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Neue Anforderungen zur Unterbringung psychisch kranker Straftäter

BPtK fordert bundeseinheitliche Regelungen und Behandlungsstandards

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer begrüßt die Novellierung des Unterbringungsrechts von psychisch kranken Straftätern, die am 29. April 2016 vom Bundestag beschlossen wurde.

Das Gesetz präzisiert die Voraussetzungen, nach denen ein psychisch kranker Straftäter in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden kann. Unterbringungen über zehn Jahre sollen zudem nur noch möglich sein, wenn Taten drohen, durch die die Opfer körperlich oder seelisch schwer geschädigt würden. Die Gefahr rein wirtschaftlicher Schäden reicht in der Regel nicht mehr aus. Das Gesetz verkürzt auch die zeitlichen Abstände, in denen externe Gutachten eingeholt werden müssen. Außerdem besteht die Pflicht, den externen Gutachter zu wechseln. Schließlich dürfen zukünftig nur noch solche ärztlichen und psychologischen Gutachter beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde verfügen.

„Dies sind wichtige konkrete Schritte, um zu einer angemessenen Entscheidung über die Unterbringung psychisch kranker Straftäter zu kommen, die das Bundesverfassungsgericht gefordert hatte“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Die Unterbringung in einem forensischen Krankenhaus ist jedoch etwas grundlegend anderes als im Strafvollzug. Die kranken Straftäter haben einen Anspruch auf eine angemessene Behandlungsqualität und -dauer. Dafür sind bundeseinheitliche Regelungen im Maßregelvollzug notwendig.“

Die BPtK fordert, einheitliche Behandlungsstandards und die hierfür erforderliche Strukturqualität in den forensischen Kliniken zu sichern. Die unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern bei Sicherungsmaßnahmen und Vollzugslockerungen sind für die Rechtssicherheit der untergebrachten Personen problematisch und beeinflussen die Behandlungsqualität sowie den -verlauf und damit die Dauer der Unterbringung insgesamt. Zu einer umfassenden Reform des Maßregelvollzugs gehört aus BPtK-Sicht außerdem ein Ausbau der Nachsorge, z. B. durch eine bessere Integration von Nachsorgeeinrichtungen des Strafvollzugs.

Die BPtK hatte in ihrer Stellungnahme schließlich auch gefordert, zukünftig ausschließlich Psychotherapeuten und Fachärzte als externe Gutachter zuzulassen. Heilkundliches Wissen ist eine unabdingbare Voraussetzung, um beurteilen zu können, ob eine psychische Erkrankung vorliegt und inwieweit diese Auswirkungen auf die Entwicklung einer Person und ihre delinquenten Verhaltensweisen hat. Bei Rechtspsychologen kann dieses Wissen nicht vorausgesetzt werden.

Entkriminalisierung von Cannabis

BPtK-Stellungnahme zum Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer begrüßt die Diskussion über eine weitere Entkriminalisierung von Cannabis. Der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN plädiert für eine staatlich kontrollierte Abgabe an Erwachsene bis zu 30 Gramm über spezielle Verkaufsstellen. Der Verkauf an Minderjährige soll weiter verboten bleiben. Die BPtK fordert, die präventiven Wirkungen dieser Regelungen sowohl für die Bevölkerung insgesamt als auch für die Cannabisnutzer z. B. in Modellregionen zu überprüfen. Auf jeden Fall sollte es bundeseinheitlich geregelt werden, wann es zu einer Strafverfolgung kommt, wenn bei einer Person geringe Cannabismengen für den Eigenkonsum gefunden werden.

Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Entwurf für ein Cannabiskontrollgesetz war das zentrale Thema einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages am 16. März 2016. Mehrere Juristen und Vertreter der Drogenhilfe begrüßten die Gesetzesinitiative und wiesen insbesondere auf die Unverhältnismäßigkeit der Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten hin. In einer Resolution an den Deutschen Bundestag hatten sich unlängst 122 Strafrechtsprofessoren für eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ausgesprochen. Die gegenwärtigen Bestimmungen hätten eine Kriminalisierung von gelegentlichem Cannabiskonsum zur Folge, der sozial verträglich und unauffällig sei. Die Prohibitionspolitik bei Cannabis sei nach ihrer Einschätzung gescheitert und verursache mehr Schaden als dass sie den Cannabiskonsums in der Bevölkerung eindämme.

Einhellige Kritik gab es dabei an der sehr unterschiedlichen Auslegung der Regelungen im Betäubungsmittelgesetz in den Bundesländern, wann die Strafverfolgung bei einer geringen Menge Cannabisbesitz eingestellt wird. Diese Regelungen sollen die Kriminalisierung von Konsumenten vermeiden oder zumindest verringern. Hierbei handelt es jedoch um eine Kann-Bestimmung, die sowohl durch die landesrechtlichen Regelungen hinsichtlich der Menge des straffreien persönlichen Besitzes zum Eigenkonsum als auch durch die Praxis der Strafverfolgung sehr unterschiedlich umgesetzt wird.

In der Anhörung betonten mehrere Sachverständige die gesundheitlichen Risiken des regelmäßigen Cannabiskonsums, insbesondere bei Beginn der Adoleszenz. Hierzu zählten insbesondere eine mögliche Abhängigkeitsentwicklung, die Zunahme komorbider psychischer Störungen und negative Effekte auf die Reifungsprozesse, einschließlich der schulischen und beruflichen Bildung.

Psychische Gesundheit in allen Lebenswelten stärken

Bundesrahmenempfehlungen Prävention verabschiedet

(BPtK) Die Nationale Präventionskonferenz hat erstmalig Bundesrahmenempfehlungen zur Gesundheitsförderung verabschiedet. Die Empfehlungen benennen die Handlungsfelder der Gesundheitsförderung, das Leistungsspektrum und die Beiträge der Sozialversicherungsträger sowie die konkreten Maßnahmen der zu beteiligenden Organisationen und Einrichtungen. Mit ihnen werden drei am Lebenslauf orientierte Ziele handlungsweisend für die Prävention: „Gesund aufwachsen“, „Gesund leben und arbeiten“ und „Gesund im Alter“.

„In allen Lebensbereichen sollen psychische Belastungen verringert und psychische Ressourcen gestärkt werden“, hebt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hervor. „Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind Experten für psychische Gesundheit. Daher sollte es selbstverständlich sein, dass sie konkrete Präventionsangebote in den Lebenswelten aktiv mitgestalten.“

Durch die Orientierung am Lebenslauf sollen Menschen in allen Lebenswelten erreicht werden – angefangen von Maßnahmen in Kindergärten und Schulen über Gesundheitsförderung in Betrieben und Präventionsarbeit in kommunalen Einrichtungen bis hin zu Aktivitäten in Pflegeeinrichtungen. Vorrangige Zielgruppen sind neben Familien, Kindern, Jugendlichen, Azubis, Studierenden, Berufstätigen, Arbeitslosen und Ehrenamtlichen auch Pflegebedürftige, die zu Hause oder in stationären Einrichtungen betreut werden, sowie die pflegenden Angehörigen.“

„Es bleibt ein Manko des Präventionsgesetzes, dass Psychotherapeuten im Gegensatz zu Ärzten weder Gesundheitsuntersuchungen durchführen noch verbindliche Präventionsempfehlungen ausstellen können“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Ich bin mir sicher, dass Psychotherapeuten dennoch einen maßgeblichen Beitrag zur Gesundheitsförderung leisten werden. So können sie zum Beispiel Menschen mit psychischen Beschwerden, die noch nicht behandlungsbedürftig sind, über geeignete Präventionsangebote vor Ort informieren.“

Die Nationale Präventionskonferenz wurde 2015 mit dem Präventionsgesetz eingerichtet. Träger sind die gesetzliche Kranken-, Unfall-, Renten- und Pflegeversicherung. Die Bundesrahmenempfehlungen sollen jetzt von den Ländern und Kommunen umgesetzt werden. Dazu sollen die Länder Landesrahmenvereinbarungen mit den Sozialversicherungsträgern schließen. Im Herbst dieses Jahres werden die Inhalte der Bundesrahmenempfehlungen im Rahmen des ersten Präventionsforums mit einer breiten Fachöffentlichkeit diskutiert.

Novellierung des Heilberufekammergesetz Baden-Württemberg in Kraft getreten

Wichtige Änderungen für aktuelle und künftige Mitglieder

(LPK BW) In Baden-Württemberg ist zum Ende Dezember 2015 eine umfassende Novellierung des Heilberufekammergesetzes (HBKG) in Kraft getreten (Gesetz zur Änderung des Heilberufe-Kammergesetzes, des Kinder- und Jugendhilfegesetzes Baden-Württemberg und der Verordnung des Innenministeriums über die Durchführung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 17. Dezember 2015 – GBl. BW v. 29.12.2015 S. 1234). Damit sind zum einen EU-Richtlinien zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen in das Landesrecht transformiert worden. Zum anderen sind zahlreiche Anregungen der Heilberufekammern vom Sozialministerium aufgegriffen und in das Gesetz aufgenommen worden. Wir möchten Sie im Folgenden über die wichtigsten Änderungen informieren:

Die Approbationsbehörde ist nunmehr verpflichtet, den Heilberufekammern von Amts wegen über die Erteilung von Approbationen Mitteilung zu machen. Damit wurde eine wesentliche Forderung aller Heilberufekammern in das Gesetz aufgenommen, denn nach altem Recht war eine solche Mitteilungspflicht für erteilte Approbationen nicht vorgesehen, so dass bei unterlassener Anmeldung approbierte Psychotherapeuten den Kammern teilweise monate- oder jahrelang unbekannt blieben und damit eine ordentliche Berufsaufsicht nicht gegeben war. Die häufig aus Unkenntnis unterlassene Anmeldung einer gesetzlichen Mitgliedschaft hatte für die Betroffenen erhebliche finanzielle Konsequenzen, da nicht nur Kammerbeiträge nachzuerheben, sondern vor allem erhebliche Nachzahlungen in das Versorgungswerk zu leisten waren. Durch die Neuregelung ist nunmehr gewährleistet, dass die Kammern zeitnah informiert und somit ihren gesetzlichen Aufgaben auch adäquat nachgehen können.

Damit geht einher, dass auch der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit im Gesetz erweitert worden ist. Nunmehr handelt nicht nur ordnungswidrig, wer sich nach Approbation nicht innerhalb von einem Monat bei der Kammer anmeldet, sondern auch derjenige, der seinen weiteren, in den Meldeordnungen geregelten, Meldepflichten nicht nachkommt (Mitteilung über Umzug, Abgabe des Meldebogens u.ä.). Wir möchten in diesem Zusammenhang alle Kammermitglieder daran erinnern, dass auch Änderungen der Privat- und Praxisadresse, sowohl innerhalb des Landes Baden-Württemberg als auch in andere Bundesländer, unverzüglich der Kammer zu melden sind. Jede Woche gehen bei der Kammer zahlreiche Postrückläufer unzustellbarer Briefsendungen ein, weil Mitglieder über der bei der Kammer gemeldeten Anschrift nicht mehr anzutreffen sind und eine Änderungsmitteilung nicht erfolgt ist. Die Kammer muss in diesem Fall umfassende Maßnahmen der Aufenthaltsermittlung ergreifen. Die hierdurch entstehenden erheblichen Verwaltungs- und Personalkosten gehen zu Lasten aller Kammermitglieder. Wir möchten Sie daher im Interesse aller Mitglieder bitten, Änderungen der privaten und dienstlichen Anschrift sowie auch sonstigen Erreichbarkeiten (Telefonnummern) so schnell wie möglich bei der Kammer anzuzeigen. Die Anzeige kann in Textform, per E-Mail, per Fax oder per Brief erfolgen. Vielen Dank!

Ausbildungskandidaten können in Baden-Württemberg nunmehr bereits mit Beginn der Ausbildung an einer staatlich anerkannten Ausbildungsstätte freiwilliges Mitglied der Kammer werden. Nach altem Recht war eine freiwillige Mitgliedschaft erst mit Beginn des praktischen Ausbildungsabschnitts, d.h. erst zum Ende der Ausbildung hin, möglich. Diese späte Beitrittsmöglichkeit hatte in der Vergangenheit zu Schwierigkeiten bei der Besetzung der Sitze in der Vertreterversammlung der Kammer für die Vertreter der Ausbildungskandidaten geführt, da die Ausbildungskandidaten zwischenzeitlich die Abschlussprüfung abgelegt und das Mandat nicht mehr für die gesamte Dauer der Wahlperiode bekleiden konnten. Nunmehr besteht durch die frühe Beitrittsmöglichkeit eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese gewählten Vertreter der Ausbildungskandidaten bis zum Ende der fünfjährigen Wahlperioden das Mandat innehaben können.

Darüber hinaus ist die nach altem Recht gesetzlich normierte Beitragsfreiheit für nicht mehr berufstätige Mitglieder, welche auf Wahlrecht und Wählbarkeit verzichtet haben, ersatzlos aus dem HBKG gestrichen worden, so dass diese Mitglieder nunmehr beitragspflichtig sind. Auf der nächsten Vertreterversammlung soll beraten und beschlossen werden, ob diese Mitglieder in den Mindestbeitrag einzustufen sind. Mitglieder die den Beruf dauerhaft nicht mehr ausüben und keinen Kammerbeitrag leisten wollen, können durch Verzicht auf die Approbation gegenüber dem Regierungspräsidium Stuttgart aus der Kammermitgliedschaft ausscheiden. Hierbei bitten wir aber zu beachten, dass eine Approbation, welche nach § 12 Psychotherapeutengesetz (Übergangsrecht) erteilt worden ist, nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht mehr erneut nach § 12 PsychThG erteilt werden kann. Kammermitglieder, die nach Übergangsrecht approbiert worden sind, sollten deshalb vor Abgabe der Verzichtserklärung und Rückgabe der Approbationsurkunde bedenken, dass eine Wiedererlangung der Approbation nach § 12 PsychThG voraussichtlich nicht möglich sein wird und sich vorab dazu beim Regierungspräsidium Stuttgart erkundigen.

Außerdem dürfen die Kammern nun den Nachweis einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung von ihren Mitgliedern verlangen, insoweit wurde der Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) Rechnung getragen. Nach dem VVG müssen die Berufshaftpflichtversicherer den zuständigen Stellen, diese sind für PP und KJP die Psychotherapeutenkammern der Länder, melden, wenn eine Berufshaftpflichtversicherung gekündigt worden ist. Die Kammern können nun ihrerseits von dem betreffenden Mitglied verlangen, dass dieser den Abschluss einer anderweitigen Versicherung für seine berufliche Tätigkeit nachweist, denn jedes berufstätige Kammermitglied ist gesetzlich verpflichtet, eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Eine solche Versicherung dient auch Ihrem eigenen Schutz, da im Falle einer fahrlässig herbeigeführten Schädigung eines Patienten finanzielle Forderungen gegen Sie erhoben werden können, die Sie ohne Einstandspflicht einer Versicherung regelmäßig nicht allein tilgen könnten.

27. Deutscher Psychotherapeutentag in Stuttgart

Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge sicherstellen

(BPtK) Eine patientenorientierte Weiterentwicklung der Psychotherapie-Richtlinien, eine zügige Verbesserung der Versorgungsqualität in der stationären Versorgung sowie eine angemessene Vergütung psychotherapeutischer Leistungen – das waren die zentralen Forderungen des 27. Deutschen Psychotherapeutentages (DPT) am 14. November in Stuttgart. Ein besonderes Anliegen war dem DPT, die psychotherapeutische Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge in allen Altersstufen sicherzustellen.

Bessere psychotherapeutische Versorgung in Pflegeheimen

Bundestag verabschiedet Hospiz- und Palliativgesetz

(BPtK) Stationäre Pflegeeinrichtungen sind zukünftig verpflichtet, mit niedergelassenen Psychotherapeuten und Ärzten Kooperationsverträge zur ambulanten Behandlung der Heimbewohner (§ 119b SGB V) zu schließen. Die Anforderungen an die kooperative und koordinierte Versorgung sollen dazu im Bundesmantelvertrag zwischen den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und dem GKV-Spitzenverband geregelt werden. Das ist eine der Neuerungen, die heute mit dem Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung vom Bundestag beschlossen wurden.

Hierdurch werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine bessere psychotherapeutische Versorgung von Pflegeheimbewohnern mit psychischen Erkrankungen geschaffen. Studien zufolge leiden 50 bis 90 Prozent der Pflegeheimbewohner unter einer psychischen Erkrankung, inklusive dementieller Erkrankungen. Psychotherapeutisch versorgt wird jedoch nur ein Bruchteil dieser Patienten, nämlich nur zwischen fünf und 19 Prozent.

Das Gesetz verbessert insbesondere die finanzielle Ausstattung von Hospiz- und Pflegeeinrichtungen und fördert die ambulante Palliativversorgung. Es tritt sofort in Kraft.

Mehr Geld für Personal in den Krankenhäusern

Bundestag verabschiedet Krankenhaus-Strukturgesetz

(BPtK) Die gesetzlichen Krankenkassen müssen zukünftig höhere Personalkosten, die Krankenhäusern aufgrund von Tariflohnsteigerungen entstehen, zur Hälfte finanzieren. Damit wird einem weiteren Personalabbau, der auch in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken in den letzten Jahren stattgefunden hat, entgegengewirkt. Das ist eine der wichtigen Neuerungen des Krankenhaus-Strukturgesetzes (KHSG), das heute im Bundestag verabschiedet wird.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt die neue Finanzierungsregelung im KHSG, weil damit auch die Beratungen im Gemeinsamen Bundesausschuss befördert werden können, deren Ziel angemessene und verbindliche Personalanforderungen für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen sind. Kliniken brauchen finanzielle Rahmenbedingungen, die die Umsetzung verbindlicher Personalanforderungen für eine leitliniengerechte Behandlung grundsätzlich ermöglichen.

Auch das Förderprogramm für mehr Pflegekräfte ist aus Sicht der BPtK ein wichtiger Schritt, die Personalsituation in den somatischen Krankenhäusern zu verbessern. Durch die Einführung eines Zuschlags, dessen Höhe sich an den Pflegepersonalkosten eines Krankenhauses bemisst, schafft das KHSG zusätzlich einen Anreiz für eine angemessene Pflegeausstattung in den Krankenhäusern, in denen es vor allem im Pflegebereich seit der Einführung der DRGs zu einem dramatischen Personalabbau gekommen ist.

Mit dem Gesetz wurde letztlich doch keine Regelung eingeführt, nach der die psychiatrischen Krankenhäuser künftig Mittel für regulär verhandelte Personalstellen nach der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) zurückzahlen müssen, wenn sie nicht nachweislich zweckentsprechend verwendet wurden. Damit gilt diese Regelung weiterhin nur für Stellen, die im Rahmen der Einführung des neuen Entgeltsystems nachverhandelt wurden. Die Streichung der ursprünglich vorgesehenen Neu-Regelung begründet der Gesetzgeber damit, dass zurzeit eine grundsätzliche Prüfung des Pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) erfolge. Die damit verbundene Diskussion um verbindliche Personalanforderungen und deren Finanzierung sei noch nicht abgeschlossen. Die BPtK fordert, verbindliche Personalanforderungen festzulegen und damit auch eine Nachweispflicht über den Einsatz der Mittel für die Personalausstattung zu verbinden.

Das KHSG verbessert schließlich die stationäre Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen. Leistungen, die von den Krankenhäusern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erbracht werden, werden zukünftig extrabudgetär vergütet. Das gilt auch für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen. Die stationäre Behandlung von Flüchtlingen – auch bei psychischen Erkrankungen – wird dadurch erleichtert. Weitere neue Regelungen betreffen die Einführung befristeter krankenhausindividueller Zuschläge für Mehrkosten, die aufgrund von Qualitätssicherungs-Richtlinien entstehen und die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung von Patientenbefragungen als Instrument der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung. Das KHSG tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.

Psychische Erkrankungen auch am Lebensende behandeln

BPtK fordert bessere psychotherapeutische Versorgung in Hospizen und Pflegeheimen

(BPtK) „Auch am Lebensende haben schwer erkrankte Patienten mit komorbiden psychischen Erkrankungen Anspruch auf eine psychotherapeutische Versorgung“, mahnt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) anlässlich der heutigen Anhörung zum Hospiz- und Palliativgesetz (HPG). „Die psychotherapeutische Versorgung in der Hospiz- und Palliativversorgung muss dringend verbessert werden. Dies gilt auch für Pflegeheime, in denen viele Menschen ihre letzte Lebenszeit verbringen.“

Tödlich verlaufende körperliche Erkrankungen gehen häufig mit psychischen Erkrankungen einher. Studien zufolge leidet ungefähr ein Drittel der Patienten in Palliativeinrichtungen an einer affektiven Störung. Am häufigsten sind schwere (14 Prozent) oder weniger schwere depressive Erkrankungen (zehn Prozent). 15 Prozent der Patienten entwickeln eine Anpassungsstörung oder eine Angststörung (zehn Prozent). Weiterhin treten bei schwer und tödlich kranken Patienten kognitive Störungen auf, z. B. Einschränkungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit. Die Prävalenzraten hierfür liegen zwischen 25 und 85 Prozent.

Psychische Erkrankungen werden aber in der letzten Lebensphase viel zu selten erkannt und behandelt. Bis zu 50 Prozent der psychischen Erkrankungen werden in Palliativeinrichtungen nicht diagnostiziert oder nicht ausreichend bzw. inadäquat (35 Prozent) behandelt. Viele Patienten scheuen sich, ihre emotionale und psychische Belastung anzusprechen. Ähnlich ist die Situation in Pflegeheimen. 50 bis 90 Prozent der Pflegeheimbewohner leiden unter einer seelischen Erkrankung, nur fünf bis 19 Prozent werden psychotherapeutisch behandelt. Aber auch bei älteren Menschen ist nach evidenzbasierten Leitlinien Psychotherapie allein oder in Kombination mit einer Pharmakotherapie das Mittel der Wahl.

„Die hohen Prävalenzraten psychischer Erkrankungen in Hospiz- und Palliativeinrichtungen, aber auch in Pflegeheimen, erfordern die regelhafte Einbindung von Psychotherapeuten und Fachärzten für Psychiatrie bzw. Psychosomatik in Palliativteams. Ferner ist eine bessere Kooperation von Pflegeinrichtungen mit den niedergelassenen Fachärzten und Psychotherapeuten erforderlich“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Im HPG müssen die richtigen Weichen gestellt werden, damit dies zukünftig auch umgesetzt wird.“

Mindestens die Hälfte der Flüchtlinge ist psychisch krank

BPtK-Standpunkt „Psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen“

(BPtK) Mindestens die Hälfte der Flüchtlinge in Deutschland ist psychisch krank. Meistens leiden sie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (40 bis 50 Prozent) oder unter einer Depression (50 Prozent). Beide Erkrankungen kommen häufig gemeinsam vor. Flüchtlinge, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erkranken, sind oft suizidal. 40 Prozent von ihnen hatten bereits Pläne, sich das Leben zu nehmen oder haben sogar schon versucht, sich zu töten. Auch bei Flüchtlingskindern in Deutschland sind Erkrankungen aufgrund traumatischer Erlebnisse besonders häufig. Jedes fünfte von ihnen ist an einer PTBS erkrankt. Das ist 15 Mal häufiger als bei Kindern, die in Deutschland geboren wurden. Dies sind die zentralen Inhalte des Standpunktes „Psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen“, den die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) heute vorstellte.

Bei PTBS ist Psychotherapie die empfohlene Behandlungsmethode. Die alleinige Behandlung mit Medikamenten ist nicht ausreichend und medizinisch in der Regel nicht zu verantworten. Nur rund vier Prozent der psychisch kranken Flüchtlinge erhalten jedoch eine Psychotherapie. „Psychische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Erkrankungen von Flüchtlingen. In aller Regel sind sie dringend behandlungsbedürftig“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Die ankommenden Flüchtlinge benötigen nicht nur eine Unterkunft und Lebensmittel, sondern auch eine medizinische Versorgung. Aber fast kein psychisch kranker Flüchtling erhält eine angemessene Versorgung. Die BPtK fordert deshalb dringend gesetzliche Änderungen sowie Ermächtigungen von Psychotherapeuten und Flüchtlingszentren, um eine leitliniengerechte Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen zu ermöglichen.“

Flucht und Trauma

Ereignisse, die als lebensbedrohlich oder als katastrophal erlebt werden und eine tiefe Verzweiflung verursachen, können zu einer schweren psychischen Erkrankung führen. PTBS tritt am häufigsten nach traumatischen Erlebnissen auf, die durch andere Menschen ausgelöst wurden („man-made-disaster“). Etwa die Hälfte der Menschen, die Opfer von Vergewaltigung, Krieg, Vertreibung und Folter wurden, leidet unter einer PTBS. Zu den häufigsten „man-made-disasters“, die von Flüchtlingen berichtet werden, gehören Beschuss mit Handfeuerwaffen und Granaten, Hunger und Durst (z. B. während einer Haft), Todesdrohungen und Scheinexekutionen, körperliche Folter, Stromschläge, sexuelle Erniedrigung und Vergewaltigung sowie auch das Miterleben von Hinrichtungen oder Vergewaltigungen.

Wer an einer PTBS erkrankt, erlebt die traumatische Situation immer wieder, meist als Alpträume oder als blitzartige Bilder oder filmartige Szenen (Flashbacks). Diese Erinnerungen werden so intensiv erlebt, als ob sich das Ereignis gerade tatsächlich wieder ereignete. Jesidische Frauen, die aus der Gefangenschaft des Islamischen Staates entkamen, erlebten während ihres Fluges nach Deutschland Flashbacks und Panikattacken mit Herzrasen, Atemnot, Schwindel und Todesängsten. Die Enge im Flugzeug löste Erinnerungen an die Gefangenschaft aus. PTBS-Kranke meiden deshalb Situationen, die Erinnerungen an die traumatischen Erlebnisse wachrufen können. Weitere Symptome einer PTBS sind eine starke Schreckhaftigkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, emotionale Taubheit und Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen. „PTBS-Betroffene sind schwer psychisch krank“, erläutert BPtK-Präsident Munz. „Sie benötigen dringend eine Psychotherapie. Es ist beschämend, dass Menschen mit solch starken und schmerzenden psychischen Verletzungen fast nie eine angemessene Hilfe erhalten.“

Politische Forderungen

Nach der aktuellen EU-Aufnahme-Richtlinie muss Deutschland die spezielle Situation schutzbedürftiger Personen berücksichtigen. Zu diesen schutzbedürftigen Personen zählen auch Menschen mit psychischen Erkrankungen und Menschen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben. Die Richtlinie hätte bis zum Juli dieses Jahres umgesetzt werden müssen. Tatsächlich ist die Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge in Deutschland weiterhin beschämend schlecht. Auch die Änderungen des Asylbewerberleistungsgesetzes im März 2015 haben für psychisch kranke Flüchtlinge keine Verbesserung gebracht. Die BPtK fordert deshalb dringend, die Versorgung von psychisch kranken Flüchtlingen zu verbessern. Dafür bedarf es insbesondere qualifizierter Gutachter in den Sozialämtern, einer Ermächtigung von Flüchtlingszentren und psychotherapeutischen Privatpraxen zur Behandlung von Flüchtlingen sowie die Finanzierung von Dolmetscherleistungen.

Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

Die Entscheidung, ob bei einem psychisch kranken Asylsuchenden in den ersten 15 Monaten seines Aufenthaltes in Deutschland eine Psychotherapie gewährt wird, dauert in den Sozialämtern häufig monatelang. Meist beurteilen Sachbearbeiter und Ärzte, die für psychische Erkrankungen weder aus- noch weitergebildet sind, ob eine Psychotherapie notwendig ist oder nicht. Dies führt häufig zu Fehleinschätzungen. Psychische Erkrankungen werden fälschlicherweise als nicht dringend behandlungsbedürftig beurteilt oder es wird eine medikamentöse Behandlung empfohlen, die nicht ausreicht. „Die Begutachtung und Gewährung von Psychotherapien nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist grob mangelhaft“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Ein Antrag auf Psychotherapie sollte zukünftig nur noch von qualifizierten Gutachtern geprüft werden.“ Aus Sicht der BPtK ist es außerdem nicht akzeptabel, dass Flüchtlingen eine medizinische Versorgung vorenthalten wird, die in Deutschland als notwendig erachtet wird, um kranke Menschen zu behandeln. Die Einschränkungen für Flüchtlinge im Asylbewerberleistungsgesetz sollten deshalb aufgehoben werden.

Ermächtigung von Flüchtlingszentren und Privatpraxen

Nach den ersten 15 Monaten können Flüchtlinge Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen. Damit haben psychisch erkrankte Flüchtlinge grundsätzlich Anspruch auf eine Psychotherapie. Ihre Behandlung findet zurzeit fast ausschließlich in Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer statt. Die dort tätigen Psychotherapeuten sind aber meist nicht berechtigt, mit der gesetzlichen Krankenversicherung abzurechnen. Dadurch bleiben Flüchtlinge auch nach den ersten 15 Monaten praktisch ohne Behandlung. Die BPtK fordert daher, Psychotherapeuten in Flüchtlingszentren und auch psychotherapeutische Privatpraxen zu ermächtigen, sodass sie die Behandlung von Flüchtlingen mit der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen können. Dies wäre aufgrund der Zulassungsverordnung für Ärzte möglich. „Die Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen wäre so schnell und unbürokratisch deutlich zu verbessern“, erläutert BPtK-Präsident Munz.  

Dolmetscher

Für Psychotherapien mit Flüchtlingen sind fast immer Dolmetscher notwendig. Bisher werden Dolmetscherleistungen selten von den Sozialämtern und überhaupt nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Die BPtK schlägt deshalb vor, das Asylbewerberleistungsgesetz so zu ändern, dass alle Flüchtlinge grundsätzlich Anspruch auf Dolmetscherleistungen haben, wenn diese für eine Krankenbehandlung notwendig sind.

KHSG: Gute Versorgung in Psychiatrie und Psychosomatik sicherstellen

BPtK fordert verbindliche Anforderungen an die Personalausstattung

(BPtK) Die stationäre Versorgung psychisch kranker Menschen muss dringend verbessert werden. „Die psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäuser verfügen schon lange nicht mehr über ausreichendes Personal, um eine gute Versorgung anbieten zu können.“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) anlässlich der heutigen Anhörung zum Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG). „Die Anforderungen der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV), die vor fast 25 Jahren entwickelt wurden, sind seit Langem überholt und bilden vor allem den psychotherapeutischen Behandlungsbedarf, wie ihn moderne Behandlungsleitlinien beschreiben, nicht ab.“

„Dabei werden selbst die Personalanforderungen der veralteten Psych-PV schon lange nicht mehr erfüllt“, stellt der BPtK-Präsident fest. Der Erfüllungsgrad liege bundesweit bei durchschnittlich 90 Prozent in der Erwachsenenpsychiatrie, allerdings mit großen Unterschieden zwischen den Einrichtungen. „Bei fast einem Drittel der Krankenhäuser liegt er sogar unter 85 Prozent. In den Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist die Situation noch schlechter – hier werden die Personalstandards in fast der Hälfte (45 Prozent) der Einrichtungen um über 25 Prozent unterschritten.“ Das hat mehrere Gründe. Neben Budgetdeckelungen bei gleichzeitig steigenden Lohnkosten, sind Zweckentfremdungen der Mittel zur Quersubventionierung anderer Abteilungen oder für anstehende Krankenhausinvestitionen an der Tagesordnung.

„Wir brauchen verbindliche Mindestanforderungen an die Personalausstattung, die transparent und überprüfbar sind“, fordert BPtK-Präsident Munz. Dafür erarbeitet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gerade Personalstandards. „Im KHSG muss klargestellt werden, dass die vom G-BA zu erarbeitenden Personalstandards nicht nur Empfehlungscharakter haben, sondern verbindlich sind.“ Die Politik sollte dafür Sorge tragen, dass in der stationären Versorgung psychisch kranker Menschen endlich eine solide Personalbasis sichergestellt wird, erklärt Munz.

Der G-BA hat den Auftrag erhalten, bis zum 1. Januar 2017 Anforderungen an die Personalausstattung für Psychiatrie und Psychosomatik zu erarbeiten. Diese Personalanforderungen sollen die veraltete Psych-PV, die zum 1. Januar 2019 ihre Gültigkeit verliert, ersetzen. Umstritten ist derzeit jedoch noch, wie verbindlich diese Personalanforderungen werden sollen.