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Wie helfe ich meinem traumatisierten Kind?

BPtK-Ratgeber für Flüchtlingseltern jetzt auch auf Persisch und Kurdisch

(BPtK) Im vergangenen Jahr kamen rund 150.000 Flüchtlinge aus Afghanistan nach Deutschland, von denen viele Persisch sprechen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres stieg insbesondere die Zahl der kurdischen Flüchtlinge an, die in Deutschland Asyl beantragen. Unter den Flüchtlingen sind viele Kinder, die in ihrer Heimat Krieg und Gewalt oder auf der Flucht schreckliche Ohnmacht und Ausgeliefertsein erlebt haben. Sie leiden oft noch lange an diesen Erlebnissen und verhalten sich deshalb häufig anders, als die Eltern sie kennen. Rund jedes fünfte Flüchtlingskind leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Eltern wissen nicht immer, wie sie ihren psychisch belasteten oder erkrankten Kindern helfen können. Deshalb hat die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) ihren Ratgeber für Flüchtlingseltern jetzt auch in Farsi (Persisch) und Kurmandschi (Kurdisch) übersetzen lassen. Die Ratgeber liegen bisher schon auf Englisch, Arabisch und Deutsch vor.

Die BPtK informiert in dem Ratgeber darüber, wie sich traumatisierte Kinder und Jugendliche je nach Alter verhalten können. Der Ratgeber zeigt an vielen konkreten Situationen, wie Eltern darauf angemessen reagieren können. Er möchte den Eltern helfen, ihre Kinder besser zu verstehen. „Traumatisierte Kinder brauchen vor allem das Gefühl, sicher und aufgehoben zu sein“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Eltern können ihren Kindern entscheidend dabei helfen, die schrecklichen Erlebnisse besser zu verarbeiten. Wir zeigen aber auch, wann professionelle Hilfe gesucht werden sollte.“

Der Ratgeber für Flüchtlingseltern auf Persisch und Kurdisch liegt nicht als gedruckte Broschüre vor, sondern ist nur auf der BPtK-Homepage herunterzuladen.

Psychotherapeutische Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen

3. Veranstaltung in Freiburg

(LPK BW) Am 21.06.2016 fand eine weitere sehr gut besuchte Tagung zum Thema „Psychotherapie für traumatisierte Flüchtlinge“ statt. Wie bereits bei den Veranstaltungen in Stuttgart und Karlsruhe gaben die Referenten Jama Maqsudi, Dieter David und Katrin Bonn eine Übersicht zu den rechtlichen Rahmenbedingungen, zu Spezifika der psychotherapeutischen (Früh-)Behandlung sowie dem Umgang und der Einbeziehung von Dolmetschern in die Behandlung. LPK-Vorstandsmitglied und Flüchtlingsbeauftragte Birgitt Lackus-Reitter sowie Dr. Ingrid Rothe-Kirchberger (LÄK) moderierten die Veranstaltung. Das Grußwort der örtlichen KV Bezirksdirektion sprach Dr. Peter Baumgartner.

Die Diskussion der über 100 Teilnehmer zeigte, dass es in Südbaden schon sehr viele regionale Netzwerke zur psychotherapeutischen Betreuung von Flüchtlingen inkl. der wichtigen Dolmetscherpools gibt, die allerdings wiederum insgesamt wenig untereinander vernetzt sind. Als ein Ergebnis der Tagung wurde vorgeschlagen, zum Beispiel auf der Homepage der Landespsychotherapeutenkammer oder auch der KV entsprechende Seiten mit Informationen und Links zur Verfügung zu stellen. Die LPK hat hierzu schon einige Infos gesammelt, sie sind für Interessierte in unserem Fachportal abrufbar. Diese Seite wird ständig ergänzt bzw. aktualisiert, gerne nehmen wir auch Ihre Informationen mit auf.

Integrationsgesetz: Leistungen für Übersetzer gestrichen

BPtK hält Sprachmittlung für psychisch kranke Flüchtlinge für unverzichtbar

(BPtK) Im Integrationsgesetz (BT-Drucksache 18/8615), das am 7. Juli 2016 vom Bundestag verabschiedet wurde, sind wichtige Neuerungen für traumatisierte Opfer von Krieg, Folter und Gewalt wieder gestrichen worden. Psychisch kranken Flüchtlingen sollte eine psychotherapeutische Behandlung angeboten werden können. Dafür ist in vielen Fällen aber ein Übersetzer notwendig, der sich auch mit der Kultur der Herkunftsländer der Flüchtlinge auskennt. Noch im Referentenentwurf war vorgesehen, dass die Leistungen solcher Sprach- und Kulturmittler künftig finanziert werden.

„Die Bundesregierung macht einen entscheidenden Rückzieher in der Integrationspolitik, indem sie die Regelung zur Finanzierung streicht“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), diese Änderung im Gesetzentwurf. „Wer bei psychischen Erkrankungen keine Behandlung anbietet, gefährdet die Integration von Flüchtlingen. Wer schwer unter Kriegs- und Foltererlebnissen leidet, ist häufig nicht in der Lage, regelmäßig arbeiten zu gehen oder eine Schule zu besuchen.“

Die BPtK fordert grundsätzlich die Kostenübernahme von Sprach- und Kulturmittlung bei Flüchtlingen und Migranten.

Psychotherapie für psychisch kranke Flüchtlinge muss genehmigt werden

Bundesregierung: Behörden haben keinen Ermessensspielraum

(BPtK) Bei der Entscheidung, ob für psychisch kranke und traumatisierte Flüchtlinge eine Psychotherapie nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) genehmigt wird, besteht aus der Sicht der Bundesregierung für die Behörden kein Ermessungsspielraum. Die Öffnungsklausel des AsylbLG (§ 6 Absatz 1) ergebe zusammen mit der EU-Aufnahmerichtlinie einen Anspruch auf Leistungen, die zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind. Beide Normen ergäben zusammen „einen zwingenden Rechtsanspruch“. Das behördliche Ermessen verringere sich dabei „auf Null“. Ihre Rechtsauffassung stellt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dar (BT-Drs. 18/9009).

Nach dem AsylbLG haben Flüchtlinge in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes grundsätzlich nur einen Anspruch auf Gesundheitsleistungen im Rahmen einer Akut- und Schmerzbehandlung. In Einzelfällen soll es nach dem AsylbLG Ansprüche auf Psychotherapie geben. Diese Regelung führte in vielen Sozialbehörden dazu, dass Anträge auf Psychotherapie abgelehnt wurden – häufig mit dem Verweis auf eine vermeintlich ausreichende medikamentöse Behandlung. Die Bundesregierung stellt nun klar, dass im AsylbLG eine Öffnungsklausel für Einzelfälle vorgesehen ist und diese zusammen mit der EU-Aufnahmerichtlinie einen zwingenden Rechtsanspruch ergebe, bei dem die Behörde nicht mehr nach Ermessen entscheiden könne. Zu den Personen, die nach der EU-Aufnahmerichtlinie schutzbedürftig sind, gehören Menschen mit schweren körperlichen Erkrankungen und psychischen Störungen oder Menschen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben und die besondere Bedürfnisse haben. Psychotherapie ist bei vielen psychischen Erkrankungen, vor allem bei Traumafolgestörungen, die Behandlungsmethode erster Wahl.

Nach der EU-Aufnahmerichtlinie vom Juni 2013 müssen alle Aufnahmeländer, so auch Deutschland, die spezielle Situation schutzbedürftiger Personen berücksichtigen und ihnen die notwendige Gesundheitsversorgung ermöglichen. Die Frist für die Umsetzung der EU-Aufnahmerichtlinie in nationales Recht ist im Juli 2015 abgelaufen. Damit ist die EU-Aufnahmerichtlinie auch bei Entscheidungen nach § 6 Absatz 1 AsylbLG wirksam.

Vertreterversammlung der LPK BW am 05.03.2016

(LPK BW) Der Vorstandsbericht, der allen Delegierten vorab zugegangen war, schilderte die vielfältigen Aktivitäten der Kammer im letzten halben Jahr. Präsident Dr. Dietrich Munz führte aus, dass es zu Irritationen gekommen sei bezüglich der Gesetzesinitiativen zur Verbesserung der Qualität von Gutachten im Familienrecht und im Asyl- und Aufenthaltsrecht. Er stellte klar, dass der Arztvorbehalt nur für die Begutachtung der Reisefähigkeit gelte, andere Begutachtungen – insbesondere zur Frage eines Abschiebungshindernisses aufgrund einer psychischen Erkrankung – aber weiterhin durch PP und KJP durchgeführt werden dürfen. Er thematisierte den Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBA) zur Neubewertung der vertragspsychotherapeutischen Leistungen, den das Bundesgesundheitsministerium nicht beanstandet habe, aus den Sozialministerien einiger Länder seien jedoch bereits Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beschlusses geäußert worden. Dr. Munz teilte weiterhin mit, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) derzeit über eine Überarbeitung der Psychotherapie-Richtlinien berate. Ebenfalls berichtet wurde der Sachstand zur Einführung des pauschalierenden Entgeltsystems Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP).

Anschließend stellte Dr. Munz die Ende Dezember 2015 in Kraft getretene Novellierung des Heilberufekammergesetzes (HBKG) dar. Wesentliche Änderungen bestehen in der Anpassung des HBKG an die EU-Richtlinien zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Auch seien zahlreiche Anregungen der Heilberufekammern vom Sozialministerium aufgegriffen und in das Gesetz aufgenommen worden. So sei die Approbationsbehörde nunmehr verpflichtet, den Heilberufekammern von Amts wegen über die Erteilung von Approbationen Mitteilung zu machen. Psychotherapeuten in Ausbildung können nun ab Beginn ihrer Ausbildung freiwillige Kammermitglieder werden, bislang war das erst mit Beginn der Praktischen Ausbildung möglich.

Weiterhin stellte Dr. Munz die wesentlichen Regelungen des Landesgesundheitsgesetzes vor. Hierbei wurde die Beteiligung der Kammer am Gesundheitsdialog hervorgehoben. Die LPK sei nun ständiges Mitglied in der Landesgesundheitskonferenz und stimmberechtigtes Mitglied im sektorenübergreifenden Landesausschuss, darüber hinaus ständiges Mitglied im Landesausschuss für Gesundheitsförderung und Prävention sowie im Landeskrankenhausausschuss. Der Gesetzgeber habe damit endlich einer langjährigen Forderung der Kammer Rechnung getragen. Bereits länger schon vertreten sei die LPK im Fachbeirat Diabetes, im Landesbeirat Schmerzversorgung und im Landesarbeitskreis Psychiatrie. Weiter sei sie an der Erstellung des Landespsychiatrieplans beteiligt gewesen sowie auch bei der Besetzung der Besuchskommissionen zur Überprüfung der Bedingungen für untergebrachte Personen. Insgesamt könne man die nun erreichte Präsenz der Kammer an diesen wichtigen Konzeptionierungsund Entscheidungsgremien als Ergebnis einer langjährigen konzentrierten und engagierten Arbeit innerhalb des baden-württembergischen Gesundheitsnetzwerks bzw. der Gesundheitspolitik sehen.

Wie können traumatisierte Flüchtlinge unterstützt werden?

BPtK veröffentlicht Ratgeber für haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer

(BPtK) Viele Flüchtlinge haben in ihrem Heimatland und auf der Flucht Traumatisches erlebt. Ein großer Teil von ihnen leidet noch lange unter den schrecklichen Erlebnissen. Diese Menschen fühlen sich bedroht, obwohl keine akute Gefahr mehr besteht. Sie sind schreckhaft und übermäßig wachsam. Sie leiden unter überfallartigen Erinnerungen (Flashbacks) und vermeiden Gedanken, Situationen und Menschen, die sie an das Erlebte erinnern. Flüchtlingshelfer wissen häufig nicht, wie sie traumatisierte Flüchtlinge angemessen unterstützen können. Deshalb hat die Bundespsychotherapeutenkammer einen Ratgeber für haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer veröffentlicht. Sie informiert darüber, wie sich eine traumatische Erkrankung bemerkbar macht und erläutert, was Flüchtlingshelfer tun können oder lassen sollten. „Haupt- und ehrenamtliche Helfer können traumatisierten Flüchtlingen wesentlich dabei helfen, ihren Alltag trotz ihrer seelischen Leiden zu meistern“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Sie sollten aber auch wissen, wann professionelle Unterstützung notwendig ist.“

Breite Unterstützung für das Projekt „Transition“

28. Deutscher Psychotherapeutentag diskutiert insbesondere die Reform der Ausbildung

(BPtK) Zentrale Themen des 28. Deutschen Psychotherapeutentages (DPT) am 23. April 2016 in Berlin waren die Reform der Psychotherapeutenausbildung, die Weiterentwicklung der Psychotherapie-Richtlinie, das neue Psych-Entgeltsystem und die Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge. Darüber hinaus stellten die Delegierten die Weichen für eine Ergänzung der Muster-Weiterbildungsordnung um die Zusatzbezeichnung für Psychotherapie bei Diabetes. Sie forderten außerdem eine bessere Eingruppierung von Psychologischen Psychotherapeuten (PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) in den laufenden Tarifverhandlungen. Schließlich verlangten sie einen umfassenden Schutz der Beziehung zwischen Patient und Psychotherapeut vor staatlicher Überwachung. Das Bundesverfassungsgericht hatte jüngst das BKA-Gesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt und machte damit eine Überarbeitung notwendig.

Psychosoziale Notfallhilfen nun auch in arabischer Übersetzung

(BPtK) Ab sofort finden Sie auf der Seite Psychotherapeutenkammer Niedersachsen die Psychosoziale Notfallhilfen nun auch in arabischer Übersetzung:

http://www.pknds.de/37.0.html

Das Informationsmaterial wurde vom National Child Traumatic Stress Network und dem National Center for PTSD entwickelt und in Kooperation mit Herrn PD. Dr. Christoph Kröger von der Technischen Universität Braunschweig schon vor einigen Jahren in die deutsche, türkische, russische und italienische Sprache übersetzt. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Texte für unterschiedliche Situationen, von einer einfachen diagnostische Hilfe über allgemeine Informationen über den psychosozialen Notfall und seine möglichen Folgen bis hin zu Empfehlungen für ganz spezifische Gruppen von Betroffenen, von Kleinkindern bis zu Erwachsenen.

Die Materialien konnten nun mit Unterstützung der Bundespsychotherapeutenkammer auch ins Arabische übersetzt werden, da sie sich als besonders hilfreich im Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen erwiesen haben. Einen Teil der Materialien finden Sie, an die Belange von Flüchtlingskindern besonders angepasst, im BPtK-Ratgeber für Flüchtlingseltern „Wie helfe ich meinem traumatisierten Kind“.

Herausragendes Engagement für traumatisierte Kriegs- und Folteropfer

Diotima-Preisverleihung an Prof. Dr. Christine Knaevelsrud in Berlin

(BPtK) Prof. Dr. Christine Knaevelsrud hat den diesjährigen Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft erhalten. Die Bundespsychotherapeutenkammer ehrt damit in diesem Jahr eine Kollegin, die sich für die Versorgung von traumatisierten Kriegs- und Folteropfern sowohl in Deutschland als auch in arabischsprachigen Krisenregionen engagiert. „Viele der Menschen, die Krieg, Gewalt und Folter erlebt haben, sind traumatisiert und brauchen professionelle Hilfe“, stellte BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Professorin Knaevelsrud hat mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit und ihrem Engagement in der Versorgung große Dienste geleistet, um traumatisierten Menschen nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Krisenregionen selbst zu helfen. Lange bevor Flüchtlinge zu einem dringenden politischen Thema wurden, hat sie sich für deren psychotherapeutische Versorgung eingesetzt und damit sogar auch Hilfsbedürftige im irakischen Bürgerkrieg erreicht. Besser lässt sich unser Credo ‚Jeder Mensch und erst recht jeder kranke Mensch ist es wert!‘ nicht umsetzen.“

Millionen Menschen auf der Welt leiden unter Krieg, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. Weltweit sind mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Andere harren dort aus, wo Tod und Schrecken alltäglich sind. Seelische Verletzungen sind dabei unvermeidlich. Häufig wirken sie wie das kleinere Übel. Ein Übel sind sie trotzdem und ihre Behandlung bleibt menschliche und medizinische Pflicht.

„Für traumatisierte Menschen in Kriegsgebieten gibt es häufig vor Ort keine professionelle Hilfe. Die Menschen dort bleiben mit ihrem seelischen Leid, ihren Albträumen und Ängsten allein“, sagte BPtK-Präsident Munz. „Bei Professorin Knaevelsrud beeindruckt, dass sie nicht nur die Behandlungsmöglichkeiten für geflohene traumatisierte Menschen hier in Deutschland weiterentwickelte, sondern dass sie auch an die weit entfernten Patienten in den Kriegs- und Krisenländern gedacht hat.“

Herausragendes Engagement für traumatisierte Kriegs- und Folteropfer

Diotima-Ehrenpreis 2016 an Prof. Dr. Christine Knaevelsrud verliehen

(BPtK) Die Wissenschaftlerin und Psychotherapeutin Prof. Dr. Christine Knaevelsrud hat den Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft erhalten. Die Bundespsychotherapeutenkammer ehrt damit in diesem Jahr eine Kollegin, die sich für die Versorgung von traumatisierten Kriegs- und Folteropfern sowohl in Deutschland als auch in arabischsprachigen Krisenregionen engagiert. „Viele der Menschen, die Krieg, Gewalt und Folter erlebt haben, sind traumatisiert und brauchen professionelle Hilfe“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Professorin Knaevelsrud hat mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit und ihrem versorgungspolitischen Engagement große Dienste geleistet, um traumatisierten Menschen nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Krisenregionen selbst zu helfen. Lange bevor Flüchtlinge zu einem dringenden politischen Thema wurden, hat sie sich für deren psychotherapeutische Versorgung eingesetzt und damit sogar auch Hilfsbedürftige im irakischen Bürgerkrieg erreicht. Besser lässt sich unser Credo ‚Jeder Mensch und erst recht jeder kranke Mensch ist es wert!‘ nicht umsetzen.“

Millionen Menschen auf der Welt leiden unter Krieg, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. Viele versuchen, dem Schrecken zu entfliehen. Weltweit sind mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Andere harren dort aus, wo Tod und Schrecken alltäglich sind. Seelische Verletzungen sind dabei unvermeidlich. Häufig wirken sie wie das kleinere Übel. Ein Übel sind sie trotzdem und ihre Behandlung bleibt menschliche und medizinische Pflicht. „Für traumatisierte Menschen in Kriegsgebieten gibt es häufig vor Ort keine professionelle Hilfe. Die Menschen dort bleiben mit ihrem seelischen Leid, ihren Albträumen und Ängsten allein“, so Munz. „Bei Professorin Knaevelsrud beeindruckt, dass sie nicht nur die Behandlungsmöglichkeiten für geflohene traumatisierte Menschen hier in Deutschland weiterentwickelte, sondern, dass sie auch an die weit entfernten Patienten in den Kriegs- und Krisenländern gedacht hat.“

Prof. Christine Knaevelsrud studierte in Amsterdam und New York Psychologie. Ihre Promotion zur Wirksamkeit von internetbasierten Interventionen bei posttraumatischen Belastungsstörungen schloss sie 2005 an der Universität Zürich ab. Sie ist Psychologische Psychotherapeutin und Professorin für Klinisch-Psychologische Intervention an der Freien Universität Berlin. Von 2007 bis 2010 leitete Prof. Knaevelsrud die Forschungsabteilung am Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin. Dort war sie maßgeblich an der Entwicklung, Evaluierung und Verbreitung der internetbasierten arabischen Schreibtherapie Ilajnafsy für traumatisierte Menschen im Irak beteiligt. Patienten werden von arabischsprachigen Therapeuten in Europa und sicheren Nachbarstaaten über das Internet angeleitet, sich schriftlich mit dem traumatischen Ereignis auseinanderzusetzen und es neu zu verarbeiten. Mittlerweile gibt es auch Behandlungsanfragen aus Syrien, den palästinensischen Gebieten und dem Sudan.

In Deutschland war Prof. Knaevelsrud an der Entwicklung eines speziellen computergestützten Diagnoseinstruments beteiligt, das Patienten, die nicht lesen und schreiben können, die Fragen in der Muttersprache vorliest und eine Antwort per Touchscreen ermöglicht. Sie untersuchte, welche Auswirkungen die Anhörungen im Asylverfahren auf die Gesundheit traumatisierter Flüchtlinge haben und sie schuf Behandlungsprogramme, unter anderem für traumatisierte Menschen, die z. B. aufgrund von Folter unter chronischen Schmerzen leiden. Prof. Knaevelsrud beschäftigte sich auch mit der Bedeutung von Vergebung im psychotherapeutischen Prozess und war an der Entwicklung der S3-Leitlinie für posttraumatische Belastungsstörungen beteiligt.

Der Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft wird einmal im Jahr an Personen oder Organisationen verliehen, die sich in besonderem Maß um die Versorgung psychisch kranker Menschen verdient gemacht haben. Der Preis ist nach Diotima aus Mantinea benannt, einer mythischen Priesterin der Antike. Sie gilt als Lehrerin des Sokrates, die ihn dazu inspirierte, als erster Philosoph die Seele des Menschen in den Mittelpunkt seines Denkens und Lehrens zu stellen.