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BPtK-Auswertung: Monatelange Wartezeiten bei Psychotherapeut*innen

Corona-Pandemie verschärft das Defizit an Behandlungsplätzen

(BPtK) Psychisch kranke Menschen müssen weiterhin monatelang auf einen Behandlungsplatz bei einer niedergelassenen Psychotherapeut*in warten. „Die Coronakrise verschärft den Mangel an Behandlungsplätzen“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Es rächt sich jetzt, dass die Krankenkassen seit Jahren die Zulassung einer ausreichenden Anzahl von psychotherapeutischen Praxen blockieren.“

BPtK-Auswertung von 300.000 Versichertendaten für das Jahr 2019

Nach einer BPtK-Auswertung von über 300.000 Versichertendaten für das Jahr 2019 warten rund 40 Prozent der Patient*innen mindestens drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung, wenn zuvor in einer psychotherapeutischen Sprechstunde festgestellt wurde, dass sie psychisch krank sind und deshalb behandelt werden müssten. Damit wartet fast die Hälfte von psychisch kranken Menschen inakzeptabel lange auf eine notwendige Behandlung.

Dabei beginnt nur die Hälfte der Patient*innen nach einer psychotherapeutischen Sprechstunde eine Behandlung. Knapp 20 Prozent von ihnen benötigt eine besonders dringende Akutbehandlung. Von den Patient*innen, die eine Behandlung brauchen, beginnen über 80 Prozent eine Kurzzeittherapie von höchstens 24 Stunden. Nur knapp 15 Prozent beginnen direkt eine Langzeittherapie oder verlängern innerhalb der untersuchten 15 Monate die Kurzzeittherapie.

Hintergrund: Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat die psychischen Belastungen in der Bevölkerung massiv erhöht. Insbesondere während der zweiten Corona-Welle nahmen die Anfragen bei niedergelassenen Psychotherapeut*innen massiv zu. Nach einer Umfrage der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung vom Januar 2021 erhielten niedergelassene Psychotherapeut*innen deutlich mehr Anfragen als im Januar 2020. Stellten Patient*innen im vergangenen Jahr im Schnitt 4,9 Anfragen pro Woche, waren es 2021 6,9. Allein der Anteil an Psychotherapeut*innen, die mehr als zehn Anfragen pro Woche erhielten, verdoppelte sich dabei. Nur zehn Prozent der Anfragenden konnten innerhalb eines Monats einen Behandlungsplatz erhalten. Knapp 40 Prozent mussten länger als sechs Monate warten.

BPtK-Forderung: Kurzfristige Corona-Soforthilfe

Es ist zu erwarten, dass das ganze Ausmaß der psychischen Folgen erst nach einem Lockdown-Ende sichtbar wird. Die BPtK fordert deshalb eine Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Menschen. Das Angebot an psychotherapeutischer Beratung und Behandlung muss kurzfristig deutlich ausgeweitet werden. Deshalb sollten auch Privatpraxen bis Ende des Jahres grundsätzlich Menschen mit psychischen Beschwerden und Erkrankungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung versorgen können. Die Kassen müssen verpflichtet werden, die Kosten ohne bürokratische Hürden zu erstatten.

BPtK-Forderung: Langfristig mehr Praxen zulassen

Auf Dauer ist eine erneute Reform der Bedarfsplanung notwendig. „Fast jeder zweite psychisch kranke Mensch muss drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung warten“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Die Politik sollte endlich das Leid der psychisch kranken Menschen ernst nehmen. Insbesondere außerhalb von Großstädten und im stark unterversorgten Ruhrgebiet müssen erheblich mehr psychotherapeutische Praxen zugelassen werden, damit Menschen, bei denen in einer psychotherapeutischen Sprechstunde eine psychische Erkrankung festgestellt wurde, auch innerhalb von vier Wochen eine Behandlung aufnehmen können.“

Fahrlässiger Patientenschutz bei Gesundheits-Apps

BPtK zum Gesetzentwurf zur digitalen Modernisierung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert den fahrlässigen Patientenschutz bei Gesundheits-Apps, wie er im Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG), das heute im Bundestag beraten wird, vorgesehen ist. Danach sollen Gesundheits-Apps schon bis zu zwei Jahre verordnet werden können, bevor überhaupt geklärt ist, ob sie wirksam sind oder nicht sogar schaden. Für das erste Jahr können die Anbieter*innen außerdem die Preise für die Nutzung der Gesundheits-Apps nach eigenem Ermessen festsetzen. „Das ist Wirtschaftsförderung für die Digitalbranche auf Kosten des Patientenschutzes“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Für unfertige digitale Produkte dürfen nicht die hohen Qualitätsstandards der gesetzlichen Krankenversicherung über Bord geworfen werden.“

An „digitale Gesundheitsanwendungen“ (DiGAs), wie die Gesundheits-Apps im Gesetzentwurf heißen, müssen die gleichen Ansprüche gestellt werden wie an alle Arznei- und Heilmittel. Vor ihrer Verordnung in der gesetzlichen Krankenversicherung muss sichergestellt sein, dass sie nicht die Gesundheit der Patient*innen gefährden. Deshalb müssen zum Beispiel Depression-Apps, ihre Wirksamkeit nachgewiesen haben, bevor Patient*innen sie anwenden. Dieser Nachweis muss mittels klinischen Studien mit Kontrollgruppen erfolgen. „Unsere Patient*innen sind keine Versuchskaninchen“, betont Munz. „Eine schnelle Markteinführung der Gesundheits-Apps darf nicht zum Holter-die-Polter beim Patientenschutz führen. Es muss geprüft sein, dass digitale Therapieprogramme zum Beispiel tatsächlich depressive Beschwerden lindern und die Patient*in nicht weiter in ihre Hoffnungslosigkeit treiben.“

Rund 10.000 Kinder kommen mit alkoholbedingten Schäden zur Welt

BPtK fordert intensive Aufklärungskampagne für Schwangere

(BPtK) Nach Schätzungen sind jährlich rund 10.000 Kinder in Deutschland schon bei ihrer Geburt alkoholgeschädigt. Fast jede dritte Frau trinkt während ihrer Schwangerschaft Alkohol und fast jede zehnte Frau in riskanten Mengen. 12 Prozent der Schwangeren betrinken sich gelegentlich sehr stark, vier Prozent tun dies sogar jeden Monat (GEDA-Studie, Robert Koch-Institut, 2012).

„Zu viele Menschen wissen nach wie vor nicht, dass Alkohol in der Schwangerschaft zu schweren und lebenslangen Schäden am ungeborenen Kind führen kann“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Deshalb sind intensive Aufklärungskampagnen für Schwangere notwendig. Schwangere sollten vollkommen auf Alkohol verzichten. Im Blut des Kindes herrscht schnell die gleiche Alkoholkonzentration wie im Blut der Mutter. Die Leber eines ungeborenen Kindes kann den Alkohol jedoch noch nicht abbauen.“

Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann zu schweren körperlichen, aber auch geistigen Schäden am ungeborenen Kind führen. Kinder, die solche Schäden erlitten haben, zeigen häufig Verhaltens- und Entwicklungsstörungen. Sie haben auch ein erhöhtes Risiko, selbst eine Suchterkrankung zu entwickeln. „Kinder mit vorgeburtlichen Schäden durch Alkoholkonsum benötigen häufig ihr Leben lang spezielle Versorgung“, stellt BPtK-Präsident Munz anlässlich der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss fest. „Dabei ist eine frühzeitige Diagnostik und eine abgestimmte Behandlung im multiprofessionellen Team notwendig.“ Die Anhörung erfolgte aufgrund eines Antrags der FDP-Fraktion (BT-Drs. 19/26118).

BPtK fordert Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Menschen

Privatpraxen für zusätzliche Sprechstunden und Behandlungsplätze nutzen

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert eine Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Menschen. Das Angebot an psychotherapeutischer Beratung und Behandlung muss kurzfristig deutlich ausgeweitet werden. Deshalb sollten auch Privatpraxen bis Ende des Jahres grundsätzlich Menschen mit psychischen Beschwerden und Erkrankungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen versorgen können. Die Kassen müssen verpflichtet werden, die Kosten ohne bürokratische Hürden zu erstatten. Voraussetzung sollte nur sein, dass eine approbierte Psychotherapeut*in in Privatpraxis feststellt, dass eine Behandlung notwendig ist.

„Die zugelassenen Praxen sind durch die Corona-Pandemie noch stärker überlaufen. Viele Hilfesuchende warten inzwischen monatelang auf eine psychotherapeutische Beratung oder Behandlung“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Die zweite Corona-Welle gefährdet die psychische Gesundheit der Menschen erheblich stärker als die erste. Die andauernde Virusgefahr und die notwendigen Einschränkungen im gewohnten Leben überfordern die seelischen Widerstandskräfte vieler Menschen.“

Dabei verschärft die Corona-Pandemie den chronischen Mangel an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach einer Umfrage der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung sind die Patientenanfragen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum durchschnittlich um 40 Prozent gestiegen, bei Kindern und Jugendlichen sogar um 60 Prozent.  Nur 10 Prozent der Patient*innen kann innerhalb eines Monats ein Behandlungsplatz angeboten werden. 38 Prozent müssen länger als sechs Monate warten. „Es kann noch schlimmer werden“, sagt Munz voraus. „Das ganze Ausmaß der psychischen Folgen der Pandemie wird erst nach einem Lockdown-Ende sichtbar werden. Viele Menschen versuchen jetzt noch durchzuhalten und suchen erst später Hilfe.“

Bis hierhin und nicht weiter? Wie viel Internet ist okay?

Neue Internetseite: www.elternratgeber-internet.de

(BPtK) Eltern beobachten manchmal mit Sorge, wie viel Aufmerksamkeit und Lebenszeit ihre Kinder ihrem Smartphone schenken. Manchmal scheint ihnen die Welt im Netz wichtiger zu sein als die reale Welt. Und es stellen sich ganz grundsätzliche Fragen: Wie verändert die neue digitale Welt der Information, des Spiels und Zeitvertreibs, des Sich-Selbst-Findens, des Zusammenfindens und des Abgrenzens die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? Was ist normal und gehört heute einfach dazu? Was ist noch gesund und was zu viel des Abtauchens in virtuelle Welten?

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) bietet mit ihrem Elternratgeber „Internet“ erste Orientierung und Hilfe. Dieser Elternratgeber ist jetzt auch als eigene Internetseite verfügbar: www.elternratgeber-internet.de.

Die Webseite bietet je nach Alter des Kindes oder Jugendlichen unterschiedliche Empfehlungen für die Internetnutzung. Sie beschreibt auch, wo Eltern sich Beratung und Hilfe holen können, wenn sie den Eindruck bekommen, dass ihre Kinder in Chat-Plattformen und Spielen versinken. Es werden auch heikle Themen wie Cyber-Mobbing und Pornografie im Netz angesprochen.

Systemische Therapie seit Jahresanfang Leistung der Beihilfe

Sprechstunde nicht abrechenbar, nur unter 18-Jährige durch KJP behandelbar

(BPtK) Seit dem 1. Januar 2021 übernimmt die Beihilfe, die Krankenversicherung der Beamt*innen, die Kosten für die Systemische Therapie. Auch die Kostenübernahme für die psychotherapeutische Akutbehandlung wurde neu geregelt. Als gravierende Einschränkung bleibt allerdings: Die Beihilfe bezahlt weiterhin keine psychotherapeutischen Sprechstunden. Außerdem dürfen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) aller anerkannten psychotherapeutischen Verfahren nur noch unter 18-Jährige behandeln.

„Diese willkürlichen Einschränkungen sind nicht nachzuvollziehen“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die psychotherapeutische Sprechstunde gehört seit 2017 zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen verfügen berufsrechtlich über die Erlaubnis, Heranwachsende bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres zu behandeln.“ Die BPtK fordert deshalb vom Bundesinnenministerium (BMI), welches die Bundesbeihilfe-Verordnung erlassen hat, diese fachlich und juristisch nicht haltbaren Regelungen zu korrigieren.

Das BMI hatte mit der geänderten Bundesbeihilfe-Verordnung die sozialrechtliche Anerkennung der Systemischen Therapie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nachvollzogen. Die Systemische Therapie ist damit als Einzeltherapie, im Mehrpersonensetting und als Gruppentherapie im Regelfall mit bis zu 36 Sitzungen beihilfefähig. Eine Behandlung kann um weitere 12 Sitzungen verlängert werden.

Die psychotherapeutische Sprechstunde wurde dagegen auch in die neue Bundesbeihilfeverordnung nicht aufgenommen. Für Diagnostik und Indikationsstellung bleibt es bei den alten Regelungen zu den probatorischen Sitzungen. Danach sind grundsätzlich bis zu fünf probatorische Sitzungen, im Falle der analytischen Psychotherapie bis zu acht Sitzungen, erlaubt. Probatorische Sitzungen werden dabei weiterhin über Analogbewertungen unter Verwendung der entsprechenden Ziffern für das Psychotherapieverfahren als Einzelbehandlung abgerechnet. Zusätzliche Kontingente der psychotherapeutischen Sprechstunde und der probatorischen Sitzungen, wie sie in der Psychotherapie-Richtlinie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen und Menschen mit geistiger Behinderung vorgesehen sind, wurden damit nicht umgesetzt. Der Leistungsanspruch für Beihilfeberechtigte bleibt damit deutlich hinter dem Standard der gesetzlichen Krankenversicherung zurück.

Neu geregelt wurde die Akutbehandlung. Künftig können auch Beihilfeberechtigte bis zu 24 Therapieeinheiten von mindestens 25 Minuten als Akutbehandlung erhalten. Hierbei bedarf es vorab keiner Genehmigung durch den Kostenträger. Die Akutbehandlung ist bis zu einer Höhe von 51 Euro beihilfefähig. Personen unter 21 Jahren und Menschen mit geistiger Behinderung können für einen stärkeren Einbezug von Bezugspersonen insgesamt 30 Therapieeinheiten erhalten.

Schließlich wurde auch für die Kurzzeittherapie eine Ausnahme vom Genehmigungsverfahren eingeführt. Die Kurzzeittherapie als Einzel- oder Gruppentherapie von bis zu 24 Behandlungsstunden bedarf nicht mehr vorab der Genehmigung durch die Beihilfe. Vor Behandlungsbeginn ist wie bisher eine somatische Abklärung zu veranlassen.

Hochproblematisch ist dagegen, dass KJP nur noch Heranwachsende bis 18 Jahre behandeln dürfen. Dies widerspricht deren berufsrechtlichen Behandlungserlaubnis, welche eine Behandlungsmöglichkeit bis zum Ende des 21. Lebensjahres einschließt. Wenn dies im Einzelfall erforderlich ist, können Behandlungen auch über das 21. Lebensjahr fortgesetzt werden.

„Die Bundesbeihilfe-Verordnung ignoriert die besondere Behandlungskompetenz von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen im Transitionsalter zum Erwachsenen“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Gerade psychisch kranke Heranwachsende müssen die Möglichkeit haben, eine erforderliche Behandlung bei ihrer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in durchzuführen oder fortzusetzen.“

Intersexualität ist keine Krankheit

BPtK begrüßt Verbot von medizinischen Eingriffen an Kindern

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt das geplante Verbot von geschlechtsanpassenden Operationen an intersexuellen Neugeborenen und Kindern, die nicht medizinisch notwendig sind. In Deutschland leben schätzungsweise 120.000 Menschen, die weder mit eindeutig männlichen oder weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurden. Sie tragen nicht den geschlechtsspezifischen Chromosomensatz, das Mengenverhältnis ihrer Hormone ist anders oder sie besitzen männliche und weibliche Fortpflanzungsorgane. Bisher werden viele Intersexuelle im frühen Kindesalter operiert. Ihnen werden zum Beispiel Hoden entfernt oder die Klitoris verkleinert. Noch 2016 operierten Ärzte mehr als 2.000 Kinder unter zehn Jahren an den Genitalien.

„Intersexuelle Kinder sind körperlich und psychisch gesunde Kinder. Ihnen per Operation ein eindeutiges Geschlecht zu geben, kann zu schweren traumatischen Erfahrungen führen“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Operationen im Kindesalter werden von intersexuellen Menschen später oft als Zwang und gravierende Verletzung ihres Selbstbestimmungsrechts erlebt, insbesondere dann, wenn die entwickelte Geschlechtsidentität nicht mit dem anoperierten Geschlecht übereinstimmt. Intersexuelle Menschen sollten über ihr Geschlecht selbst bestimmen können und sich auch als zwischengeschlechtliche Menschen verstehen dürfen. Eingriffe an Geschlechtsmerkmalen gehören deshalb verboten, außer sie verhindern eine Gesundheits- oder Lebensgefahr beim Kind.“

Nach den Plänen der Bundesregierung dürfen Eltern nicht mehr in Behandlungen einwilligen, die das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das männliche oder weibliche Geschlecht angleichen sollen. Die Entscheidung soll grundsätzlich verschoben werden, bis das Kind selbstbestimmt einwilligen kann. Dies ist grundsätzlich erst ab dem 14. Lebensjahr möglich. Ist ein operativer Eingriff nicht zu verschieben, bedarf die Einwilligung der familiengerichtlichen Genehmigung, außer in Fällen, in denen die Gesundheit und das Leben des Kindes in Gefahr sind. Dafür muss eine interdisziplinäre Kommission den Eingriff beurteilen und ihn befürworten, weil er dem Wohl des Kindes am besten entspricht. In dieser Kommission sollte – anders als bisher im Gesetzentwurf vorgesehen – neben Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen jedoch verpflichtend auch eine intersexuelle Beratungsperson vertreten sein, fordert die BPtK.

„Wie wollen wir Weihnachten dieses Jahr gestalten?“

Was eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Eltern im Corona-Jahr rät

(BPtK) Der nächste Lockdown während der Corona-Pandemie beginnt heute. Weihnachten als großes Familienfest zu feiern, ist damit nicht möglich, auch weil insbesondere die Großeltern geschützt werden sollten. Eltern stehen damit vor der nicht einfachen Aufgabe, die Veränderungen ihren Kindern so zu erklären, dass trotzdem ein persönliches und frohes Fest gelingt.

Ein Weihnachten mit Corona-Einschränkungen kann auch eine Chance sein, meint Michaela Willhauck-Fojkar, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Mannheim und im Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer. „An Weihnachten muss häufig zu viel Familie gelingen. Die Erwartungen an Gemeinsamkeit und Harmonie sind so hoch wie sonst selten im Jahr. Das kann leicht schief gehen.“ Corona zwingt zum Runterschalten und vielleicht sogar zu einem besseren Austausch darüber: „Wie wollen wir Weinachten dieses Jahr gestalten?“ Viele Familien sind normalerweise mit Backen, Besuchen und Reisen enorm ausgelastet. In diesem Jahr fallen vielleicht Besuche aus. Das kann auch einmal Erholung und Entspannung bedeuten. „Großeltern können sich überlegen, was sie mit den Enkeln per Videotelefonat machen wollen. Auch per Bildschirm können sie mit Kindern und Enkeln gemeinsam „Tee-Trinken wie bei der Queen in England“ – einmal aus Alltäglichem etwas Besonderes machen. Ein Familienessen während der Feiertage kann auch zu einem Festgelage von Piraten auf dem Fußboden werden, bei dem verboten ist, „Bitte“ und „Danke“ zu sagen. Gerade in Coronazeiten hilft es häufig, den großen Ernst zu vertreiben und Situationen zu schaffen, in der alle zusammen lachen.“

Familien sollten auch überlegen, wie sie mit den Corona-Einschränkungen nach den Weihnachtstagen zurechtkommen, rät die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin: „Familien können sich abends zusammen hinsetzen und besprechen: Was habe ich heute für den Kopf getan? Was habe ich heute für den Körper getan? Habe ich Freude und Spaß gehabt? Habe ich Kontakt außerhalb der Familie gehabt? Das sind alles Dinge, die wichtig sind, damit wir uns psychisch wohlfühlen. Wenn etwas aus der Liste immer wieder fehlt, sollte wir überlegen, wie wir das ändern können.“

Das vollständige Interview mit Michaela Willhauck-Fojkar finden Sie hier.

Keine voreilige Einführung digitaler Identitäten

BPtK fordert zunächst Nachweis ausreichender Datensicherheit

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) lehnt die voreilige Einführung digitaler Identitäten ab, wie sie mit dem Referentenentwurf des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) geplant ist. „Der Heilberufsausweis, die elektronische Gesundheitskarte und ein sicherer Router („Konnektor“) sind entscheidende Elemente der Datensicherheit in der Telematik-Infrastruktur. Diesen hohen Datenschutz aufzugeben, ohne dass das neue Sicherheitssystem überhaupt ausreichend beschrieben und getestet ist, ist ein unverantwortlicher Schnellschuss“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Eine Authentifizierung ohne Chipkarte muss erst den Nachweis erbringen, dass sie genauso sicher ist wie die bisherige Zwei-Karten-Lösung aus elektronischer Gesundheitskarte und Heilberufsausweis.“

Der Referentenentwurf sieht vor, dass digitale Identitäten zur Authentifizierung in der Telematik-Infrastruktur eingeführt werden, die unabhängig von einer Chipkarte bestehen. Damit vollzieht der Gesetzgeber eine grundsätzliche Wende in der Sicherheitsarchitektur der Telematik-Infrastruktur, ohne dass die neuen Regelungen erprobt wurden. „Eine solche überstürzte Einführung gefährdet das Vertrauen in das gesamte Telematik-Projekt“, stellt BPtK-Präsident Munz fest.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat bereits Sicherheitsbedenken gegenüber einem digitalen Austausch von Gesundheitsdaten ohne Chipkarten und physischen Konnektor geäußert. „Über Jahre entwickelte hohe Sicherheitsstandards können nicht von heute auf morgen einfach abgeschafft werden, ohne dass die neuen Standards angemessen geplant und erprobt wurden“, kritisiert Munz. „Die Gesellschaft für Telematik und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik müssen ausreichend Zeit bekommen, um Sicherheitsfragen zu klären und die sich daraus ergebenden Anforderungen zu definieren.“

Über 27.000 Kinder und Jugendliche erlitten 2019 sexualisierte Gewalt

BPtK: Psychotherapie in Strafverfahren sicherstellen

(BPtK) Mindestens 27.000 Kinder und Jugendliche erlitten 2019 nach polizeilichen Statistiken sexuelle Gewalt. Darunter fallen Straftaten wie Vergewaltigung, Missbrauch, Kinderpornografie und Zuhälterei. Die Dunkelziffer von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche wird noch viel höher eingeschätzt. Viele dieser Kinder und Jugendlichen sind schwer traumatisiert und benötigen intensive psychotherapeutische Behandlung. Deshalb fordert die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), dass schon während der Vernehmungen in einem Strafverfahren mit einer Psychotherapie begonnen werden kann. Dafür ist eine Klarstellung im Gesetzentwurf zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder erforderlich, zu dem heute im Rechtsausschuss eine Anhörung stattfindet.

„Die traumatisierten Kinder und Jugendlichen benötigen frühestmöglich eine psychotherapeutische Betreuung und Behandlung, um ihre Gewalterfahrungen zu verarbeiten und damit die Befragungen während des Strafverfahrens nicht zu einer Retraumatisierung führen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK, fest. „Eine Psychotherapie steht der Beweiserhebung nicht im Weg, sondern macht sie vielfach überhaupt erst möglich.“

Die BPtK unterstützt auch, dass das Strafverfahren gegen minderjährige Opfer sexualisierter Gewalt besonders beschleunigt werden soll. Durch ein ausdrückliches Beschleunigungsgebot kann die Dauer des Strafprozesses für die traumatisierten Kinder und Jugendlichen verkürzt und erträglicher werden.