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Neuregelung des Jobsharing

Beschluss des G-BA tritt in Kraft

(BPtK) Der G-BA hat am 16.06.2016 beschlossen, dass unterdurchschnittliche psychotherapeutische Jobsharing-Praxen in Zukunft ihr Kontingent bis auf den Fachgruppendurchschnitt plus 25% ausweiten können. Diese Regelung soll unabhängig vom regionalen Versorgungsgrad gelten. Dieser Beschluss wurde vom BMG nicht beanstandet und tritt mit der heutigen Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Die regionalen KVen müssen nun die Zahlen zum Fachgruppendurchschnitt ermitteln und veröffentlichen. Dann können zukünftig Jobsharing-Praxen, welche bisher unterdurchschnittlich abgerechnet haben, ihr Leistungsvolumen auf bis zu maximal 25% über den Fachgruppendurchschnitt ausweiten. Praxen, die bereits – wenn auch nur leicht – über dem Fachgruppendurchschnitt liegen, können allerdings die Leistungsabrechnung nicht ausweiten.

Ausschnitt der Regelung aus dem Bundesanzeiger:

4. Nach Absatz 1 werden folgende Absätze 2 und 3 angefügt:

„(2) Die Ermittlung der Obergrenze nach Absatz 1 erfolgt unter den folgenden Maßgaben:

1. Die Ermittlung des Fachgruppendurchschnitts erfolgt ohne Berücksichtigung der Ärzte, die gemeinsam in Jobsharing-Praxen oder Angestelltenverhältnissen mit Leistungsbegrenzung nach § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 und 5 SGB V tätig sind.

2. Für Psychotherapeuten legt der Zulassungsausschuss als Obergrenze den Durchschnitt der von der Fachgruppe abgerechneten Punktzahlvolumina jeweils zuzüglich 25 v. H. fest.

(3) Für Antragsteller mit einem hälftigen Versorgungsauftrag wird der halbe nach § 43 Absatz 2 berechnete Wert als Obergrenze festgelegt.“

BMG beanstandet Psychotherapie-Richtlinie

Sprechstunde darf nicht als freiwilliges Angebot geregelt werden

(BPtK) Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verlangt Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie, die der Gemeinsame Bundesausschuss im Juni beschlossen hat. Das Ministerium hält es für „zwingend erforderlich“, die psychotherapeutische Sprechstunde „nicht als Kann-Leistung“ einzuführen. Eine solche Regelung betreffe die vertragsärztlichen Pflichten des Vertragspsychotherapeuten im Verhältnis zu seiner Kassenärztlichen Vereinigung. Eine Regelung, die es Vertragspsychotherapeuten ermögliche, ein für den Patienten essenzielles Leistungsangebot abzulehnen, „kollidiere“ mit dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen.

Ferner stellt das BMG fest, dass die Sprechstunde für die Versicherten nach der geänderten Richtlinie verpflichtend sein solle. Dann sei aber ein „hinreichendes, flächendeckendes Angebot an Sprechstunden notwendig, damit die Versicherten überhaupt eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen können. Dafür dürfte aus Sicht des BMG aber eine Übergangsregelung erforderlich sein.

„Wir hätten begrüßt, wenn die Sprechstunde ausdrücklich ein freiwilliges Angebot geblieben wäre. Die übergroße Mehrheit der Psychotherapeuten wird die Sprechstunde ohnehin anbieten“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Als freiwilliges Angebot ist sie eine flexiblere Regelung und ermöglicht der einzelnen Praxis, ihre Schwerpunkte dem Bedarf angemessen festzulegen. Ob und welche Maßnahmen tatsächlich erforderlich sind, um die Sicherstellung der Versorgung zu gewährleisten, könnte letztlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen geprüft und bei Bedarf geregelt werden.“

Das BMG beanstandet außerdem den Einsatz von Dokumentationsbögen in der ambulanten Psychotherapie. Das Ministerium betrachtet insbesondere die geplante Angabe der Versichertennummer als „nicht erforderlich“ und „rechtswidrig“. Es mahnt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) an, sich mit den Einwänden und Änderungswünschen, die als Stellungnahmen eingegangen seien, auseinanderzusetzen. Dabei bezweifelt es ausdrücklich die „fachliche Fundiertheit“ der vorgesehenen Dokumentationsparameter.

Die BPtK hatte vor allem die geplanten Testverfahren als „ungeeignet“ bezeichnet, die Diagnostik psychischer Erkrankungen zu unterstützen. Der G-BA habe bei der Änderung der Psychotherapie-Richtlinie Qualitätssicherungskonzepte ignoriert, die er selbst in Auftrag gegeben hatte. Die BPtK hatte außerdem kritisiert, dass die vorgeschriebenen Fragen und Antwortmöglichkeiten in einer zum Teil verletzenden und stigmatisierenden Sprache verfasst seien. Als Faktoren, die eine Erkrankung gefördert haben, müssten Eltern gemeinsam mit dem Psychotherapeuten zum Beispiel „abnorme Erziehungsbedingungen“ ankreuzen oder „abnorme intrafamiliäre Beziehungen“ angeben. „Solche herabwürdigenden Bezeichnungen sind für die Gespräche mit Patienten völlig ungeeignet“, stellte BPtK-Präsident Munz bereits beim G-BA-Beschluss im Juni fest.

PsychVVG soll Weichen für eine bessere Qualität stellen

BPtK-Symposium „Weiterentwicklung des Psych-Entgeltsystems“

(BPtK) Mit dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Versorgung und Vergütung psychiatrischer und psychosomatischer Leistungen (PsychVVG) hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe die seit Jahren kontrovers geführte Debatte um die Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) vorerst beendet. Nach dem PsychVVG soll es grundsätzlich bei einem Budgetsystem bleiben. Gleichzeitig sollen aber die Weichen für mehr Leistungsgerechtigkeit und Transparenz sowie eine bessere Versorgungsqualität in den Kliniken gestellt werden. Auf dem Symposium der Bundespsychotherapeutenkammer „Weiterentwicklung des Psych-Entgeltsystems“ am 23. Juni 2016 in Berlin diskutierte Bundesgesundheitsminister Gröhe seine Pläne mit der Fachöffentlichkeit.

Gemeinsam arbeiten und mehr Behandlungen anbieten

G-BA erleichtert Jobsharing und Anstellung in psychotherapeutischen Praxen

(BPtK) Psychotherapeutische Praxen können künftig ihren Patienten mehr Behandlungen dadurch anbieten, dass sie sich leichter einen Praxissitz teilen (Jobsharing) oder einen Psychotherapeuten anstellen können. Künftig können Psychotherapeuten mit diesen Mitteln die Anzahl ihrer Behandlungsstunden („Praxisumfang“) auf 125 Prozent des Durchschnitts ihrer Berufsgruppe („Fachgruppendurchschnitt“) steigern. Dadurch können zusätzliche Behandlungsplätze in der ambulanten Psychotherapie geschaffen und Wartezeiten verringert werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschloss am 16. Juni 2016 die dafür notwendige Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie.

„Dies ist vor allem eine sinnvolle Option für Psychotherapeuten, die ihre Praxen nicht voll auslasten können, aber auch für junge Kollegen, die ambulant tätig werden möchten“, erläutert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Dadurch entstehen erstmals Beschäftigungsmöglichkeiten, die tatsächlich sowohl für Praxisinhaber als auch die nächste Generation der Psychotherapeuten interessant sind.“ Bisher war der Praxisumfang bei Jobsharing und Anstellung auf die Anzahl der Behandlungsstunden begrenzt, die eine Praxis in den vergangenen vier Quartalen geleistet hat (plus drei Prozent des Fachgruppendurchschnitts).

Die neue Regelung gilt allerdings nur für Praxen, die bisher unterdurchschnittlich viele Behandlungsstunden angeboten haben. Für Praxen, die über dem Durchschnitt der Berufsgruppe liegen, besteht die bisherige Obergrenze fort. Psychotherapeuten dürfen, wenn sie sich z. B. eine Praxis teilen, nicht mehr Stunden anbieten, als der alleinige Inhaber bislang abgerechnet hat. Der neue Spielraum entsteht also ausschließlich für Praxen mit vergleichsweise wenigen Behandlungen im Vorjahr. Eine Praxis, die beispielsweise im letzten Jahr 20 Behandlungsstunden pro Woche geleistet hat, kann künftig durch Jobsharing oder Anstellung eines Psychotherapeuten ihr Angebot auf rund 30 Therapiestunden ausweiten (bei einem Durchschnitt der Berufsgruppe von circa 24 Stunden pro Woche).

„Psychotherapeuten können dadurch auch die gestiegenen Anforderungen an die psychotherapeutische Versorgung mit dem Angebot von Sprechstunden, Akutbehandlung, mehr Gruppenpsychotherapie, einem differenzierteren psychotherapeutischen Leistungsangebot und stärkere Vernetzung der psychotherapeutischen Praxis besser erfüllen“, erklärt BPtK-Präsident Munz.

Der G-BA hat damit den Auftrag des Versorgungsstärkungsgesetzes umgesetzt, den Psychotherapeuten zu ermöglichen, über Jobsharing und Anstellung mehr Behandlungsplätze anzubieten, um so die psychotherapeutische Versorgung zu verbessern.

Psychotherapeutische Sprechstunde eine positive Neuerung

Wartezeiten beim Psychotherapeuten werden erheblich verkürzt

(BPtK) Ab dem 1. April 2017 können Psychotherapeuten ihren Patienten eine Sprechstunde anbieten. „Mit der psychotherapeutischen Sprechstunde lassen sich die bisherigen monatelangen Wartezeiten auf ein erstes Gespräch beim Psychotherapeuten erheblich verringern“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, anlässlich der Änderung der Psychotherapie-Richtlinie, die heute der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen hat. „Dieser erste schnelle Kontakt zu einem Experten für psychische Erkrankungen ist eine positive Neuerung. Ratsuchende bekommen damit kurzfristig eine erste Auskunft, wodurch ihre Beschwerden bedingt sind und welche Hilfen sie dafür bekommen können.“

Als Sprechstunde müssen mindestens zwei Stunden in der Woche angeboten werden. Ein erwachsener Patient kann bis zu 6 x 25-minütige Termine erhalten – Kinder, Jugendliche und deren Eltern bis zu 10 x 25-minütige Termine. Eltern können auch ohne ihre Kinder Termine in der Sprechstunde wahrnehmen. Ein Psychotherapeut muss feste Zeiten für die Sprechstunden vorhalten und veröffentlichen. Ein Psychotherapeut kann eine Sprechstunde einrichten, muss dies aber nicht.

In der Sprechstunde erfährt der Patient: Wie sind seine psychischen Beschwerden einzuschätzen? Müssen sie behandelt werden oder reichen Selbsthilfe- und Beratungsangebote? Welche Selbsthilfe- und Beratungsangebote gibt es? Besteht eine psychische Erkrankung mit Behandlungsbedarf, wird der Patient über die Diagnose und die mögliche Behandlung (Psychotherapie, Einzel- oder Gruppenpsychotherapie, unterschiedliche psychotherapeutische Verfahren, weitere Behandlungsmöglichkeiten inklusive Psychopharmaka) informiert? Wenn möglich, erhält der Patient einen Behandlungsplatz bei dem Psychotherapeuten, in dessen Sprechstunde er war. Sonst wird versucht, ihn an einen anderen Psychotherapeuten weiterzuvermitteln. Bei fehlenden freien Behandlungsplätzen wird er auf die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen hingewiesen. Die Servicestellen müssen innerhalb von vier Wochen einen freien Behandlungsplatz bei einem Psychotherapeuten finden oder sonst eine ambulante Behandlung in einem Krankenhaus vermitteln.

Akutbehandlung Eine weitere wichtige Verbesserung ist die Möglichkeit, psychisch Kranken mit sofortigem Behandlungsbedarf unmittelbar zu helfen. Diese neue Akutbehandlung ist gedacht für Patienten, die rasch Hilfe brauchen und ohne diese möglicherweise schwerer erkranken würden, nicht mehr arbeiten könnten oder in ein Krankenhaus eingewiesen werden müssten. Diese kurzfristige Intervention besteht aus bis zu 24 Gesprächseinheiten à 25 Minuten, die sehr rasch nach der Sprechstunde beginnen können. Diese Leistungen müssen auch nicht bei der Krankenkasse beantragt werden. „Eine solche Akutbehandlung ist eine wichtige Ergänzung des bisherigen psychotherapeutischen Leistungsangebots“, sagt BPtK-Präsident Munz.

Probatorik Vor Beginn einer klassischen Einzel- oder Gruppenpsychotherapie finden auch in Zukunft probatorische Gespräche von mindestens zwei und höchstens vier Stunden statt. Diese Gespräche können Eltern eines Kindes auch alleine nutzen. Dabei sind in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen zwei zusätzliche Termine möglich. In der Probatorik planen Psychotherapeut und Patient gemeinsam die konkrete Behandlung. Der Patient erfährt, wie konkret mit dem jeweiligen psychotherapeutischen Verfahren seine psychischen Beschwerden und ihre Ursachen bearbeitet werden können. Der Psychotherapeut klärt, ob eine ausreichende Therapiemotivation besteht und ein stabiles Arbeitsbündnis mit dem Patienten aufgebaut werden kann. „Die Probatorik ist eine sensible Phase, die wesentlich über den Erfolg einer Psychotherapie mitentscheidet“, erläutert BPtK-Präsident Munz. „Der G-BA lässt hier wenig patientenindividuelle Spielräume, da er immer mindestens zwei und höchstens vier probatorische Stunden vorschreibt. Das ist eine Überregulierung im Detail, die nicht notwendig war.“

Kurzzeittherapie Schon jetzt sind rund 70 Prozent der Psychotherapien kurze Behandlungen bis zu 25 Stunden. Zukünftig muss diese Kurzzeittherapie in zwei Abschnitte à 12 Stunden unterteilt werden. Jeder Abschnitt ist antragspflichtig. Die Krankenkassen haben drei Wochen Zeit, einen Antrag auf Kurzeittherapie zu beantworten. „Dadurch entstehen neue Wartezeiten“, kritisiert der BPtK-Präsident. Die Genehmigung kann aber auch dadurch erfolgen, dass diese Frist verstreicht. „Das ist ein Schildbürgerstreich erster Klasse“, urteilt Munz. „Der G-BA schafft neue Antragsverfahren, die er aber selbst so wenig ernst nimmt, dass er gar keine Prüfung der Anträge vorschreibt, sondern eine Genehmigung dadurch erfolgt, dass sich die Krankenkassen die Antwort sparen können.“

Langzeittherapie Auch zukünftig ist es möglich, direkt nach den probatorischen Gesprächen mit einer Langzeittherapie von mehr als 24 Stunden zu beginnen. Wie bisher muss allerdings ein Gutachter prüfen, ob eine Einzel- oder Gruppenpsychotherapie notwendig und erfolgsversprechend ist. Dabei bleibt es bei den bisherigen Höchststundenzahlen, die je nach psychotherapeutischem Verfahren variieren. Bei Erwachsenen kann eine analytische Psychotherapie bis zu 160 Stunden, in besonderen Fällen bis zu maximal 300 Stunden, umfassen. Die tiefenpsychologische Therapie umfasst im ersten Schritt 60 Stunden, in besonderen Fällen kann sie auf 100 Stunden ausgedehnt werden. Wer sich für eine Verhaltenstherapie entscheidet, kann zunächst 60 Stunden lang therapeutische Unterstützung und dann noch einmal 20 Stunden erhalten.

Rezidivprophylaxe Als Abschluss einer Langzeittherapie kann künftig eine Rezidivprophylaxe durchgeführt werden, mit der ein Behandlungserfolg gesichert und einem Rückfall vorgebeugt werden soll. Dabei soll bereits im Antrag einer Langzeittherapie angegeben werden, ob und in welchem Umfang eine Rezidivprophylaxe eingesetzt werden soll. Bei Behandlungen von Erwachsenen können bis zu 8 von 60 Therapiestunden, bei Behandlungen über 60 Stunden bis zu 16 Therapiestunden als Rezidivprophylaxe verwendet werden. Bei Kindern und Jugendlichen sind dies 10 beziehungsweise 20 Therapiestunden. Die Verlängerung einer Behandlung ausschließlich zur Rezidivprophylaxe ist nicht zulässig. Die Rezidivprophylaxe kann über einen Zeitraum von zwei Jahren nach Abschluss der Behandlung durchgeführt werden.

„Der G-BA hatte eigentlich den Auftrag, für die Rezidivprophylaxe einen eigenen Leistungsbereich zu schaffen, um erneute Erkrankungen besser zu verhindern“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Dafür wäre für chronisch und schwer kranke Patienten auch ein flexibles Behandlungsangebot nach Abschluss einer Psychotherapie sinnvoll gewesen. Leider hat der G-BA diesen Auftrag nicht erfüllt. Die Beschränkung auf die Langzeittherapie ist fachlich nicht nachvollziehbar. Auch nach einer Behandlung mit bis zu 25 Stunden kann es notwendig sein, Rückfällen vorzubeugen.“

Standarddokumentation Schließlich hat der G-BA eine Standarddokumentation für die ambulante Psychotherapie eingeführt. Zu Beginn und am Ende einer Behandlung müssen von Patient und Psychotherapeut gemeinsam Fragebögen ausgefüllt werden. Dazu gehört auch die verpflichtende Verwendung von psychometrischen Testverfahren für alle Patienten. Bei Kindern und Jugendlichen wird darüber hinaus grundsätzlich die differenzierte Erfassung der Intelligenz verlangt, unabhängig davon, ob dies bei der jeweiligen psychischen Erkrankung überhaupt erforderlich ist. Diese Intelligenzmessung muss entweder als aufwendiger Test durchgeführt werden, kann aber auch als grobe Schätzung des IQ erfolgen. „Das heißt, der G-BA schreibt bei Kindern und Jugendlichen grundsätzlich einen Intelligenztest vor, auch wenn er gar nicht notwendig ist. Außerdem muss die Intelligenz dann entweder übertrieben aufwendig getestet oder fahrlässig ungenau geschätzt werden“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Dem G-BA ist völlig aus dem Blick geraten, welchen Zwecken die Standarddokumentation dienen soll.“

Die vorgeschriebenen Fragen und Antwortmöglichkeiten sind außerdem in einer zum Teil verletzenden und stigmatisierenden Sprache verfasst. Als Faktoren, die eine Erkrankung gefördert haben, müssen Eltern gemeinsam mit dem Psychotherapeuten zum Beispiel „abnorme Erziehungsbedingungen“ ankreuzen oder „abnorme intrafamiliäre Beziehungen“ angeben. „Solche herabwürdigenden Bezeichnungen sind für die Gespräche mit Patienten völlig ungeeignet“, stellt Munz fest. „Der G-BA hätte diese Dokumentationsbögen sprachlich unbedingt anpassen müssen.“

Insgesamt ist diese verpflichtende Dokumentation für alle Patienten in psychotherapeutischer Behandlung weder patienten- noch nutzenorientiert, noch evidenzbasiert. „Die Testverfahren sind zum Teil ungeeignet, um die Diagnostik psychischer Erkrankungen zu unterstützen“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Gerade bei Kindern und Jugendlichen bilden sie den Behandlungserfolg nicht ab. Die Dokumentation ermöglicht auch keine Sicherung der Behandlungsqualität.“ Dabei hat der G-BA Qualitätssicherungskonzepte ignoriert, die er selbst 2014 in Auftrag gegeben hat.

Keine Beschränkung der Personalstandards auf einzelne Patientengruppen

BPtK-Forderungen zur Weiterentwicklung des Psych-Entgeltsystems

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, dass bei der Weiterentwicklung des Psych-Entgeltsystems Personalstandards für alle Patientengruppen in den psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern und Abteilungen festgelegt werden. Dies sollte im gesetzlichen Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eindeutig formuliert werden, so die BPtK in ihrer Stellungnahme zu den Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).

Die Formulierung in den BMG-Eckpunkten, dass die Personalanforderungen zunächst bei den Indikationen definiert werden sollen, für die es bereits S3-Leitlinien gibt, ist missverständlich. Die Mindestanforderungen an das Personal in den psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken sollten nicht nur für einen Teil der Indikationen und Diagnosegruppen festgelegt werden. Ansonsten sind unerwünschte Personalverschiebungen zulasten von Patientengruppen zu erwarten, die von den Anforderungen an die Strukturqualität nicht erfasst werden.

Zwar sind die meisten evidenzbasierten Leitlinien diagnosebezogen formuliert. Daneben haben aber weitere Patientenmerkmale wesentlichen Einfluss auf den konkreten Behandlungs- und den daraus resultierenden Personalbedarf. Dazu gehören: Akuität der Erkrankung, komorbide psychische und körperliche Erkrankungen oder aus der Erkrankung resultierende psychosoziale Beeinträchtigungen.

Weitere Forderungen der BPtK für die gesetzliche Umsetzung der Eckpunkte betreffen die Finanzierung verbindlicher Personalanforderungen und die Überprüfung ihrer Einhaltung sowie gesetzliche Vorgaben für eine sachgerechte Weiterentwicklung der Leistungsdokumentation über den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS).

BPtK kritisiert DMP Diabetes mellitus Typ 2

G-BA vernachlässigt psychosoziale Einflussfaktoren

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat das Disease-Management-Programm (DMP) für Diabetes mellitus Typ 2 nicht fachgerecht aktualisiert. Er erkennt zwar grundsätzlich die Bedeutung psychischer Erkrankungen für den Krankheitsverlauf und den Behandlungserfolg der Stoffwechselerkrankung an. Es fehlen aber die bei einem DMP sonst klaren Vorgaben über Therapieziele, Behandlungsabläufe und Qualitätsziele.

Während bei körperlichen Symptomen und Folgeerkrankungen, wie Unter- und Überzuckerung oder dem diabetischen Fuß, genaue Therapieziele, Überweisungsroutinen und Qualitätsziele vereinbart werden, fehlen diese konkreten Vorgaben für psychische Erkrankungen. Die Verringerung des Risikos, psychisch zu erkranken, wird nicht explizit als DMP-Therapieziel genannt. Weiterhin wird nicht klargestellt, dass der Arzt den Patienten an einen Psychotherapeuten oder einen entsprechend qualifizierten Facharzt überweisen muss, wenn er unter einer psychischen Erkrankung leidet oder der Verdacht darauf besteht. Problematisch ist weiterhin, dass die Qualitätsziele des Behandlungsprogramms keine psychosozialen Erfolgsparameter enthalten. Diese könnten beispielsweise ein hoher Anteil von psychisch kranken Patienten sein, die eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung erhalten.

Bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 ist das Risiko, an einer psychischen Erkrankung – vor allem an einer Depression – zu leiden, erhöht. Psychosoziale Belastungsfaktoren und psychische Krankheiten haben einen wesentlichen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf sowie die Lebensqualität von Menschen, die unter Diabetes mellitus leiden.

Verbindliche Personalstandards für Psychiatrie und Psychosomatik

BMG legt Eckpunkte zur Weiterentwicklung des PEPP vor

(BPtK) Die Behandlung in psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern sowie Fachabteilungen soll sich zukünftig an Leitlinien orientieren. Die dafür notwendige Mindestausstattung an Personal soll verbindlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorgegeben werden. Das geht aus den Eckpunkten hervor, die das Bundesministerium für Gesundheit zur Weiterentwicklung des Psych-Entgeltsystems vorgelegt hat.

Damit ist eine wesentliche Forderung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) erfüllt. „Die Behandlung von psychisch kranken Menschen erfordert vor allem personelle und zeitliche Ressourcen. Mit den jetzt konsentierten Eckpunkten besteht die Chance, die Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik zu verbessern“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Dem Anreiz Personal zulasten der Behandlungsqualität abzubauen, wird damit endlich entgegengewirkt.“

Die Eckpunkte sehen vor, dass die Krankenhäuser wie bisher krankenhausindividuelle Budgets verhandeln können, allerdings nicht mehr auf der Basis ihres Personaltableaus, sondern auf der Basis ihrer Leistungen. Die Leistungen sollen dafür mittels des PEPP abgebildet werden, d. h. es werden bundeseinheitliche Bewertungsrelationen auf empirischer Grundlage errechnet. Perspektivisch erfolgt die Kalkulation der Leistungen insbesondere auf den Qualitätsvorgaben, die der G-BA festlegt, da nur solche Einrichtungen an der Kalkulation künftig teilnehmen sollen, die die Vorgaben des G-BA erfüllen. Ferner soll ein bundesweiter Krankenhausvergleich etabliert werden, der als Orientierung für die Budgetverhandlungen vor Ort genutzt werden soll. Die Konvergenz zu landeseinheitlichen Basisfallwerten entfällt. Die Krankenhäuser können außerdem vor Ort Zuschläge auf ihr Budget aushandeln, die regionale Bedingungen und hausindividuelle Besonderheiten (z. B. regionale Versorgungsverpflichtung) berücksichtigen.

Die Budgetverhandlungen setzten auf den bisherigen Budgets der Krankenhäuser auf. Damit gehören die Krankenhäuser zu den Gewinnern, die in der Vergangenheit hohe Budgets vereinbaren konnten. „Krankenhäuser mit bisher eher geringen Budgets werden auch weiterhin Schwierigkeiten haben, ausreichend Mittel zu verhandeln, die sie für eine leitlinienorientierte Versorgung der Patienten benötigen“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. Die Eckpunkte bieten auch bei der sektorenübergreifenden Weiterentwicklung der Versorgung psychisch kranker Menschen keine ausreichenden Lösungen. Der ambulante Sektor ist weiterhin nicht ausreichend einbezogen. Die Einführung von Home-Treatment als psychiatrisch-psychotherapeutische Akutbehandlung im häuslichen Umfeld ist letztlich eine einseitige Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Hier besteht weiterhin Handlungsbedarf.

Die Eckpunkte sollen noch in diesem Jahr gesetzlich umgesetzt werden. Für alle Krankenhäuser soll der Umstieg ab 1. Januar 2017 auf das neue Entgeltsystem verpflichtend werden.

Mehr Psychotherapie in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung

G-BA beschließt Gruppenpsychotherapie für alle Indikationen

(BPtK) Zukünftig können Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) psychotherapeutische Gruppengespräche im notwendigen Umfang erbringen. Bisher war dies den Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie sowie den Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vorbehalten. Damit vereinheitlicht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Voraussetzungen zur psychotherapeutischen Leistungserbringung. Dies war eine wesentliche Forderung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).

Der Beschluss des G-BA vom 17. Dezember 2015 gilt für alle ASV-Indikationen, die bisher verabschiedet wurden, d. h. für gastrointestinale, gynäkologische und Tumore der Bauchhöhle, Marfan-Syndrom (genetisch bedingte Bindegewebserkrankung) sowie pulmonale Hypertonie (Erhöhung des Gefäßwiderstandes und damit des Blutdruckes im Lungenkreislauf). Welche Leistungen in der ASV erbracht werden können, wird im jeweiligen indikationsbezogenen Appendix bestimmt. Zur Leistungsbeschreibung werden die entsprechenden Ziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) ausgewählt. Für Leistungen, die im EBM nicht abgebildet sind, können zusätzliche Leistungen, die nur im Rahmen der ASV erbracht werden können, vom G-BA beschlossen werden. Psychotherapeutische Gespräche als Einzelbehandlung und als Gruppenbehandlung in jeweils notwendigem Umfang können nun bei allen Indikationen von Psychotherapeuten in der ASV durchgeführt werden. Der Beschluss wird bei Nichtbeanstandung durch das Bundesgesundheitsministerium demnächst in Kraft treten.

G-BA streicht Behandlungen für schwer abhängige Raucher

Empfehlungen der S3-Leitlinie zur Tabakabhängigkeit missachtet

(BPtK) Schwer kranke Raucher haben zukünftig keinen Anspruch mehr auf eine nachweislich wirksame Suchtbehandlung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) strich am 15. Oktober 2015 die psychotherapeutische Behandlung von schwer kranken Rauchern aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.

„Das ist eine versorgungspolitische Fehlentscheidung“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Die aktuelle S3-Leitlinie zum schädlichen und abhängigen Tabakkonsum empfiehlt mit der höchsten Empfehlungsstärke eine verhaltenstherapeutische Behandlung von Rauchern. Gerade für schwer abhängige Raucher mit schweren körperlichen Erkrankungen, wie zum Beispiel onkologischen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, muss es deshalb weiter ein kassenfinanziertes Behandlungsangebot geben.“

Im Jahr 2011 hatte der G-BA noch völlig anders entschieden. Damals stellte er fest, dass der schädliche Gebrauch und die Abhängigkeit von Tabak als Teil der „psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ eine Indikation zur Anwendung von Psychotherapie seien. Schwer abhängige Raucher, die alleine nicht von der Sucht loskommen, konnten damit ein evidenzbasiertes ambulantes Behandlungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Der G-BA bezeichnet diese fachlich richtige Entscheidung heute als ein redaktionelles Versehen, das mit dem aktuellen Beschluss korrigiert werde. Damit übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung zukünftig weder psychotherapeutische Behandlungen noch niederschwellige Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung für schwer abhängige Raucher.

Circa 13 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland erfüllt die diagnostischen Kriterien für eine Tabakabhängigkeit. Tabakabhängigkeit zählt zu den psychischen Erkrankungen mit dem höchsten somatischen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Jährlich sterben rund 140.000 Menschen an den Folgen eines langjährigen Tabakkonsums. Jahrelanges Rauchen verkürzt das Leben um durchschnittlich zehn Jahre.