Schlagwortarchiv für: KJP

Heranwachsende weiter durch KJP behandelbar

Klarstellung des Bundesinnenministeriums zur Bundes-Beihilfeverordnung

(BPtK) Heranwachsende bis 21 Jahre können weiterhin eine psychotherapeutische Behandlung bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) beginnen, auch wenn sie in der Krankenfürsorge der Bundesbeamt*innen (Bundesbeihilfe) versichert sind. Dies hat das Bundesinnenministerium in einem Rundschreiben an die obersten Bundesbehörden klargestellt.

Nach der jüngsten Änderung der Bundes-Beihilfeverordnung, die am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, durften Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) nur noch unter 18-Jährige behandeln. Die Bundespsychotherapeutenkammer hatte daraufhin vom Bundesinnenministerium eine schnelle Korrektur gefordert. KJP verfügen über die spezifischen fachlichen Kompetenzen zur Behandlung von Patient*innen im Übergang zum Erwachsenenleben. Sie sind in der psychotherapeutischen Versorgung von Heranwachsenden unverzichtbar. Ihre Beteiligung ist berufsrechtlich, sozialrechtlich wie auch fachlich unstrittig.

Das Bundesinnenministerium spricht in seinem Rundschreiben von einem „Redaktionsversehen“. Ein Ausschluss der KJP sei nicht beabsichtigt gewesen. Aufwendungen von psychotherapeutischen Behandlungen von Heranwachsenden seien weiterhin beihilfefähig, auch wenn die Behandlung von KJP durchgeführt wird. Die Verordnung war unter anderem angepasst worden, um die Systemische Therapie auch in der Beamtenfürsorge zu verankern.

Webbasiertes Fortbildungsangebot für Psychotherapeut*innen – E-Learning Kinderschutz

Online-Module „Basiswissen Kinderschutz Baden-Württemberg“

(LPK BW) Im Rahmen des vom Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg geförderten Projekts „Basiswissen Kinderschutz Baden-Württemberg“ wird ein webbasiertes, interdisziplinäres Fortbildungsprogramm zum Thema interprofessioneller Kinderschutz entwickelt. Zielgruppen sind insbesondere Fachkräfte aus dem medizinisch-therapeutischen Bereich sowie der Jugendhilfe. Des Weiteren sollen Angehörige der Polizei und der Bewährungshilfe sowie alle Fachkräfte, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten mit Fällen von Kindesmisshandlungen in Berührung kommen, adressiert werden.

Das Projekt ist modular aufgebaut, in einem Basismodul wird Grundlagenwissen vermittelt, welches in den berufsfeldspezifischen Modulen Gesundheit und Soziales sowie Recht und Justiz vertieft werden soll. Insgesamt geben die Online-Module eine Übersicht über den Umgang mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Vernachlässigung und Kindesmisshandlungen sowie Frühe Hilfen. Sie umfassen Informationen zur Epidemiologie und Diagnostik von Misshandlungsformen, zu Entwicklungspsychologie und Entwicklungspsychopathologie sowie rechtlichen Grundlagen zu Fällen von Kindesmisshandlung. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit im Kinderschutz thematisiert sowie die Sichtweisen der verschiedenen Professionen, die im Kinderschutzverfahren beteiligt sind, dargestellt.

Die Online-Module werden umfassend und begleitend evaluiert. Dabei wird erhoben inwieweit durch eine Teilnahme an den Online-Modulen ein Erwerb von Wissen, Handlungs- und emotionalen Kompetenzen sowie ein Transfer und die Dissemination der zur Verfügung gestellten Lerninhalte in die berufliche Praxis erreicht werden kann. Des Weiteren werden Befragungen zu Nutzerfreundlichkeit und Qualität der Plattform stattfinden.

Eine Teilnahme ist voraussichtlich ab Mitte Mai 2021 möglich. Interessierte können sich ab sofort unter https://bw-basiswissen.elearning-kinderschutz.de/Interessenten unverbindlich in eine Interessent*innenliste eintragen. Wir kontaktieren Sie per E-Mail, sobald die Registrierung für die Online-Module möglich ist. Die Teilnahme ist kostenlos.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://bw-basiswissen.elearning-kinderschutz.de und im Projektflyer (unten).

Bei Rückfragen können Sie sich gerne an die folgende Kontaktadresse wenden:  basiswissen@elearning-kinderschutz.de

Immer mehr psychisch kranke Kinder und Jugendliche können behandelt werden

BARMER Arztreport 2021 zur Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen

(BPtK) Immer mehr psychisch kranke Kinder und Jugendliche in Deutschland können psychotherapeutisch behandelt werden. Innerhalb der letzten elf Jahre hat sich der Anteil von Kindern und Jugendlichen, die eine psychotherapeutische Leistungen in Anspruch nahmen, mehr als verdoppelt. Er stieg von rund zwei Prozent im Jahr 2009 auf gut vier Prozent im Jahr 2019. Dies geht aus dem gestern veröffentlichten Arztreport 2021 der BARMER hervor. Ausgewertet wurden die Abrechnungsdaten von mehr als 1,6 Millionen Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen unter 24 Jahren. „Diese bessere Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen war vor allem deshalb möglich, weil sich insbesondere in ländlichen Regionen die psychotherapeutischen Angebote verbessert haben“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. Mecklenburg-Vorpommern ist mit 3,33 Prozent zwar nach wie vor Schlusslicht in Deutschland, allerdings stieg hier die Inanspruchnahme psychotherapeutischer Leistungen in den letzten elf Jahren besonders stark – und zwar um 239 Prozent.

Die Corona-Pandemie macht allerdings auch das chronische Defizit in der psychotherapeutischen Versorgung deutlich: Erste Auswertungen der BARMER zeigen bereits, dass die Anzahl von Akutbehandlungen und Anträgen für den Beginn oder die Verlängerung einer ambulanten Psychotherapie im Jahr 2020 um etwa sechs Prozent anstieg, im letzten Quartal 2020 sogar um 12,6 Prozent. „Durch den höheren Bedarf steigen auch die Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Nur zehn Prozent der Anfragenden kann innerhalb eines Monats einen Behandlungsplatz erhalten. Fast 40 Prozent müssen länger als sechs Monate warten.“

Manchmal vergehen sogar Jahre zwischen Diagnose und psychotherapeutischer Behandlung. Bei jeder dritten jungen Patient*in (36,2 Prozent) war bereits fünf Jahre vor Beginn einer ambulanten Psychotherapie eine psychische Störung diagnostiziert worden. Besonders viel Zeit verstrich bei hyperkinetischen Störungen. Bei der Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit Diagnosen wie ADHS vergingen über zwei Jahre, bis eine Psychotherapie begonnen wurde. Ein Viertel hatte auch nach 4,5 Jahren noch keine psychotherapeutische Hilfe erhalten.

Die Auswertungen der BARMER zeigen außerdem, dass junge Menschen oft über Jahre an psychischen Störungen leiden. Fast zwei Drittel (59,3 Prozent) der Kinder und Jugendlichen, die 2014 eine Psychotherapie begonnen hatten, waren länger als ein Jahr in psychotherapeutischer Behandlung. Auch nach fünf Jahren waren noch 62,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen erkrankt. „Eine gesunde Entwicklung ist entscheidend für das ganze Leben,“ betont BPtK-Präsident Munz. „Wer als Kind oder Jugendlicher psychisch erkrankt, ist auch als Erwachsener psychisch stärker gefährdet. Über die Hälfte aller psychischen Erkrankungen entstehen bereits vor dem 19. Lebensjahr. Je früher Kinder und Jugendliche Hilfe und Unterstützung bekommen, umso größer sind die Chancen, dass sich psychische Probleme gut behandeln lassen und rasch wieder abklingen.“

Für fast ein Viertel (23 Prozent) der 2019 begonnenen Psychotherapien waren Anpassungsstörungen und Reaktionen auf schwere Belastungen wie Mobbing oder eine Trennung der Eltern der Auslöser. Zweithäufigste Ursache waren Depressionen mit 18,4 Prozent gefolgt von Angststörungen (14,0 Prozent) und emotionalen Störungen des Kindesalters (13,6 Prozent).

Kooperation zwischen Gesundheitswesen und Jugendhilfe weiter ausbauen

BPtK zum Entwurf eines Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG)

(BPtK) Die Kinder- und Jugendhilfe soll modernisiert und stärker an die Lebenssituation und die Bedarfe von Kindern und ihren Familien angepasst werden. Das ist das Ziel des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (BT-Drs. 19/26107), zu dem heute eine öffentliche Anhörung im Bundestag stattfindet. Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Kinder- und Jugendhilfe zum Beispiel künftig für alle Kinder zuständig sein, unabhängig davon, ob sie unter körperlichen, seelischen oder geistigen Behinderungen leiden. Außerdem sollen präventive Angebote gestärkt und unkomplizierte Beratungsmöglichkeiten ausgebaut werden. Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus auch Maßnahmen für einen wirksameren Kinderschutz.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt insbesondere die neue Regelung zur stärkeren Kooperation von Gesundheitswesen und Jugendhilfe. Sehen Psychotherapeut*innen oder Ärzt*innen Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung, sollen sie sich mit den Jugendämtern austauschen und beraten. „Eine geregelte Kooperation wird die Versorgung verbessern“, betont BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Dafür sollen auf Landesebene Kooperationsvereinbarungen getroffen werden. Diese sollten aus Sicht der BPtK jedoch nicht auf gefährdete Kinder begrenzt werden. Grundsätzlich benötigen auch viele psychisch kranke Kinder zusätzlich zu ihrer Behandlung die Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe. „Die Kooperationsvereinbarungen sollten auf alle Kinder und Jugendlichen erweitert werden, die sowohl Leistungen aus dem SGB V als auch aus dem SGB VIII erhalten“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Eine möglichst enge Abstimmung zum Beispiel von Familienberatung und Krankenbehandlung ist häufig sehr hilfreich, um die Gesundheit des Kindes nachhaltig zu fördern.“

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Besprechungen finanziert werden, die notwendig sind, um einzelne Kinder vor Gefahren zu schützen und ihre Versorgung abzustimmen. Die BPtK kritisiert, dass bisher gesetzlich nur sichergestellt ist, dass Online-Besprechungen vergütet werden. Eine Vergütung sollte es aber auch für Besprechungen im unmittelbaren Kontakt geben. „Ob per Video oder im unmittelbaren Kontakt – beide Arten von Besprechungen sollten möglich sein und auch finanziert werden“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Die Leistungserbringer*innen sollten selbst entscheiden können, wie sie ihre Hilfen koordinieren.“

Nicht in allen Regionen in Deutschland ist die Internetverbindung so stabil, dass eine störungsfreie Online-Besprechung möglich ist. In einer Befragung der BPtK zur Videobehandlung gaben Psychotherapeut*innen zum Beispiel an, dass bei 40 Prozent der Patient*innen auf dem Land und immerhin noch rund 25 Prozent in einer Großstadt die Internetverbindung nicht ausreicht, um eine störungsfreie Videositzung durchführen zu können. Aber selbst, wenn das Problem gelöst ist, reiche Videokonferenz nicht aus. „Besprechungen im unmittelbaren Kontakt sind erforderlich, wenn Eltern oder Kinder einbezogen werden“, erklärt Munz. „Bei solchen Gesprächen ist es meist notwendig, auch non-verbale Informationen vollständig mitzubekommen.“

Bis hierhin und nicht weiter? Wie viel Internet ist okay?

Neue Internetseite: www.elternratgeber-internet.de

(BPtK) Eltern beobachten manchmal mit Sorge, wie viel Aufmerksamkeit und Lebenszeit ihre Kinder ihrem Smartphone schenken. Manchmal scheint ihnen die Welt im Netz wichtiger zu sein als die reale Welt. Und es stellen sich ganz grundsätzliche Fragen: Wie verändert die neue digitale Welt der Information, des Spiels und Zeitvertreibs, des Sich-Selbst-Findens, des Zusammenfindens und des Abgrenzens die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? Was ist normal und gehört heute einfach dazu? Was ist noch gesund und was zu viel des Abtauchens in virtuelle Welten?

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) bietet mit ihrem Elternratgeber „Internet“ erste Orientierung und Hilfe. Dieser Elternratgeber ist jetzt auch als eigene Internetseite verfügbar: www.elternratgeber-internet.de.

Die Webseite bietet je nach Alter des Kindes oder Jugendlichen unterschiedliche Empfehlungen für die Internetnutzung. Sie beschreibt auch, wo Eltern sich Beratung und Hilfe holen können, wenn sie den Eindruck bekommen, dass ihre Kinder in Chat-Plattformen und Spielen versinken. Es werden auch heikle Themen wie Cyber-Mobbing und Pornografie im Netz angesprochen.

Fast jedes dritte Kind ist psychisch auffällig

Starke Belastung durch die Corona-Pandemie

(BPtK) Weit über 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland leiden unter dem erneuten Lockdown während der zweiten Coronawelle. Fast jedes dritte Kind ist momentan psychisch auffällig, vor der Pandemie traf dies nur auf jedes fünfte Kind zu. Zugenommen haben vor allem Ängste und psychosomatische Beschwerden. Kinder sind niedergeschlagen, gereizt, haben Kopf- oder Bauchschmerzen oder können nicht einschlafen.

Das sind die zentralen Ergebnisse der COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, in der die psychische Gesundheit und Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie untersucht wird. Bereits im Mai und Juni 2020 wurden dafür mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche und über 1.500 Eltern befragt. Nun liegen der Ergebnisse der zweiten Befragungswelle von Mitte Dezember bis Mitte Januar vor.

Auch Familien kommen immer mehr an ihre Grenzen. Bereits im ersten Lockdown hatten 27 Prozent der Kinder berichtet, sich häufiger zu streiten. 37 Prozent der Eltern gaben an, dass Streitereien mit den Kindern häufiger eskalierten. Besonders der eingeschränkte Schulunterricht und das Home-Schooling belasten fast jedes zweite Kind stärker als noch beim ersten Lockdown.

Systemische Therapie seit Jahresanfang Leistung der Beihilfe

Sprechstunde nicht abrechenbar, nur unter 18-Jährige durch KJP behandelbar

(BPtK) Seit dem 1. Januar 2021 übernimmt die Beihilfe, die Krankenversicherung der Beamt*innen, die Kosten für die Systemische Therapie. Auch die Kostenübernahme für die psychotherapeutische Akutbehandlung wurde neu geregelt. Als gravierende Einschränkung bleibt allerdings: Die Beihilfe bezahlt weiterhin keine psychotherapeutischen Sprechstunden. Außerdem dürfen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) aller anerkannten psychotherapeutischen Verfahren nur noch unter 18-Jährige behandeln.

„Diese willkürlichen Einschränkungen sind nicht nachzuvollziehen“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die psychotherapeutische Sprechstunde gehört seit 2017 zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen verfügen berufsrechtlich über die Erlaubnis, Heranwachsende bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres zu behandeln.“ Die BPtK fordert deshalb vom Bundesinnenministerium (BMI), welches die Bundesbeihilfe-Verordnung erlassen hat, diese fachlich und juristisch nicht haltbaren Regelungen zu korrigieren.

Das BMI hatte mit der geänderten Bundesbeihilfe-Verordnung die sozialrechtliche Anerkennung der Systemischen Therapie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nachvollzogen. Die Systemische Therapie ist damit als Einzeltherapie, im Mehrpersonensetting und als Gruppentherapie im Regelfall mit bis zu 36 Sitzungen beihilfefähig. Eine Behandlung kann um weitere 12 Sitzungen verlängert werden.

Die psychotherapeutische Sprechstunde wurde dagegen auch in die neue Bundesbeihilfeverordnung nicht aufgenommen. Für Diagnostik und Indikationsstellung bleibt es bei den alten Regelungen zu den probatorischen Sitzungen. Danach sind grundsätzlich bis zu fünf probatorische Sitzungen, im Falle der analytischen Psychotherapie bis zu acht Sitzungen, erlaubt. Probatorische Sitzungen werden dabei weiterhin über Analogbewertungen unter Verwendung der entsprechenden Ziffern für das Psychotherapieverfahren als Einzelbehandlung abgerechnet. Zusätzliche Kontingente der psychotherapeutischen Sprechstunde und der probatorischen Sitzungen, wie sie in der Psychotherapie-Richtlinie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen und Menschen mit geistiger Behinderung vorgesehen sind, wurden damit nicht umgesetzt. Der Leistungsanspruch für Beihilfeberechtigte bleibt damit deutlich hinter dem Standard der gesetzlichen Krankenversicherung zurück.

Neu geregelt wurde die Akutbehandlung. Künftig können auch Beihilfeberechtigte bis zu 24 Therapieeinheiten von mindestens 25 Minuten als Akutbehandlung erhalten. Hierbei bedarf es vorab keiner Genehmigung durch den Kostenträger. Die Akutbehandlung ist bis zu einer Höhe von 51 Euro beihilfefähig. Personen unter 21 Jahren und Menschen mit geistiger Behinderung können für einen stärkeren Einbezug von Bezugspersonen insgesamt 30 Therapieeinheiten erhalten.

Schließlich wurde auch für die Kurzzeittherapie eine Ausnahme vom Genehmigungsverfahren eingeführt. Die Kurzzeittherapie als Einzel- oder Gruppentherapie von bis zu 24 Behandlungsstunden bedarf nicht mehr vorab der Genehmigung durch die Beihilfe. Vor Behandlungsbeginn ist wie bisher eine somatische Abklärung zu veranlassen.

Hochproblematisch ist dagegen, dass KJP nur noch Heranwachsende bis 18 Jahre behandeln dürfen. Dies widerspricht deren berufsrechtlichen Behandlungserlaubnis, welche eine Behandlungsmöglichkeit bis zum Ende des 21. Lebensjahres einschließt. Wenn dies im Einzelfall erforderlich ist, können Behandlungen auch über das 21. Lebensjahr fortgesetzt werden.

„Die Bundesbeihilfe-Verordnung ignoriert die besondere Behandlungskompetenz von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen im Transitionsalter zum Erwachsenen“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Gerade psychisch kranke Heranwachsende müssen die Möglichkeit haben, eine erforderliche Behandlung bei ihrer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in durchzuführen oder fortzusetzen.“

Fast jede vierte Familie durch Kinderbetreuung in erster Corona-Welle stark belastet

Elternbefragung des Bundesfamilienministeriums im April und Mai 2020

(BPtK) Familien kamen mit den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen während der ersten Coronawelle im März und April unterschiedlich gut zurecht. Trotz großer Herausforderungen und vielfachen Belastungen funktionierte die Betreuung zu Hause für fast die Hälfte der Eltern (48 Prozent) gut. Als stark belastend erlebte fast jede vierte Familie (23 Prozent) die Betreuung zu Hause. Bei ebenso vielen (21 Prozent) kam es vermehrt zu Streit und Spannungen. Dies zeigt eine repräsentative Online-Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Das Institut befragte rund 1.500 Eltern mit Kindern unter 15 Jahren im April und Mai 2020.

Wie gut die Familien durch den ersten Corona-Lockdown gekommen sind, hing insbesondere vom Einkommen und der Bildung der Eltern ab. Zwei Drittel der Familien mit hohem sozio-ökonomischen Status gaben an, „ganz gut“ durch die Krise gekommen zu sein. Dies traf jedoch nur auf die Hälfte der Familien mit geringerem Bildungsniveau und Einkommen zu.

Häufig sorgten sich die Eltern, dass ihre Kinder durch die fehlende Förderung in Kitas und Schulen zurückfallen und langfristige Nachteile haben. Auch hier zeigten sich starke Unterschiede nach Bildung und Einkommen von Eltern. Nur zehn Prozent der Mütter und Väter mit einfacher Bildung und geringen Einkommen gaben an, ihr Kind auch von zu Hause aus gut fördern zu können. Von den Eltern mit hohem sozio-ökonomischen Status trauten sich das 29 Prozent zu.

„Die Ergebnisse der Elternbefragung zeigen, dass während der Corona-Pandemie insbesondere Familien und ihre Kinder Unterstützung brauchen, die wenig Geld haben oder in denen sich die Familien mit der Förderung ihrer Kinder überfordert fühlen“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. „Wenn Schulschließungen unvermeidlich sind, dann sind verlässliche alternative Betreuungs- und Lernangebote unverzichtbar.“

Intersexualität ist keine Krankheit

BPtK begrüßt Verbot von medizinischen Eingriffen an Kindern

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt das geplante Verbot von geschlechtsanpassenden Operationen an intersexuellen Neugeborenen und Kindern, die nicht medizinisch notwendig sind. In Deutschland leben schätzungsweise 120.000 Menschen, die weder mit eindeutig männlichen oder weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurden. Sie tragen nicht den geschlechtsspezifischen Chromosomensatz, das Mengenverhältnis ihrer Hormone ist anders oder sie besitzen männliche und weibliche Fortpflanzungsorgane. Bisher werden viele Intersexuelle im frühen Kindesalter operiert. Ihnen werden zum Beispiel Hoden entfernt oder die Klitoris verkleinert. Noch 2016 operierten Ärzte mehr als 2.000 Kinder unter zehn Jahren an den Genitalien.

„Intersexuelle Kinder sind körperlich und psychisch gesunde Kinder. Ihnen per Operation ein eindeutiges Geschlecht zu geben, kann zu schweren traumatischen Erfahrungen führen“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Operationen im Kindesalter werden von intersexuellen Menschen später oft als Zwang und gravierende Verletzung ihres Selbstbestimmungsrechts erlebt, insbesondere dann, wenn die entwickelte Geschlechtsidentität nicht mit dem anoperierten Geschlecht übereinstimmt. Intersexuelle Menschen sollten über ihr Geschlecht selbst bestimmen können und sich auch als zwischengeschlechtliche Menschen verstehen dürfen. Eingriffe an Geschlechtsmerkmalen gehören deshalb verboten, außer sie verhindern eine Gesundheits- oder Lebensgefahr beim Kind.“

Nach den Plänen der Bundesregierung dürfen Eltern nicht mehr in Behandlungen einwilligen, die das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das männliche oder weibliche Geschlecht angleichen sollen. Die Entscheidung soll grundsätzlich verschoben werden, bis das Kind selbstbestimmt einwilligen kann. Dies ist grundsätzlich erst ab dem 14. Lebensjahr möglich. Ist ein operativer Eingriff nicht zu verschieben, bedarf die Einwilligung der familiengerichtlichen Genehmigung, außer in Fällen, in denen die Gesundheit und das Leben des Kindes in Gefahr sind. Dafür muss eine interdisziplinäre Kommission den Eingriff beurteilen und ihn befürworten, weil er dem Wohl des Kindes am besten entspricht. In dieser Kommission sollte – anders als bisher im Gesetzentwurf vorgesehen – neben Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen jedoch verpflichtend auch eine intersexuelle Beratungsperson vertreten sein, fordert die BPtK.

Psychisch gefährdende Internetnutzung im Jugendalter nimmt erheblich zu

„Drogenaffinitätsstudie 2019“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

(BPtK) Neun von zehn Jugendlichen in Deutschland besitzen inzwischen ein Smartphone mit Internetzugang. Damit ist auch die Zahl derjenigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gestiegen, die das Internet psychisch gefährdend nutzen. Dies zeigt die aktuelle „Drogenaffinitätsstudie“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Während 2015 noch 21,7 Prozent der 12- bis 17-Jährigen das Internet psychisch gefährdend nutzten, waren es 2019 bereits 30,4 Prozent (plus 40 Prozent). Bei den jungen Erwachsenen (18- bis 25-Jährige) stieg der Prozentsatz sogar von 15,2 Prozent auf 23,0 Prozent (plus 51 Prozent).

„Der Anstieg psychisch gefährdender Internetnutzung unter Jugendlichen ist ein Warnzeichen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Das Internet ist zwar aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken. Wer aber zu häufig online ist und das reale Leben vernachlässigt, der riskiert, abhängig zu werden.“ Laut der Studie ist der Anteil der Jugendlichen, die bei Befragungen deutliche Suchtsymptome beschreiben, mehr als verdoppelt: bei männlichen Jugendlichen von 3,0 Prozent (2011) auf 6,7 Prozent (2019) und bei weiblichen Jugendlichen von 3,3 Prozent (2011) auf 8,6 Prozent (2019). „Die Drogenaffinitätsstudie 2019 zeigt, dass insbesondere die 12- bis 17-Jährigen von Internet- und Computerspielsucht berichten“, so Munz. „Wir benötigen daher für sie und ihre Eltern spezielle Präventionsangebote. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf Mädchen und junge Frauen gelegt werden.“ Die BPtK hat zu diesem Thema einen „Elternratgeber Internet“ herausgegeben, der Eltern zum Beispiel Empfehlungen gibt, wie viel Internet je nach Alter der Kinder psychisch unbedenklich ist.

Die BZgA untersucht seit 2011 die Computerspiel- und Internetnutzung von Jugendlichen. Für die „Drogenaffinitätsstudie 2019“ wurde im Zeitraum April bis Juni 2019 eine für Deutschland repräsentative Stichprobe von 7.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 12 bis 25 Jahren mit computergestützten Telefoninterviews befragt.