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Neue Arbeitshilfe zur Zusammenarbeit von Gesundheitswesen, Schulen und Kinder- und Jugendhilfe in Baden-Württemberg

(LPK BW) Die Corona-Pandemie und die notwendigen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung haben die gesamte Gesellschaft, vor allem aber auch Kinder und Jugendliche vor umfassende psychosoziale Herausforderungen gestellt. Um Kinder und Jugendliche besser zu unterstützen, wurde im Sommer 2021 die Task Force zur psychischen Situation von Kindern und Jugendlichen in Folge der Coronapandemie (Task Force PsychG KJ) am Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration einberufen, die in verschiedenen Bereichen zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern auf den Weg gebracht hat.

Mitglieder der Taskforce, darunter auch die Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg, haben eine Arbeitshilfe erstellt, welche Fachkräften, die in Gesundheitswesen, Schulen und Kinder- und Jugendhilfe tätig sind, einen Überblick darüber verschafft

  • welche Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und an Schulen es allgemein für alle Kinder, Jugendlichen und Eltern sowie gezielt für die verschiedenen Altersstufen (von der Zeit vor der Geburt bis hin zum Übergang ins Erwachsenenalter) gibt
  • wie das Gesundheitswesen Kinder und Jugendliche (und an deren Situation anknüpfend auch Eltern) unterstützt, von der Prävention und Früherkennung über ambulante bis hin zu stationärer Versorgung und Akutversorgung in Krisen; den speziellen Hilfen bei Sucht und Suchtgefährdung von Kindern, Jugendlichen und Eltern wird dabei ein eigener Teil gewidmet, und
  • wie die verschiedenen Systeme den Übergang ins Erwachsenenalter begleiten.

Die verschiedenen Teile geben jeweils einen Überblick, was in welchen Fällen geleistet wird und wie die Zugangswege sind. So können sich Fachkräfte aus den verschiedenen Systemen gezielt informieren, welche Hilfen andere Systeme für die von ihnen unterstützten Kinder, Jugendlichen und Familien bereithalten und können diese weiterverweisen oder gezielt (mit Einverständnis der Betroffenen) im Einzelfall kooperieren. Die Darstellung soll auch dazu beitragen, die kooperierenden Systeme besser zu verstehen und falsche Erwartungen und Missverständnisse auszuräumen.

Darüber hinaus werden bereits bestehende Kooperationsstrukturen und -formate vorgestellt und Hinweise gegeben, wie Netzwerkarbeit und Kooperationen auf struktureller Ebene auf- und ausgebaut werden können, ergänzt durch die Vorstellung von Modellen zu interdisziplinärer Zusammenarbeit in Gruppenkontexten und komplexen Einzelfällen.

Fachkräfte können so an bereits bestehende Kooperationsformate anknüpfen, sich dort einbringen oder auf deren Kompetenzen zurückgreifen. Zudem soll die Arbeishilfe ermutigen, dort, wo es noch keine entsprechenden Strukturen gibt, Kooperationen einzugehen und Netzwerke aufzubauen. Hierzu finden sich auch Erläuterungen, welche Formen der Kooperation im Einzelfall – von anonymen Fallbesprechung über Begleitung von Übergängen bis hin zu multiprofessionellen Versorgung bei komplexen Problemlagen – möglich sind.

Berufsrecht in der KJP – Therapieaufklärung, Dokumentation, Suizidalität

Erfolgreicher Online-Fachtag der LPK BW für besondere KJP-Rechtsfragen

(LPK BW) Nach dem großen Erfolg der ersten beiden Online-Fachtage zu berufsrechtlichen Fragen in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie ging die beliebte Fortbildungsveranstaltung der LPK Baden-Württemberg mit  240 Teilnehmer*innen in die dritte Runde. Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen steht in einem besonderen rechtlichen Spannungsfeld zwischen der Beziehung von Therapeut*in und Kind/Jugendlichem und der Beziehung von Therapeut*in und Eltern. Daraus können Konflikte im Arbeitsbündnis mit vielfältigen Fragestellungen entstehen. Der Fachtag Berufsrecht in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie fokussierte dieses mal die drei wichtigen Themenfelder Therapieaufklärung, Dokumentation und Suizidalität. Inhaltlich konzipiert und gestaltet wurde der Fachtag vom LPK-Ausschuss „Psychotherapeutische Versorgung Kinder und Jugendlicher“.

Nach der Begrüßung durch Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz wurden jeweils Impulsvorträge und dazu passende Fallvignetten zu den genannten Themenfeldern vorgestellt. Brigitte Thüringer-Dülsen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (KJP) mit Praxis in Bietigheim-Bissingen, eröffnete die Vortragsrunde mit dem Thema „Wie kläre ich rechtssicher über die Therapie auf?“, was Dorothea Groschwitz, LPK-Vorstandmitglied und ebenfalls KJP in Stuttgart, mit einem konkreten Fall ergänzte. Brigitte Thüringer-Dülsen wies eingangs darauf hin, dass das Selbstbestimmungsrecht des Patienten rechtlich geschützt sei, sodass jede (psychotherapeutische) Behandlung dessen Einwilligung benötige. Nur durch eine angemessene Aufklärung könne der/die Patient*in selbstbestimmt eine informierte Zustimmung (informed consent) geben. Die rechtlichen Grundlagen seien im Patientenrechtegesetz sowie in der Berufsordnung der LPK BW geregelt. Grundsätzlich gelte: Keine Behandlung ohne Einwilligung, keine Einwilligung ohne Aufklärung.

Lange Wartezeiten auf eine Psychotherapie in ländlichen Regionen Bayerns

BPtK fordert zusätzliche Psychotherapeutensitze

(BPtK) Auch in Bayern beträgt die durchschnittliche Wartezeit von der ersten Sprechstunde bis zum Beginn einer Richtlinienpsychotherapie knapp 20 Wochen (139 Tage). Die aktuellen Daten bestätigen damit die Analysen der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) auf Basis der KBV-Abrechnungsdaten von 2019. Die Hälfte der Patient*innen in Bayern wartet nach ihrem ersten Sprechstundenkontakt länger als 13,9 Wochen (Median der Wartezeit = 97 Tage) auf den Beginn der psychotherapeutischen Behandlung. Das ist eines der zentralen Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns.

Die Studie zeigt auch, dass insbesondere psychotherapiebedürftige Kinder und alte Menschen in Bayern besonders lange warten müssen. So muss die Hälfte der Kinder im Alter von 10 Jahren sowie der Erwachsenen im Alter von 64 Jahren länger als 115 Tage auf den Beginn einer Psychotherapie warten. Besonders lang waren die Wartezeiten auch in ländlicheren Regionen Bayerns. Der Median der Wartezeiten liegt in den ländlichen Kreisen im Nordosten Bayerns etwa 50 Tage über dem in München. Wenn Patient*innen mehr als eine Psychotherapeut*in aufsuchen müssen, um einen Therapieplatz zu erhalten, fallen die Wartezeiten mit einem Median von 178 Tage mehr als doppelt so lang aus wie bei Patient*innen, bei denen die erste Sprechstunde und Psychotherapie bei derselben Psychotherapeut*in erfolgen konnte (Median von 85 Tagen). Aufgrund der Methodik der Studie nicht erfasst sind die Wartezeit auf die erste Sprechstunde und die Personen, die nach einer Sprechstunde keinen Therapieplatz gefunden haben und unversorgt bleiben.

„Die langen Wartezeiten auf eine Psychotherapie in den ländlichen Regionen Bayerns für Kinder und für alte Menschen stehen stellvertretend für die unzureichende Versorgungssituation in der gesamten Bundesrepublik“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Es müssen dringend zusätzliche Psychotherapeutensitze geschaffen werden, um die Wartezeiten für Patient*innen spürbar zu reduzieren.“ Die Ampel-Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die psychotherapeutische Bedarfsplanung zu reformieren, um Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz, insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten, deutlich zu reduzieren. Um dieses Ziel umzusetzen, hält die BPtK eine grundlegende Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung für notwendig. Ein wichtiger Schritt ist die Absenkung der allgemeinen Verhältniszahlen für die Arztgruppe der Psychotherapeuten. Dadurch würden zusätzliche Kassensitze insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen entstehen. Außerdem sollten Psychotherapeut*innen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, in einer eigenen Arztgruppe geplant werden, damit das Versorgungsangebot für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche gezielt weiterentwickelt werden kann.

Minister Lauterbach verkennt Situation psychisch kranker Kinder

BPtK fordert nachhaltige Reform der Bedarfsplanung

(BPtK) Kopfschütteln über die Äußerungen des Bundesgesundheitsministers bei der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK): Bei der Vorstellung des Abschlussberichtes der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ (IMA) äußerte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, nur mehr Behandlungskapazitäten für schwer psychisch kranke Kinder schaffen zu wollen. Von der im Koalitionsvertrag angekündigten Reform der Bedarfsplanung war keine Rede.

„Die Praxen unserer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen sind seit Langem überlaufen. Die aktuellen Krisen haben die schlechte Ausgangslage dramatisch verschärft. Kinder und Jugendliche warten monatelang auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz oder finden gar keine Versorgung, obwohl die bestehenden Praxen während der Pandemie schon ihre Versorgungsleistung erhöht haben“, sagt Cornelia Metge, Vorstandsmitglied der BPtK und niedergelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Blieben psychische Erkrankungen zu lange unbehandelt, gefährde dies die Schulfähigkeit, erhöhe das Risiko für Chronifizierung und beeinträchtige die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, so Metge. „Es gibt keine vermeintlich leichten Fälle, die Platz machen könnten. Die Kinder und Jugendlichen, die wir tagtäglich sehen, sind alle psychisch schwer beeinträchtigt. Hier vermeintlich ‚schwerere‘ Fälle gegen ‚leichtere‘ ausspielen zu wollen, verkennt, dass gerade Kinder und Jugendliche frühzeitig behandelt werden müssen, um schwere Langzeitfolgen und gebrochene Biografien zu verhindern.“

Wiederholt setze das Bundesgesundheitsministerium (BMG) allein auf Maßnahmen wie Sonderbedarfszulassungen und Gruppentherapien und verschließe somit weiterhin die Augen vor der bitteren Realität: „Schon vor der Corona-Pandemie mussten psychisch kranke Menschen allen Alters vielerorts monatelang auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz warten. Wir brauchen eine echte Stärkung der Versorgung psychisch kranker Menschen und keine rein kosmetischen Maßnahmen. Insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen müssen mehr Kassensitze zugelassen werden. Das BMG muss den Koalitionsvertrag endlich umsetzen und eine echte Reform der Bedarfsplanung im Interesse der Patient*innen angehen“, fordert deshalb BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Die Ampel-Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die psychotherapeutische Bedarfsplanung zu reformieren, um Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz, insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten deutlich zu reduzieren.

„Das BMG ignoriert damit die Ziele des Koalitionsvertrages und blendet zudem die Faktenlage aus“, so Munz. Denn mehrere Studien und Untersuchungen, die im Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ zusammengefasst sind, stellen den dringenden Handlungsbedarf in der Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen heraus. Des Weiteren zeigt eine aktuelle Auswertung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

Berufsrecht in der KJP – Therapieaufklärung, Dokumentation, Suizidalität

3. Online-Fachtag der LPK BW für besondere KJP-Rechtsfragen am 25. April 2023

(LPK BW) Nach dem großen Erfolg der ersten beiden Online-Fachtage zu berufsrechtlichen Fragen in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie mit insgesamt über 260 Teilnehmern geht die beliebte Fortbildungsveranstaltung in die dritte Runde. Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen steht in einem besonderen rechtlichen Spannungsfeld zwischen der Beziehung von Therapeut und Kind/Jugendlichem und der Beziehung von Therapeut und Eltern. Daraus können Konflikte im Arbeitsbündnis entstehen mit vielfältigen Fragestellungen, die wir mit Ihnen im Rahmen von drei Themenfeldern diskutieren möchten:

Berufsrecht in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie – Therapieaufklärung, Dokumentation, Suizidalität
Dienstag, 25. April 2023
09.00-12.00 Uhr

Programmflyer

Anmeldung

Nach Impulsvorträgen wird anhand von Fallvignetten mit juristischer Unterstützung mehr Sicherheit im Umgang mit kritischen Therapiesituationen vermittelt. Die rechtlichen und psychotherapeutischen Aspekte werden jeweils in einem Podiumsgespräch zwischen Referentin, Kammerjuristin und Ausschussmitglied vertieft. Für Rückfragen steht der moderierte Chat zur Verfügung.

Der Vorstand und Ausschuss „Psychotherapeutische Versorgung Kinder und Jugendliche“ der LPK Baden-Württemberg laden Sie herzlich hierzu ein und würden sich freuen, Sie bei dieser Online-Veranstaltung begrüßen zu dürfen!

Psychische Gesundheit junger Menschen in Krisenzeiten besser schützen

Ethikrat legt Handlungsempfehlungen vor

(BPtK) Der Deutsche Ethikrat fordert, in gesellschaftlich schwierigen Zeiten junge Menschen stärker im Blick zu halten und ihre psychische Gesundheit besser zu schützen. Kinder und Jugendliche hätten unter der Corona-Pandemie in besonderem Maße gelitten. Es sei zu wenig getan worden, um sie bei der Bewältigung der psychischen Belastungen zu unterstützen. Dies habe dazu geführt, dass sich ihre psychische Gesundheit verschlechtert habe.

Der Ethikrat kommt zu dem Schluss, dass dieses Versäumnis zum Anlass genommen werden müsse, um zukünftig die Belange der Jüngeren stärker zu gewichten. Das gelte aktuell für die Energieversorgungskrise in der Folge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und in besonderer Weise mittel- und langfristig für die Bewältigung der Klimakrise.

Um zukünftig die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in gesellschaftlichen Krisen besser zu schützen, empfiehlt der Ethikrat:

  1. Regelhaft psychologische und psychosoziale Beratungsangebote in Schulen,
  2. Verlässliche Finanzierung und personelle Ausstattung von Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Erziehungsberatungsstellen sowie Einrichtungen der Krankenbehandlung,
  3. Informationskampagnen über psychische Gesundheit und Krankheit und das Hilfesystem in den Lebenswelten der Kinder,
  4. Kostenfreie Freizeitangebote, insbesondere für Kinder in schwierigen Lebenslagen,
  5. Schulung von Erzieher*innen und Lehrer*innen mit Blick auf die Prävention psychischer Belastungen und Erkrankungen,
  6. Zeitnahe konkrete Pläne zum Abbau bestehender Defizite in der Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher,
  7. Ausbau sektorenübergreifender, multiprofessioneller Versorgungsnetze,
  8. Konsequenter Einbezug der wesentlichen Lebensweltbezüge der Kinder (z. B. Familie) in alle Beratungs- und Hilfsangebote,
  9. Förderung von Forschung zu den Folgen von Maßnahmen zur Bewältigung gesellschaftlicher Krisen,
  10. Etablieren von Formen altersgemäßer Partizipation bei der Krisenbewältigung.

„Schieb den Gedanken nicht weg!“

Start der Kampagne für ein Umdenken bei sexueller Gewalt gegen Kinder

(BPtK) Am 17. November haben Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Kerstin Claus, Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, eine gemeinsame Aufklärungs- und Aktivierungskampagne gestartet. Unter dem Motto „Schieb den Gedanken nicht weg!“ soll dafür sensibilisiert werden, dass sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen vor allem im persönlichen Umfeld stattfindet.

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland über 15.000 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch zur Anzeige gebracht. Das Dunkelfeld ist weitaus größer. Schätzungsweise ein bis zwei Kinder pro Schulklasse sind von sexueller Gewalt betroffen. Die größte Gefahr geht dabei vom eigenen Umfeld aus: Es ist davon auszugehen, dass rund ein Viertel der sexuellen Übergriffe an Kindern und Jugendlichen innerhalb des engsten Familienkreises stattfinden. Rund die Hälfte passiert im sozialen Umfeld, zum Beispiel im erweiterten Familien- und Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft oder durch Personen aus Einrichtungen oder Vereinen, die den Kindern und Jugendlichen gut bekannt sind.

„Wir brauchen ein Umdenken“, betont BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Der Gedanke, dass das eigene Kind zu Hause nicht sicher ist, ist kaum zu ertragen. Und trotzdem müssen wir den Gedanken zulassen, das zeigen die Zahlen. Nur dann können wir die Gefahren erkennen, unsere Kinder schützen und ihnen angemessen helfen.“

„Schieb den Gedanken nicht weg!“ ist als mehrjährige Kampagne konzipiert und stellt unter anderem zahlreiche Informations- und Werbematerialien sowie Handlungshilfen zur Verfügung. Durch provokative und irritierende Aussagen wie „Geh nicht mit Fremden mit! – Und wenn es gar kein Fremder ist?“ soll auf die reale Gefahr im persönlichen Umfeld hingewiesen werden. Menschen sollen für den Umgang mit sexueller Gewalt bei Kindern und Jugendlichen sensibilisiert und dazu befähigt werden, im Verdachtsfall aktiv zu werden.

Materialien der Kampagne zum Download und Bestellen: https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/startseite

Prävention psychischer Erkrankungen im Kindesalter wichtig

RKI-Bericht zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

(BPtK) Etwa jedes sechste Kind in Deutschland ist psychisch auffällig. Kinder, die Opfer von Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung geworden sind, haben zum Beispiel ein höheres Risiko, psychisch zu erkranken. Dagegen schützen ein enger familiärer Zusammenhalt sowie ein stabiles schulisches Umfeld Kinder davor, psychisch zu erkranken. Mit den Schutzfaktoren sinkt das Risiko für das Auftreten psychischer Auffälligkeiten, auch bei Kindern und Jugendlichen mit einer hohen Zahl an Risikofaktoren. Das ist ein Ergebnis des Schwerpunktberichts des Robert Koch-Instituts zur psychischen Gesundheit im Kindes- und Jugendalter. Für den Bericht wurden vor allem die bevölkerungsrepräsentativen Daten der KiGGS-Studie im Zeitraum 2003 bis 2017 analysiert.

Basierend auf den Ergebnissen hat das RKI Handlungsempfehlungen zur Prävention psychischer Erkrankungen formuliert. Hierzu gehören:

In der Familie:

  • Elternkompetenz stärken durch Elterntrainings sowie Erziehungs- und Familienberatung,
  • aufsuchende Familienhilfe durch intensive Beratung und Begleitung in der Familie,
  • Entwicklung einer Informationsstrategie, um Eltern zum Thema psychische Gesundheit aufzuklären.

In der Schule:

  • Stärkung emotionaler und sozialer Fähigkeiten der Schüler*innen,
  • Entwicklung von Programmen zur Stärkung der psychischen Gesundheitskompetenz aller schulischen Akteur*innen.

In der Kita:

  • Qualifizierung der Erzieher*innen zur Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen der betreuten Kinder,
  • Qualifizierung von Erzieher*innen zum Erkennen von Risikofaktoren sowie die Stärkung der Kommunikationskompetenz für Elterngespräche.

In der Kommune:

  • Bereitstellung sozial nachhaltigen, familiengeeigneten Wohnraums und eines qualitativ hochwertigen Lebensumfelds (unter anderem ausreichende Spiel- und Grünflächen),
  • Etablierung quartiers- oder stadtteilbezogener Peer-Projekte, in denen zum Beispiel Eltern oder Jugendliche Gesundheitsinformationen vermitteln,
  • Etablierung von Lots*innen, die Angebote zur Prävention psychischer Erkrankungen erklären und vermitteln.

„Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen sind Expert*innen für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Ihr Wissen und ihre Erfahrung sollte bei der Prävention psychischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter einbezogen werden“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Der RKI-Bericht informiert auch über die Inanspruchnahme des Gesundheitssystems wegen psychischer Beschwerden bei Kindern und Jugendlichen. Aussagen über die Inanspruchnahme von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen konnten im RKI-Bericht jedoch nicht gemacht werden, da diese in dem Fragebogen nicht aufgeführt waren. Stattdessen wurden „Psycholog*innen“ und „Psychologische Psychotherapeut*innen“ gemeinsam in einer Frage berücksichtigt. „Die BPtK bedauert es, dass das RKI eine wesentliche Berufsgruppe, die im deutschen Gesundheitssystem psychisch kranke Kinder und Jugendliche behandelt, nicht berücksichtigt hat“, stellt Munz fest. „Wir würden uns freuen, wenn das RKI dies in zukünftigen Befragungen korrigiert.“

Abbau der Wartezeiten in der Psychotherapie notwendig

Länder fordern gesetzliche Regelungen durch das BMG

(BPtK) Die Regierungschef*innen der Länder haben auf ihrer Jahrestagung aktuelle gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen in den Blick genommen. Einer der sechs gefassten Beschlüsse betrifft die psychotherapeutische Versorgung insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Die Länder fordern, schnelle gesetzliche Regelungen zu schaffen, um die zu langen Wartezeiten auf eine ambulante psychotherapeutische Behandlung kurzfristig zu reduzieren und die erheblichen Versorgungsunterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen abzubauen. Hierbei betonen die Länder, dass sich die langen Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung besonders stark auf psychisch kranke Kinder und Jugendliche auswirken, weshalb weitreichende negative Folgen für ihre schulische und berufliche Entwicklung zu erwarten sind. Die Versorgungsbedarfe von Kindern und Jugendlichen haben sich insbesondere durch die psychischen Belastungen infolge der Corona-Pandemie noch einmal verschärft.

„Wir freuen uns über das Engagement der Ministerpräsident*innen der Länder für eine bessere Versorgung psychisch erkrankter Menschen. Es ist an der Zeit, die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform der Bedarfsplanung im Bereich der Psychotherapie endlich auf den Weg zu bringen“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Ziel sollte es sein, mehr Psychotherapeutensitze in ländlichen und strukturschwachen Regionen – für Kinder und Jugendliche ebenso wie für Erwachsene – zu schaffen und so die aktuelle Unterversorgung abzubauen.

Mehr als 1,8 Millionen Schüler*innen sind Opfer von Cyber-Mobbing

Aktuelle Studie des Bündnisses gegen Cyber-Mobbing mit der TK

(BPtK) Fast jedes fünfte Kind und jede fünfte Jugendliche* (17 Prozent) wurden schon im Internet oder in den sozialen Medien gemobbt. 2017 lag der Anteil noch bei 13 Prozent. Damit ist Cyber-Mobbing zu einem zunehmenden und dauerhaften Problem an Schulen und im privaten Umfeld von Kindern und Jugendlichen geworden. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie „Cyberlive IV – Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern“, die das Bündnis gegen Cyber-Mobbing in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse (TK) veröffentlicht hat. Die Corona-Pandemie hat das Problem noch verschärft. So gaben 65 Prozent der Schüler*innen an, dass Cyber-Mobbing während der Corona-Pandemie zugenommen hat.

Cyber-Mobbing kann die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen massiv gefährden: Mehr als die Hälfte fühlte sich verletzt. 15 Prozent hatten deshalb schon zu Alkohol, Tabletten oder Drogen gegriffen und fast jede vierte Gemobbte* äußerte Suizidgedanken (24 Prozent).

„Präventionsangebote gegen Cyber-Mobbing an Schulen müssen ausgebaut werden“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Außerdem müssen Lehrer*innen und Eltern stärker darüber informiert werden, wie sie damit umgehen können, wenn ihr Kind Opfer von Cyber-Mobbing geworden ist“. Die BPtK hat in ihrem Elternratgeber „Internet“ Informationen über Cyber-Mobbing und Tipps für Eltern zusammengestellt: https://www.elternratgeber-internet.de/schwerpunkte/cyber-mobbing/.