Schlagwortarchiv für: Pressemitteilung

„Mehr DAX-Vorstände, die über ihre psychische Erkrankung sprechen“

BPtK unterstützt „Offensive Psychische Gesundheit“

(BPtK) Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt sind noch immer erheblich unterschätzt. Dabei kosten sie jährlich Milliarden an Lohnfortzahlung und Krankengeld. Im Jahr 2018 fehlten aufgrund psychischer Erkrankungen Beschäftigte an 90 Millionen Tagen in ihren Betrieben. Psychische Erkrankungen sind außerdem für rund 42 Prozent der Frührenten aufgrund langfristiger Arbeitsunfähigkeit verantwortlich. Dieser Anteil hat sich in den letzten 25 Jahren fast verdreifacht. Sie sind damit die häufigste Ursache für Renten wegen Erwerbsminderung. Depressive Störungen verursachen dabei fast 20 Prozent aller Frührenten.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt deshalb den heutigen Kick-off der „Offensive Psychische Gesundheit“, die vom Bundesarbeitsministerium angestoßen wurde. „Gerade in der Arbeitswelt gelten psychische Erkrankungen noch häufig als Leistungs- und Willensschwäche. Wir brauchen endlich DAX-Vorstände, die über ihre psychische Erkrankung berichten“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz.

„Vor allem andauernde Belastungen und Konflikte am Arbeitsplatz können zu chronischer Erschöpfung, Depressionen oder Suchterkrankungen führen“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „In den Betrieben sind psychische Erkrankungen zwar inzwischen ein anerkannter Kosten-, aber noch längst kein Kommunikationsfaktor. Es fehlt ein offener und zugewandter Umgang mit psychisch angeschlagenen Kolleg*innen. Konkurrenz- und Karrieredenken verhindern noch zu oft, dass sich psychische Beschwerden eingestanden werden.“

Die „Offensive Psychische Gesundheit“ ist eine Initiative des Bundesarbeits-, Familien- und Gesundheitsministeriums und über vierzig Akteur*innen, darunter Fach- und Patientenverbände, Sozialpartner*innen, Versicherungsträger*innen und Präventionsanbieter*innen. Angestoßen wurde sie durch das Bundesarbeitsarbeitsministerium.

Fast 20 Prozent erkranken an einer psychischen Störung

BPtK-Faktenblatt „Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“

(BPtK) Fast 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erkranken innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung. Häufigste Störungen sind Angststörungen, depressive, hyperkinetische sowie dissoziale Störungen (dauerhaft aufsässiges und aggressives Verhalten). Wer als Kind oder Jugendliche* psychisch erkrankt, ist auch als Erwachsene* psychisch stärker gefährdet. Über die Hälfte aller psychischen Erkrankungen entstehen bereits vor dem 19. Lebensjahr. Das sind die zentralen Kennziffern des „Faktenblatts Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“, das die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) heute veröffentlicht hat.

„Psychische Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen werden immer noch viel zu häufig nicht erkannt und behandelt“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Obwohl jedes fünfte Kind und jede fünfte Jugendliche* innerhalb eines Jahres psychisch erkranken, ist nur jede 20. unter 18-Jährige* in einer psychotherapeutischen Praxis in Behandlung. Dieses Missverhältnis ist für ihre Zukunft gravierend, da nicht behandelte Ängste und Depressionen im Kindes- und Jugendalter deutlich das Risiko erhöhen, im Erwachsenenalter erneut psychisch zu erkranken.“

Auch psychische Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen können lange dauern. Bei der Hälfte der Kinder, die psychische Auffälligkeiten entwickeln, bleiben diese über zwei Jahre bestehen. Ein Drittel ist auch sechs Jahre später noch psychisch auffällig. Je schwerer und langwieriger psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter werden, desto aufwendiger und teurer ist die Behandlung. Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen in einer psychotherapeutischen Praxis kostet schätzungsweise rund 3.000 Euro. Die Kosten für eine stationäre Behandlung liegen erheblich höher. Mehr als die Hälfte der unter 18-Jährigen bleiben infolge psychischer Erkrankungen länger als einen Monat im Krankenhaus. Die Behandlung eines depressiv kranken Kindes in einem psychiatrischen Krankenhaus kann durchschnittlich über 12.000 Euro kosten.

Psychische Erkrankungen sind auch Ausdruck sozialer Ungleichheit. Kinder und Jugendliche erkranken häufiger an psychischen Störungen, wenn die Eltern einen niedrigen oder mittleren Bildungsabschluss oder ein geringes Einkommen haben. In Familien mit wenigen sozioökonomischen Ressourcen sind Kinder zweieinhalbmal so oft psychisch auffällig wie in Familien mit hohen sozioökonomischen Ressourcen. Bei Kindern aus Familien mit mittlerem Bildungsniveau (zum Beispiel anerkannte Berufsausbildung) ist das Risiko, an einer Angststörung oder einer Depression zu erkranken, 20 bis 30 Prozent höher als bei Kindern aus Familien mit hohem Bildungshintergrund. Das geringste Risiko haben Kinder aus Akademikerhaushalten.

In Kontakt bleiben – Psychische Belastungen stärker beachten

BPtK-Forderungen bei einer zweiten Corona-Welle

(BPtK) Die erste Welle der Corona-Pandemie hatte massive soziale und psychische Konsequenzen. Vor allem die Kontakt- und Ausgangssperren und deren Folgen haben viele Menschen überfordert. Bei einer zweiten Corona-Welle muss stärker auf die elementaren Bedürfnisse nach Kontakt, insbesondere von Kindern und Jugendlichen aber auch von Pflegebedürftigen, Rücksicht genommen werden. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb zusätzliche Schutzkonzepte bei einer zweiten Corona-Welle für besonders gefährdete Menschen. Grundlegendes Element davon muss sein: „Wir müssen in Kontakt bleiben!“

„Menschen brauchen Kontakt und Nähe. Beides sind wesentliche Ressourcen, auch große Belastungen zu ertragen“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Bei einer zweiten Corona-Welle könnten diese Schutzfaktoren aber erheblich an Wirkung verlieren. Je länger Krisen, Konflikte und lebensgefährdende Ereignisse dauern, desto eher sind die psychischen Widerstands- und Regenerationskräfte überfordert und es kann zu psychischen Erkrankungen kommen.

BPtK-Hintergrund zur Corona-Pandemie und zu psychischen Erkrankungen: Die BPtK hat ein erstes Resümee der vorliegenden Forschungsergebnisse zu der Frage gezogen: Wie und wie stark gefährdet die Corona-Pandemie die psychische Gesundheit? Dabei fokussiert sie auf die Personen, die die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie am stärksten zu spüren bekommen. Die psychischen Belastungen von medizinischem und Pflegepersonal fanden bereits ein breites öffentliches Echo. Erstaunlicherweise ist über die psychische Gefährdung der Erkrankten selbst und ihrer Angehörigen bisher noch wenig bekannt. Besonders stark psychisch gefährdet sind außerdem ältere Menschen, Kinder und Jugendliche, Frauen, Menschen mit Behinderung und psychisch kranke Menschen.

Psychische Beschwerden und Erkrankungen: Angst und Niedergeschlagenheit sind die häufigsten Reaktionen auf die Pandemiesituation, auch bei psychisch Gesunden. Sie sind normale Reaktionen auf belastende Ereignisse. Doch diese Belastungen sind nicht gleich verteilt. Manche Menschen sind körperlich vorerkrankt und deshalb besonders gefährdet. Manche trifft die Pandemie härter, weil sie selbst oder Angehörige erkrankt sind oder weil sie als beruflich Pflegende oder Ärzt*innen ständigen Kontakt mit Coronakranken haben. Andere müssen vor allem mit den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen oder dem Wegfall gewohnter Tagesstrukturen und Betreuungs- und Pflegeangebote klarkommen. „Es ist deshalb wahrscheinlich, dass die Corona-Pandemie vor allem psychische Erkrankungen verstärkt oder auch auslöst, wenn bereits eine psychische Verletzbarkeit besteht“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Neben Depressionen und Angststörungen, akuten und posttraumatischen Belastungsstörungen können auch Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, Zwangsstörungen und Psychosen zunehmen.“

Besondere Belastungen in einer andauernden Gesundheitskrise: Menschen verfügen grundsätzlich über ein erhebliches Potenzial, psychische Gefährdungen und Krisen zu durchleben und sich auch allein wieder davon zu erholen. Die Corona-Pandemie stellt die menschlichen Selbstheilungskräfte jedoch vor eine außergewöhnliche Herausforderung. Bis heute ist ein Ende der Corona-Pandemie nicht abzusehen. Nach der ersten Infektionswelle werden zwar gerade viele öffentliche Beschränkungen aufgehoben. Die Bedrohung durch das Virus aber bleibt bestehen und eine zweite Welle ist nicht ausgeschlossen.

BPtK-Forderungen bei einer zweiten Corona-Welle: Eine ersatzlose längere Schließung von Kitas und Schulen ist sowohl für die Kinder und Jugendlichen als auch für die Eltern nicht tragbar. Aber auch für die Coronakranken selbst und ihre Angehörigen müssen neue Wege gefunden werden, trotz Ansteckungsgefahr in Kontakt zu bleiben.

  • Für gefährdete und erkrankte Menschen bedarf es bei einer zweiten Welle dringend eines besseren Informations- und Beratungsangebots, das hilft, die Pandemie möglichst psychisch gesund durchzustehen. Dafür sind Internetangebote wichtig, aber auch persönliche telefonische Beratung. Psychotherapeut*innen muss die telefonische Beratung und Behandlung von Patient*innen aller Altersgruppen ermöglicht werden, um Hilfsbedürftige überhaupt erreichen zu können.
  • Kinder und Jugendliche waren durch die Schließung von Kitas, Schulen, Spielplätzen und Sportvereinen schwer belastet. Über das reine Home-Schooling hinaus ist bei einer zweiten Welle daher ein Betreuungs- und Kontaktangebot zu schaffen, das Kindern und Jugendlichen in stabilen kleinen Gruppen persönliche Nähe und Austausch ermöglicht. Solche Kontakt- und Austauschmöglichkeiten sind unerlässliche Ladestellen, an denen Kinder und Jugendliche ihre sozialen und psychischen Akkus wieder auffüllen können.
  • In der ambulanten und stationären Altenpflege muss eine totale Isolierung vermieden werden. Dafür bedarf es eines Präventionskonzeptes, das mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst zu entwickeln ist. Sowohl beim Öffentlichen Gesundheitsdienst als auch in den Pflegeeinrichtungen herrscht aber schon jetzt Personalmangel. Hygienekonzepte, Teststrategien und Notfallpläne zu entwickeln und umzusetzen, ist nur möglich, wenn entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen vorhanden sind. Auch Besuchsräume, feste Gruppen (Personal und Bewohner*innen) und ausreichend Zeit, um demenzkranken Bewohner*innen Veränderungen zu erklären und sie einzuüben, müssen zum Standard gemacht werden. Die Angst der Pflegeheimbewohner*innen vor einer Erkrankung und eventuelle traumatische Erfahrungen bei einer Erkrankung lassen sich initial vielleicht nicht vermeiden. Es gilt aber, angemessen darauf zu reagieren. Anspruch auf Beratung und psychotherapeutische Behandlung haben Menschen unabhängig von ihrem Alter. Der Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung muss für sie auch in den Pflegeeinrichtungen gewährleistet sein.
  • Empfehlungen zur individuellen Prävention psychischer Belastungen sollten zum Allgemeinwissen gehören. Dazu ist das öffentliche Bewusstsein durch die Gesundheitspolitik sehr viel stärker als bisher zu fördern. Die BPtK hat Empfehlungen zusammengestellt, was jeder für sich tun kann, um möglichst psychisch gesund zu bleiben.

Bleiben Sie psychisch gesund – auch in Coronazeiten

  • Bleiben Sie auch bei Kontakt- und Ausgangssperren in Kontakt. Tauschen Sie sich mit Freund*innen und Bekannten aus. Berichten Sie anderen, wie es Ihnen geht. Erlebnisse und Gefühle mitzuteilen, hilft mehr, als Sie für möglich halten!
  • Schaffen Sie sich eine Tagesstruktur, wenn Home-Office, Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit alles durcheinanderbringen. Wenn möglich, schaffen Sie sich einen regelmäßigen Rhythmus von Arbeit, Mittagspause, Arbeit, kurze Pause, Familie und Hausarbeit und Freizeit.
  • Wenn Sie mit Kindern zusammenleben: Erklären Sie diesen altersgerecht die Lage, versichern Sie ihnen, dass Sie für sie da sind, sorgen Sie für einen geregelten Tagesablauf mit Pflichtaufgaben für Schule und Haushalt einerseits und Freizeitaktivitäten und Spielen andererseits. Achten Sie darauf, dass sich die Kinder auch allein beschäftigen, wenn sie das schon können.
  • Bleiben Sie in Bewegung: Egal was, egal ob Yoga oder Kraftsport – fordern sie sich körperlich. Sanft, pulsstark oder ausdauernd. Das entspannt, körperlich und seelisch. Gehen Sie, wenn möglich, raus. Jeder Abendspaziergang um den Block ist nützlich.
  • Lenken Sie sich ab. Alles, was Sie die Corona-Pandemie und Ihre Sorgen vergessen lässt, ist eine wichtige Pause für die Psyche. Permanent Grübeln und sich ständig ängstigen macht krank.
  • Wenn Sie in einer Partnerschaft leben: Sprechen Sie über die Situation und über Ihre eigenen Wahrnehmungen und Empfindungen. Vermeiden Sie dabei keine Konflikte und versuchen Sie trotzdem, gegenseitig Verständnis aufzubringen.
  • Auch wenn es eine oft gehörte Mahnung ist: Trinken Sie viel, aber nicht unbedingt Alkohol. Alkohol entspannt, aber lässt schlecht schlafen. Das Glas zu viel ist schnell erreicht.

Mehr Personal für Psychiatrie und Psychosomatik

Öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestags

(BPtK) Politiker*innen des Deutschen Bundestages befassen sich heute noch einmal mit dem unzureichenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-Richtlinie). „Es ist gut, dass der gravierende Personalmangel insbesondere in psychiatrischen Krankenhäusern und Stationen noch einmal öffentlich Thema wird“, betont Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Entgegen der einhelligen Meinung von Expert*innen hat der G-BA die Personalausstattung in den Kliniken nicht bedarfsgerecht angepasst.“

Eine Petition des Bundesverbands der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK) hatte im Dezember das notwendige Quorum von mehr als 50.0000 Unterschriften für eine öffentliche Anhörung vor dem Petitionsausschuss erreicht. Die Petentin fordert den Bundestag auf, kurzfristig geeignete Maßnahmen zur Korrektur der PPP-Richtlinie zu treffen. Nur so könne erreicht werden, dass in den psychosomatischen und psychiatrischen Kliniken flächendeckend und in allen Altersgruppen ausreichend Personal und genügend Zeit für eine gute Behandlung zur Verfügung stehen. In Bezug auf die Psychotherapie hat der Gesetzgeber bereits reagiert. Die PPP-Richtlinie soll bis zum 30. September 2020 um Vorgaben zur Anzahl von Psychotherapeut*innen je Krankenhausbett ergänzt werden. Dieser Auftrag muss nun fristgerecht erledigt werden.

Mehrwertsteuersenkung bei Alkohol ist gesundheitsgefährdend

BPtK kritisiert Pläne für Corona-Konjunkturpaket der Bundesregierung

(BPtK) Die Bundesregierung plant, morgen mit ihrem Corona-Konjunkturpaket auch die Mehrwertsteuer auf alkoholische Getränke wie Bier, Wein und Schnaps von 19 auf 16 Prozent zu senken. Dabei ist Alkohol in Deutschland bereits deutlich günstiger als in anderen Ländern. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb seit Langem, den durchschnittlichen Alkoholpreis zu erhöhen. „Alkohol zu verteuern, gehört zu den wirksamsten präventiven Maßnahmen gegen Alkoholkrankheiten“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK. „Alkohol zu verbilligen, erhöht die Schäden, die der hohe Bier-, Wein- und Schnapskonsum jetzt schon anrichtet. Alkohol sollte wie Tabak von der Mehrwertsteuersenkung ausgenommen werden.“

Insgesamt drei Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren hatten im Jahr 2018 in Deutschland eine alkoholbezogene Störung (Missbrauch: 1,4 Millionen; Abhängigkeit: 1,6 Millionen). Etwa 74.000 Todesfälle jährlich werden allein durch Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht (Jahrbuch Sucht 2020). Es ist wissenschaftlich belegt, dass ein Zusammenhang zwischen Alkoholpreis und Alkoholkonsum besteht. Je teurer Alkohol in einem Land ist, desto geringer ist die konsumierte Alkoholmenge (vergleiche Gaertner et al., 2015; Schlieckau, 2015).

Entsprechend einer Studie der OECD (2015) würde ein durchschnittlicher Anstieg des Alkoholpreises in Deutschland um zehn Prozent die Häufigkeit der Alkoholabhängigkeit um rund drei Prozent und die Häufigkeit von Alkoholmissbrauch um etwa zehn Prozent verringern. Die Zahl der alkoholabhängigen Menschen sänke um rund 54.000 und die Zahl derjenigen, die Alkohol in schädlichen Mengen konsumieren, um rund 160.000.

Eine 10-prozentige Preiserhöhung führt auch dazu, dass mehr Menschen länger und gesünder leben. Die Anzahl der gesunden Lebensjahre aller Bürger in Deutschland könnte jährlich um mehr als 75.000 und die Anzahl zusätzlich gewonnener Lebensjahre um mehr als 25.000 steigen. Außerdem könnten rund 200 Millionen Euro Gesundheitsausgaben eingespart werden (OECD, 2015).

Die Bundesregierung plant, die Mehrwertsteuersenkung auch für Alkohol mit dem Gesetzentwurf für ein „Zweites Corona-Steuerhilfegesetz“ auf ihrer Kabinettssitzung am 12. Juni zu beschließen.

Neue psychotherapeutische Telefonberatung für die Pflegeberufe

Bundesweite kostenfreie Terminvermittlung: www.psych4nurses.de

(BPtK) Für die beruflich Pflegenden gibt es ein neues psychotherapeutisches Beratungsangebot. Während der Corona-Pandemie bieten Psychotherapeut*innen ab heute eine kostenfreie Telefonberatung für alle Pflegeberufe an. Die professionelle Unterstützung ist insbesondere gedacht für Pflegefachpersonen in den Kliniken sowie in Altenpflegeheimen und in der häuslichen Versorgung. Wenn sie sich durch die aktuellen beruflichen Herausforderungen belastet fühlen, können sie über die Internetplattform www.psych4nurses.de kurzfristig und bundesweit 30-minütige Beratungstermine buchen. Dieses Angebot ist ein gemeinsames Hilfsangebot des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe und der Bundespsychotherapeutenkammer. Die Schirmherrschaft haben die Bundespflegekammer und der Deutschen Pflegerat übernommen.

„Beruflich Pflegende sind während der aktuellen Corona-Pandemie vielfach ganz besonderen psychischen Belastungen ausgesetzt“, erläutert Prof. Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK). „Obwohl fast überall eine Überlastung vorhandener Ressourcen bisher insgesamt erfolgreich vermieden werden konnte, durchlebten viele beruflich Pflegende in ambulanten Diensten, Heimen und Krankenhäusern Extremsituationen psychischer Belastung – und tun dies nach wie vor. Ich danke unserem Regionalverband DBfK Nordwest für seine Initiative und den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für ihr großzügiges Angebot.“

„Mit der neuen bundesweiten Telefonberatung wollen wir beruflich Pflegenden während der Coronakrise kurzfristig und professionell unterstützen, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. „Die Beratung, die die Psychotherapeut*innen anbieten, ist ehrenamtlich.“ „Es zeugt von einem großen Engagement der beteiligten Berufsgruppen, wie sie sich gegenseitig in Krisenzeiten unterstützen“, betont Franz Wagner, Präsident des Deutschen Pflegerats und Sprecher der Bundespflegekammer.

Arme Kinder durch Coronakrise gesundheitlich gefährdet

BPtK fordert Essen auf Rädern und Hartz-IV-Krisenzuschlag

(BPtK) Fast zwei Millionen Kinder leben in Familien, die Grundsicherung erhalten. Etwa jede fünfte armutsgefährdete Person und ihre Kinder leben in überbelegten Wohnungen. Kinder haben häufig kein eigenes Zimmer und keinen Rückzugsraum. „Finanzielle Sorgen und beengte Lebensverhältnisse lassen Konflikte schneller eskalieren, manchmal sogar bis hin zu Gewalt“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Die Coronakrise gefährdet insbesondere die Gesundheit von Kindern aus Familien mit geringen Einkommen. Ihnen fehlt das warme Mittagessen, das sie sonst in Kita oder Schule erhalten. Sie haben nicht die Computer- und Internetausstattung, um online Schulaufgaben erledigen zu können.“

Die BPtK fordert deshalb:

  • Essen auf Rädern für Kinder aus armen Familien: Eltern, die Grundsicherung beziehen, sollten daher unbürokratisch Essen auf Rädern beantragen können, damit ihre Kinder ein warmes Mittagessen erhalten.
  • Krisenzuschlag für Hartz-IV-Familien: Kinder haben ein Recht auf Bildung. Eltern, die sich die Grundausstattung für digitales Lernen nicht leisten können, sollten schnell und unbürokratisch einen Krisenzuschlag für Internetanschluss und Tablet erhalten.

Manche Kinder brauchen während der Coronakrise Ansprechpartner*innen, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Die bundesweit größte und kostenlose telefonische und Online-Beratung für Kinder, Jugendliche und auch Eltern ist die Initiative „Nummer gegen Kummer“ (116 111). Die Hotline verfügt auch über ein Elterntelefon (0800 1110 550). Viele Familienberatungen in Städten und Kreisen bieten vor Ort weiter ihre telefonische und Videoberatung an. Jugendliche können sich auch über die BPtK-Internetseite www.gefuehle-fetzen.net über psychische Krisen und Hilfsangebote informieren. Auch die Praxen von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen sind weiter für Kinder, Jugendliche und Eltern erreichbar.

„Der Schutzraum der Praxis fehlt“

BPtK-Reader: Erfahrungen von Psychotherapeut*innen in der Coronakrise

(BPtK) Die Coronakrise hat auch die psychotherapeutische Beratung und Behandlung erheblich verändert. Hygieneregeln hielten Einzug in die psychotherapeutische Praxis, Patient*innen in Quarantäne mussten per Videogespräch versorgt werden, tagesklinische Angebote fielen weg. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat diese Entwicklung von Anfang an begleitet und die Erfahrungen mit Psychotherapie im Ausnahmezustand dokumentiert. Die ersten zehn Erfahrungsberichte von Psychotherapeut*innen hat die BPtK jetzt in einem Reader zusammengefasst.

Leitfaden für die Prüfung von Gesundheits-Apps veröffentlicht

BfArM-Verzeichnis schafft die erforderliche Transparenz

(BPtK) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat seinen Leitfaden zur Prüfung von Gesundheits-Apps, die Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen ihren Patient*innen verschreiben können, veröffentlicht. „Sehr wichtig ist, dass im Verzeichnis erkennbar sein wird, ob die Gesundheits-App bereits auf ihre Wirksamkeit geprüft oder nur zur Probe zugelassen ist“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Damit liefert das BfArM die erforderliche Transparenz, um digitale Gesundheitsanwendung verantwortungsbewusst verordnen zu können.“ Im Verzeichnis wird auch die Studie nachzuschlagen sein, mit der die Wirkung einer Gesundheits-App überprüft wurde. Dadurch ist nachzuverfolgen, ob es eine Studie mit Kontrollgruppen war oder ein einfacher Vergleich einer Patientengruppe vor und nach einer digitalen Anwendung.

Die BPtK rät davon ab, Gesundheits-Apps zu verordnen, die noch nicht ausreichend geprüft sind. „Gesundheits-Apps können positive wie negative therapeutische Wirkung haben“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Patient*innen sollen nur digitale Gesundheitsanwendungen verordnet bekommen, wenn sie ausreichend geprüft und nicht nur zur Probe zugelassen wurden. Unsere Patient*innen sind keine Versuchskaninchen.“

Munz betont, dass auch wirkungslose Apps schädlich sein können: „Eine Gesundheits-App, die gar nicht oder zu wenig wirkt, kann z. B. den Eindruck verstärken, nicht gegen seine depressiven Stimmungen anzukommen.“ Für einen depressiv kranken Menschen ist es meist eine erhebliche Anstrengung, sich trotz seiner überwältigenden Gefühle der Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit psychotherapeutisch behandeln zu lassen. Misserfolge durch nicht wirksame Gesundheits-Apps untergraben die Therapiemotivation und können zu einer substanziellen Verschlechterung der Erkrankung führen.

Das BfArM plant, noch im Mai die Antragsformulare für Hersteller*innen zu veröffentlichen. Damit können voraussichtlich ab Ende August die ersten Gesundheits-Apps verordnet werden.

Keine vorschnelle Einführung der elektronischen Patientenakte

BPtK: Patient*innen brauchen Hoheit über ihre Daten von Anfang an

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert die vorschnelle Einführung der elektronischen Patientenakte auf Kosten des Datenschutzes, wie sie heute mit der 1. Lesung des Patientendaten-Schutzgesetzes geplant ist. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kann zum 1. Januar 2021 technisch nicht sicherstellen, dass Versicherte die Hoheit über ihre elektronische Patientenakte haben. Dafür wäre insbesondere notwendig, dass sie für einzelne Dokumente, wie z. B. ärztliche Verordnungen, regeln können, wer sie lesen darf. Da die Programmierung der elektronischen Patientenakte diesen datenschutzrechtlich wichtigen Aspekt noch nicht gewährleistet, plant Minister Spahn, eine vorläufige Akte mit abgesenkten Standards ab 2021 einzuführen. Ein „differenziertes Berechtigungsmanagement“ für die Versicherten soll danach erst ab 1. Januar 2022 möglich sein.

„Die geplante Version der elektronischen Patientenakte ist noch unausgereift, ihre Einführung vorschnell“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK. „Patient*innen brauchen von Anfang an die vollständige Hoheit über ihre Daten. Bisher kann psychisch kranken Menschen nicht empfohlen werden, die Patientenakte zu nutzen.“

Die BPtK lehnt außerdem ab, dass psychotherapeutische Praxen, die die Telematikinfrastruktur nicht nutzen und den Abgleich der Versichertenstammdaten nicht durchführen, finanziell sanktioniert werden. „Sanktionen führen allenfalls zu mehr Skepsis und mangelnder Akzeptanz der Telematikinfrastruktur“, gibt BPtK-Präsident Munz zu bedenken.