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„Den PC einfach mal aus dem Fenster schmeißen?“

BPtK veröffentlicht „Elternratgeber Internet“

(BPtK) Spätestens mit neun Jahren geht es los. Ab diesem Alter bekommen viele Kinder ihr erstes Smartphone. Mit dem Smartphone haben sie einen eigenen Weg ins Internet. Im Netz finden sie Freund*innen, Spiele, Videos, gute Tipps und großen Mist, politische und sexuelle Verführer*innen, Pornos, Gewaltvideos. Viele Eltern stehen spätestens dann vor der Frage: „Wie viel Internet ist okay?“ Um Eltern bei dieser und anderen Fragen zu beraten, veröffentlicht die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) heute einen Elternratgeber „Internet“.

Der BPtK-Elternratgeber „Internet“:

  • nimmt die Eltern selbst in die Pflicht („Die eigene Mediennutzung überdenken.“),
  • erklärt, warum „Einfach mal den PC aus dem Fenster schmeißen“ nichts nutzt,
  • gibt Orientierung, worauf es bei der Internetnutzung je nach Alter der Kinder ankommt (bis drei Jahre: „Schalten Sie das Radio aus, wenn Sie ihr Kind füttern, und stecken Sie das Handy weg, wenn Sie mit Ihrem Kind auf dem Spielplatz sind.“),
  • betont, wie wichtig Regeln und Absprachen sind, die gemeinsam ausgehandelt werden sollten,
  • hilft bei heiklen Themen wie Porno- und Gewaltvideos im Internet (Jungen und Mädchen haben heute bereits viele sexuelle Praktiken gesehen, bevor sie selbst Sex haben.),
  • zeigt auf, was Eltern tun können, wenn ihre Kinder mehr Zeit im Internet verbringen als im realen Leben („Ein PC im Kinderzimmer ist, als würden Sie da täglich einen Kasten Bier reinstellen.“),
  • lässt Eltern und Jugendliche selbst zu Wort kommen und berichten, wie sie lernen mussten, mit dem faszinierenden weltweiten Netz der Information und Kommunikation klarzukommen.

Zum Hintergrund: Fast alle 30- bis 49-Jährigen nutzen das Internet täglich über drei Stunden. Drei Viertel der Kinder besitzen mit zehn bis elf Jahren ein eigenes Smartphone. Schätzungsweise leiden sechs Prozent aller 12- bis 17-Jährigen unter einer Computerspiel- oder Internetabhängigkeit. Der BPtK-Elternratgeber „Internet“ kann unter bestellungen@bptk.de angefordert werden.

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In Kontakt bleiben – Psychische Belastungen stärker beachten

BPtK-Forderungen bei einer zweiten Corona-Welle

(BPtK) Die erste Welle der Corona-Pandemie hatte massive soziale und psychische Konsequenzen. Vor allem die Kontakt- und Ausgangssperren und deren Folgen haben viele Menschen überfordert. Bei einer zweiten Corona-Welle muss stärker auf die elementaren Bedürfnisse nach Kontakt, insbesondere von Kindern und Jugendlichen aber auch von Pflegebedürftigen, Rücksicht genommen werden. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb zusätzliche Schutzkonzepte bei einer zweiten Corona-Welle für besonders gefährdete Menschen. Grundlegendes Element davon muss sein: „Wir müssen in Kontakt bleiben!“

„Menschen brauchen Kontakt und Nähe. Beides sind wesentliche Ressourcen, auch große Belastungen zu ertragen“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Bei einer zweiten Corona-Welle könnten diese Schutzfaktoren aber erheblich an Wirkung verlieren. Je länger Krisen, Konflikte und lebensgefährdende Ereignisse dauern, desto eher sind die psychischen Widerstands- und Regenerationskräfte überfordert und es kann zu psychischen Erkrankungen kommen.

BPtK-Hintergrund zur Corona-Pandemie und zu psychischen Erkrankungen: Die BPtK hat ein erstes Resümee der vorliegenden Forschungsergebnisse zu der Frage gezogen: Wie und wie stark gefährdet die Corona-Pandemie die psychische Gesundheit? Dabei fokussiert sie auf die Personen, die die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie am stärksten zu spüren bekommen. Die psychischen Belastungen von medizinischem und Pflegepersonal fanden bereits ein breites öffentliches Echo. Erstaunlicherweise ist über die psychische Gefährdung der Erkrankten selbst und ihrer Angehörigen bisher noch wenig bekannt. Besonders stark psychisch gefährdet sind außerdem ältere Menschen, Kinder und Jugendliche, Frauen, Menschen mit Behinderung und psychisch kranke Menschen.

Psychische Beschwerden und Erkrankungen: Angst und Niedergeschlagenheit sind die häufigsten Reaktionen auf die Pandemiesituation, auch bei psychisch Gesunden. Sie sind normale Reaktionen auf belastende Ereignisse. Doch diese Belastungen sind nicht gleich verteilt. Manche Menschen sind körperlich vorerkrankt und deshalb besonders gefährdet. Manche trifft die Pandemie härter, weil sie selbst oder Angehörige erkrankt sind oder weil sie als beruflich Pflegende oder Ärzt*innen ständigen Kontakt mit Coronakranken haben. Andere müssen vor allem mit den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen oder dem Wegfall gewohnter Tagesstrukturen und Betreuungs- und Pflegeangebote klarkommen. „Es ist deshalb wahrscheinlich, dass die Corona-Pandemie vor allem psychische Erkrankungen verstärkt oder auch auslöst, wenn bereits eine psychische Verletzbarkeit besteht“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Neben Depressionen und Angststörungen, akuten und posttraumatischen Belastungsstörungen können auch Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, Zwangsstörungen und Psychosen zunehmen.“

Besondere Belastungen in einer andauernden Gesundheitskrise: Menschen verfügen grundsätzlich über ein erhebliches Potenzial, psychische Gefährdungen und Krisen zu durchleben und sich auch allein wieder davon zu erholen. Die Corona-Pandemie stellt die menschlichen Selbstheilungskräfte jedoch vor eine außergewöhnliche Herausforderung. Bis heute ist ein Ende der Corona-Pandemie nicht abzusehen. Nach der ersten Infektionswelle werden zwar gerade viele öffentliche Beschränkungen aufgehoben. Die Bedrohung durch das Virus aber bleibt bestehen und eine zweite Welle ist nicht ausgeschlossen.

BPtK-Forderungen bei einer zweiten Corona-Welle: Eine ersatzlose längere Schließung von Kitas und Schulen ist sowohl für die Kinder und Jugendlichen als auch für die Eltern nicht tragbar. Aber auch für die Coronakranken selbst und ihre Angehörigen müssen neue Wege gefunden werden, trotz Ansteckungsgefahr in Kontakt zu bleiben.

  • Für gefährdete und erkrankte Menschen bedarf es bei einer zweiten Welle dringend eines besseren Informations- und Beratungsangebots, das hilft, die Pandemie möglichst psychisch gesund durchzustehen. Dafür sind Internetangebote wichtig, aber auch persönliche telefonische Beratung. Psychotherapeut*innen muss die telefonische Beratung und Behandlung von Patient*innen aller Altersgruppen ermöglicht werden, um Hilfsbedürftige überhaupt erreichen zu können.
  • Kinder und Jugendliche waren durch die Schließung von Kitas, Schulen, Spielplätzen und Sportvereinen schwer belastet. Über das reine Home-Schooling hinaus ist bei einer zweiten Welle daher ein Betreuungs- und Kontaktangebot zu schaffen, das Kindern und Jugendlichen in stabilen kleinen Gruppen persönliche Nähe und Austausch ermöglicht. Solche Kontakt- und Austauschmöglichkeiten sind unerlässliche Ladestellen, an denen Kinder und Jugendliche ihre sozialen und psychischen Akkus wieder auffüllen können.
  • In der ambulanten und stationären Altenpflege muss eine totale Isolierung vermieden werden. Dafür bedarf es eines Präventionskonzeptes, das mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst zu entwickeln ist. Sowohl beim Öffentlichen Gesundheitsdienst als auch in den Pflegeeinrichtungen herrscht aber schon jetzt Personalmangel. Hygienekonzepte, Teststrategien und Notfallpläne zu entwickeln und umzusetzen, ist nur möglich, wenn entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen vorhanden sind. Auch Besuchsräume, feste Gruppen (Personal und Bewohner*innen) und ausreichend Zeit, um demenzkranken Bewohner*innen Veränderungen zu erklären und sie einzuüben, müssen zum Standard gemacht werden. Die Angst der Pflegeheimbewohner*innen vor einer Erkrankung und eventuelle traumatische Erfahrungen bei einer Erkrankung lassen sich initial vielleicht nicht vermeiden. Es gilt aber, angemessen darauf zu reagieren. Anspruch auf Beratung und psychotherapeutische Behandlung haben Menschen unabhängig von ihrem Alter. Der Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung muss für sie auch in den Pflegeeinrichtungen gewährleistet sein.
  • Empfehlungen zur individuellen Prävention psychischer Belastungen sollten zum Allgemeinwissen gehören. Dazu ist das öffentliche Bewusstsein durch die Gesundheitspolitik sehr viel stärker als bisher zu fördern. Die BPtK hat Empfehlungen zusammengestellt, was jeder für sich tun kann, um möglichst psychisch gesund zu bleiben.

Bleiben Sie psychisch gesund – auch in Coronazeiten

  • Bleiben Sie auch bei Kontakt- und Ausgangssperren in Kontakt. Tauschen Sie sich mit Freund*innen und Bekannten aus. Berichten Sie anderen, wie es Ihnen geht. Erlebnisse und Gefühle mitzuteilen, hilft mehr, als Sie für möglich halten!
  • Schaffen Sie sich eine Tagesstruktur, wenn Home-Office, Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit alles durcheinanderbringen. Wenn möglich, schaffen Sie sich einen regelmäßigen Rhythmus von Arbeit, Mittagspause, Arbeit, kurze Pause, Familie und Hausarbeit und Freizeit.
  • Wenn Sie mit Kindern zusammenleben: Erklären Sie diesen altersgerecht die Lage, versichern Sie ihnen, dass Sie für sie da sind, sorgen Sie für einen geregelten Tagesablauf mit Pflichtaufgaben für Schule und Haushalt einerseits und Freizeitaktivitäten und Spielen andererseits. Achten Sie darauf, dass sich die Kinder auch allein beschäftigen, wenn sie das schon können.
  • Bleiben Sie in Bewegung: Egal was, egal ob Yoga oder Kraftsport – fordern sie sich körperlich. Sanft, pulsstark oder ausdauernd. Das entspannt, körperlich und seelisch. Gehen Sie, wenn möglich, raus. Jeder Abendspaziergang um den Block ist nützlich.
  • Lenken Sie sich ab. Alles, was Sie die Corona-Pandemie und Ihre Sorgen vergessen lässt, ist eine wichtige Pause für die Psyche. Permanent Grübeln und sich ständig ängstigen macht krank.
  • Wenn Sie in einer Partnerschaft leben: Sprechen Sie über die Situation und über Ihre eigenen Wahrnehmungen und Empfindungen. Vermeiden Sie dabei keine Konflikte und versuchen Sie trotzdem, gegenseitig Verständnis aufzubringen.
  • Auch wenn es eine oft gehörte Mahnung ist: Trinken Sie viel, aber nicht unbedingt Alkohol. Alkohol entspannt, aber lässt schlecht schlafen. Das Glas zu viel ist schnell erreicht.

Mehrwertsteuersenkung bei Alkohol ist gesundheitsgefährdend

BPtK kritisiert Pläne für Corona-Konjunkturpaket der Bundesregierung

(BPtK) Die Bundesregierung plant, morgen mit ihrem Corona-Konjunkturpaket auch die Mehrwertsteuer auf alkoholische Getränke wie Bier, Wein und Schnaps von 19 auf 16 Prozent zu senken. Dabei ist Alkohol in Deutschland bereits deutlich günstiger als in anderen Ländern. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb seit Langem, den durchschnittlichen Alkoholpreis zu erhöhen. „Alkohol zu verteuern, gehört zu den wirksamsten präventiven Maßnahmen gegen Alkoholkrankheiten“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK. „Alkohol zu verbilligen, erhöht die Schäden, die der hohe Bier-, Wein- und Schnapskonsum jetzt schon anrichtet. Alkohol sollte wie Tabak von der Mehrwertsteuersenkung ausgenommen werden.“

Insgesamt drei Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren hatten im Jahr 2018 in Deutschland eine alkoholbezogene Störung (Missbrauch: 1,4 Millionen; Abhängigkeit: 1,6 Millionen). Etwa 74.000 Todesfälle jährlich werden allein durch Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht (Jahrbuch Sucht 2020). Es ist wissenschaftlich belegt, dass ein Zusammenhang zwischen Alkoholpreis und Alkoholkonsum besteht. Je teurer Alkohol in einem Land ist, desto geringer ist die konsumierte Alkoholmenge (vergleiche Gaertner et al., 2015; Schlieckau, 2015).

Entsprechend einer Studie der OECD (2015) würde ein durchschnittlicher Anstieg des Alkoholpreises in Deutschland um zehn Prozent die Häufigkeit der Alkoholabhängigkeit um rund drei Prozent und die Häufigkeit von Alkoholmissbrauch um etwa zehn Prozent verringern. Die Zahl der alkoholabhängigen Menschen sänke um rund 54.000 und die Zahl derjenigen, die Alkohol in schädlichen Mengen konsumieren, um rund 160.000.

Eine 10-prozentige Preiserhöhung führt auch dazu, dass mehr Menschen länger und gesünder leben. Die Anzahl der gesunden Lebensjahre aller Bürger in Deutschland könnte jährlich um mehr als 75.000 und die Anzahl zusätzlich gewonnener Lebensjahre um mehr als 25.000 steigen. Außerdem könnten rund 200 Millionen Euro Gesundheitsausgaben eingespart werden (OECD, 2015).

Die Bundesregierung plant, die Mehrwertsteuersenkung auch für Alkohol mit dem Gesetzentwurf für ein „Zweites Corona-Steuerhilfegesetz“ auf ihrer Kabinettssitzung am 12. Juni zu beschließen.

Informationsbedarf Kinderschutz und Pandemie

Infos der Kinderschutzhotline

(LPK BW) (Text der Kinderschutzhotline) „Aktuell sieht sich die Medizinische Kinderschutzhotline stark zunehmenden Anfragen gegenüber, die den Kinderschutz in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen, Schulschließungen und zunehmendem wirtschaftlichen Druck auf Familien zum Thema haben. Konkret berichten Anrufende von familiären Eskalationen und von Eltern, die selbst aktiv um Hilfe nachfragen, weil sie mit der aktuellen Situation überfordert sind. Wir wissen aus früheren Untersuchungen, dass in Zeiten der Rezession sowohl häusliche Gewalt, als auch Misshandlung, Vernachlässigung und sexueller Missbrauch von Kindern stark zunehmen. Dementsprechend wird in Zukunft wahrscheinlich der Informationsbedarf bei den Fachkräften im Gesundheitswesen ansteigen.

Wir haben deshalb eine kurze Arbeitshilfe entworfen, welche die wichtigsten Informationen zusammenfasst. Sie finden sie anbei – bitte stellen Sie sie Ihren Mitgliedern zur Verfügung.

Zusätzlich bieten wir an, weitere Arbeitshilfen zu schicken, wenn der Bedarf besteht. Gerne würden wir so einen Beitrag dazu leisten, Fachkräfte im Gesundheitswesen mit Informationen zu unterstützen. Natürlich stehen wir darüber hinaus unverändert rund um die Uhr telefonisch für Beratungen unter 0800 19210 00 zur Verfügung, weitere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite www.kinderschutzhotline.de

Ein kurzer Überblick über unsere Arbeitshilfen:

  • Kindesmisshandlung, rechtliche Grundlagen
  • Prävention des „Schütteltraumas“
  • Misshandlungsbedingte Frakturen bei Kindern
  • Verdacht auf sexuellen Missbrauch
  • Kinder psychisch kranker Eltern
  • Flyer mit Informationen zur Medizinischen Kinderschutzhotline.

Da persönliche Treffen derzeit ohnehin kaum stattfinden, können wir Ihnen rasch die entsprechenden pdf-Dateien zur Verfügung stellen, die Sie per Email an Ihre Netzwerke weitergeben könnten. Im Einzelfall können wir auch die gedruckten Karten per Post zusenden stellen.“

Kontakt:
www.kinderschutzhotline.de
0800 19 210 00 (24 Stunden)

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Psychotherapeutische Versorgung während der Corona-Epidemie

Interview mit Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK

(BPtK) Psychisch kranke Menschen brauchen auch während der Corona-Epidemie weiter eine psychotherapeutische Versorgung. Psychotherapie findet aber in der Regel von Angesicht zu Angesicht statt. Ist dies überhaupt möglich?

Sicher, insbesondere solange weder Patient*innen noch Psychotherapeut*innen irgendwelche Symptome für Atemwegserkrankungen haben. Dann ist es zwar notwendig, dass ein ausreichender Abstand von ein bis zwei Metern eingehalten, auf das Hände-Schütteln verzichtet, die Husten- und Nies-Etikette beachtet wird und z. B. Türklinken regelmäßig desinfiziert werden. Dies sind die gesundheitlichen Vorsichtmaßnahmen, die jederzeit gelten. Sie ermöglichen aber auch, weiter Patient*innen in der Praxis zu sehen, zu beraten und zu behandeln.

Was ist, wenn die Patient*in Kontakt zu einer Corona-Erkrankten* hatte oder selbst erkrankt ist?

Dann besteht die Möglichkeit, die Behandlung online per Videotelefonat fortzuführen. Diese Möglichkeit war bis vor Kurzem noch stark begrenzt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen haben jedoch noch Mitte März beschlossen, diese Begrenzungen der Videobehandlung aufzuheben. Die neue Regelung gilt vorläufig ab dem 1. April für das II. Quartal 2020. Wir begrüßen diese Entscheidung sehr, weil sie es überhaupt erst ermöglicht, die psychotherapeutische Versorgung auch für Patient*innen, die sich in Quarantäne befinden, sicherzustellen. Wenn der Patient*in aber kein Videotelefonat möglich ist, sollte auch die Behandlung per Telefon möglich sein. Beides ist wichtig, weil sich bei einem Teil der Patient*innen ohne Behandlung die psychischen Erkrankungen verschlimmern oder chronifizieren können.

Was ist, wenn eine Corona-Patient*in sich so stark in einer akuten Krise befindet, dass ein Videotelefonat nicht reicht?

Zunächst einmal sind Akutbehandlungen weiterhin von der Videobehandlung ausgenommen. Das ist ein Unding. Gerade diese Patient*innen brauchen unbedingt Beratung und Behandlung. Dies muss noch ermöglicht werden. Aber zu Ihrer Frage: Was ist, wenn dies nicht reicht? Ein unmittelbarer Kontakt zwischen einer coronakranken Patient*in gefährdet auch die Psychotherapeut*in und damit die psychotherapeutische Versorgung aller anderen ihrer Patient*innen. Denkbar wäre noch eine Behandlung im Schutzanzug. Doch für eine Behandlung in Schutzkleidung fehlt es aber zum einen in den Praxen an Atemschutzmasken und Schutzkleidung. Zum anderen stellt sich allerdings auch die Frage, ob ein Gespräch mit einer Psychotherapeut*in in Alienverkleidung der Patient*in tatsächlich hilft. Für diese Patient*innen wäre es unbedingt notwendig, per Telefon und Video möglichst viel psychotherapeutische Unterstützung aus der Ferne anbieten zu können.

Was ist mit der psychotherapeutischen Sprechstunde und den probatorischen Gesprächen? Muss die Diagnostik nicht eigentlich immer im unmittelbaren Kontakt durchgeführt werden?

Grundsätzlich ist das so. Die Diagnostik einer psychischen Erkrankung muss grundsätzlich von Angesicht zu Angesicht stattfinden, damit überhaupt ein vollständiger, auch nicht-visueller Eindruck von der Patient*in möglich ist. Die Corona-Epidemie schafft hier jedoch Notlagen bei den Patient*innen, die wir lösen müssen. Wir können in einer solchen weltweiten Epidemie die Patient*innen nicht allein lassen. Deshalb ist es in dieser noch nie dagewesenen Ausnahmesituation notwendig, auf die Videobehandlung zurückzugreifen, wenn sonst keine psychotherapeutische Versorgung möglich ist. Deshalb hält die BPtK es auch für notwendig, befristet Sprechstunden und probatorische Gespräche per Video in begründbaren Einzelfällen zu ermöglichen.

Welche Hilfen bieten Sie Ihren Kolleg*innen, um Sie in dieser Situation zu unterstützen?

Wir informieren fortwährend über den Stand der Entwicklungen auf unserer Homepage. Für die Behandlung per Videotelefonat haben wir bereits im November 2019 einen BPtK-Ratgeber herausgegeben. Darin ist auch ein Kapitel enthalten, das jetzt ganz wichtig wird: „Was muss ich bei der Praxisorganisation beachten?“. Darin werden Fragen beantwortet wie: „Was ist ein zertifizierter Videodienstanbieter? Welche technische Ausstattung ist notwendig? In welchen Räumen ist eine Videobehandlung möglich?“. Außerdem enthält sie eine Information für Patient*innen und Sorgeberechtigte.

Coronavirus in Deutschland

Aktuelle Informationen

(BPtK) Aktuell treibt die Sorge um eine mögliche Ausbreitung des neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) in Deutschland zahlreiche Menschen um. Bei dem Erreger handelt es sich um ein sogenanntes Beta-Corona-Virus, das mit den Auslösern von SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) und MERS (Middle East Respiratory Syndrome) verwandt ist. Die Symptome sind unspezifisch. Am ehesten treten Fieber und Husten auf, ebenfalls möglich sind Atemnot, Schnupfen, Halsschmerzen, Myalgien und allgemeines Krankheitsgefühl. Die Abgrenzung zu anderen respiratorischen Erkrankungen und Grippe ist dadurch nicht einfach. Eine Infektion sollte bei allen Personen vermutet werden, die aus betroffenen Regionen eingereist sind oder Kontakt zu Infizierten hatten.

Einschätzung des Robert Koch-Instituts

Zuständige Behörde für alle Fragen rund um COVID-19 (Coronavirus SARS-CoV-2) ist das Robert Koch-Institut (RKI). Das RKI erstellt u. a. regelmäßig eine Risikobewertung für die Bevölkerung in Deutschland. Die massiven Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes verfolgen bislang das Ziel, einzelne Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus dadurch so weit wie möglich zu verzögern.

Häufig gestellte Fragen

Das RKI informiert auf seiner Homepage über den aktuellen Stand und gibt Empfehlungen zum Verhalten und zur eigenen Vorsorge. Die regelmäßig aktualisierte Seite bietet auch eine umfangreiche Liste mit Antworten auf häufig gestellte Fragen zu COVID-19 (Coronavirus SARS-CoV-2). Das RKI arbeitet eng mit verschiedenen Behörden und Einrichtungen zusammen – auf internationaler und nationaler Ebene – und erfasst kontinuierlich die aktuelle Lage, bewertet alle Informationen und veröffentlicht sie auf der Internetseite www.rki.de/covid-19. Auf der Website des Instituts findet sich zudem eine Risikobewertung des RKI für Deutschland.

Schutz vor Verbreitung von Coronaviren

Entsprechend der aktuellen Lage gibt das RKI Empfehlungen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, um die Gesundheit zu schützen und das Auftreten von Erkrankungsfällen bzw. die Weiterverbreitung der Erkrankung zu verhindern. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) weist darauf hin, dass wie bei Influenza und anderen akuten Atemwegsinfektionen Husten- und Nies-Etikette, gute Händehygiene sowie Abstand zu Erkrankten (ca. 1 bis 2 Meter) auch vor einer Übertragung des neuen Coronavirus schützen. Diese Maßnahmen sind auch in Anbetracht er Grippewelle überall und jederzeit angeraten.

Informationen für die psychotherapeutische Praxis

Ambulant tätige Psychotherapeut*innen finden grundlegende Hinweise in Bezug auf ihr Tätigkeitsfeld in dem Leitfaden „Hygiene in der psychotherapeutischen Praxis“ [PDF-Dokument, 1,7 MB] vom Kompetenzzentrum (CoC) Hygiene und Medizinprodukte der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Für die Fachöffentlichkeit, zum Beispiel medizinisches Personal und Gesundheitsbehörden in den Ländern, stellt das RKI auf der COVID-19-Internetseite verschiedene Dokumente zur Verfügung.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet ebenfalls Informationen zum neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2, darunter auch Hygiene-Empfehlungen.

Melde- und Schweigepflicht in psychotherapeutischen Praxen

Die Meldepflicht richtet sich für Psychologische Psychotherapeut*innen sowie für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen nach den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes sowie der neu geschaffenen Verordnung CoronaVMeldeV. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

  • 1 Absatz 1 CoronaVMeldeV:
    (1) Die Pflicht zur namentlichen Meldung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes wird auf den Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie den Tod in Bezug auf eine Infektion ausgedehnt, die durch das erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretene neuartige Coronavirus („2019-nCoV“) hervorgerufen wird. Dem Gesundheitsamt ist in Abweichung von § 8 Absatz 3 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes die Erkrankung in Bezug auf die in Satz 1 genannte Krankheit auch dann zu melden, wenn der Verdacht bereits gemeldet wurde. Dem Gesundheitsamt ist auch zu melden, wenn sich der Verdacht einer Infektion nach Satz 1 nicht bestätigt.

Des Weiteren:

  • 8 Absatz 1 Nummer 5 Infektionsschutzgesetz:
    (1) Zur Meldung sind verpflichtet:
    […]
    5. im Falle des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 und Abs. 3 Angehörige eines anderen Heil- oder Pflegeberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung oder Anerkennung erfordert,

und § 8 Absatz 2 Satz 2 Infektionsschutzgesetz:

Die Meldepflicht besteht für die in Absatz 1 Nr. 5 bis 7 bezeichneten Personen nur, wenn ein Arzt nicht hinzugezogen wurde. Konkret bedeutet das: Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind zur Meldung nur verpflichtet, wenn 1. ein begründeter Verdacht nach den zwingend anzuwendenden Kriterien („Empfehlungen“) des RKI besteht und 2. kein Arzt hinzugezogen wurde.

Aus Sicht der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) besteht aufgrund der Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes für Psychotherapeut*innen keine Pflicht, Patient*innen aktiv auf den Verdacht einer COVID-19-Erkrankung hin zu befragen oder gar zu untersuchen. Dies bleibt Ärzt*innen überlassen. Gleichwohl ist denkbar, dass im Kontakt mit Patient*innen – sei es persönlich oder auch telefonisch – die Sprache auf Beschwerden gerichtet wird oder die Frage nach einer möglichen Erkrankung aufkommt.

Das Robert Koch-Institut als zuständige Behörde hat eine eigene Unterseite mit „Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Meldung von Verdachtsfällen von COVID-19“ eingerichtet. Dort heißt es:

Empfehlung
Der Verdacht auf COVID-19 ist begründet, wenn bei Personen mindestens eine der beiden folgenden Konstellationen vorliegt:
1. Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere oder unspezifischen Allgemeinsymptomen UND Kontakt mit einem bestätigten Fall von COVID-19
2. Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere UND Aufenthalt in einem Risikogebiet.
Bei diesen Personen sollte eine diagnostische Abklärung erfolgen.“

Die Diagnostik einer „respiratorischen Symptomatik“ oder „unspezifischer Allgemeinsymptome“ wird von entsprechend qualifizierten Ärzt*innen geleistet; Psychotherapeut*innen dürften sich daher an den eher allgemein gehaltenen Fragen orientieren, die das RKI auf seiner Homepage veröffentlicht hat. Dort heißt z. B. es auf die Frage

„Welche Krankheitszeichen werden durch das neue Corona-Virus ausgelöst?“:

Eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus führt nach Information der Weltgesundheitsorganisation WHO zu Krankheitszeichen wie Fieber, trockenem Husten und Abgeschlagenheit. In China wurden bei einigen Erkrankten auch Atemprobleme, Halskratzen, Kopf- und Gliederschmerzen und Schüttelfrost berichtet. Bei einigen Erkrankten traten zudem Übelkeit, eine verstopfte Nase und Durchfall als Krankheitszeichen auf.“ (Quelle: www.infektionsschutz.de/coronavirus-sars-cov-2.html).

Sollten im Kontakt mit Patient*innen also z. B. einige der oben beschriebenen Symptome berichtet werden, zudem Kontakt mit einem bestätigten Fall von COVID-19 oder Aufenthalt in einem Risikogebiet berichtet werden, sollte die Person zu einer weiteren ärztlichen Abklärung ermuntert werden.

Ist diese bereits erfolgt, entsteht kein weiterer Handlungsbedarf. Sollte die ärztliche Abklärung nicht erfolgt sein oder diese abgelehnt werden, besteht aus Sicht der Kammer eine Meldepflicht anhand der dafür vorgesehenen Abläufe (siehe Homepage des RKI).

Falls eine Meldung an das zuständige Gesundheitsamt erfolgen muss, ist dies kein Bruch der Schweigepflicht: Da es sich hierbei um eine gesetzliche Verpflichtung handelt, steht die Schweigepflicht nicht entgegen. Der Patient*in ist dies gemäß § 8 Absatz 3 der (Muster-)Berufsordnung mitzuteilen („Ist die Schweigepflicht aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift eingeschränkt, so ist die betroffene Person darüber zu unterrichten“).

Informationen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) stellt auf ihrer Homepage Informationen zur aktuellen Lage und Informationsmaterial für Praxen wie auch für Patient*innen zur Verfügung. Sie finden diese Informationen hier. Neben Hinweisen auf Meldepflichten, Infektionsschutz und Hygieneregelungen werden auch die aktuellen Bestimmungen zu Entschädigungsansprüchen (Praxisinfo: Coronavirus – Anspruch auf Entschädigung bei untersagter Tätigkeit oder Quarantäne, Hinweise und zuständige Behörden [PDF-Dokument, 380 KB, Stand: 04.03.2020]) zum Download angeboten.

Die obenstehenden Informationen basieren auf einem Web-Artikel der Psychotherapeutenkammer NRW. Die Bundespsychotherapeutenkammer dankt der Psychotherapeutenkammer NRW für die freundliche Genehmigung, diese Informationen verwenden zu dürfen.

Wichtige Infos zum Coronavirus (SARS-CoV-2) – Praxisinformationen der LPK BW

Wird fortlaufend aktualisiert: letzte Aktualisierung: 11.10.2022 – 11.00 Uhr

(LPK BW) Hier finden Sie kontinulierlich aktualisierte Infos rund um Corona und Psychotherapie. 

Das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg hat eine Corona-Hotline-Nummer eingerichtet:  0711/904-39555. 

Die Rechtsverordnung der Landesregierung Baden-Württemberg zu infektionsschützenden Maßnahmen entlang der Vereinbarungen von Bund und Ländern finden Sie hier.

Unser Rechtsreferat stellt fortlaufend aktualisierte wichtige aktuelle Praxisinformationen für Kammermitglieder zum Corona-Virus/Covid-19 (Download der Pdf nach folgender Liste) zu folgenden Themen zur Verfügung (aktualisiert am 11.10.2022 11.00 Uhr/Version 72):

  • Einleitung
  • Melde- und Schweigepflicht bei Infektionsverdacht einer Psychotherapeutin oder eines Psychotherapeuten
  • Finanzielle Kompensation nach § 56 IfSG bei behördlich angeordneter Praxisschließung/Quarantäne oder bei behördlich angeordneter Schließung/Quarantäne der Kita oder Schule Ihres betreuungsbedürftigen Kindes
  • Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten wegen Einnahmerückgangs infolge der Corona-Pandemie für Praxisinhaber*innen: Entschädigungszahlungen, KV-Rettungsschirm und Kurzarbeitergeld
  • Möglichkeit der psychotherapeutischen Behandlung am Telefon
  • Möglichkeit der psychotherapeutischen Behandlung mittels Videodienstanbieter
  • Kontaktbeschränkungen in Baden-Württemberg
  • Aktualisiert: Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft
  • Durchführung von Zusammenkünften und Veranstaltungen in geschlossenen Räumen
  • Aktualisiert: Mund-Nasen-Schutz in Praxen und sonstigen Einrichtungen des Gesundheitswesens
  • Bescheinigungen zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung
  • Aktualisiert: Hygienezuschlag
  • „3G am Arbeitsplatz“, Testpflicht für Beschäftigte und Besucher*innen
  • Allgemeine Arbeitgeberpflichten, Hygienekonzepte
  • Vollständige Immunisierung als Tätigkeitsvoraussetzung in Klinken, Praxen, Ambulanzen

Download Praxisinfo der LPK BW Stand: 11.10.2022 11.00 Uhr (ältere Versionen am Seitenende)

 

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Depressive Beschwerden in Deutschland besonders häufig

Ergebnisse des European Health Interview Survey

(BPtK) In Deutschland kommen depressive Beschwerden deutlich häufiger vor als im europäischen Durchschnitt. In Europa berichtet durchschnittlich einer von 15 Erwachsenen (6,6 %) zum Beispiel über eine niedergeschlagene Stimmung oder erhebliche Schwierigkeiten, sich zu Aktivitäten aufzuraffen. In Deutschland ist es aber von zehn Erwachsenen fast einer (9,2 %).

Das ist das Ergebnis des European Health Interview Survey (EHIS), bei dem rund 250.000 Erwachsene aus 25 EU-Staaten befragt wurden. Die Unterschiede sind bei jüngeren Menschen besonders groß: Deutschland 11,5 %, Europa 5,2 %. Bei Älteren sind depressive Symptome in Deutschland dagegen seltener: Deutschland 6,7 %, Europa 9,1 %.

„Wir müssen genauer wissen, weshalb junge Menschen bei uns deutlich häufiger von depressiven Symptomen berichten als im europäischen Vergleich“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, fest. „Klar ist aber jetzt schon, wir benötigen Präventionsangebote, die Jugendliche und junge Erwachsene besser erreichen.“

Nähere Informationen zu Depressionen und deren Behandlungsmöglichkeiten, sind auf der BPtK-Homepage zu finden: www.bptk.de/psychische-krankheiten.

Ein Verbot der Tabakwerbung reicht nicht aus

BPtK fordert auch ein Verbot für Alkoholwerbung

(BPtK) Im Deutschen Bundestag zeichnet sich eine Mehrheit für ein Tabakwerbeverbot in Deutschland ab. Damit würde Deutschland als letztes EU-Land die Werbung für Tabak auf Kinoleinwänden, Plakaten und Litfaßsäulen verbieten. „Ein Verbot der Tabakwerbung ist eine längst überfällige Maßnahme. Jedes Jahr sterben in Deutschland ca. 120.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Es ist an der Zeit, die Werbung für dieses Suchtmittel zu untersagen“, betont Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Aber Deutschland hat auch ein Alkoholproblem.“

Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland sind abhängig von Alkohol oder trinken Alkohol in schädlichen Mengen. Etwa die Hälfte dieser alkoholkranken Menschen wird durch unser Gesundheitssystem nicht erkannt und nur 10 Prozent der alkoholabhängigen Menschen erhalten eine suchtspezifische Behandlung. Alkoholstörungen verursachen nicht nur erhebliche Kosten im Gesundheitswesen, sondern auch volkswirtschaftliche Kosten durch lange Krankschreibungen und Frühverrentungen. Epidemiologischen Studien zufolge liegt die Hochrisikophase für die Entwicklung einer Alkoholstörung bereits im zweiten Lebensjahrzehnt in den Jahren zwischen 15 und Anfang 20. Wer in diesen Lebensjahren zu viel trinkt, hat ein erhöhtes Risiko, später eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln.

2018 stellte die Weltgesundheitsorganisation WHO in ihrem Gesundheitsbericht fest, dass Deutschland im europäischen Vergleich beim Alkoholkonsum weit über dem Durchschnitt liegt. Pro Kopf liegt der Durchschnitt bei 8,6 Litern reinem Alkohol pro Jahr, in Deutschland liegt er bei 11 Litern. Die Gesundheitspolitik setzt in Deutschland bisher nur auf Aufklärung und Eigenverantwortung. „Das reicht nicht aus. Wir brauchen ein Werbeverbot als ersten Schritt und im Weiteren zusätzlich zu Aufklärungskampagnen eine geringere Verfügbarkeit durch die Begrenzung der Verkaufszeiten für Alkohol. Auch die Erhöhung der Preise darf kein Tabu sein“, fordert BPtK-Präsident Dr. Munz.

Impfpflicht auch für Psychotherapeuten

Bundestag beschließt Masernschutzgesetz

(BPtK) Der Gesetzgeber hat heute eine Impfplicht gegen Masern auch für Psychotherapeuten beschlossen. Die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes sehen vor, dass Personen, die nach 1970 geboren sind und in Einrichtungen des Gesundheitswesens tätig sind, einen ausreichenden Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern aufweisen müssen. Zu den Einrichtungen zählen z. B. auch Krankenhäuser, Rehakliniken sowie psychotherapeutische und ärztliche Praxen. Das Gesetz tritt voraussichtlich zum 1. März 2020 in Kraft.

Um einen ausreichenden Impfschutz nachzuweisen, muss der Psychotherapeut einen Impfausweis oder eine ärztliche Bescheinigung vorlegen können. Daraus muss hervorgehen, dass ein Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern besteht. Der Nachweis muss nicht einer Behörde vorgelegt werden, sondern es reicht aus, ihn in den Unterlagen zu haben. Angestellte Psychotherapeuten müssen ihn der Leitung ihrer Einrichtung vorlegen. Ausgenommen sind Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.

Psychotherapeuten, die eine Einrichtung des Gesundheitssystems leiten, haben dafür Sorge zu tragen, dass Personen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit einen ausreichenden Impfstatus oder Immunität gegen Masern nachweisen. Dies gilt ausdrücklich auch für Reinigungskräfte oder Praktikanten in einer psychotherapeutischen Praxis. Leitende Psychotherapeuten müssen also den ausreichenden Maserschutz ihrer Mitarbeiter überprüfen und dokumentieren.

Der Gesetzgeber hat von der neuen Regelung die Jahrgänge vor 1971 ausgenommen, weil nach epidemiologischen Studien in diesen Altersgruppen ein ausreichender Maserschutz in der Bevölkerung besteht. Er ist damit auch den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission gefolgt. Die Ständige Impfkommission ist ein Expertengremium, dessen Arbeit vom Robert Koch-Institut koordiniert wird und beispielsweise durch systematische Analysen der Fachliteratur unterstützt wird.