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Vergütung der ambulanten Komplexbehandlung deckt nicht Mehraufwand

BPtK: „Neue Versorgung für schwer psychisch Kranke droht zu scheitern“

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hält die Vergütung der neuen ambulanten Komplexversorgung für schwer psychisch Kranke für unzureichend. Die Vergütung deckt nicht den Mehraufwand für intensiv-psychotherapeutische Behandlungen mit möglichst durchgehender Erreichbarkeit. Spezifische Gesprächsleistungen im Einzel- und Gruppensetting, die für schwer psychisch Kranke notwendig sind, sind gar nicht vorgesehen, auch nicht für kurzfristige Kriseninterventionen. Die neue Vergütung berücksichtigt damit nicht, dass psychotherapeutische Praxen überwiegend zeitgebundene Leistungen erbringen und dadurch im Vergleich zu psychiatrischen Praxen geringere Fallzahlen vorweisen. „Die Komplexversorgung droht damit zu scheitern“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Das neue Behandlungsangebot für schwer psychisch Kranke schließt mehr als die Hälfte der Psychotherapeut*innen aus und bezahlt den Rest für den Mehraufwand nicht ausreichend.“

Die ambulante Komplexbehandlung kann ab 1. Oktober erbracht und abgerechnet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Krankenkassen haben die Vergütung für diese neue Leistung vereinbart. Für das ambulant-intensive Behandlungsangebot wird es in der Gebührenordnung für Psychotherapeut*innen (GOP) einen neuen Abschnitt geben, der neun GOP-Ziffern enthält:

Die Eingangssprechstunde (GOP 37500) und die differentialdiagnostische Abklärung (GOP 37510) werden beide mit 26,02 Euro (231 Punkten) je 15 Minuten vergütet und können im Krankheitsfall vier Mal abgerechnet werden. Die differenzialdiagnostische Abklärung ist dabei nur von Ärzt*innen berechnungsfähig. Fallbesprechungen (GOP 37550) sind bis zu viermal im Quartal mit 14,42 Euro (128 Punkten) je 10 Minuten verrechenbar. Fallbesprechungen können dabei sowohl telefonisch als auch per Video durchgeführt werden.

Die sechs restlichen GOP-Ziffern können ausschließlich von Bezugspsychotherapeut*innen oder -ärzt*innen berechnet werden: Hierunter fallen die Erstellung des Gesamtbehandlungsplanes (GOP 37520) ein Mal im Krankheitsfall mit 50,47 Euro (448 Punkten) sowie zusätzliche Aufgaben wie die Aktualisierung des Behandlungsplanes (GOP 37525) ein Mal pro Quartal mit einer Zusatzpauschale von 50,70 Euro (450 Punkten) oder Aufwände für Organisation, Technik und Management des Netzverbundes (GOP 37570) ein Mal pro Quartal mit einer Zusatzpauschale von 22,53 Euro (200 Punkten). Die Koordination der Versorgung durch eine nichtärztliche Person (GOP 37530), wie beispielsweise einer ambulanten psychiatrischen Pflegekraft oder einer Ergotherapeut*in, wird ein Mal pro Quartal mit 65,01 Euro (577 Punkten) vergütet. Die Veranlassung von Hausbesuchen der nichtärztlichen Person (GOP 37535) wird bis zu dreimal im Quartal mit je 18,70 Euro (166 Punkten) abgerechnet. Für die Teilnahme einer nichtärztlichen Person an Fallbesprechungen (GOP 37551) können 14,42 Euro (128 Punkte) je zehn Minuten veranschlagt werden.

Voraussetzung für die Abrechnung der neuen GOP-Ziffern ist der Zusammenschluss in einem Netzverbund und der Erhalt einer Abrechnungsgenehmigung von der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Für die Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche mit einer schweren psychischen Erkrankung wird es ein eigenes Versorgungsprogramm mit eigenen Vergütungsregelungen geben, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss aktuell entwickelt wird.

Ambulante Komplexversorgung auf nächste Legislatur verschoben

Lauterbach packt notwendige Korrekturen nicht an

(BPtK) Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verschiebt die notwendigen Korrekturen an der ambulanten Versorgung schwer psychisch Kranker in die nächste Legislaturperiode.  „Die ambulante Komplexversorgung wird scheitern, wenn nicht kurzfristig gravierende Fehler behoben werden“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest.

Die Bundesregierung hatte noch im Koalitionsvertrag geplant, die unzureichenden Kapazitäten in der ambulanten Komplexversorgung „bedarfsgerecht, passgenau und stärker koordiniert auszubauen“ und „den Zugang sicherzustellen“. In der Versorgung schwer psychisch Kranker drohen erhebliche Engpässe, weil die Mehrheit der Psychotherapeut*innen von der zentralen Koordinatoren-Rolle ausgeschlossen wurde. Durch überflüssige Doppeluntersuchungen wurden ferner erhebliche Hürden aufgebaut. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will jetzt jedoch zunächst die Ergebnisse der fünfjährigen Evaluation durch den Gemeinsamen Bundesausschuss abwarten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Ambulante Komplexversorgung bei schwer psychisch kranken Versicherten“ der Unionsfraktion hervor (BT-Drs. 20/2513). Die Ergebnisse der Evaluation sollen bis spätestens 18. Dezember 2026 vorliegen. Dazwischen liegt die nächste Bundestagswahl am 26. Oktober 2025. „Bundesgesundheitsminister Lauterbach stößt damit schwer psychisch Kranken vor den Kopf“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Sie werden insbesondere in vielen ländlichen Regionen keine Behandler*innen finden, die ihnen die neue multiprofessionelle und ambulante Versorgung anbieten.“

Patient*innen wollen ernst genommen werden

BPtK-Patientenbefragung zur psychotherapeutischen Sprechstunde

(BPtK) Psychisch kranke Menschen schätzen Psychotherapeut*innen als direkte und kompetente Ansprechpartner*innen. Das ist das Ergebnis einer Patientenumfrage der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), die fünf Jahre nach der Einführung der psychotherapeutischen Sprechstunde insgesamt 192 Personen zu ihren Erfahrungen befragte. Über 80 Prozent der Patient*innen waren mit der Beratung in der psychotherapeutischen Sprechstunde „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“. Sie schätzten insbesondere die Ernsthaftigkeit und Professionalität der ersten beratenden und diagnostischen Gespräche bei Psychotherapeut*innen. Fast alle Ratsuchenden betonten, dass ihnen aufmerksam zugehört wurde (93 %) und sie mit ihren Problemen ernst genommen wurden (88 %). Ebenfalls befürworteten fast alle (94 %) den direkten Weg zur Psychotherapeut*in. Die Patient*innen wollen einhellig (93 %) selbst entscheiden, bei wem sie ihre psychischen Beschwerden abklären lassen. Eine vorige verpflichtende Konsultation beispielsweise bei einer Haus- oder Fachärzt*in lehnten zwei Drittel ab.

„Die psychotherapeutische Sprechstunde ist für Patient*innen ein einzigartiges Angebot “, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Bemerkenswert ist, wie sehr sie die Sprechstunde schätzen, Patient*innen wollen ernst genommen werden.“

Seit dem 1. April 2017 können Patient*innen bei psychischen Beschwerden kurzfristig einen Termin in einer „psychotherapeutischen Sprechstunde“ erhalten. Dort erfahren sie, wie ihre Beschwerden einzuschätzen sind und ob sie eine Behandlung benötigen. „Damit haben sich die psychotherapeutischen Praxen zur zentralen Anlauf‐ und Koordinationsstelle für psychisch kranke Menschen entwickelt“, bilanziert Munz. „Patient*innen erhalten eine kompetente Beratung, sie können ihre Beschwerden umfassend diagnostizieren lassen und bekommen Empfehlungen, welche Hilfe möglich oder notwendig ist.“

Der direkte Weg zur Psychotherapeut*in ist dafür die unerlässliche Grundlage. „Psychische Beschwerden sind oft äußerst schambesetzt,“ erklärt der BPtK-Präsident. „Dass Patient*innen einen Hürdenlauf über Haus- und Fachärzt*innen ablehnen, ist deshalb verständlich.“

„Das Gespräch über psychische Erkrankungen benötigt Aufmerksamkeit und Zeit. Patient*innen erwarten zu Recht, dass ihnen ausführlich zugehört wird“, ergänzt Munz. Das ermöglicht die psychotherapeutische Sprechstunde. Die Patient*in kann dafür bis zu sechs Termine à 25 Minuten vereinbaren, die meist zu 50 Minuten-Gesprächen zusammengelegt werden.

„Das Warten muss jetzt ein Ende haben!“

BPtK fordert dringend mehr psychotherapeutische Behandlungsplätze

(BPtK) Psychisch kranke Menschen müssen seit über 20 Jahren monatelang auf eine Behandlung in einer psychotherapeutischen Praxis warten. „Seit der Einführung der psychotherapeutischen Bedarfsplanung 1999 fehlen unzählige psychotherapeutische Praxen“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Überfällig ist eine Reform der Bedarfsplanung, die ihren Namen verdient. Wer psychisch erkrankt, muss sich deshalb seit mehr als zwanzig Jahren auf eine unzumutbar lange Suche nach einem freien Behandlungsplatz bei einer zugelassenen Psychotherapeut*in machen. Durch die Corona-Pandemie hat sich der Bedarf an psychotherapeutischer Hilfe noch einmal erheblich vergrößert.“

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertag bereits angekündigt, die Bedarfsplanung zu reformieren. „Das Warten auf eine psychotherapeutische Behandlung muss jetzt endlich ein Ende haben“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Der Bundesgesundheitsminister sollte noch in diesem Jahr ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen verabschieden, mit dem mehr psychotherapeutische Praxen insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen ermöglicht werden.“

Kurze Geschichte der langen Wartezeiten

Seit mehr als 10 Jahren belegen Umfragen und Studien, dass psychisch kranke Menschen monatelang auf eine psychotherapeutische Behandlung warten müssen:

Musterordnungen, Satzung und Geschäftsordnung gegendert

DPT beschließt, künftig alle Geschlechter anzusprechen

(BPtK) Der 40. Deutsche Psychotherapeutentag in Stuttgart verabschiedete Musterordnungen, Satzung und Geschäftsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in veränderter Form. Er beschloss, alle Ordnungen und die Satzung künftig zu gendern. „Es ist bei den Psychotherapeut*innen an der Zeit, auch bei den Musterordnungen alle Geschlechter anzusprechen“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Dabei ist ein binäres Geschlechterverständnis überholt. Wir wollten alle Kammermitglieder gleichberechtigt ansprechen. Deshalb haben wir das Gendersternchen gewählt.“

Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen

BPtK fordert schnelles Handeln

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert heute anlässlich des 40. Deutschen Psychotherapeutentags in Stuttgart ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen. „Die Corona-Pandemie ist für viele Menschen mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag bereits vereinbart, die Versorgung psychisch kranker Menschen zu verbessern. Damit dies gelingen kann, muss ein Gesetz noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden.“ Das Gesetz sollte regeln:

Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung verringern

Schon vor der Corona-Pandemie warteten psychisch kranke Menschen häufig monatelang auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz. Die Wartezeit wird sich durch die zusätzlichen Patient*innen noch einmal verlängern. Die BPtK fordert deshalb 1.600 zusätzliche Psychotherapeutensitze insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Gebieten, wie ein Gutachten des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) als notwendig berechnet hat. Davon stände rund jeder fünfte Sitz für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung.

Auch mit schwerer psychischer Erkrankung ambulant versorgt werden

Schon die letzte Bundesregierung hat den G-BA beauftragt, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit schwer psychisch kranke Menschen ambulant besser versorgt werden können. Die neue G-BA-Richtlinie zur Komplexversorgung ist jedoch misslungen. Sie schreibt überflüssige Mehrfachuntersuchungen vor, schränkt massiv die Zahl der Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen, die die Planung und Koordination der Gesamtbehandlung übernehmen können, ein und behindert eine aufsuchende Behandlung. Die BPtK fordert, den G-BA mit einer grundlegenden Überarbeitung seiner Richtlinie zu beauftragen.

Sprachmittlung für Patient*innen ohne ausreichende Deutschkenntnisse

Psychotherapie ohne sprachliche Verständigung ist nicht möglich. Viele Migrant*innen, aber auch die meisten ukrainischen Flüchtlinge sind zwar gesetzlich krankenversichert, sie können jedoch nicht psychotherapeutisch behandelt werden, da die gesetzliche Krankenversicherung keine Sprachmittlung finanziert. Die BPtK fordert, kurzfristig Sprachmittlung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sicherzustellen.

Zukunft der Psychotherapie sichern

Die Reform der Psychotherapeutenausbildung ist unvollendet. Es fehlt eine ausreichende Finanzierung der Weiterbildung. Die BPtK fordert eine ausreichende finanzielle Förderung der psychotherapeutischen Weiterbildung, damit die Zukunft des Berufs gesichert ist.

Psychotherapeut*innen in die vertragsärztliche Versorgung integriert

Diotima-Ehrenpreis an Dieter Best und Jürgen Doebert

(BPtK) Dieter Best und Jürgen Doebert erhalten heute den Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) ehrt damit in diesem Jahr zwei herausragende Standesvertreter für ihr Engagement bei der Integration der Psychotherapeut*innen in die vertragsärztliche Versorgung.

„Ihr Blick ging von Anfang an über die Richtlinie-Psychotherapie hinaus“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz in seiner Laudatio fest. Für beide sei es das grundlegende Ziel gewesen, Psychotherapeut*innen als direkte Ansprechpartner*innen für psychisch kranke Patient*innen in der ambulanten Versorgung zu integrieren. Dabei war ihnen die vertrauensvolle Kooperation mit den Vertragsärzt*innen ein zentrales Anliegen. Aus unterschiedlichen psychotherapeutischen Traditionen stammend und für verschiedene Verbände aktiv, engagierten sie sich mit großem Engagement in der gemeinsamen Selbstverwaltung. „Beide haben von Beginn an die Integration des neuen Heilberufs in den Strukturen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung entscheidend mitgeprägt“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Gemeinsam vertraten sie selbstbewusst und mit Augenmaß die versorgungspolitischen wie ökonomischen Interessen der Profession. Sie waren wesentliche Ideengeber für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Rolle der Psychotherapeut*innen in der ambulanten Versorgung: von der Gestaltung der psychotherapeutischen Grundversorgung über die Reform der Psychotherapie-Richtlinie mit der Einführung der Sprechstunde und Akutbehandlung bis hin zur Erweiterung der Verordnungsbefugnisse von Psychotherapeut*innen.”

Mit dem Psychotherapeutengesetz im Jahr 1999 schuf der Gesetzgeber die zwei neuen Heilberufe: des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Seither können sich Patient*innen direkt an diese beiden Behandler*innen von psychischen Erkrankungen wenden. Mit dem Gesetz wurden beide Berufe auch in die Kassenärztlichen Vereinigungen und die vertragsärztliche Versorgung integriert.

Der Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft wird einmal im Jahr an Personen oder Organisationen verliehen, die sich in besonderem Maß um die Versorgung psychisch kranker Menschen verdient gemacht haben. Der Preis ist nach Diotima aus Mantinea benannt, einer mythischen Priesterin der Antike. Sie gilt als Lehrerin des Sokrates, die ihn dazu inspirierte, als erster Philosoph die Seele des Menschen in den Mittelpunkt seines Denkens und Lehrens zu stellen.

Keine verpflichtende elektronische Patientenakte

BPtK kritisiert E-PA-Regelungen in Gesetzentwürfen zur Impfpflicht

(BPtK) Versicherte sollen künftig zulassen, dass die Krankenkassen in ihrer elektronischen Patientenakte (E-Patientenakte) speichern, wenn sie gegen Corona geimpft oder davon genesen sind. Das sehen beide Gesetzentwürfe zur Einführung einer Corona-Impfpflicht vor. Die Krankenkassen sollen danach den Impf- und Genesenenstatus in der E-Patientenakte speichern, wenn sich die Versicherte* nicht aktiv dagegen ausgesprochen hat (Opt-Out).

„Dies ist ein gravierender Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Versicherten, den wir grundsätzlich ablehnen“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die Regelung ist zudem überflüssig, da die Versicherten in aller Regel über elektronische Nachweise der Impfungen oder einer Genesung bereits verfügen.“ Aus BPtK-Sicht ist die E-Patientenakte bisher zudem noch nicht alltagstauglich. Sie ist weder praktikabel noch barrierefrei noch ausreichend datensicher. „Statt die vielfältigen Probleme der E-Patientenakte zu lösen, wird den Versicherten ein unbeliebtes und ungenutztes Produkt aufgedrängt“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Damit wird die Attraktivität der E-Patientenakte nur weiter beschädigt.“ Momentan ist vorgesehen, dass Versicherte die E-Patientenakte beantragen und zustimmen müssen, wenn Daten gespeichert werden sollen (Opt-In).

Der Gesetzentwurf zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren (BT-Drucksache 20/899) sieht vor, dass die Krankenkassen verpflichtet sind, für ihre Versicherten bis November 2022 eine E-Patientenakte einzurichten. Versicherte können die Nutzung dann beantragen. Unabhängig davon speichern die Krankenkassen darin den Impf- und Genesenenstatus, wenn die Versicherte* nicht widerspricht.

Auch der Gesetzentwurf zur altersbezogenen Impfpflicht ab 50 Jahren (BT-Drucksache 20/954) regelt, dass Versicherte informiert werden, dass sie auf Wunsch eine E-Patientenakte erhalten können. In dieser werden dann Informationen zum Impfstatus automatisch gespeichert, sofern sie dem nicht widersprechen. Beide Entwürfe sehen eine Widerspruchslösung vor. Damit werden die aktuellen Regelungen im SGB V zur freiwilligen und selbstbestimmten Nutzung der E-PA massiv eingeschränkt, ohne dass es dafür einen sachlich nachvollziehbaren Grund gibt. „Die BPtK fordert, diese Regelungen in beiden Gesetzentwürfen ersatzlos zu streichen“, erklärt BPtK-Präsident Dietrich Munz. „Diese Einschränkung der informationellen Selbstbestimmung braucht eine breite gesellschaftliche Debatte. Sie darf nicht im Windschatten einer Impfregelung entschieden werden.“

Traumatisierten Kindern richtig helfen

www.elternratgeber-fluechtlinge.de auf Ukrainisch und Russisch

(BPtK) Unter den ukrainischen Flüchtlingen sind viele Kinder und Jugendliche, die Kriegsgreuel erlebt haben. Die Erinnerungen an die fürchterlichen Ereignisse brennen sich häufig in das Gedächtnis ein. Sie vergehen nicht, sondern kehren immer wieder. Kinder und Jugendliche reagieren sehr unterschiedlich und jeweils auf eigene Weise auf Ereignisse, die zu viel für sie waren. Manche ziehen sich zurück. Sie sind niedergeschlagen und traurig. Andere sind sehr unruhig oder viel aktiver als früher. Große Kinder benehmen sich plötzlich wie kleine Kinder. Manchmal machen sie nachts wieder ins Bett. Andere Kinder wollen alles bestimmen und unter ihre Kontrolle bringen. Ältere Kinder und Jugendliche sagen manchmal, dass sie nicht mehr an die Zukunft glauben. Sie sagen, dass sie nicht erwachsen oder alt werden.

Ein Kind, das schreckliche Ereignisse nicht vergessen kann, sollte nicht bedrängt werden. Es kann sich nicht zusammenreißen und sich wieder normal verhalten. Es kann seine Erinnerung nicht verscheuchen, auch wenn es das will. Fühlt sich das Kind gezwungen, seine Gedanken und Gefühle zu verbergen, sind diese Gedanken und Gefühle nicht einfach weg. Sie sind weiter da. Es ist für das Kind aber noch schwieriger, mit ihnen zu leben. Das Wichtigste, was ein traumatisiertes Kind braucht, ist zuallererst das Gefühl, sicher und aufgehoben zu sein. Eltern sollten ihren Kindern immer wieder sagen, dass der Krieg jetzt weit weg ist und es dort, wo es nun ist, nicht mehr durch den Krieg bedroht ist. Sie sollten viel mit ihren Kindern zusammen sein und sie möglichst nicht in einer fremden Umgebung allein lassen. Eltern können ihren Kindern mit Kriegserlebnissen nicht oft genug zeigen, dass sie sie mögen und gerne mit ihnen zusammen sind. Das, was das Kind dann am meisten braucht, ist Geborgenheit.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat für Flüchtlingseltern einen Ratgeber herausgegeben, der erklärt, wie sie richtig auf ihre traumatisierten Kinder reagieren können. Dieser Ratgeber ist als Webseite verfügbar: www.elternratgeber-fluechtlinge.de oder www.parent-refugees.de. Er ist auch in das Ukrainische und Russische übersetzt sowie auf Deutsch, Englisch, Arabisch, Kurdisch Persisch zu lesen. Außerdem gibt es ein ausdruckbares Plakat mit QR-Code, dass auf die Webseite aufmerksam macht.

Flexible Nutzung der Videobehandlung weiterhin erforderlich

BPtK fordert Verlängerung der Corona-Sonderregelungen

(BPtK) Trotz Höchstständen bei der Corona-Inzidenz sollen nach dem Willen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (GKV-SV) zum 31. März 2022 die Corona-Sonderregelungen auslaufen. „Die Pandemie ist nicht vorbei. Um Patient*innen zu schützen, müssen Psychotherapeut*innen ihre Patient*innen weiterhin flexibel per Videobehandlung versorgen können“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Eine Verlängerung der Corona-Sonderregelungen zur Videobehandlung ist in diesen Zeiten unverzichtbar. Auch auf die erweiterten Möglichkeiten der telefonischen Beratung kann in vielen Regionen angesichts schlechter Internetverbindungen nicht verzichtet werden.“

Mit Auslaufen der Corona-Sonderregelungen wird der zulässige Umfang von Videobehandlungen wieder auf maximal 20 Prozent der jeweiligen Leistung und 20 Prozent der Patient*innen pro Quartal begrenzt. „Die Begrenzung der Videobehandlung gefährdet in der weiterhin angespannten Lage die psychotherapeutische Versorgung“, kritisiert der BPtK-Präsident.

Die enge Begrenzung des Leistungsumfangs von Videobehandlungen ist nicht sachgerecht. Psychotherapeut*innen müssen je nach Patient*in eigenverantwortlich entscheiden können, ob und wie oft eine Videobehandlung erforderlich und angemessen ist. „Grundsätzlich müssen die Regelungen zum Einsatz von Videobehandlungen für gesetzlich Krankenversicherte flexibilisiert und vereinfacht werden“, fordert Munz.