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Interview der ÄrzteZeitung mit Dr. Dietrich Munz

(LPK BW) Dr. Dietrich Munz, Präsident der LPK BW und BPtK, hat der ÄrzteZeitung ein ausführliches Interview gegeben. Darin äußert er sich unter anderem zur Akzeptanz und häufigeren Inanspruchnahme von Psychotherapie, der Behandlung von psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt, dem Versorgungsstärkungsgesetz einschließlich notwendiger Reform der Bedarfsplanung und der Beziehung zwischen Ärzten und Psychotherapeuten.

LPK-Fachtag zu Rechtsfragen in der Kinder- und Jugendlichensychotherapie

Berufsrecht – eine Herausforderung von Fällen und Fallen in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, 25. Juli 2015

(LPK BW) Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen steht in einem besonderen rechtlichen Spannungsfeld zwischen der Beziehung von Therapeut und Kind und der Beziehung von Therapeut und Eltern. Daraus können Konflikte im Arbeitsbündnis entstehen mit vielfältigen Fragestellungen.

Der LPK-Fachtag zu berufsrechtlichen Themen in der Kinder und Jugendlichenpsychotherapie war am 25. Juli in Stuttgart war mit ca. 150 Teilnehmern sehr gut besucht. U.a. Folgende Themenkomplexe stehen im Fokus:

  • Aufklärung des Patienten
  • Anforderungen aus dem Patientenrechtegesetz: Dokumentationspflicht, Einsichtsrecht des Patienten
  • Umgang mit Sorgerechtskonstellationen
  • Schweigepflicht: u.a. Auskunftsverlangen von Dritten
  • Krisensituationen: Suizidalität, Kindeswohlgefährdung
  • Versicherungsrechtliche Fragen

Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen steht in einem besonderen rechtlichen Spannungsfeld zwischen der Beziehung von Therapeut/Kind sowie Therapeut/Beziehungspersonen bzw. Eltern. Diese Problematik hatten LPK-Vorstandsmitglied Kristiane Göpel und der Ausschuss für KJP-Versorgung während dieses Fachtages sowohl theoretisch in Vorträgen von Prof. Dr. Stellpflug, Justitiar der BPtK, und Kammeranwalt Seeburger, als auch praktisch in der Vorstellung von Fällen aus der Behandlungspraxis geschickt miteinander verzahnt. In den beiden Vorträgen wurde die Vielfältigkeit der Rechtsprechung sichtbar. Es wurden Vergleiche der unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen herangezogen, Entscheidungen und Gerichtsurteile erläutert und das Patientenrechtegesetz in seinen relevanten Passagen erklärt. Die von den Ausschussmitgliedern vorgetragenen Fallbeispiele wurden in ausführlicher berufsrechtlicher Erläuterung von LPK-Rechtsreferentin Stephanie Tessmer beantwortet. Die Vorträge und Fallbeispiele sollen den Anfang einer fortlaufenden Diskussion über Rechtsfragen eröffnen, die künftig auf www.lpk-bw.de zu finden sein werden.

Novellierung des Unterbringungsrechts für psychisch kranke Straftäter

BPtK für höhere Anforderungen an externe Gutachter

(BPtK) Die Bundesregierung plant eine Reform des Unterbringungsrechts. Bei der Unterbringung psychisch kranker oder suchtkranker Straftäter in psychiatrischen Krankenhäusern (Maßregelvollzug/forensische Psychiatrie) war insbesondere auch die Qualität der Sachverständigengutachten, wie z. B. im Fall Mollath, in die öffentliche Kritik geraten. Die Bundespsychotherapeutenkammer hält die Anforderungen an externe Sachverständige, wie sie jetzt der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vorsieht, noch nicht für ausreichend.

Bei einer Unterbringung für psychisch kranke oder suchtkranke Straftäter geht es im Gerichtsverfahren um die Beantwortung der Frage von Schuldfähigkeit (§ 20 StGB), verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) oder um eine Prognose zur Gefährlichkeit aufgrund der psychischen Erkrankung des Angeklagten durch einen Gutachter. Dabei ist heilkundliches Wissen zur Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen unabdingbar. Nur so kann sichergestellt werden, dass die entsprechende Fachkenntnis zur umfassenden Beschreibung und Analyse der Auswirkungen vorliegt, die die Erkrankung auf die Entwicklung einer Person, ihrer Verhaltensmuster und der aufrechterhaltenden Bedingungen delinquenter Verhaltensweisen hat. Die genannten Fachkenntnisse können bei Psychologischen Psychotherapeuten oder Fachärzten für Psychiatrie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vorausgesetzt werden und nicht, wie im Gesetz auch genannt, bei Rechtspsychologen ohne Approbation. Die BPtK schlägt deshalb vor, als Sachverständige nur Psychologische Psychotherapeuten oder Fachärzte für Psychiatrie bzw. Psychosomatische Medizin zuzulassen, die zusätzlich über ausreichend Erfahrung in der forensischen Psychiatrie sowie entsprechende Fachkenntnisse in der Gutachtenerstellung verfügen.

Zusätzlich hat die BPtK zu der Frage Stellung genommen, ob die Unterbringung suchtkranker Straftäter in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) auch dann möglich sein soll, wenn die Behandlung voraussichtlich länger als zwei Jahre dauert. Die BPtK hält dies für sinnvoll, weil eine Suchterkrankung bei Straftätern häufig mit komorbiden Persönlichkeitsstörungen und erschwerenden sozialen Faktoren einhergeht, die häufig eine Behandlungsdauer von über zwei Jahre erfordern. Die Erfolgsaussicht einer Behandlung kann außerdem besser im Behandlungsverlauf als zum Zeitpunkt der Entscheidung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beurteilt werden. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnten bisher keine validen prognostischen Kriterien zur Prognose des Behandlungsverlaufs in einer Entziehungsanstalt gefunden werden.

Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht außerdem eine stärkere Fokussierung der Unterbringung in der forensischen Psychiatrie auf gravierende Fälle, eine zeitliche Begrenzung der Unterbringung bei weniger schwerwiegenden Fällen sowie eine Konkretisierung der Anforderungen an die Fortdauer der Unterbringung vor. Externe Gutachten, mit denen eine Unterbringung verlängert wird, sollen zukünftig alle drei Jahre und nicht mehr nur alle fünf Jahre erfolgen. Diese Qualitätssicherung durch einen Blick von außen ist aus Sicht der BPtK positiv zu bewerten. Mit der Vorlage des Kabinettsentwurfs ist im Herbst 2015 zu rechnen.

Literatur:

Kemper, A. (2008). Fehleinweisungen in die Entziehungsanstalt. Recht & Psychiatrie 26, 15-26.

Lindemann, V. et al. (2013). Psychiatrische Prognosen für den Behandlungserfolg in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB). Forensische Psychiatrie und Psychotherapie 20 (2), 37-63.

Querengässer, J. et al. (2015). Outcomeprädiktoren forensischer Suchtbehandlungen. Recht & Psychiatrie 33, 34-41.

Schalast, N. et al. (2009). Zur Prognose des Behandlungsverlaufs bei strafrechtlicher Unterbringung in der Entziehungsanstalt. Sucht 55 (1), 19-29.

Gemeinsame Initiative der Heilberufekammern

BPtK kritisiert geplante Vorratsdatenspeicherung

(LPK BW) Die Bundesärztekammer, Bundeszahnärztekammer, Bundesapothekerkammer und die Bundespsychotherapeutenkammer haben eine gemeinsame Initiative gegen die von der Bundesregierung geplante Vorratsdatenspeicherung gestartet. In einem gemeinsamen Schreiben an die Abgeordneten im Rechts- und Gesundheitsausschuss fordern diese sie auf, dem Gesetz nicht zuzustimmen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, Verkehrsdaten für zehn Wochen und Standortdaten für vier Wochen zu speichern. Von der Speicherpflicht ausgenommen werden lediglich Verkehrsdaten von Personen, Behörden und Organisationen in sozialen oder kirchlichen Bereichen, die grundsätzlich anonym bleibenden Anrufern telefonische Beratung in seelischen oder sozialen Notlagen anbieten. In diese Ausnahmeregelungen nicht einbezogen sind Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Zahnärzte, Apotheker oder Psychotherapeuten. Für diese Berufsgeheimnisträger soll lediglich ein Verwertungsverbot der Verkehrsdaten durch die Strafverfolgungsbehörden gelten.

Die in diesem Gesetz vorgesehenen Regelungen untergraben die besondere Schutzbedürftigkeit von Gesprächen zwischen Arzt, Zahnarzt, Apotheker oder Psychotherapeuten und ihren Patienten. Die Patienten brauchen die Sicherheit, sich jederzeit auch telefonisch, vor allem in Krisensituationen, an den Arzt oder Psychotherapeuten wenden zu können und auf die uneingeschränkte Gewährleistung der absoluten Vertraulichkeit ihrer Gespräche vertrauen zu können. Wenn die Daten erst einmal erhoben sind, bietet die Strafprozessordnung keinen ausreichenden Schutz mehr vor einer weiteren Verwendung. Die Heilberufekammern fordern daher, dass Verkehrsdaten von Berufsgeheimnisträgern generell nicht von der Vorratsdatenspeicherung erfasst werden.

Landespsychotherapeutentag 2015

Ambulante psychotherapeutische Versorgung – aktueller Stand und Perspektiven

(LPK BW) Der Landespsychotherapeutentag fand dieses Jahr in der Alten Reithalle des Maritim-Hotels Stuttgart statt. Dr. Dietrich Munz, Kammerpräsident und seit Mai auch gewählter Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, konnte zahlreiche Mitglieder und Gäste zum Thema „Ambulante psychotherapeutische Versorgung – aktueller Stand und Perspektiven“ begrüßen. Wie er eingangs feststellte, habe Baden-Württemberg eine im bundesweiten Vergleich über dem Durchschnitt liegende Versorgung mit niedergelassenen Psychotherapeuten und auch mit stationären psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhausbetten. Eine Besonderheit im bundesweiten Vergleich bestehe in dem 2008 zwischen der AOK BW und dem Hausärzteverband sowie dem Medi-Verbund abgeschlossenen Hausarztvertrag, der 2012 um den sogenannten PNP-Vertrag zur selektivvertraglichen Versorgung in Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie erweitert wurde. Dies bedeute eine gewollte Konkurrenz zwischen dem System der Kollektivversorgung über die KV und dem Selektivvertragssystem. Diese Rahmenbedingungen für die psychotherapeutische Versorgung seien mit ein wesentlicher Teil der folgenden Referate und sicher auch der Diskussion.

Darüber hinaus ging Dr. Munz auf die Konsequenzen des jüngst im Bundestag verabschiedeten GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) ein. Für die vertragsärztliche Versorgung seien damit einige Chancen für die Verbesserung der Versorgung für Menschen mit psychischen Erkrankungen innerhalb des GKV-Systems eröffnet worden. Die vorgesehene Sprechstunde für Psychotherapeuten ermögliche es, Patienten beim ersten Gespräch zu beraten, welches Hilfsangebot sinnvoll und notwendig sei. Dies könne neben der Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie die Empfehlung einer Präventionsmaßnahme oder einer Selbsthilfegruppe oder auch die Verordnung einer stationären Psychotherapie im Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung sein. Eine Verbesserung solle auch dadurch erreicht werden, dass künftig in psychotherapeutischen Praxen das Jobsharing erleichtert bzw. im Sinne der Versorgung verbessert werden solle. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber, so Dr. Munz, jedoch die Regelung zur Nachbesetzung bei der Praxisübergabe verschärft, indem er fordere, in Regionen mit einem offiziellen Versorgungsgrad von mehr als 140 Prozent die Anträge auf Nachbesetzung abzulehnen. Davon wären dann bundesweit über 4.000 psychotherapeutische Praxen betroffen. In Baden-Württemberg wären dies ca. 600 der aktuell etwa 3.000 Psychotherapeutenpraxen, also knapp 20 %.

„Dies würde zu einer drastischen Verschlechterung der psychotherapeutischen Versorgung im Land führen, die verhindert werden muss“ mahnt Dr. Munz. Er sehe einen kleinen Lichtblick am Horizont, da der GB-A durch das Gesetz beauftragt sei, die Bedarfsplanungsrichtlinie bis Anfang 2017 grundlegend zu überarbeiten. Falls hierbei zukünftig tatsächlich die Häufigkeit psychischer Erkrankungen berücksichtigt werde, wäre dies ein wesentlicher Fortschritt. Die Bundespsychotherapeutenkammer fordere deshalb, den Abbau von psychotherapeutischen Praxen so lange auszusetzen, bis eine neue Bedarfsplanung vorliegt.

Krankenhaus-Strukturgesetz für bessere stationäre Versorgung psychisch Kranker nutzen

BPtK fordert Ergänzungen zum PEPP

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, das Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) stärker zu nutzen, um die stationäre Versorgung psychisch kranker Menschen zu verbessern. Der Gesetzgeber sollte dafür sorgen, dass mit der Umsetzung des pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) ausreichend Personal für eine leitliniengerechte Behandlung in den Krankenhäusern zur Verfügung steht und finanziert wird. „Um eine qualitätsorientierte stationäre Versorgung psychisch kranker Menschen sicherzustellen, sollte der Gesetzgeber jetzt handeln“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die verbindliche Einführung des PEPP wurde um zwei Jahre verschoben, um Alternativen zum PEPP zu suchen. Bisher liegen keine realisierbaren Vorschläge auf dem Tisch. Bei der Finanzierung auf Basis der überholten Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) zu bleiben, ist keine Lösung für die bestehenden Versorgungsdefizite in der stationären psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung.“

„Es ist an der Zeit, durch ergänzende Regelungen dafür Sorge zu tragen, dass zukünftig eine Krankenhausversorgung gemäß dem „State of the Art“ garantiert und finanziert wird“, fordert BPtK-Präsident Munz anlässlich der ersten Lesung des KHSG am 2. Juli im Bundestag. Die Personalstandards der Psych-PV würden chronisch unterschritten. Die Erwachsenenpsychiatrie erfülle sie nur noch zu 90 Prozent, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sei der Personalmangel noch größer. Transparenz über die Verwendung der verhandelten Mittel und die durchgeführten Leistungen gebe es nicht. „Das geht unmittelbar zulasten der psychisch kranken Menschen in den Kliniken“, stellt Munz fest. „Doch selbst die vollständige Erfüllung einer Personalausstattung gemäß Psych-PV reicht für eine leitlinienorientierte stationäre Behandlung psychisch kranker Menschen nicht mehr aus. Heute sind eine wesentlich kritischere Pharmako- und deutlich mehr Psychotherapie erforderlich. Die Psych-PV berücksichtigt außerdem settingübergreifende Behandlungsansätze nicht.“

Aus Sicht der BPtK ist mit dem PEPP eine qualitätsorientierte Weiterentwicklung von Psychiatrie und Psychosomatik möglich, wenn es um weitere Systemelemente ergänzt wird. Hierzu gehören vor allem verbindliche Anforderungen an die Personalausstattung und deren ausreichende Finanzierung. Das KHSG sollte Zuschläge für die Umsetzung angemessener Personalstandards sowie für die regionale Versorgungsverpflichtung der psychiatrischen Einrichtungen vorsehen.

Psychotherapeutischer Sachverstand zukünftig gefragt

BPtK zum Präventionsgesetz

(BPtK) Die Chance, gesundheitsschädigendes Verhalten zu ändern und eine gesundheitsförderliche Lebensweise zu erreichen, ist von einer Reihe emotionaler, motivationaler und sozialer Faktoren abhängig. Die Prävention von Diabetes mellitus Typ 2 oder Adipositas bei Kindern und Jugendlichen beispielsweise erfordert schwierige Einstellungs- und Verhaltensänderungen, für die Psychotherapeuten über die fundierteste Expertise verfügen. „Es ist gut, dass Prävention in Deutschland endlich eine breite gesetzliche Grundlage bekommt und zukünftig psychotherapeutischer Sachverstand einzubeziehen ist, wenn Handlungsfelder und Kriterien für Leistungen zur primären Prävention festgelegt werden“, erläutert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) anlässlich des heute verabschiedeten Präventionsgesetzes. „Wir sind froh, dass dies im Gesetzgebungsverfahren noch ergänzt wurde.“

Bei der psychischen Gesundheit greift das Gesetz dennoch zu kurz. „Obwohl psychische Erkrankungen zu den Volkskrankheiten des 21. Jahrhunderts gehören, sollen Psychotherapeuten weder Gesundheitsuntersuchungen durchführen noch Präventionsempfehlungen ausstellen“, kritisiert Dr. Munz. Dabei arbeiten in Deutschland rund 40.000 Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten, die auf das Erkennen und Behandeln von psychischen Erkrankungen spezialisiert sind. „Hier wird ein großes Potenzial verschenkt, denn Prävention gehört zu den essenziellen Leistungen einer psychotherapeutischen Sprechstunde, wie sie mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eingeführt wird.“

Psychische Beschwerden sind nicht immer behandlungsbedürftig. „Stellt ein Psychotherapeut Symptome einer psychischen Überforderung fest, die zu einer psychischen Erkrankung führen können, sollte er präventive Maßnahmen empfehlen können“, so Munz. „Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, dass diese Leistungen nur von Ärzten erbracht werden sollen.“ Dies gilt auch für Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen. Zeigen Kinder und Jugendliche psychische Auffälligkeiten, sollten diese in der Sprechstunde von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten abgeklärt werden. Bei Risiken für die psychische Gesundheit, aus denen sich noch keine behandlungsbedürftigen Erkrankungen entwickelt haben, sollte der Psychotherapeut unmittelbar eine Präventionsempfehlung geben können.

Schwerstkranke und sterbende Menschen psychotherapeutisch versorgen

Bundestag befasst sich in erster Lesung mit dem Hospiz- und Palliativgesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer begrüßt die Pläne der Bundesregierung, die Versorgung von schwerstkranken und sterbenden Menschen in Deutschland zu verbessern. „Bei einer umfassenden Versorgung von Menschen an ihrem Lebensende sollten auch psychische Erkrankungen berücksichtigt und behandelt werden“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz anlässlich der ersten Lesung des Hospiz- und Palliativgesetzes im Bundestag. „Hier gibt es erhebliche Versorgungsdefizite. Aktuell wird nur ungefähr die Hälfte der psychischen Erkrankungen in Palliativ- oder Hospizeinrichtungen erkannt und nur etwas mehr als ein Drittel behandelt.“

Bis zu einem Drittel der Patienten in Palliativ- und Hospizeinrichtungen leidet unter einer behandlungsbedürftigen affektiven Störung. Zudem treten bei schwerkranken und sterbenden Patienten häufig kognitive Störungen auf. Die Schätzungen hierfür liegen zwischen 25 und 85 Prozent. Die Überlappung von körperlichen und psychischen Symptomen bei sterbenden Patienten erschweren die Differenzialdiagnostik und Erfassung des psychologischen Unterstützungsbedarfs. Psychotherapeutischer oder fachärztlicher Sachverstand sollte deshalb regelhaft in der Palliativversorgung aber auch in Pflegeeinrichtungen, in denen viele Menschen die letzte Lebensphase verbringen, verfügbar sein.

Neben einer Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in Hospiz- und Palliativeinrichtungen bietet das Gesetz auch die Chance, die psychotherapeutische Versorgung in stationären Pflegeheimen zu verbessern. „Hier sind die Versorgungsdefizite bei psychischen Erkrankungen noch größer“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. Mehr als die Hälfte der Pflegeheimbewohner leiden unter einer psychischen Erkrankung, nur fünf bis maximal 20 Prozent von ihnen erhalten eine psychotherapeutische Behandlung. „Ziel muss es sein, durch Kooperationsverträge mit den vertragsärztlichen Leistungserbringern psychotherapeutischen oder fachärztlichen Sachverstand regelhaft in Heimen verfügbar zu machen.“ Der Gesetzentwurf geht aus Sicht der BPtK hier nicht weit genug.

Zukünftig mehr Psychotherapien durch Jobsharing

GKV-VSG ermöglicht Flexibilisierung der Versorgungsaufträge

(BPtK) Die Bundesregierung ermöglicht Psychotherapeuten durch Jobsharing zukünftig mehr Behandlungsstunden anzubieten. „Dadurch können mehr Patienten schneller eine Psychotherapie erhalten“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, das heute im Bundestag verabschiedet wird. „Dies ist aber auch für unsere jungen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die Familie und Beruf miteinander in Einklang bringen müssen, und für unsere erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, die Supervision und Selbsterfahrung im Rahmen der Psychotherapieausbildung anbieten, ein großer Fortschritt. Ein Psychotherapeut, der seine Behandlungsstunden z. B. aufgrund familiärer Verpflichtungen oder wegen seines Engagements in der Ausbildung angehender Psychotherapeuten verringern musste, kann zukünftig das Jobsharing nutzen, um seine Praxis auszulasten.“

Beim Jobsharing teilen sich zwei Psychotherapeuten einen Praxissitz. Dabei handelt es sich entweder um eine Anstellung oder um eine Berufsausübungsgemeinschaft mit einem Senior- und einem Juniorpartner. Bisher durfte der Umfang dieser neuen Gemeinschaftspraxis allerdings nicht wesentlich höher sein als der Umfang der vorherigen Einzelpraxis. Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz sieht jetzt vor, dass psychotherapeutische Praxen, die bisher nur wenige Therapiestunden anbieten können, durch Jobsharing mehr Behandlungsstunden erbringen können als eine psychotherapeutische Durchschnittspraxis. Wo genau die Obergrenze liegen soll, das soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) festlegen.

Das Bundessozialgericht sieht die Maximalauslastung einer psychotherapeutischen Praxis bei 36 Psychotherapiesitzungen pro Woche. Dies entspricht einer wöchentlichen Gesamtarbeitszeit von 51 Stunden. Die zusätzliche Arbeitszeit wird für Dokumentation, Anträge, Abrechnung, Praxismanagement, Inter- und Supervision sowie Fortbildung benötigt. „Daran sollte sich auch der G-BA orientieren, der jetzt angemessene Kapazitätsgrenzen beim Jobsharing definieren muss“, fordert BPtK-Präsident Munz.

Psychotherapeuten erbringen im Durchschnitt rund 22 bis 27 Psychotherapiestunden pro Woche. Für eine höhere Auslastung von psychotherapeutischen Praxen gibt es grundsätzlich eine Vielzahl von rechtlichen Hindernissen. Ein Psychotherapeut kann sich – anders als andere Arztgruppen – bei Krankheit, Urlaub oder Fortbildung nicht vertreten lassen. Er muss seine Praxis in diesen Zeiten schließen. Außerdem sind Psychotherapeuten im Gegensatz zu anderen Arztgruppen bisher nicht befugt, Untersuchungen und Behandlung an andere zu delegieren. Bei den Ärzten gelten auch delegierte Leistungen, wie z. B. Blutabnahmen durch einen Praxishelfer, als „ärztliche“ Arbeitszeit. Dadurch liegt die durchschnittliche Arbeitszeit von Psychotherapeuten selbst dann unter der durchschnittlichen Arbeitszeit von Ärzten, wenn sie persönlich gleich lange gearbeitet haben.

Verbindliche Personalausstattung und Zuschläge für Psychiatrie und Psychosomatik

BPtK zum Krankenhaus-Strukturgesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, das Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) zu nutzen, um die Versorgungsqualität in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen zu sichern. Die Kliniken sollten mit verbindlichen Mindestanforderungen für die Personalausstattung planen können, die von den Krankenkassen zu finanzieren sind. Außerdem sollten sie für ihre regionale Versorgungsverpflichtung individuelle Zuschläge erhalten. Dies sind wichtige Ergänzungen des pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP).

„Die verbindliche Einführung des PEPP ist um zwei Jahre verschoben worden. Dies muss jetzt auch genutzt werden, um das neuen Entgeltsystems substanziell weiterzuentwickeln“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die Behandlungsqualität in Krankenhäusern für psychisch kranke Menschen ist in erster Linie von einer ausreichenden und qualifizierten Personalausstattung abhängig. Um zukünftig einen ruinösen Wettbewerb durch Personalabbau zu verhindern, sind verbindliche Strukturanforderungen und eine ausreichende Finanzierung unerlässlich. Dies muss jetzt im KHSG festgelegt werden.“

Zudem entstehen psychiatrischen Krankenhäusern aufgrund ihrer regionalen Versorgungsverpflichtung unterschiedliche Kosten. Psychiatrische Einrichtungen sind – im Unterschied zu somatischen Häusern – verpflichtet, alle Patienten, die aus einem festgelegten Einzugsbereich zu ihnen kommen, zu behandeln. Der Aufwand dafür ist je nach Einwohner- und Sozialstruktur erheblich. „Diese unterschiedlich hohen Mehrkosten für den ärztlichen Bereitschaftsdienst, die pflegerischen Nachtwachen und die Bereitschaftsbetten werden im PEPP nicht ausreichend berücksichtigt“, erklärt der BPtK-Präsident. „Der Gesetzgeber sollte deshalb den Krankenhäusern ermöglichen, Zuschläge für regionale Versorgungsverpflichtung zu verhandeln. Dies könnte nach bundeseinheitlich festgelegten Kriterien erfolgen.“ Das KHSG sieht bei der Notfallversorgung bereits Zuschläge vor. Diese Regelung sollte für die psychiatrischen Krankenhäuser um Zuschläge für die regionale Versorgungsverpflichtung ergänzt werden.