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Mitbehandlung körperlicher Krankheiten

BPtK-Tagung zur psychotherapeutischen Weiterbildung

(BPtK) Viele körperliche Erkrankungen benötigen eine psychotherapeutische Mitbehandlung. Psychotherapie kann die Krankheitsbewältigung, das Krankheitsmanagement und die Gesundung bei körperlichen Leiden erheblich verbessern. Ebenso werden psychische Komorbiditäten, die häufig bei somatischen Erkrankungen vorkommen, psychotherapeutisch behandelt. Wie sollten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dafür qualifiziert sein? Aus fachlicher Sicht? Um den Anforderungen der Versorgung zu genügen? Mit Blick auf die persönlichen Berufsperspektiven und die Entwicklung der Profession? Dies waren die Leitfragen einer Tagung der Bundespsychotherapeutenkammer am 13. Oktober 2016 in Berlin, zu der die Landespsychotherapeutenkammern, Bundesdelegierte des Deutschen Psychotherapeutentages und psychotherapeutische und ärztliche Berufs- und Fachgesellschaften eingeladen waren.

Wie helfe ich meinem traumatisierten Kind?

BPtK-Ratgeber für Flüchtlingseltern jetzt auch auf Persisch und Kurdisch

(BPtK) Im vergangenen Jahr kamen rund 150.000 Flüchtlinge aus Afghanistan nach Deutschland, von denen viele Persisch sprechen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres stieg insbesondere die Zahl der kurdischen Flüchtlinge an, die in Deutschland Asyl beantragen. Unter den Flüchtlingen sind viele Kinder, die in ihrer Heimat Krieg und Gewalt oder auf der Flucht schreckliche Ohnmacht und Ausgeliefertsein erlebt haben. Sie leiden oft noch lange an diesen Erlebnissen und verhalten sich deshalb häufig anders, als die Eltern sie kennen. Rund jedes fünfte Flüchtlingskind leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Eltern wissen nicht immer, wie sie ihren psychisch belasteten oder erkrankten Kindern helfen können. Deshalb hat die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) ihren Ratgeber für Flüchtlingseltern jetzt auch in Farsi (Persisch) und Kurmandschi (Kurdisch) übersetzen lassen. Die Ratgeber liegen bisher schon auf Englisch, Arabisch und Deutsch vor.

Die BPtK informiert in dem Ratgeber darüber, wie sich traumatisierte Kinder und Jugendliche je nach Alter verhalten können. Der Ratgeber zeigt an vielen konkreten Situationen, wie Eltern darauf angemessen reagieren können. Er möchte den Eltern helfen, ihre Kinder besser zu verstehen. „Traumatisierte Kinder brauchen vor allem das Gefühl, sicher und aufgehoben zu sein“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Eltern können ihren Kindern entscheidend dabei helfen, die schrecklichen Erlebnisse besser zu verarbeiten. Wir zeigen aber auch, wann professionelle Hilfe gesucht werden sollte.“

Der Ratgeber für Flüchtlingseltern auf Persisch und Kurdisch liegt nicht als gedruckte Broschüre vor, sondern ist nur auf der BPtK-Homepage herunterzuladen.

Treffen Schulpsychologie und Psychotherapie

(LPK BW) Wie verschiedentlich berichtet (u. a. PTJ 1/2015 und 1/2016), hat die LPK gemeinsam mit den Schulpsychologischen Beratungsstellen bzw. den Staatlichen Schulämtern Backnang, Aalen und Tübingen sowie mit Beratungslehrern im Dezember 2014 und November/Dezember 2015 drei Fortbildungsveranstaltungen zum Thema „Schulpsychologie und Psychotherapie“ durchgeführt. Übergreifendes Ziel dieser Initiativen ist die Verbesserung der Vernetzung zwischen den beteiligten Professionen sowie damit auch der Versorgung psychisch belasteter bzw. beeinträchtigter Kinder und Jugendlicher.

Nach den sehr gut besuchten und erfolgreichen Veranstaltungen wurden in einem Arbeitstreffen mit den Psychologen (Heike Hufnagel, Eva Schwämmlein und Thomas Hönig) der drei Schulpsychologischen Beratungsstellen Möglichkeiten der weiteren Zusammenarbeit diskutiert. Die LPK wurde dabei vertreten durch Kristiane Göpel und Rüdiger Nübling.

Neue Leitlinie zu selberverletzendem Verhalten

Kinder und Jugendliche häufig psychisch krank

(BPtK) Bis zu einem Drittel aller Jungen und Mädchen gibt an, sich schon mindestens einmal absichtlich selbst verletzt zu haben. In Deutschland beschädigen jedes Jahr rund 14 Prozent der Jugendlichen, vor allem Mädchen, ihre Haut durch Schneiden, Ritzen, Kratzen, Schlagen, Kneifen, Beißen oder Verbrennen. Circa vier bis fünf Prozent wiederholen die Selbstverletzungen. Seit neuestem liegt eine S2k-Leitlinie „Nicht-Suizidales Selbstverletzendes Verhalten (NSSV) im Kindes- und Jugendalter“ vor. Basierend auf der wissenschaftlichen Evidenz und einem interdisziplinären Konsens wurden eine einheitliche Klassifikation und Standards für die Diagnostik und Therapie geschaffen.

Selbstverletzendes Verhalten ist nach dem Internationalen Klassifikationssystem ICD-10 keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typus. Die meisten der sich selbstverletzenden Jugendlichen lassen jedoch keine solche Persönlichkeitsstörung erkennen. Sie haben aber häufig andere psychische Erkrankungen. Auch haben sie ein höheres Risiko für spätere Suizidversuche und Suizide. Dies war der Anlass für die Entwicklung einer eigenen Behandlungsleitlinie für das Jugendalter.

Nach der akuten Wundversorgung und einer vollständigen körperlichen Untersuchung empfiehlt die Leitlinie eine psychopathologische Befunderhebung durch einen Psychotherapeuten oder einen Arzt. Dabei soll insbesondere die Suizidalität des Jugendlichen eingeschätzt werden. Ist eine Behandlung notwendig, muss geklärt werden, ob zunächst das selbstverletzende Verhalten oder die komorbide psychische Erkrankung im Vordergrund stehen soll. Liegt eine psychische Erkrankung vor, soll diese nach der jeweiligen störungsspezifischen Leitlinie behandelt werden.

Einen schnellen Überblick über die empfohlenen Behandlungsentscheidungen gibt die Leitlinie auf der Webseite der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften).

Dritte Veranstaltung „Schule und Psychotherapie“

Intensiver Austausch zwischen Beratungslehrkräften und ambulanten Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und -Psychotherapeuten

(LPK BW) Die Schulpsychologische Beratungsstelle (SPBS) Tübingen organisierte in Kooperation mit der Landespsychotherapeutenkammer (LPK) am 16.12.2015 eine Veranstaltung zum Thema „Schule und Psychotherapie“. Ähnliche Workshops fanden bereits an der SPBS Backnang und der SPBS Aalen statt (Dezember 2014 und November 2015). Ziel dieser Veranstaltungen ist das Kennenlernen und der Austausch der regionalen Beratungslehrkräfte und der im jeweiligen Schulamtsbezirk ambulant arbeitenden Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und -Psychotherapeuten.

Ablauf der Veranstaltung

Die Veranstaltung fand in der Theodor-Heuss-Schule, Berufliche Schule in Reutlingen, statt. Im Vorfeld war es wichtig, die Teilnehmerzahl abzuschätzen und sowohl hinsichtlich Größe als auch Infrastruktur geeignete Räumlichkeiten zu finden. Für die Unterbringung und organisatorische Unterstützung wird der Schule sowie deren Beratungslehrer Michael Scheffner noch einmal ein herzlicher Dank ausgesprochen. Grußworte sprachen der Schulleiter Horst Kern, der Präsident der LPK Herr Dr. Munz sowie der Leiter des Staatlichen Schulamts Tübingen Herr Hocker. Durch den Tag führten Renate Maier-Baudis (Fachbereichsleitung) und Heike Hufnagel von der Schulpsychologischen Beratungsstelle.

Zunächst referierte Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz über die Tätigkeit niedergelassener Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und -Psychotherapeuten. Er gab einen Überblick über die Anzahl und fachliche Ausrichtung dieser Gruppe, sowohl für Baden-Württemberg als auch für die Regionen Tübingen und Reutlingen. Herr Dr. Munz thematisierte die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg, die besonders in ländlichen Gebieten häufig unzureichend ist. Die Versorgungslage kommt durch die Therapeutenzahl im Verhältnis zur Einwohnerzahl sowie in Form von Wartezeiten auf einen Therapieplatz zum Ausdruck. Herr Dr. Munz ging auch auf die gesetzlichen Richtlinien für eine Psychotherapie ein und zeigte auf, dass Vernetzung wichtig ist, um Kinder und Jugendliche während einer Therapie sowohl (schul)organisatorisch als auch bei der Beziehungsgestaltung zu unterstützen. Als Vertreter der LPK machte er auch auf die gesundheitspolitische Relevanz dieser Vernetzung aufmerksam, denn für solche Kontakte stehen keine Ressourcen zur Verfügung. Bei der Netzwerkarbeit sehen sich Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten häufig in einem Dilemma bezüglich ihrer Schweigepflicht: Einerseits wurde ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern, Jugendlichen und ggf. zu deren Eltern aufgebaut, welches sie auf jeden Fall schützen möchten, andererseits ist es ihnen ein Anliegen, die Schulen – im Rahmen des Notwendigen – über die Klienten zu informieren und für deren Bedürfnisse um Verständnis zu werben.

Danach informierte Schulpsychologin Melanie Schorr über die Aufbauorganisation der Schulpsychologie in Baden-Württemberg sowie zentrale berufliche Handlungsfelder, auch im Hinblick auf die regionale Situation. Der an die Beratungsstelle abgeordnete Beratungslehrer Frieder Sigloch gab einen Überblick über seine Ausbildung, sein Tätigkeitsspektrum sowie über Angebote der Beratungsstelle für Beratungslehrkräfte. Das Zusammenspiel zwischen Schulpsychologie und Beratungslehrkräften wurde durch die beiden Beiträge deutlich: Beratungslehrkräfte versorgen die Schulen vor Ort durch ihre direkte Ansprechbarkeit und Beratungskompetenz. Die Schulpsychologie konzentriert sich auf Beratungsanfragen, die direkt an sie gerichtet werden, sowie auf weitere schulische Anfragen wie Fortbildung, Supervision und Coaching für Lehrkräfte, Unterstützung bei Krisen und Konflikten, Schulentwicklung und Prozessbegleitung. Die beiden Gruppen gewährleisten somit ein regional weit verzweigtes und inhaltlich breit gefächertes Unterstützungssystem für die Schulen.

Die besondere institutionelle Ausstattung in den Landkreisen Tübingen und Reutlingen wurde durch Beiträge von Vertreterinnen der Kinder- und Jugendpsychiatrie, (Dr. Ute Dürrwächter) sowie der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz (Dr. Tanja Tan-Tjhen) berücksichtigt. Sie referierten über die Struktur und Arbeitsweise ihrer Organisationen. Zusätzlich gaben sie Einblicke in Behandlungsschwerpunkte, Gruppenprogramme, Spezialsprechstunden und Forschungsinteressen. Kooperation bietet auch hier Mehrwert und Synergien im Sinne von kurzen Wegen, adäquater Akut- und Nachversorgung sowie auf besondere Bedarfe abgestimmte Angebote. Die Referentinnen betonten die hohe Relevanz von Schulen für verschiedene Bereiche der Therapie, wie Informationsgewinnung, Transfer, Reintegration, und bezeichneten Schulen deswegen als bedeutsame Kooperationspartner.

Nach diesen fachlichen Einstimmungen erfolgte der Übergang zum Kernstück der Veranstaltung: Der Austausch zwischen den Beratungslehrkräften mit den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. In mit der „World-Café“-Methode angeleiteten Diskussionsrunden thematisierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedene Leitfragen. Die Austauschrunden wurden von Julian Hof und Susanne Theurer von der Schulpsychologischen Beratungsstelle moderiert.

Zentrale Ergebnisse der Austauschrunden

Im Folgenden werden die Hauptergebnisse zu den Leitfragen aufgeführt. Die Antworten wurden aufgrund von Mehrfachnennung sowie nach inhaltlichen Schwerpunkten gebündelt.

An positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit wurden gemacht:

  • Es werden Chancen für das Kind gesehen!
  • Eine wachsende Sensibilität für Therapiebedarf, Therapiebereitschaft sowie die Bereitschaft, zu Gesprächen bei der Ambulanz mitzugehen. Keine Probleme im Zusammenhang mit der Schweigepflicht / Schweigepflichtentbindung.
  • Als geeignete Form der Zusammenarbeit werden Runde Tische genannt: Für Netzwerkarbeit in komplexen Problemstellungen, zur Aufrechterhaltung der Motivation sowie zum besseren Verständnis der Kinder und dessen, was Therapie ist und wie sie wirkt.
  • Es werden auch Personengruppen genannt, mit denen eine fruchtbare Zusammenarbeit stattfand: Beratungslehrkräfte, Schulsozialarbeit, Lehrkräfte, Erziehungsberatung, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Klinikschule.

An Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit wurden genannt:

  • Ein Bedarf an grundlegenden Informationen wie Kennenlernen der Beteiligten / voneinander wissen, Adressen, Zuständigkeiten, Arbeits- und Vorgehensweisen sowie deren Grenzen.
  • Bezüglich Zeit und Terminfindung: Unbekannte sowie unterschiedliche Sprechzeiten, fehlende Ressourcen für Gespräche sowie lange Wartezeiten für Psychotherapie.
  • Die Aufhebung der Schweigepflicht bereite Probleme, vor allem wenn eine Partei (Kind, Eltern) dies nicht wolle oder die Erziehungsberechtigung unklar sei.
  • Auch die Vereinbarkeit von (Ganztages)Schule mit Therapieterminen bedarf individueller Klärung.
  • Darüber hinaus wurde der Wunsch nach Strategien geäußert, die Inanspruchnahme von Therapie zu enttabuisieren, Eltern zu ermutigen sowie Wartezeiten zu begleiten.
  • Außerdem sollte grundsätzlich Information zwischen den Systemen ausgetauscht werden / Informationsfluss stattfinden (Therapie, Medizin, Schule, Jugendhilfe).

Folgende Wünsche für die Zusammenarbeit wurden geäußert:

  • Viele der bei „positive Erfahrungen“ und „Schwierigkeiten“ genannten Punkte wurden als Wünsche formuliert: Kooperation, Runde Tische, gegenseitiges sich Kennenlernen, Informationen über Adressen, Arbeitsweisen, abgestimmte Unterstützung des Kindes / Jugendlichen, Ressourcen für die Bewältigung dieser Anliegen.
  • Zur Frage, wie Psychotherapeuten-Adressen gefunden werden können, wurde auf die Suchfunktionen auf den Homepages der Landespsychotherapeutenkammer (https://entwicklung.lpk-bw.de/psd_suche.php) und der Kassenärztlichen Vereinigung (http://www.arztsuche-bw.de) verwiesen.
  • Beide Gruppen formulieren ihre Bereitschaft zur gegenseitigen Unterstützung, die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten baten zusätzlich um Verständnis für Therapie als zu schützender Raum.
  • Ebenso befürworten beide Gruppen einen weiteren Austausch, um die genannten Punkte anzugehen und fortzuführen – und machen auf ihre begrenzten zeitlichen und monetären Ressourcen aufmerksam, die solche Aktivitäten nicht vorsehen.
  • Dem entsprechend wurden weitere (lokale) gemeinsame Veranstaltungen zur Fortführung des begonnenen Austauschs vorgeschlagen, auch mit Informations- und Fortbildungsanteilen.

Auf die Frage, was jede(r) Einzelne zur Verbesserung beitragen könnte, wurden folgende Vorschläge unterbreitet:

  • Von Seiten der Beratungslehrkräfte wird die Möglichkeit gesehen, als Bindeglied zwischen Therapie und Klassenlehrer/-in zu agieren, auch im Hinblick auf die Kommunikation mit Ärzten und Eltern. Informationen über schulrechtliche Aspekte, z.B. Klassenarbeiten nachschreiben nach Klinikaufenthalt, könnten von der Beratungslehrkraft eingeholt werden. Des Weiteren könnte die Beratungslehrkraft eine Therapeutenliste beschaffen und kategorisieren (Symptome, Probatorik, therapeutische Ausrichtung) sowie die schulischen Zuständigkeiten (Beratungslehrkraft, Schulsozialarbeit) transparent machen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Experten zu einer Lehrkräftekonferenz einzuladen, zum Beispiel Autismus-Beauftragte.
  • Die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten schlagen Netzwerkarbeit innerhalb ihrer Gruppe sowie mit Ärzten vor, auch für die Weitervermittlung von Anfragen, um Wartezeiten zu verkürzen. Außerdem sind thematische Vorträge und Workshops im Rahmen eines Besuchs von Lehrerkollegien vorstellbar, auch unter Einbindung von Eltern und Schülern (Klassen). Dabei könnte über die eigene Arbeit informiert und dafür sensibilisiert werden. Dazu würde gehören, Schulen auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, vor dem Hintergrund der Inanspruchnahme einer Therapie vereinzelt am Nachmittag Unterrichtsfreiheit zu gewähren. Auch könnte innerhalb der eigenen Gruppe dafür geworben werden, Ärger auf Schulen wegen Terminschwierigkeiten bei Psychotherapie am Nachmittag abzubauen. Bei den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten besteht eine Bereitschaft, Lehrkräfte vor, während und nach einer therapeutischen Behandlung von Schülern zu unterstützen. Für die Arbeit an Schulen vor Ort kam die Idee eines „Psychomobils“ auf.
  • Im Hinblick auf den Kontakt der beiden Gruppen miteinander wird eine von Respekt und Achtsamkeit geprägte Gesprächskultur vorgeschlagen. Außerdem eine schnelle Kontaktaufnahme für den Informationsaustausch sowie Erreichbarkeit (Anrufbeantworter). Die gegenseitige Kontaktaufnahme und Abstimmung wird auch als sinnvoll erachtet, um gemeinsam bei Eltern um Verständnis für das Kind und für die therapeutische Arbeit mit dem Kind zu werben.
  • Für die weitere Vernetzung wird eine regelmäßige Wiederholung der Veranstaltung genannt, gerne wieder mit Information über die Arbeitsfelder sowie mit Fallbesprechung. Auch die Schulsozialarbeit könnte dabei eingebunden werden. Noch lokalere bzw. noch mehr von Regionalität geprägte Veranstaltungen seien notwendig, zum Beispiel in einem Zeitrahmen von zwei bis drei Stunden. Eine Bereitschaft zur Teilnahme an solchen Veranstaltungen wurde signalisiert.

Zentrale Ergebnisse der Veranstaltungsevaluation

Der Workshop war aus Sicht der Veranstalter ein voller Erfolg. Es nahmen insgesamt ca. 80 Beratungslehrkräfte sowie Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten teil, ungefähr drei Viertel davon waren Beratungslehrkräfte. Im Folgenden werden die Hauptergebnisse der Veranstaltungsevaluation dargelegt. Die Antworten wurden auch hier aufgrund von Mehrfachnennung sowie nach inhaltlichen Schwerpunkten gebündelt.

Die Veranstaltung wurde mehrheitlich ausgesprochen positiv evaluiert. Mehrfach gelobt wurde die Veranstaltungsidee als solche, auch im Hinblick auf die Förderung der Kooperation. Die Teilnehmenden schätzten die „Expertendichte“ und der Austausch wurde als konstruktiv sowie auf Augenhöhe erlebt. Häufiger gewürdigt wurden die Veranstaltungsorganisation und -struktur, die zeitliche Konzeption und der Informationsgehalt, auch der Überblick über die Institutionen. Mehrmals wurde von den Teilnehmenden angegeben, dass die Veranstaltung sie zur weiteren Zusammenarbeit motivieren würde.

An Optimierungsvorschlägen wurde am häufigsten eine bessere regionale Vernetzung genannt, also die Zuordnung von Beratungslehrkräften zu Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten aufgrund von Dienst-/Arbeitsorten. Mehrfach geäußert wurde der Wunsch nach einer geringeren zeitlichen Dichte, vor allem im Hinblick auf die Diskussionsrunden. Einige Personen befürworteten, die Schulsozialarbeit als weitere Gruppe einzubeziehen. An inhaltlichen Vorschlägen für eine Fortführung reichte die Spannbreite von allgemeinen Informationen wie am Veranstaltungstag, bis zur Empfehlung, einzelne Punkte intensiver und konkreter zu besprechen. Als dafür geeignete Methode wurde die Arbeit an bestehenden bzw. die Erarbeitung von Leitfäden für die Zusammenarbeit sowie die Arbeit mit Fallbeispielen erwähnt.

Ausblick

Aufgrund der außerordentlich positiven Resonanz zur Veranstaltung wird überlegt, wie eine Fortführung aussehen könnte. Vor allem der Gedanke der Regionalisierung erscheint als fruchtbar, sowohl im Sinne der Teilnehmergruppen als auch von Kindern, Jugendlichen sowie Eltern, die eine Psychotherapie erwägen oder bereits eine Psychotherapie in Anspruch nehmen. Auch eine überregionale Fortführung mit allen Beratungsstellen, an denen eine solche Veranstaltung durchgeführt wurde, sowie mit der Landespsychotherapeutenkammer erscheint lohnenswert. Dann würden nicht die Regionalisierung, sondern andere Aspekte im Vordergrund stehen. Eine weitere mögliche Konstellation für eine überregionale Fortführung ist die Federführung durch die Landespsychotherapeutenkammer unter Einbeziehung der Beratungslehrkräfte und der Schulpsychologie als Teilnehmergruppen. Derzeit findet ein Austausch zu diesen Möglichkeiten statt.

Besonders freuen würden sich die Autoren, wenn durch diesen Artikel weitere Schulpsychologische Beratungsstellen animiert werden, eine ähnliche Veranstaltung bei sich durchzuführen. Die Veranstaltungskonzepte der Schulpsychologischen Beratungsstellen Tübingen, Aalen und Backnang waren auf die jeweiligen regionalen Belange angepasst. Dem entsprechend könnten auch von einer anderen Beratungsstelle die bestehenden Konzepte aufgegriffen und variiert werden.

Für Rückfragen oder die Anbahnung einer Kooperation stehen gerne zur Verfügung:

• Kolleginnen und Kollegen, an deren Beratungsstelle eine Veranstaltung zum Thema durchgeführt wurde:
Heike Hufnagel, Schulpsychologische Beratungsstelle Tübingen, heike.hufnagel@ssa-tue.kv.bwl.de
Dr. Eva Schwämmlein, Schulpsychologische Beratungsstelle Backnang, eva.schwaemmlein@ssa-bk.kv.bwl.de
Thomas Hönig, Schulpsychologische Beratungsstelle Aalen, thomas.hoenig@aal.ssa-gp.kv.bwl.de

• Ansprechpartner bei der LPK:
Dr. Rüdiger Nübling, Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg, nuebling@lpk-bw.de

Finde heraus, was mit dir los ist

www.Gefuehle-fetzen.net – BPtK-Internetangebot für Jugendliche ab dem 01.12.

(BPtK) Wer blickt da schon durch? Den einen Tag läuft es gut, dann ist wieder Chaos. Gefühle sind ständig anders. Mal stark, mal kaum zu spüren. Meist normal, manchmal großartig, dann und wann quälend. Ab und zu sogar irre quälend.

Johanna, 15 Jahre, muss sich zum Beispiel ständig die Hände waschen: „Ich kann kaum was dagegen tun. Wenn ich nach Hause komme, muss ich meine Hände waschen. Überall gibt es Keime. Meine Hände sind rot, tun weh und ich habe an einigen Stellen Risse durch das gründliche Waschen, aber so kann ich sichergehen, dass sie sauber sind. Meine Freunde sagen ich sei verrückt, aber die können das auch nicht verstehen.“

Siggi, 13 Jahre denkt, dass er für andere unerträglich ist: „Niemand hält mich aus. Ich mich manchmal auch nicht. Alle regen sich darüber auf, dass ich immer hippelig bin und sie sagen, sie verstehen mich nicht. Manchmal reagiere ich so und fünf Minuten später wieder anders. Aber ich kann halt nicht raus aus meiner Haut. X-mal habe ich es schon probiert, ruhig zu bleiben. Aber irgendwie schaffe ich das nicht.“

Uli, 14 Jahre, berichtet, dass er gerne zu viel trinkt: „Ich meine, ich bin nicht süchtig danach oder so. Es macht einfach nur Spaß. Wenn ich erst mal angefangen habe, möchte ich am selben Abend auch nicht mehr aufhören. In drei Wochen sind schon Ferien. Ich weiß genau, dass ich dann jeden Abend mit Jonas und den anderen verbringen werde. Hoffentlich fahren meine Eltern mal in den Urlaub.“

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat für Jugendliche, die herausfinden wollen, was mit Ihnen los ist, eine eigene Homepage entwickelt (www.Gefuehle-fetzen.net), die ab dem 1. Dezember 2015 online ist. Auf den Internetseiten beschreiben Jugendliche, wie es ihnen mit bestimmten Gefühlen geht. Gefühle gehören zum Leben und manchmal spielen sie verrückt. Nehmen einen völlig in Beschlag. Lassen einen an nichts anderes mehr denken. Man kann sie nicht wirklich steuern. Mit diesem Auf und Ab der Gefühle kommen die meisten ganz gut alleine klar. Ein Gespräch mit einem Freund oder einer Freundin oder auch den Eltern hilft oft schon und das Leben geht wieder seinen gewohnten Gang.

Manchmal ist aber etwas anders.

Etwas quält wochenlang. Eine Last drückt ständig auf die Schultern. Ein Klumpen im Bauch löst sich nicht auf. Eine Wut rumort und rumort. Eine Angst legt lahm. Oder alles ist wüst und leer. Die Gefühle sind weg. Alles ist wie taub. Bestimmte Gedanken lassen einen nicht mehr los. Immer und immer wieder das gleiche innere Desaster. Nicht zum Aushalten. Ein entsetzliches Durcheinander. Ein einziges Tohuwabohu. Keine Lösung in Sicht. Alles hoffnungslos.

Dann könnte der Moment gekommen sein, sich Hilfe zu holen. Ein Gespräch mit einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin kann einem dabei helfen, das große Chaos zu sortieren. Wie man Rat und Hilfe findet, steht deshalb auch auf den Seiten.

Vor allem aber will die BPtK klar machen: Gefühle, Konflikte und Spannungen sind normale Bestandteile des Lebens. Alle Menschen kennen das. Das Wichtigste ist, mit anderen darüber zu reden, wenn es mal wieder dicke kommt. Insbesondere dazu soll die Seite Mut machen.

Psychische Erkrankungen im frühen Kindesalter

Neue Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung

(BPtK) Rund acht Prozent der Kinder zwischen drei und sechs Jahren sind nach der KiGGS-Studie psychisch auffällig. Studien mit klinischen Interviews kommen sogar zu noch höheren Raten, um die zehn Prozent. Wie solche Erkrankungen zu diagnostizieren und zu behandeln sind, beschreibt die Leitlinie für psychische Erkrankungen bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter.

„In der Praxis sind psychische Erkrankungen bei Kindern im Vorschulalter sehr schwer von vorübergehenden Krisen auf dem Hintergrund von Entwicklungsschwierigkeiten zu unterscheiden und werden häufig übersehen und dann auch nicht behandelt“, stellt Peter Lehndorfer fest, der als Vorstandsmitglied der Bundespsychotherapeutenkammer an der Entwicklung der Leitlinie mitgewirkt hat. „Psychische Störungen und Erkrankungen im Kleinkind- und Kindesalter belasten Kinder und ihre Familien häufig stark. Wenn diese rechtzeitig behandelt werden, wird eine Grundlage für eine Entlastung aller Beteiligten gelegt, aber vor allem für eine gesunde Weiterentwicklung. So kann dazu beigetragen werden, dass psychische Erkrankungen nicht bis ins Erwachsenenalter persistieren.“

Ziel der Leitlinie ist es, die Diagnostik und Behandlung psychischer Störungen und Erkrankungen im frühen Kindesalter zu verbessern. Dazu gehören folgende Störungen: Fütterstörungen, Schlafstörungen, persistierendes exzessives Schreien, Regulationsstörungen, Ausscheidungsstörungen, depressive Störungen, Angststörungen, Anpassungsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Bindungsstörungen, ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung) und Störungen des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten. Eine besondere Risikogruppe sind Kinder mit körperlichen Erkrankungen, geistigen Behinderungen oder Kinder, die starke Schwierigkeiten haben, Lesen, Schreiben oder Rechnen zu erlernen (Teilleistungsstörungen). Bei Ihnen ist das Risiko, dass sie psychisch erkranken, deutlich erhöht.

Die Leitlinie stellt fest, dass Kinder mit psychischen Auffälligkeiten und Störungen in der Regel in einem multi- und interdisziplinären Netzwerk versorgt und betreut werden sollen. Dabei sollen Ärzte, Psychotherapeuten und weitere Berufsgruppen ggf. sozialgesetzbuchübergreifend (z.B. Gesundheitssystem und Jugendhilfe) zusammenarbeiten. So können die Kompetenzen verschiedener Berufsgruppen nach störungsspezifischer, differentieller Indikationsstellung sinnvoll kombiniert und ergänzt werden. Die Leitlinie richtet sich an alle entsprechenden Berufs- und Fachgruppen. Sie enthält auch Hinweise auf die Qualifikation von einzelnen Berufsgruppen (z.B. in der Behandlung spezieller Störungen).

„Mit der konsensbasierten S2-Leitlinie stehen Experten nun wissenschaftlich fundierte und interdisziplinär abgestimmte Empfehlungen für die Diagnostik und Behandlung von psychischen Störungen im frühen Kindesalter zur Verfügung“, stellt BPtK-Vorstand Lehndorfer fest. „Psychotherapie ist die Hauptbehandlungsform einer leitliniengerechten Versorgung psychischer Erkrankungen im frühen Kindesalter. Dabei sind bei den Kindern dieser Altersgruppen psychotherapeutische Interventionen in der Regel pharmakologischen Therapien vorzuziehen.“

Landesarbeitsgemeinschaft für Kinder psychisch kranker Eltern

(LPK BW) Am 30. Juli 2015 hat sich auf Initiative des Diakonischen Werkes BW eine Landesarbeitsgemeinschaft „Kinder psychisch kranker Eltern“ gegründet. Die LAG setzt sich vornehmlich aus Institutionen und Verbänden zusammen. Sie möchte durch Vernetzung der Akteure im Gesundheits- und Jugendhilfewesen sowie von Projekten politisch in Gremien der Ministerien Einfluss nehmen; Ziel ist, die Teilhabechancen von Kindern psychisch belasteter Eltern und Familien zu verbessern und präventiv psychischen Erkrankungen der Kinder vorzubeugen.

Die Kammer sieht hier großen Handlungsbedarf, da wir wissen, wie belastend Kinder die Erkrankung ihrer Eltern erleben können und dass sie aktiver Unterstützung bedürfen, um hiermit so umgehen zu können, dass sie möglichst nicht selbst erkranken. Erfreulich, dass die TK einen Vertrag mit der KVBW abgeschlossen hat, nachdem die Familie eines bei der TK versicherten chronisch kranken Elternteils psychotherapeutische Beratung in Anspruch nehmen kann. Info: www.tk.de/tk/baden-wuerttemberg/versorgung-und-innovation/kinder-kranker-eltern/656384

LPK-Fachtag zu Rechtsfragen in der Kinder- und Jugendlichensychotherapie

Berufsrecht – eine Herausforderung von Fällen und Fallen in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, 25. Juli 2015

(LPK BW) Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen steht in einem besonderen rechtlichen Spannungsfeld zwischen der Beziehung von Therapeut und Kind und der Beziehung von Therapeut und Eltern. Daraus können Konflikte im Arbeitsbündnis entstehen mit vielfältigen Fragestellungen.

Der LPK-Fachtag zu berufsrechtlichen Themen in der Kinder und Jugendlichenpsychotherapie war am 25. Juli in Stuttgart war mit ca. 150 Teilnehmern sehr gut besucht. U.a. Folgende Themenkomplexe stehen im Fokus:

  • Aufklärung des Patienten
  • Anforderungen aus dem Patientenrechtegesetz: Dokumentationspflicht, Einsichtsrecht des Patienten
  • Umgang mit Sorgerechtskonstellationen
  • Schweigepflicht: u.a. Auskunftsverlangen von Dritten
  • Krisensituationen: Suizidalität, Kindeswohlgefährdung
  • Versicherungsrechtliche Fragen

Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen steht in einem besonderen rechtlichen Spannungsfeld zwischen der Beziehung von Therapeut/Kind sowie Therapeut/Beziehungspersonen bzw. Eltern. Diese Problematik hatten LPK-Vorstandsmitglied Kristiane Göpel und der Ausschuss für KJP-Versorgung während dieses Fachtages sowohl theoretisch in Vorträgen von Prof. Dr. Stellpflug, Justitiar der BPtK, und Kammeranwalt Seeburger, als auch praktisch in der Vorstellung von Fällen aus der Behandlungspraxis geschickt miteinander verzahnt. In den beiden Vorträgen wurde die Vielfältigkeit der Rechtsprechung sichtbar. Es wurden Vergleiche der unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen herangezogen, Entscheidungen und Gerichtsurteile erläutert und das Patientenrechtegesetz in seinen relevanten Passagen erklärt. Die von den Ausschussmitgliedern vorgetragenen Fallbeispiele wurden in ausführlicher berufsrechtlicher Erläuterung von LPK-Rechtsreferentin Stephanie Tessmer beantwortet. Die Vorträge und Fallbeispiele sollen den Anfang einer fortlaufenden Diskussion über Rechtsfragen eröffnen, die künftig auf www.lpk-bw.de zu finden sein werden.

Psychotherapeutischer Sachverstand zukünftig gefragt

BPtK zum Präventionsgesetz

(BPtK) Die Chance, gesundheitsschädigendes Verhalten zu ändern und eine gesundheitsförderliche Lebensweise zu erreichen, ist von einer Reihe emotionaler, motivationaler und sozialer Faktoren abhängig. Die Prävention von Diabetes mellitus Typ 2 oder Adipositas bei Kindern und Jugendlichen beispielsweise erfordert schwierige Einstellungs- und Verhaltensänderungen, für die Psychotherapeuten über die fundierteste Expertise verfügen. „Es ist gut, dass Prävention in Deutschland endlich eine breite gesetzliche Grundlage bekommt und zukünftig psychotherapeutischer Sachverstand einzubeziehen ist, wenn Handlungsfelder und Kriterien für Leistungen zur primären Prävention festgelegt werden“, erläutert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) anlässlich des heute verabschiedeten Präventionsgesetzes. „Wir sind froh, dass dies im Gesetzgebungsverfahren noch ergänzt wurde.“

Bei der psychischen Gesundheit greift das Gesetz dennoch zu kurz. „Obwohl psychische Erkrankungen zu den Volkskrankheiten des 21. Jahrhunderts gehören, sollen Psychotherapeuten weder Gesundheitsuntersuchungen durchführen noch Präventionsempfehlungen ausstellen“, kritisiert Dr. Munz. Dabei arbeiten in Deutschland rund 40.000 Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten, die auf das Erkennen und Behandeln von psychischen Erkrankungen spezialisiert sind. „Hier wird ein großes Potenzial verschenkt, denn Prävention gehört zu den essenziellen Leistungen einer psychotherapeutischen Sprechstunde, wie sie mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eingeführt wird.“

Psychische Beschwerden sind nicht immer behandlungsbedürftig. „Stellt ein Psychotherapeut Symptome einer psychischen Überforderung fest, die zu einer psychischen Erkrankung führen können, sollte er präventive Maßnahmen empfehlen können“, so Munz. „Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, dass diese Leistungen nur von Ärzten erbracht werden sollen.“ Dies gilt auch für Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen. Zeigen Kinder und Jugendliche psychische Auffälligkeiten, sollten diese in der Sprechstunde von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten abgeklärt werden. Bei Risiken für die psychische Gesundheit, aus denen sich noch keine behandlungsbedürftigen Erkrankungen entwickelt haben, sollte der Psychotherapeut unmittelbar eine Präventionsempfehlung geben können.