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BPtK fordert mehr Honorargerechtigkeit

Offener Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat in einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe mehr Honorargerechtigkeit für psychotherapeutische Leistungen gefordert. Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 29. März 2017 zur Vergütung hat in der der deutschen Psychotherapeutenschaft für erhebliche Empörung gesorgt. Die falsche Einschätzung der neuen psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung ist für viele Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ein weiterer Beleg für die strukturelle Unterbewertung ihrer Leistungen.

Die BPtK sieht deshalb politischen Handlungsbedarf, damit Psychotherapeuten zukünftig angemessen honoriert werden. „Wir benötigen präzisere gesetzliche Regelungen“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Der Bewertungsausschuss muss eindeutige Vorgaben bekommen, wann und nach welchen Kriterien er die Entwicklung der psychotherapeutischen Honorare überprüfen und anpassen muss.“

Psychotherapeutische Leistungen sind strukturell unterbewertet. Mit ihren Gesprächsleistungen können psychotherapeutische Praxen nicht annähernd die gleiche angemessene Vergütung wie ärztlichen Praxen erzielen. Eine psychotherapeutische Praxis erwirtschaftet rund 71.500 Euro pro Jahr, eine fachärztliche Praxis dagegen ein Jahreseinkommen von rund 141.500 Euro.

Für diese weit unterdurchschnittliche Honorierung erbringen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten hochqualifizierte und intensive Arbeit. Die Vergütung der Gesprächsleistungen ist an den zeitlichen Einsatz von 50 Minuten gebunden. „Diagnostische und therapeutische Arbeit unmittelbar mit dem Patienten, die sich nicht verkürzen lässt, wird im deutschen Gesundheitssystem außerordentlich schlecht vergütet“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Mit Apparatemedizin lässt sich ein Vielfaches an Einkommen erzielen. Das ist grundsätzlich falsch.“

Die BPtK stellt auch irreführende Aussagen der gesetzlichen Krankenversicherung über die Arbeitszeiten von niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten richtig. Eine psychotherapeutische Praxis leistet durchschnittlich 45 Wochenarbeitsstunden. Hiervon entfallen 27 Stunden auf die unmittelbare Patientenbehandlung, knapp 10 Stunden auf psychotherapeutische Tätigkeiten ohne unmittelbaren Patientenkontakt und 8 Stunden auf Praxismanagement und Fortbildung.

Die BPtK fordert auch vom Bundesgesundheitsministerium eine formelle Beanstandung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses. Die Berechnung der Strukturzuschläge für das Praxispersonal ist aus Sicht der BPtK eindeutig rechtswidrig. In dieser Berechnung fehlen die probatorischen Sitzungen und die Gesprächsziffern. In seinem Urteil vom März dieses Jahres hat das Sozialgericht Marburg festgestellt, dass die seit 2012 geltenden Strukturzuschläge nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts entsprechen.

Krankenkassen widersetzen sich angemessener Vergütung der neuen psychotherapeutischen Leistungen

Resolution der Vertreterversammlung der LPK Baden-Württemberg

(LPK BW) Die Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg nimmt den Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 29.03.2017 zur Vergütung der neu in die Psychotherapie-Richtlinie aufgenommen psychotherapeutischen Leistungen mit großer Enttäuschung und Unverständnis zur Kenntnis. Durch diese mangelhafte Vergütungsregelung droht die Reform zu scheitern. Der Wille des Gesetzgebers wird dadurch konterkariert, die erhoffte Verbesserung der Versorgung kann so nicht erreicht werden. Die Vergütung der neuen Leistungen wird im Vergleich zu den Sitzungen in der Richtlinienpsychotherapie um ca. 3,5% geringer ausfallen, obwohl bei den neuen Leistungen deutlich höhere Anforderungen an die Praxisorganisation, Dokumentation und Koordinationsaufgaben gestellt werden.

Dieser Beschluss trifft bei den Kolleginnen und Kollegen auf großes Unverständnis und löst verständlichen Ärger aus. Die psychotherapeutischen Praxen werden vermutlich die neuen Leistungen nur im geforderten Mindestumfang erbringen, die -auch vom Gesetzgeber- in die Reform gesetzten Hoffnungen werden wenig Chance auf Realisierung haben.

Die Vorgabe der Politik, durch die Schaffung dieser neuen Leistungen die psychotherapeutische Versorgung zu verbessern, wird so nicht umgesetzt. Wir bitten das Bundesministerium für Gesundheit, diesen Beschluss des Bewertungsausschusses zu beanstanden.

Die seit Jahren geführten gerichtlichen Auseinandersetzungen um eine angemessene Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen werden nach diesem Beschluss weitergehen. Die Gerichte werden sich auch zukünftig mit der Vergütung der Psychotherapeuten auseinander setzen müssen. Mit dem Beschluss wurde zudem die Chance vertan, die am 22.03.2017 vom Marburger Sozialgericht als rechtswidrig erkannte Systematik der Strukturzuschläge abzuschaffen und so sicher zu stellen, dass alle Kolleginnen und Kollegen die vom BSG als angemessen beschriebene Vergütung erhalten und nicht wie durch die Zuschlagsregelung bedingt nur eine Minderheit.

Die Vertreterversammlung der Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg verabschiedete diese Resolution zum Beschluss des Bewertungsausschusses am 01.04.2017.

 

Kontakt:
Dr. Dipl.-Psych. Rüdiger Nübling
Referat Psychotherapeutische Versorgung
und Öffentlichekitsarbeit
Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg
Jägerstr. 40, 70174 Stuttgart
Tel.: 0711/674470-40
E-Mail: info@lpk-bw.de

Krankenkassen honorieren Psychotherapie systematisch schlechter

BPtK: „Ein neuer Gipfel versorgungspolitischer Voreingenommenheit“

(BPtK) Die Krankenkassen sperren sich seit Jahren dagegen, ausreichend Behandlungsplätze für psychisch kranke Menschen zu schaffen. Gleichzeitig verweigern sie eine angemessene Honorierung psychotherapeutischer Leistungen. „Ein neuer Gipfel dieser versorgungspolitischen Voreingenommenheit sind die Honorare zur neuen psychotherapeutischen Sprechstunde, die gestern im Erweiterten Bewertungsausschuss festgelegt wurden“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Die „Krankenkassen honorieren Leistungen für psychisch Kranke systematisch schlechter als Leistungen für körperliche Kranke.“

Gegen den erbitterten Widerstand von Ärzte- und Psychotherapeutenschaft blockierten die Krankenkassen eine angemessene Vergütung für den Mehraufwand bei neuen Leistungen, die ab April verpflichtend angeboten werden müssen. „Sprechstunde und Akutbehandlung fordern von den Psychotherapeuten einen deutlich höheren zeitlichen Aufwand als z. B. eine Behandlungsstunde“, erklärt BPtK-Präsident Munz.

Geradezu abwegig sei die Bewertung der neuen Akutbehandlung, mit der dringend behandlungsbedürftige Patienten z. B. vor einer Krankenhauseinweisung bewahrt werden sollen. Diese intensivtherapeutischen Interventionen würden jetzt schlechter honoriert als normale Behandlungsstunden. Für diese akut behandlungsbedürftigen Patienten müssten außerdem zusätzliche Stunden über die wöchentliche Behandlungszeiten hinaus geleistet werden. Auch dieser Überstundencharakter der Akutbehandlung hätte es verlangt, diese besser als die normale Behandlungsstunde zu vergüten.

„Weder Sprechstunde noch Akutbehandlung wurden fachlich richtig eingeschätzt und deshalb auch zu niedrig vergütet“, kritisiert der BPtK-Präsident. „Diese erneute Unterbezahlung ist nicht mehr akzeptabel, da die psychotherapeutischen Honorare bereits jetzt weit unter den ärztlichen Honoraren liegen und jährlich weiter zurückfallen.“

Qualität internetbasierter Behandlungsangebote sichern

BPtK-Round-Table: Medien in der psychotherapeutischen Versorgung

(BPtK) In der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen sind inzwischen viele Beratungs- und Behandlungsangebote im Internet oder per App verfügbar. Viele dieser Onlineprogramme sind mittlerweile bei verschiedenen psychischen Erkrankungen erprobt und untersucht. Sie werden sowohl als Selbsthilfe als auch mit therapeutischer Unterstützung genutzt. Die Qualität solcher Internetangebote ist für den Laien und Erkrankte nicht zu beurteilen. Außerdem sind manche nicht ohne Risiken, insbesondere wenn es um Sorgfaltspflichten bei der Diagnosestellung und Behandlung geht, z.B. bei der Einschätzung von Suizidrisiken.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) veranstaltete deshalb am 1. Dezember 2016 in Berlin einen Round-Table, um eine Gelegenheit zu schaffen, sich mit Experten über den aktuellen Stand der Forschung sowie die versorgungs- und berufspolitischen Aspekte von Beratungs- und Behandlungsangeboten im Internet auszutauschen. An der Veranstaltung nahmen Vertreter der Landespsychotherapeutenkammern und der Ausschüsse „Psychotherapeuten in Institutionen“ sowie „Psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“ teil.

Krankenkassen kappen Honorare bei Kostenerstattung

BPtK kritisiert rechtswidriges Verhalten einzelner Krankenkassen

(BPtK) Bundespsychotherapeutenkammer und Landespsychotherapeutenkammern erhalten vermehrt Beschwerden über das Verhalten einzelner Krankenkassen im Kostenerstattungsverfahren. Psychotherapeuten, die in Privatpraxen psychisch kranke Menschen behandeln, haben einen Vergütungsanspruch in Höhe des 2,3-fachen Satzes. Immer häufiger zahlen Krankenkassen jedoch nicht diese Vergütung, sondern nur den einfachen Satz und verweisen dabei auf § 11 Absatz 1 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).

Das Bundesministerium für Gesundheit hatte bereits im April 2013 auf eine schriftliche Anfrage hin ausgeführt, dass der Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Absatz 3 SGB V nicht auf die Kosten der Sachleistung beschränkt ist, sondern in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen besteht. Damit haben Privatpraxen einen Anspruch in Höhe des 2,3-fachen Satzes.

Nach Einschätzung der BPtK ist der einfache Vergütungssatz bei einer Behandlung im Kostenerstattungsverfahren (§ 13 Absatz 3 SGB V) nicht zulässig. Für eine Vergütung nach § 11 Absatz 1 GOÄ ist es notwendig, dass die Krankenkasse ihre Zahlung an den Psychotherapeuten „leistet“. Das setzt voraus, dass zwischen der Krankenkasse und dem Psychotherapeuten eine unmittelbare Rechtsbeziehung, also eine Zahlungspflicht der Krankenkasse gegenüber dem Psychotherapeuten, besteht. Dies ist aber in der Kostenerstattung nicht der Fall. Diese begründet allein eine Zahlungspflicht der Krankenkasse gegenüber dem Patienten. Damit sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten und nicht auf die Höhe der Sachleistung beschränkt.

Die BPtK hat in einem Anschreiben an das Bundesversicherungsamt und an den GKV-Spitzenverband ihre Einschätzung dargelegt und gebeten, geeignete Maßnahmen zu treffen.

G-BA streicht Behandlungen für schwer abhängige Raucher

Empfehlungen der S3-Leitlinie zur Tabakabhängigkeit missachtet

(BPtK) Schwer kranke Raucher haben zukünftig keinen Anspruch mehr auf eine nachweislich wirksame Suchtbehandlung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) strich am 15. Oktober 2015 die psychotherapeutische Behandlung von schwer kranken Rauchern aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.

„Das ist eine versorgungspolitische Fehlentscheidung“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Die aktuelle S3-Leitlinie zum schädlichen und abhängigen Tabakkonsum empfiehlt mit der höchsten Empfehlungsstärke eine verhaltenstherapeutische Behandlung von Rauchern. Gerade für schwer abhängige Raucher mit schweren körperlichen Erkrankungen, wie zum Beispiel onkologischen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, muss es deshalb weiter ein kassenfinanziertes Behandlungsangebot geben.“

Im Jahr 2011 hatte der G-BA noch völlig anders entschieden. Damals stellte er fest, dass der schädliche Gebrauch und die Abhängigkeit von Tabak als Teil der „psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ eine Indikation zur Anwendung von Psychotherapie seien. Schwer abhängige Raucher, die alleine nicht von der Sucht loskommen, konnten damit ein evidenzbasiertes ambulantes Behandlungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Der G-BA bezeichnet diese fachlich richtige Entscheidung heute als ein redaktionelles Versehen, das mit dem aktuellen Beschluss korrigiert werde. Damit übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung zukünftig weder psychotherapeutische Behandlungen noch niederschwellige Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung für schwer abhängige Raucher.

Circa 13 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland erfüllt die diagnostischen Kriterien für eine Tabakabhängigkeit. Tabakabhängigkeit zählt zu den psychischen Erkrankungen mit dem höchsten somatischen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Jährlich sterben rund 140.000 Menschen an den Folgen eines langjährigen Tabakkonsums. Jahrelanges Rauchen verkürzt das Leben um durchschnittlich zehn Jahre.

Neuvergabe der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland

Entscheidung für den privaten Anbieter Sanvartis umstritten

(BPtK) Ab 2016 betreibt das Duisburger Unternehmen Sanvartis die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD). Bis Ende 2022 trägt der private Anbieter damit die Verantwortung für ein gesetzlich vorgeschriebenes Informations- und Beratungsangebot für Verbraucher und Patienten (§ 65b SGB V). Staatssekretär Karl-Josef Laumann, Patientenbeauftragter der Bundesregierung, betonte, dass es ihm persönlich ein wichtiges Anliegen sei, dass die Patientenberatung auch zukünftig neutral und unabhängig sei. Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, stellte fest, dass Sanvartis „das überzeugendste Konzept für eine unabhängige und neutrale Beratung“ vorgelegt habe.

Für das Beratungsangebot stellen die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt rund 62 Millionen Euro aus den Beiträgen ihrer Versicherten bereit. Hinzu kommen weitere Mittel der privaten Krankenversicherung in Höhe von 630.000 Euro jährlich. Dafür sollen über eine kostenlose bundesweite Hotline (0800-0117722) montags bis freitags von 08:00 bis 22:00 Uhr und samstags von 08:00 bis 18:00 Uhr rund 120 Mitarbeiter Verbraucher und Patienten „auf der Grundlage evidenzbasierter, aktueller Informationen“ in Gesundheitsfragen beraten. Sanvartis sagte zu, dass 90 Prozent der Anrufer im ersten Versuch einen Ansprechpartner erreichen werden. Außerdem sollen 80 Prozent der Anrufe innerhalb von 20 Sekunden angenommen werden. „Bisher benötigten Ratsuchende im Durchschnitt mehr als drei Anrufversuche, bis sie ihr Anliegen vortragen konnten“, erläuterte der Patientenbeauftragte Laumann.

Die Entscheidung für den neuen Träger war umstritten. Aus Protest traten in dieser Woche zwei Gesundheitswissenschaftler aus dem UPD-Beirat aus: Prof. Dr. Marie-Luise Dierks von der Medizinischen Hochschule Hannover und Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands. Kritik an der Vergabe an ein privatwirtschaftliches Unternehmen wurde auch von der Bundesärztekammer, der Bundespsychotherapeutenkammer und weiteren Organisationen des Versorgungssystems geäußert.

Sanvartis hatte nach einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag bekommen. Das Vergabeverfahren wurde von der Vergabekammer des Bundes überprüft, die am 3. September 2015 zu dem Ergebnis kam, dass es keine Anhaltspunkte für Manipulationen zugunsten der Sanvartis GmbH gegeben habe. Als zentrale Aspekte zur Sicherung der Unabhängigkeit führte GKV-Vorstand Kiefer aus: Sanvartis gründe für die Patientenberatung eine neue gemeinnützige Gesellschaft. Alle Mitarbeiter seien bei dieser neuen Gesellschaft angestellt und würden nicht gleichzeitig für andere Anbieter tätig sein. Auch der Geschäftsführer arbeite ausschließlich für diese neue Gesellschaft. Die neue UPD werde über ein eigenes IT-System verfügen, ein Zugriff durch den Mutterkonzern sei nicht möglich. Ein unabhängiger Auditor werde im Auftrag des UPD-Beirats kontinuierlich die Geschäftsprozesse überwachen.

Gesetzliche Regelungen zur Anpassung psychotherapeutischer Honorare notwendig

BPtK kritisiert Honorarbeschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer hält die Entscheidung des Erweiterten Bewertungsausschusses am 22. September 2015 zur Erhöhung der psychotherapeutischen Honorare für äußerst unbefriedigend. Die Kriterien für die Anpassung der psychotherapeutischen Honorare an die Entwicklung der ärztlichen Honorare sind aus Sicht der BPtK an vielen Stellen nicht nachvollziehbar und willkürlich. „Für die regelmäßige Anpassung der psychotherapeutischen Honorare ist deshalb eine gesetzliche Präzisierung der Regelungen im SGB V notwendig“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz.

Nach mehrjährigen Beratungen hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in der vergangenen Woche endlich eine Anhebung der Vergütung genehmigungspflichtiger Leistungen rückwirkend ab 2012 beschlossen. Danach steigt die Vergütung der genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistung um knapp 2,7 Prozent. Zudem wird ein Zuschlag auf genehmigungspflichtige Leistungen eingeführt, mit dem die Finanzierung des Praxispersonals unterstützt werden soll. Dieser Zuschlag ist allerdings von einer bestimmten Auslastung der Praxis abhängig.

Bei der Überprüfung der Honorare für psychotherapeutische Leistungen haben die Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen die „angemessene Höhe der Vergütung“ systematisch nach unten gerechnet. Für die Anpassung der psychotherapeutischen Honorare werden diese mit ärztlichen Honoraren verglichen. Dabei wurden jedoch nicht mehr die besser verdienenden Facharztgruppen der Augenärzte und Orthopäden berücksichtigt. Weiterhin wurden den Berechnungen veraltete Daten aus der Kostenstrukturanalyse von 2007 zugrunde gelegt, obwohl bereits Mitte 2013 die entsprechenden Daten des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2011 vorlagen und im Ergebnis zu einer besseren Vergütung für psychotherapeutische Leistungen geführt hätten.

Darüber hinaus erfolgen die Nachzahlungen lediglich für den Zeitraum ab 2012, obwohl laut Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom Dezember 2013 überprüft werden sollte, ob die seit 1. Januar 2009 gültige Bewertung der antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen eine angemessene Vergütung psychotherapeutischer Leistungen sicherstellt. Deshalb wäre auch für die Jahre 2010 und 2011 eine Korrektur erforderlich gewesen.

Weiterhin wurde der Zuschlag für genehmigungspflichtige Leistungen so konstruiert, dass er nur für besonders stark ausgelastete Praxen zum Tragen kommt. Der Zuschlag wird nur für Praxen gezahlt, die allein durch genehmigungspflichtige Leistungen einen Praxisumfang erreichen, der oberhalb von 50 Prozent einer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an der Belastungsgrenze arbeitenden Praxis liegt (36 genehmigungspflichtige Psychotherapiesitzungen). Bei Praxen mit einem halben Versorgungsauftrag liegt diese Grenze bei 25 Prozent der „voll ausgelasteten“ Praxis. Der Zuschlag erhöht sich dann proportional zum Gesamtumsatz an genehmigungspflichtigen Leistungen. „Nicht-genehmigungspflichtige Leistungen bleiben hierbei vollständig unberücksichtigt“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. Dabei ist es für eine volle Auslastung und die damit assoziierten Praxiskosten unerheblich, zu welchem Teil diese über genehmigungspflichtige oder nicht-genehmigungspflichte zeitgebundene Leistungen erreicht wird. „Alle zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen müssen bei der Konstruktion eines solchen Zuschlags gleichermaßen berücksichtigt werden, auch um künftig die richtigen Anreize für eine bessere, niederschwellige psychotherapeutische Versorgung zu setzen“, fordert Munz.

Kritisch zu bewerten ist schließlich, dass nur jene Psychotherapeuten Nachvergütungen erhalten, die Widerspruch gegen ihre Honorarbescheide eingelegt haben. „Das ist für eine Entscheidung, mit der allgemein die psychotherapeutischen an ärztliche Honorare angepasst werden sollen, nicht akzeptabel“, stellt der BPtK-Präsident fest.

Der strittige Beschluss und sein außerordentlich langer Vorlauf zeigen, dass nur präzisere gesetzliche Vorgaben eine angemessene Vergütung der zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen sicherstellen können. „Der Bewertungsausschuss muss Vorgaben bekommen, wann und nach welchen Kriterien er die Entwicklung der psychotherapeutischen Honorare überprüfen und anpassen muss“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Sonst ist keine Honorargerechtigkeit möglich und eine permanente Rechtsunsicherheit für Psychotherapeuten die Folge.“

Psychisch kranke Flüchtlinge: Ermächtigungen für Psychotherapeuten notwendig

BPtK veröffentlicht Ratgeber: Wie beantrage ich eine Ermächtigung?

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen auf, sich für die kurzfristige Ermächtigung von Psychotherapeuten zur Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge einzusetzen.

Mindestens jeder zweite Flüchtling ist psychisch krank. Bisher werden aber nicht mehr als vier Prozent der Flüchtlinge psychotherapeutisch versorgt. In der ambulanten Versorgung und in psychosozialen Flüchtlingszentren sind deutlich mehr Psychotherapeuten notwendig, um posttraumatische Belastungsstörungen und Depressionen behandeln zu können. Die BPtK schätzt, dass in diesem Jahr mindestens 40.000 psychisch kranke Flüchtlinge eine psychotherapeutische Behandlung brauchen. Bisher können pro Jahr aber nur rund 4.000 Flüchtlinge behandelt werden.

Für solche Ermächtigungen sind keine neuen gesetzlichen Regelungen notwendig. Ärzte und Psychotherapeuten können nach der Zulassungsverordnung der Vertragsärzte (§ 31 Absatz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV) ermächtigt werden, vertragspsychotherapeutisch tätig zu werden, sofern dies notwendig ist, um einen begrenzten Personenkreis zu versorgen. Flüchtlinge sind ein solcher begrenzter Personenkreis, der zurzeit so gut wie nicht versorgt wird. Ermächtigungen sind zeitlich begrenzt, im Regelfall auf zwei Jahre.

Die psychotherapeutischen Leistungen für Flüchtlinge werden zwar über die Krankenkassen abgerechnet. Nach § 264 Absatz 7 SGB V werden den Kassen aber die Kosten von den zuständigen Sozialhilfeträgern vierteljährlich erstattet.

Eine Ermächtigung muss beim Zulassungsausschuss beantragt werden und ermächtigt zur Behandlung mittels eines Richtlinienverfahrens. Die BPtK hat eine Information für Psychotherapeuten erstellt, die eine Ermächtigung für die Versorgung von Flüchtlingen beantragen wollen. Wer eine solche Ermächtigung erhält, ist berechtigt, vertragspsychotherapeutische Leistungen für Flüchtlinge zu erbringen und diese auch mit den Krankenkassen abzurechnen.

Landesarbeitsgemeinschaft für Kinder psychisch kranker Eltern

(LPK BW) Am 30. Juli 2015 hat sich auf Initiative des Diakonischen Werkes BW eine Landesarbeitsgemeinschaft „Kinder psychisch kranker Eltern“ gegründet. Die LAG setzt sich vornehmlich aus Institutionen und Verbänden zusammen. Sie möchte durch Vernetzung der Akteure im Gesundheits- und Jugendhilfewesen sowie von Projekten politisch in Gremien der Ministerien Einfluss nehmen; Ziel ist, die Teilhabechancen von Kindern psychisch belasteter Eltern und Familien zu verbessern und präventiv psychischen Erkrankungen der Kinder vorzubeugen.

Die Kammer sieht hier großen Handlungsbedarf, da wir wissen, wie belastend Kinder die Erkrankung ihrer Eltern erleben können und dass sie aktiver Unterstützung bedürfen, um hiermit so umgehen zu können, dass sie möglichst nicht selbst erkranken. Erfreulich, dass die TK einen Vertrag mit der KVBW abgeschlossen hat, nachdem die Familie eines bei der TK versicherten chronisch kranken Elternteils psychotherapeutische Beratung in Anspruch nehmen kann. Info: www.tk.de/tk/baden-wuerttemberg/versorgung-und-innovation/kinder-kranker-eltern/656384