen“, auf die Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch haben. Die Liste soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führen. Die BPtK begrüßt, dass Gesundheits-Apps verstärkt für die Versorgung nutzbar werden sollen. Dafür müssen Gesundheits-Apps aber nachweisen, dass sie eine Behandlung tatsächlich wirksam unterstützen können. Nur der Beleg eines „positiven Versorgungseffektes“, wie er bisher im Digitalen Versorgung-Gesetz geplant ist, ist nicht ausreichend.

Für psychische Erkrankungen gibt es bereits eine Reihe evaluierter und als Medizinprodukte der Klassen I bzw. IIa zertifizierte Gesundheits-Apps. Sie können die Prävention unterstützen und eine psychotherapeutische Behandlung positiv ergänzen. In der Fülle des Angebots ist es jedoch weder für Versicherte noch Patienten und auch nicht für Psychotherapeuten erkennbar, welche Angebote die von Herstellern angegebenen Wirkungen tatsächlich erzielen.

Die BPtK fordert außerdem, dass Ärzte und Psychotherapeuten prüfen müssen, ob eine Gesundheits-App zu einem Patienten und seiner Erkrankung passt. Das Digitale Versorgung-Gesetz plant, es Krankenkassen zu erlauben, Versicherten Gesundheits-Apps zu empfehlen. „Ohne fachkundige Diagnostik und Indikationsstellung durch Ärzte und Psychotherapeuten drohen Fehlbehandlungen“, warnt BPtK-Präsident Munz. „Für kranke Menschen kann die leichtfertige Empfehlung einer Krankenkasse schnell zum Albtraum werden.“

Patienten vor Fehlbehandlungen schützen

BPtK fordert besseren Patientenschutz im Digitalen Versorgung-Gesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt, dass Gesundheits-Apps verstärkt für die Versorgung nutzbar werden sollen. Dafür müssen Gesundheits-Apps aber nachweisen, dass sie eine Behandlung wirksam unterstützen können. Der Beleg eines „positiven Versorgungseffektes“, wie er bisher im Digitalen Versorgunggesetz geplant ist, ist nicht ausreichend.

„Wenn eine Gesundheits-App verspricht, eine Behandlung wirksam zu unterstützen, dann muss genau diese Wirkung auch unabhängig überprüft werden“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz, „sonst können Ärzte und Psychotherapeuten es nicht verantworten, sie zu verordnen.“ Nach dem geplanten Digitalen Versorgung-Gesetz könnten Gesundheits-Apps auch zugelassen werden, wenn sie – anders als vom Hersteller angekündigt – nicht die Behandlung unterstützen, sondern zum Beispiel nur Informationen vermitteln. „Die angestrebte schnelle Verbreitung von Gesundheits-Apps darf nicht zulasten der Patienten gehen“, stellt Munz klar. „Der Hauptzweck der Gesundheitsversorgung ist das Wohl der Patienten und nicht Wirtschaftsförderung mit Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung.“

Für psychische Erkrankungen gibt es bereits eine Reihe evaluierter und als Medizinprodukte der Klassen I bzw. IIa zertifizierte Gesundheits-Apps. Sie können die Prävention unterstützen und eine psychotherapeutische Behandlung positiv ergänzen. In der Fülle des Angebots ist es jedoch weder für Versicherte noch Patienten und auch nicht für Psychotherapeuten erkennbar, welche Angebote die von Herstellern angegebenen Wirkungen tatsächlich erzielen. „Wir begrüßen, dass digitale Anwendungen in die Versorgung psychisch kranker Menschen integriert werden sollen. Auch als Präventionsangebote halten wir digitale Anwendungen für sinnvoll“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Dafür müssen Gesundheits-Apps aber den Nachweis erbringen, dass sie tatsächlich wirksam sind.“

Mit dem Digitalen Versorgung-Gesetz plant Bundesgesundheitsminister Spahn eine Liste mit „digitalen Gesundheits-Anwendungen“, auf die Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch haben. Die Liste soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führen. Mit den Gesundheits-Apps entstehen damit neue Kassenleistungen, an die vergleichbare Ansprüche bezüglich Wirksamkeit zu stellen sind wie an Arznei- und Heilmittel.

Die BPtK fordert außerdem, dass Ärzte und Psychotherapeuten prüfen müssen, ob eine Gesundheits-App zu einem Patienten und seiner Erkrankung passt. Das Digitale Versorgung-Gesetz plant, es Krankenkassen zu erlauben, Versicherten Gesundheits-Apps zu empfehlen. „Ohne fachkundige Diagnostik und Indikationsstellung durch Ärzte und Psychotherapeuten drohen Fehlbehandlungen“, warnt BPtK-Präsident Munz. „Für kranke Menschen kann die leichtfertige Empfehlung einer Krankenkasse schnell zum Albtraum werden. Deshalb fordert die BPtK, den Patientenschutz bei Gesundheits-Apps im Digitalen Versorgung-Gesetz nachzubessern.“

Schutz von psychisch kranken Menschen nicht ausreichend

BPtK warnt vor elektronischer Patientenakte

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) warnt psychisch kranke Menschen davor, die elektronische Patientenakte, wie sie bisher im Digitalen Versorgung-Gesetz geplant ist, zu nutzen. „Die elektronische Patientenakte erfüllt bislang nicht die Mindeststandards, die zum Schutz der Patienten notwendig sind“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Psychisch kranke Menschen müssen im Einzelnen darüber entscheiden können, wer zum Beispiel von einer Behandlung in einer psychiatrischen Klinik oder mit einem Antidepressivum erfährt. Solange dies nicht sichergestellt ist, kann ich nur davon abraten, Informationen über psychische Erkrankungen in der elektronischen Patientenakte zu speichern.“

Aus Sicht der BPtK sichern die gesetzlichen Vorgaben zur Patientenakte bisher nicht die unabdingbaren Mindeststandards für Patientensicherheit und Patientensouveränität. Die BPtK fordert, für Patienten verbindlich ein Berechtigungsmanagement auf Dokumentenebene vorzusehen. „Menschen mit psychischen Erkrankungen werden immer noch stark diskriminiert“, stellt Munz fest. „Patienten müssen deshalb entscheiden können, welche Dokumente überhaupt in der Patientenakte gespeichert und welche Dokumente von wem eingesehen werden dürfen. Nicht jeder Leistungserbringer sollte ungefiltert auf alle Informationen zugreifen dürfen.“ Außerdem müssen sensible Gesundheitsinformationen auf dem höchsten Niveau des Datenschutzes und der Datensicherheit vor dem Zugriff von Nichtberechtigten geschützt werden.

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Willkürliche Berechnung und formaler Fehler

BPtK fordert, den G-BA-Beschluss zur Bedarfsplanung zu beanstanden

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 16. Mai 2019 die Bedarfsplanungs-Richtlinie geändert. Er hat damit den gesetzlichen Auftrag zur Anpassung und Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung, der ihm 2015 erteilt wurde, nicht ausreichend umgesetzt. Zum einen unterschätzt die Richtlinie massiv den wissenschaftlich und fachlich festgestellten Bedarf. Zum anderen hat der G-BA statt eines tatsächlichen Morbiditätsfaktors lediglich einen zusätzlichen Demografiefaktor eingeführt. „Im Ergebnis hat der G-BA eine Reform der Bedarfsplanung beschlossen, die willkürlich unter der Zahl der erforderlichen psychotherapeutischen Praxissitze bleibt, und mit dem Demografiefaktor einen Automatismus geschaffen, der künftig kontinuierlich zu einer schlechteren Versorgung psychisch kranker Menschen führt“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).

Die für die Psychotherapie besonders nachteilige Einführung des neuen Demografiefaktors erfolgte außerdem erst nach dem Stellungnahmeverfahren im G-BA. Die BPtK sieht darin einen formalen Fehler, der allein schon zur Beanstandung der beschlossenen Bedarfsplanungs-Richtlinie durch das Bundesgesundheitsministerium führen muss.

Ein vom G-BA in Auftrag gegebenes Gutachten hatte festgestellt, dass rund 2.400 zusätzliche psychotherapeutische Praxissitze notwendig sind, um eine bedarfsgerechte Versorgung psychisch kranker Menschen zu ermöglichen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatte gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft, den Patientenvertretern und den Ländern ca. 1.900 zusätzliche Psychotherapeutensitze insbesondere in ländlichen Regionen für erforderlich gehalten. Dieser wissenschaftlich und fachlich unstrittige Bedarf wurde jedoch vom GKV-Spitzenverband ignoriert. Er war mit einer politisch-strategischen Positionierung in die G-BA-Gespräche gegangen, generell keine zusätzlichen Praxissitze zu planen. Durch diesen Boykott einer fachlichen Auseinandersetzung war der G-BA nicht mehr in der Lage, eine sachgerechte Reform der Bedarfsplanung zu beschließen und seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.

Die Veröffentlichung des Beschlusses zeigt, dass der G-BA, anders als noch im Stellungnahmeverfahren vorgesehen, die Berechnung für die geplanten Praxissitze willkürlich und ohne eine nachvollziehbare fachlich-konzeptionelle Begründung geändert hat. Dadurch sank die Zahl der zusätzlichen psychotherapeutischen Praxissitze auf unter 800. Das ist weniger als ein Drittel des im wissenschaftlichen Gutachten festgestellten Bedarfs.

Hinzu kommt, dass der G-BA beschlossen hat, die Veränderung des Versorgungsbedarfs über einen Demografiefaktor, statt einen Morbiditätsfaktor zu erfassen. Damit lassen sich die Praxissitze aber nur an der sich verändernden Geschlechts- und Altersstruktur der Bevölkerung ausrichten und gerade nicht am wachsenden psychotherapeutischen Versorgungsbedarf. Schon hierbei wären Besonderheiten von psychischen Erkrankungen zu berücksichtigen gewesen. Psychische Erkrankungen treten, anders als die meisten körperlichen Erkrankungen, erstmals deutlich früher, in jüngeren Lebensjahren, auf. Auch die Häufigkeit psychischer Erkrankungen ist im Gegensatz zu körperlichen Erkrankungen bei älteren Menschen geringer. Insbesondere die über 75-Jährigen nehmen seltener psychotherapeutische Versorgung in Anspruch.

Der neue Demografiefaktor ist aber insbesondere nicht geeignet, eine veränderte Morbidität und einen wachsenden Bedarf an Psychotherapie zu erfassen. Er berücksichtigt ausschließlich die Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung und den über- oder unterdurchschnittlichen Leistungsbedarf der einzelnen Bevölkerungsgruppen. Er rechnet nicht ein, dass sich der Bedarf an psychotherapeutischer Versorgung in den vergangenen 20 Jahren nahezu verdoppelt hat. Aufgrund der Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen nutzen immer mehr Patienten professionelle Hilfe und Psychotherapie. Psychotherapie ist für fast alle psychischen Erkrankungen, allein oder in Kombination mit Pharmakotherapie, die leitliniengerechte Behandlung.

„Damit hat der G-BA die Bedarfsplanung gegen Veränderungen der Morbidität und des Behandlungsbedarfs immunisiert“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Der fachlich falsche neue Demografiefaktor führt dazu, dass Jahr für Jahr die Zahl der psychotherapeutischen Praxissitze sinkt.“ Bereits in diesem Jahr sinkt dadurch die Zahl der rund 1.000 zusätzlichen Praxissitze auf 776 Sitze.

Mehr Unabhängigkeit und Fachverstand für den Medizinischen Dienst

BPtK begrüßt MDK-Reformgesetz des Bundesgesundheitsministeriums

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt eine größere Unabhängigkeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK), wie sie das Bundesgesundheitsministerium plant. „Die Prüfungen des Medizinischen Dienstes müssen sich an der Versorgung kranker Menschen ausrichten“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK, fest. „Daher ist es richtig, den Verwaltungsrat des MDK neu aufzustellen.“

Nach dem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums soll z. B. die Besetzung des Verwaltungsrates des MDK verändert werden. Dadurch sollen sowohl Patientenvertreter aufgenommen als auch eine hälftige Vertretung durch Frauen erreicht werden. „Beide Reformpunkte sind überfällig“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Im Verwaltungsrat sollten jedoch auch Psychotherapeuten berücksichtigt werden.“ Psychotherapeuten spielen eine wichtige Rolle in der Versorgung psychisch kranker Menschen, aber auch bei der Behandlung von somatischen Erkrankungen, wie z. B. bei Krebs- und Diabeteserkrankungen, bei deren Behandlung auch psychische Begleiterkrankungen berücksichtigt werden müssen. „Psychotherapeuten sollten deshalb genauso im Verwaltungsrat des Medizinischen Dienstes vertreten sein wie ihre ärztlichen Kollegen“, so Munz.

Außerdem sollte bei der Erstellung von Richtlinien durch den Medizinischen Dienst Bund auch die BPtK beteiligt werden, um zu fachgerechten Regelungen für die Praxis zu kommen. Psychotherapeutischer Sachverstand hätte zum Beispiel vermeiden können, dass in der Begutachtungsrichtlinie „Soziotherapie“ mehrfach missverständliche Regelungen geschaffen wurden. Diese können dazu führen, dass Patienten nicht gleichzeitig Psychotherapie und Soziotherapie erhalten, obwohl Patienten soziotherapeutische Begleitung benötigen würden, um Psychotherapie überhaupt wahrnehmen zu können.

Stationäre Versorgung bei psychischen Erkrankungen mangelhaft

BPtK: „Sprechende Medizin in den psychiatrischen Kliniken stärken“

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine deutliche Erhöhung des therapeutischen Personals in psychiatrischen Kliniken. „Die stationäre Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen hinkt viel zu sehr hinter Leitlinienempfehlungen her und ist im Schwerpunkt häufig medikamentös ausgerichtet“, kritisiert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Patientinnen und Patienten insbesondere in psychiatrischen Kliniken bekommen gerade einmal die Hälfte der psychotherapeutischen Gespräche, die für eine gute Versorgung notwendig wären.“

Menschen mit einer Schizophrenie erhielten 2017 im Durchschnitt nicht einmal ein 25-minütiges Einzelgespräch bei Ärzten, Psychotherapeuten oder Psychologen pro Woche. Auch die gruppenpsychotherapeutischen Angebote bestanden im Durchschnitt nur aus einer 25-minütigen Sitzung wöchentlich. Verglichen mit Leitlinienempfehlungen und Expertenmeinungen ist dies deutlich zu wenig. So empfiehlt die Leitlinie Schizophrenie mindestens 50 Minuten Einzelpsychotherapie pro Woche, einschließlich psychotherapeutischer Interventionen zum Beziehungsaufbau, zur Klärung von Behandlungszielen oder zur Herstellung eines Arbeitsbündnisses. Auch die meisten Patienten mit unipolaren Depressionen, Belastungs- und Anpassungsstörungen oder Angsterkrankungen erhalten im Durchschnitt pro Woche nur ein halbstündiges Gespräch mit einem Arzt, Psychotherapeuten oder Psychologen während ihrer stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik.

„Die sprechende Medizin in psychiatrischen Kliniken muss deutlich gestärkt werden“, fordert BPtK-Präsident Munz. Der G-BA hat soeben um Stellungnahme zu neuen Personalstandards in psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern gebeten. Nach vierjährigen Beratungen will er bis zum 30. September 2019 über bessere Personalstandards in der stationären Versorgung von psychisch akut und schwer kranken Menschen entscheiden. Die Kliniken müssen ihren Patientinnen und Patienten endlich intensivtherapeutische Angebote machen können“, erklärt Munz. „Psychisch kranke Menschen erhalten ambulant oft ein besseres psychotherapeutisches Angebot als in den Kliniken.“

Literatur:

  • Bandelow B., Lueken U., Wolff J. et al., Leitliniengerechte stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische/psychosomatische Behandlung von Angsterkrankungen. Nervenarzt 87 (3) 2016.
  • DGPPN e.V. (Hrsg.) für die Leitliniengruppe: S3-Leitlinie Schizophrenie. Langfassung, 2019, Version 1.0, zuletzt geändert am 15. März 2019, verfügbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/038-009.html.
  • PEPP-Browser 2018 (https://download.g-drg.de/PeppBrowser/2018/), eigene Auswertungen.
  • Schnell K., Hochlehnert A., Berger M. et al., Leitlinienentsprechende stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung der chronischen Depression, Der Nervenarzt 87 (3) 2016.

„Psychotherapeuten meist weit besser informiert“

BPtK-Präsident Munz zur Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit

(BPtK) Der Präsident der Bundesärztekammer Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery hat zu seinem Abschied einen standespolitischen Salto rückwärts vorgeführt. Mit seiner Kritik an der Psychotherapeutenausbildung verweigert er Teamfähigkeit und Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen. Das ist ein ärztliches Selbstverständnis von vorgestern. BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fordert von Herrn Montgomery: Ärzte sollten akzeptieren, dass andere Gesundheitsberufe Aufgaben ebenbürtig erbringen können.

BPtK-Präsident Munz erklärt: „Psychotherapeuten können verlässlich einschätzen, ob ein Patient aufgrund seiner psychischen Erkrankung arbeitsfähig ist. Es gehört grundsätzlich zur psychotherapeutischen Behandlung, die berufliche Situation des Patienten in die Behandlung einzubeziehen und zu ergründen, ob sie auch einer der Gründe für die psychische Erkrankung ist oder ob sie den Gesundungsprozess aufgrund ihrer stabilisierenden Wirkung unterstützen kann. Deshalb ist es unverständlich und für Patienten nachteilig, dass Psychotherapeuten keine AU-Bescheinigungen ausstellen dürfen.

Die Reform des Psychotherapeutengesetzes ist die passende Gelegenheit, die besonderen Kompetenzen von Psychotherapeuten bei Krankschreibungen aufgrund psychischer Ursachen zu nutzen. Erstaunlich ist allerdings, dass sich einige ärztliche Kollegen gegen eine solche Befugnis für Psychotherapeuten aussprechen. Alle fachlichen Argumente sprechen dafür. Psychotherapeuten kennen die Belastungen ihrer Patienten am Arbeitsplatz in der Regel noch besser als mitbehandelnde Ärzte. Aufgrund der umfassenden psychotherapeutischen Diagnostik und Anamnese, aber auch der regelmäßigen Behandlungstermine sind sie über die konkrete Situation ihrer Patienten am Arbeitsplatz meist weit besser informiert.

Welche Sorge treibt ärztliche Kollegen also um, wenn sie es ablehnen, dass Psychotherapeuten Arbeitsunfähigkeit beurteilen? Bisher haben nur Ärzte die Befugnis AU-Bescheinigungen auszustellen. Zu unserem Gesundheitssystem gehört es jedoch schon lange, vielfältige Kompetenzen im Interesse der Patienten zu nutzen. Ein Teil der Ärzteschaft stellt berufsständische Interessen vor das Wohl der Patienten. Die Patienten würden jedoch davon profitieren, wenn Psychotherapeuten die Befugnis zur Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit erhalten.“

„Heilkunde für Innovationen nutzen“

BPtK-Präsident Munz zur Psychotherapeutenausbildung

(BPtK) Bundesärztekammerpräsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery hat zu seinem Abschied einen standespolitischen Salto rückwärts vorgeführt. Mit seiner Kritik an der Psychotherapeutenausbildung verweigert er Teamfähigkeit und Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen. Das ist ein ärztliches Selbstverständnis von vorgestern. BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fordert von Herrn Montgomery: Ärzte sollten akzeptieren, dass andere Gesundheitsberufe Aufgaben ebenbürtig erbringen können.

BPtK-Präsident Munz erklärt: „Psychotherapeuten sind Angehörige eines akademischen Heilberufes. Sie verfügen daher über die wissenschaftliche Qualifikation, psychotherapeutische Verfahren, Methoden und Techniken einzusetzen, weiterzuentwickeln und Innovationen zu erforschen. Psychotherapeuten brauchen deshalb auch die Befugnis, im Rahmen der Forschung heilkundlich tätig zu sein. Diese Befugnis haben sie heute nicht. Anders als bei Ärzten ist ihre Heilkundeerlaubnis auf das beschränkt, was wissenschaftlich bereits anerkannt ist. Ein Teil der Ärzteschaft beharrt darauf, dass sich daran nichts ändert und es weiter Ärzten vorbehalten bleibt, Innovationen in der Forschung als Heilkunde einzusetzen.

Psychotherapeuten und Ärzte treiben gemeinsam die Weiterentwicklung der Psychotherapie voran. Ohne die Methodenkompetenz der Psychotherapeuten wäre Ärzten Psychotherapieforschung oftmals nicht möglich, weil das Medizinstudium die erforderlichen Forschungsmethoden dazu nicht vermittelt. Anders bei Psychotherapeuten. Das Anfertigen einer eigenen wissenschaftlichen Arbeit gehört auch künftig zum Studium. Psychotherapeuten sollten deshalb mehr noch als Ärzte mit der Approbation befugt sein, Heilkunde auch zur Weiterentwicklung der Psychotherapie ausüben zu dürfen.“