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Weiterhin viel zu wenig Psychotherapeuten im Ruhrgebiet

Krankenkassen und Kassenärzte verweigern sachgerechte Reform

(BPtK) Das Ruhrgebiet bleibt auch zukünftig psychotherapeutisch massiv unterversorgt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute entschieden, dass künftig nur 85 statt der mindestens 700 notwendigen Psychotherapeuten zusätzlich zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen werden. Damit haben die Menschen zwischen Duisburg und Dortmund eine erheblich geringere Chance als in anderen großstädtischen Regionen behandelt zu werden, wenn sie psychisch erkranken.

Während es im Rheinland 41,0 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner gibt und im Rhein-Main-Gebiet 43,1, sind es im Ruhrgebiet nur 20,1. Psychisch kranke Menschen warten deshalb im Ruhrgebiet durchschnittlich 8 Monate auf eine psychotherapeutische Behandlung, 2 Monate länger als im Bundesdurchschnitt. Der G-BA hält sich damit nicht einmal an ein Gutachten, das er selbst in Auftrag gegeben hat. Nach dem IGES-Gutachten sind rund 550 zusätzliche Sitze erforderlich, damit im Ruhrgebiet genauso viele Menschen psychotherapeutisch versorgt werden können wie in anderen großstädtischen Regionen.

„Die beiden großen Organisation im G-BA, die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen, sind offensichtlich nicht bereit, sachgerechte Entscheidungen zu treffen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Sie brauchen dringend einen Weckruf des Gesetzgebers, damit sie sich an ihre verpflichtenden Aufgaben erinnern. In den Koalitionsvertrag gehört deshalb auch eine Reform der Bedarfsplanung, die dem G-BA keinen Spielraum mehr lässt, eine echte Reform zu torpedieren.“

Der Gesetzgeber hatte den G-BA beauftragt, bis Ende 2016 das Problem der unzureichenden ambulanten psychotherapeutischen Versorgung zu lösen. Der G-BA hat diesen Auftrag nicht erfüllt und nach Fristende nur ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Versagen ist nicht dem G-BA als Organisation anzulasten, sondern seinen für den Bereich Bedarfsplanung zuständigen Trägerorganisationen. Der GKV-Spitzenverband agiert bis heute in der ambulanten Versorgung psychisch kranker Menschen mit nachgewiesen falschen Annahmen und spricht in Verkennung der Realität von „Überversorgung“. Er betreibt kurzsichtige Kostendämpfung auf dem Rücken seiner Versicherten. Aber auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenärztlichen Vereinigungen sind nicht bereit, für eine ausreichende Versorgung psychisch kranker Menschen zu sorgen. Sie haben zwar die Aufgabe, die ambulante Versorgung sicherzustellen, interpretieren sie aber weitgehend honorarpolitisch. Obwohl Psychotherapeuten in großen Teilen extrabudgetär vergütet werden, fürchten die Kassenärztlichen Vereinigungen, dass für niedergelassene Ärzte der anderen Facharztgruppen geringere Einkommenszuwächse verhandelbar sind, wenn sie dringend benötigte psychotherapeutische Praxen zulassen. „Die versorgungspolitische Ignoranz der Krankenkassen und die Dominanz ärztlicher Honorarinteressen in den Kassenärztlichen Vereinigungen verhindern seit Jahren die dringende Reform der ambulanten Versorgung psychisch kranker Menschen“, kritisiert BPtK-Präsident Munz.

Der Gesetzgeber sollte es nicht hinnehmen, dass seine Aufträge aus dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz von 2015 jahrelang nicht erledigt werden. Er sollte deshalb den G-BA noch für 2018 mit einer Reform der Bedarfsplanung für die am stärksten unterversorgten ländlichen Gebiete und das Ruhrgebiet beauftragen. Er sollte dabei den Spielraum des G-BA bei der Umsetzung der Vorgabe auf nahezu Null reduzieren. Außerdem sollte er sicherstellen, dass der G-BA den bestehenden Auftrag umsetzt, regional die Morbiditäts- und Sozialstruktur zu berücksichtigen. „Ohne, dass der Gesetzgeber den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen eindeutig die Richtung weist, wird es keine bessere Versorgung für psychisch kranke Menschen geben“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Mittelfristig ist darüber nachzudenken, wie die für den gesamten ärztlichen Bereich dringend notwendige Differenzierung der ambulanten Versorgung finanziert werden soll. Auch hier ist der Gesetzgeber in dieser Legislaturperiode gefordert.“

G-BA: Demografiefaktor ohne Überprüfung unbefristet weiter gültig

BPtK: G-BA benachteiligt ältere Menschen auf dem Land

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat gestern entschieden, den Demografiefaktor unbefristet und für alle Arztgruppen weiter zur Berechnung der notwendigen Anzahl von Praxissitzen einzusetzen. „Damit kommt der G-BA erneut einer ihm gestellten Aufgabe nicht nach“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Der G-BA hatte sich 2012 selbst verpflichtet, den Demografiefaktor innerhalb von 5 Jahren daraufhin zu überprüfen, bei welcher Arztgruppe er sinnvoll ist und deshalb fortgeführt werden kann. „Diese Prüfung hat jetzt gar nicht stattgefunden“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Ohne eine sachliche Begründung benachteiligt der G-BA damit weiterhin ländliche Regionen mit vielen älteren Menschen, in denen ohnehin schon viele psychotherapeutische Praxen fehlen.“

Der G-BA verschiebt damit dringend notwendige Korrekturen an der psychotherapeutischen Bedarfsplanung. Er hatte bereits den gesetzlichen Auftrag, bis Ende 2016 die Bedarfsplanung grundlegend zu überarbeiten und insbesondere für die unzureichende psychotherapeutische Versorgung eine angemessene Lösung zu finden. Schon diesen Auftrag hat der G-BA nicht erledigt. Stattdessen hat er erst Anfang 2017 ein Gutachten in Auftrag gegeben, mit dessen Ergebnissen frühestens im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen ist. „Beim Demografiefaktor ist der G-BA bereits an der Differenzierung zwischen den Arztgruppen gescheitert“, kritisiert Munz.

Aktuelle Daten des Robert Koch-Instituts zeigen eindeutig, dass der Demografiefaktor in der psychotherapeutischen Versorgung ungeeignet ist, Unterschiede in der Morbidität der Bevölkerung abzubilden. Die Häufigkeit psychischer Erkrankungen bei den Über-65-Jährigen fällt nur um den Faktor 1,5 geringer aus als bei den Unter-65-Jährigen. Der Demografiefaktor setzt jedoch den psychotherapeutischen Behandlungsbedarf bei älteren Menschen mit einem Bedarf an, der um den Faktor 7,4 niedriger liegt. Der Demografiefaktor führt jetzt jedoch weiterhin dazu, dass für die Über-65-Jährigen nur 13,5 Prozent des Behandlungsbedarfs angenommen wird wie für die Unter-65-Jährigen. Die BPtK hatte gefordert, den Demografiefaktor für die Arztgruppe der Psychotherapeuten aufzuheben.

Wirksamkeit der Systemischen Therapie in mehreren Störungsbereichen

IQWiG legt Abschlussbericht vor

(BPtK) Die Wirksamkeit der Systemischen Therapie kann für eine Reihe von Störungsbereichen gezeigt werden. Das ist das Ergebnis eines Abschlussberichts, den das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) am 24. Juli 2017 veröffentlicht hat. Der Bericht bewertet den Nutzen der Systemischen Therapie bei Erwachsenen. Danach liegen „Hinweise“ und „Anhaltspunkte“ auf den Nutzen insbesondere bei den besonders versorgungsrelevanten Indikationen vor, die für eine Anerkennung der Systemischen Therapie als neues Psychotherapieverfahren erforderlich sind. Der Bericht unterscheidet bei der Bewertung von Studienergebnissen die Kategorien „kein Anhaltspunkt“, „Anhaltspunkt“, „Hinweis“ und „Beleg“.

Das IQWiG fand Hinweise auf den Nutzen bei Angst- und Zwangsstörungen und Anhaltspunkte für den Nutzen bei affektiven Störungen. Dieser Nachweis ist erforderlich, damit ein Psychotherapieverfahren in der vertragsärztlichen Versorgung angewendet werden kann. Darüber hinaus fand das IQWiG auch Hinweise für einen Nutzen bei Schizophrenie und Anhaltspunkte für den Nutzen bei Substanzkonsumstörungen, Essstörungen und körperlichen Erkrankungen und gemischten Störungen.

Vergleicht man den IQWiG-Abschlussbericht mit dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie aus dem Jahr 2006, so ergibt sich insgesamt ein vergleichbares Bild. Das IQWiG fand aufgrund der verbesserten Studienlage zusätzlich einen Hinweis auf den Nutzen bei Angststörungen. Kritisch wird im Bericht angemerkt, dass die geprüften Studien keine verwertbaren Daten zu unerwünschten Ereignissen enthalten.

In den berücksichtigten Studien würden zwar mögliche Verschlechterungen oder das Fortdauern von Symptomen abgebildet. Auch könnten potenziell negative Auswirkungen der Therapie auf den Arbeits-, Familien- oder sozialen Kontext eines Patienten abgeschätzt werden. Dagegen fehlten in den Studien Angaben zu unerwarteten Ereignissen. Dennoch zieht das IQWiG insgesamt den Schluss, dass wegen der fehlenden Informationen zu unerwarteten Ereignissen keine Gesamtabwägung zu Nutzen und Schaden möglich sei.

Die Nutzenbewertung der Systemischen Therapie erfolgte im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Nach Abgabe des Abschlussberichts des IQWiG kommt nun dem G-BA die Aufgabe zu, auf Basis dieser Nutzenbewertung unter zusätzlicher Berücksichtigung der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit über die sozialrechtliche Zulassung der Systemischen Therapie zu entscheiden.

Neue Befugnisse für Psychotherapeuten

Richtlinien seit Juni in Kraft getreten

(BPtK) Psychotherapeuten können die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen künftig umfassender koordinieren. Sie können seit Juni Krankenfahrten und Krankentransport sowie Soziotherapie und medizinische Rehabilitation verordnen und Patienten wegen ihrer psychischen Erkrankung zur stationären Behandlung ins Krankenhaus einweisen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte die erforderlichen Richtlinienänderungen am 16. März dieses Jahres beschlossen. Nachdem das Bundesgesundheitsministerium diese Änderungen nicht beanstandet hat, sind sie seit Anfang Juni in Kraft.

Für die Verordnung von Soziotherapie und medizinischer Rehabilitation muss allerdings noch der Einheitliche Bewertungsmaßstab angepasst werden. Diese Anpassungen hat der Bewertungsausschuss spätestens bis Dezember 2017 zu beschließen. Dies betrifft bei der Soziotherapie die Abrechnungsbestimmungen der Gebührenordnungspositionen (GOP) 30810 „Erstverordnung Soziotherapie“ und 30811 „Folgeverordnung Soziotherapie“. Bei der Verordnung von medizinischer Rehabilitation ist eine Änderung der Präambel des Kapitels 23 erforderlich, damit Psychotherapeuten die GOP 01611 „Verordnung medizinische Rehabilitation“ zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen können.

Für die Verordnung von medizinischer Rehabilitation ist seit April 2016 keine gesonderte Abrechnungsgenehmigung mehr erforderlich. Dagegen müssen Psychotherapeuten für die Verordnung von Soziotherapie bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung einen „Antrag auf Abrechnungsgenehmigung zur Verordnung von Soziotherapie“ stellen. Dabei müssen sie unter anderem die kooperierenden Einrichtungen (gemeindepsychiatrischer Verbund oder vergleichbare Versorgungsstrukturen) angeben.

Nach der Bundestagswahl: Reform der Ausbildung und der Bedarfsplanung umsetzen

30. Deutscher Psychotherapeutentag in Hannover

(BPtK) Der 30. Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) vom 12. bis 13. Mai in Hannover sprach sich mit überwältigender Mehrheit für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung aus. In mehr als zweijähriger Arbeit hatten Experten aus den Reihen der Psychotherapeuten gemeinsam mit dem Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und den Präsidentinnen und Präsidenten der Landespsychotherapeutenkammern ein Konzept erarbeitet, das in großer Detailtiefe die künftigen Inhalte, Strukturen und die Finanzierung der psychotherapeutischen Aus- und Weiterbildung beschreibt. Die Reform der Psychotherapeutenausbildung gehört zu den wichtigsten Forderungen der Profession für die nächste Legislaturperiode. Als weitere zentrale Forderung wurde intensiv die notwendige Reform der Bedarfsplanung für den Bereich der Psychotherapie diskutiert.

Sozialwahlen sind Teil unserer Demokratie: Machen Sie mit!

(LPK BW) In diesen Tagen beginnen bei den gesetzlichen Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung die Sozialwahlen. Viele von Ihnen haben ebenso wie alle anderen Mitbürger, die Mitglied also Versicherte/r einer gesetzlichen Kranken- oder Rentenversicherung sind, die Informationen darüber erhalten und auch die Bitte mitzumachen. Wir möchten das gerne bekräftigen. Auch wenn das Konzept der Sozialwahlen und ihre Funktion den meisten Menschen nicht wirklich vertraut sind: Sie sind dennoch wichtig! Krankenkassen und Rentenversicherungen sind genauso wie die gesetzlichen Unfallversicherungsträger selbstverwaltete Körperschaften öffentlichen Rechts. Die Versicherten wählen alle sechs Jahre die Vertreterversammlung bzw. den Verwaltungsrat und diese/r wählt den Vorstand. Und der Vorstand bestimmt die Politik der jeweiligen Krankenkasse (oder der Rentenversicherung)! Deshalb ist es wichtig, wenn man kann, mitzureden und damit auch die Richtung der Politik mitzubestimmen. Natürlich sind die Spielräume gesetzlich begrenzt, aber es gibt sie, diese Spielräume. Die meisten von uns wissen Beispiele, dass unterschiedliche Kassen zu den gleichen Sachverhalten unterschiedliche Entscheidungen treffen. Oder dass Kassen auch entscheidenden Einfluss nehmen auf die Beratungen im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), wo es u.a. um die Psychotherapierichtlinie und demnächst auch um die Stellenplanvorgaben für die stationäre Psychiatrie/Psychosomatik geht. Oder auch im (erweiterten) Bewertungsausschuss, wo die Honorare für die ambulante Psychotherapie verhandelt werden – in beiden Gremien haben die Kassen bzw. der GKV-Spitzenverband genauso viele Stimmen wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung!

Aber wen soll man wählen, welche Wahlempfehlung kann man geben (auch Angehörigen und Freunden)? Mit den Informationen zu den Sozialwahlen haben Sie Hinweise zu den Wahlprogrammen erhalten, die Sie im Internet finden und nachlesen können. Die Wahlprogramme der Listen sind auf den ersten Blick sehr ähnlich, da die Programme zumeist so allgemein formuliert sind, dass man nicht genau absehen kann, welche konkreten Positionen bei den einzelnen Themen verfolgt werden. Ohne nun einseitig Einfluss nehmen zu wollen, darf man vielleicht so viel sagen: Es gibt bei den meisten Kassen und Rentenversicherungen zwei Gruppen von Listen, einerseits diverse „Versicherten- und Mitarbeitergemeinschaften/listen“, andererseits gewerkschaftsnahe Listen. Und während die einen eher die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Kasse im Blick haben, darf man bei gewerkschaftsnahen Listen eher eine allgemeinere gesellschaftliche Orientierung/Positionierung annehmen, die insbesondere auch die Beschäftigtensituation im Gesundheitswesen im Blick hat und die Qualität der Gesundheitsversorgung. Letztlich sollte sich natürlich jede Wählerin und jeder Wähler selbst eine Meinung bilden und: WÄHLEN – BITTE!

BPtK fordert mehr Honorargerechtigkeit

Offener Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat in einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe mehr Honorargerechtigkeit für psychotherapeutische Leistungen gefordert. Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 29. März 2017 zur Vergütung hat in der der deutschen Psychotherapeutenschaft für erhebliche Empörung gesorgt. Die falsche Einschätzung der neuen psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung ist für viele Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ein weiterer Beleg für die strukturelle Unterbewertung ihrer Leistungen.

Die BPtK sieht deshalb politischen Handlungsbedarf, damit Psychotherapeuten zukünftig angemessen honoriert werden. „Wir benötigen präzisere gesetzliche Regelungen“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Der Bewertungsausschuss muss eindeutige Vorgaben bekommen, wann und nach welchen Kriterien er die Entwicklung der psychotherapeutischen Honorare überprüfen und anpassen muss.“

Psychotherapeutische Leistungen sind strukturell unterbewertet. Mit ihren Gesprächsleistungen können psychotherapeutische Praxen nicht annähernd die gleiche angemessene Vergütung wie ärztlichen Praxen erzielen. Eine psychotherapeutische Praxis erwirtschaftet rund 71.500 Euro pro Jahr, eine fachärztliche Praxis dagegen ein Jahreseinkommen von rund 141.500 Euro.

Für diese weit unterdurchschnittliche Honorierung erbringen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten hochqualifizierte und intensive Arbeit. Die Vergütung der Gesprächsleistungen ist an den zeitlichen Einsatz von 50 Minuten gebunden. „Diagnostische und therapeutische Arbeit unmittelbar mit dem Patienten, die sich nicht verkürzen lässt, wird im deutschen Gesundheitssystem außerordentlich schlecht vergütet“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Mit Apparatemedizin lässt sich ein Vielfaches an Einkommen erzielen. Das ist grundsätzlich falsch.“

Die BPtK stellt auch irreführende Aussagen der gesetzlichen Krankenversicherung über die Arbeitszeiten von niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten richtig. Eine psychotherapeutische Praxis leistet durchschnittlich 45 Wochenarbeitsstunden. Hiervon entfallen 27 Stunden auf die unmittelbare Patientenbehandlung, knapp 10 Stunden auf psychotherapeutische Tätigkeiten ohne unmittelbaren Patientenkontakt und 8 Stunden auf Praxismanagement und Fortbildung.

Die BPtK fordert auch vom Bundesgesundheitsministerium eine formelle Beanstandung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses. Die Berechnung der Strukturzuschläge für das Praxispersonal ist aus Sicht der BPtK eindeutig rechtswidrig. In dieser Berechnung fehlen die probatorischen Sitzungen und die Gesprächsziffern. In seinem Urteil vom März dieses Jahres hat das Sozialgericht Marburg festgestellt, dass die seit 2012 geltenden Strukturzuschläge nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts entsprechen.

Mehr Befugnisse für Psychotherapeuten

Gemeinsamer Bundesausschuss hebt Einschränkungen auf

(BPtK) Psychotherapeuten können zukünftig insbesondere schwer psychisch kranke Menschen umfassender versorgen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat dazu heute beschlossen, dass Psychotherapeuten künftig auch in ein Krankenhaus einweisen und den dafür notwendigen Krankentransport verordnen können. Außerdem können sie Soziotherapie und medizinische Rehabilitation verordnen.

„Ein Psychotherapeut muss dafür sorgen können, dass Patienten zum Beispiel bei Suchterkrankungen oder bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung auf direktem Weg auch eine stationäre Behandlung erhalten“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die bisherige Regelung gefährdete eine unmittelbar notwendige Behandlung.“ Vielen schwer psychisch Kranken sei es außerdem erst mit soziotherapeutischer Unterstützung möglich, sich ambulant psychotherapeutisch behandeln zu lassen oder weitere erforderliche medizinische Behandlungen zu erhalten. Durch Soziotherapie lassen sich Krankenhausaufenthalte vermeiden oder verkürzen und hohe stationäre Behandlungskosten verringern. „Dass auch Psychotherapeuten Soziotherapie verordnen können, stärkt ihre Rolle in der Versorgung von schwer psychisch Kranken“, stellte BPtK-Präsident Munz fest.

Die Änderungen der vier G-BA-Richtlinien treten in Kraft, nachdem sie vom Bundesgesundheitsministerium rechtlich geprüft und nicht beanstandet wurden. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz hatten Psychotherapeuten im Juli 2015 die Befugnisse erhalten, Soziotherapie, medizinische Rehabilitation und Krankentransporte zu verordnen und ins Krankenhaus einzuweisen. Zugleich war der G-BA beauftragt worden, die Details der Verordnungsbefugnisse in seinen Richtlinien zu regeln.

Anstellung bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

G-BA beschließt Einschränkung

(BPtK) Zukünftig kann ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut einen Psychologischen Psychotherapeuten nur dann anstellen, wenn sich dieser verpflichtet, nur Kinder- und Jugendliche zu behandeln. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute beschlossen. Die Einschränkung gilt für alle Planungsbereiche, in denen Zulassungsbeschränkungen bestehen, und damit so gut wie bundesweit. Die Bundespsychotherapeutenkammer hatte sich in einer Stellungnahme gegen diese Beschränkung ausgesprochen.

Daneben beschloss der G-BA, die Kassenärztlichen Vereinigungen zu verpflichten, die Bedarfsplanungsblätter einmal im Jahr dem zuständigen Landesausschuss vorzulegen. Bisher wurde das bundesweit unterschiedlich gehandhabt. Die Bedarfsplanungsblätter enthalten unter anderem Angaben zum Versorgungsgrad. Auf dieser Grundlage treffen die Landesausschüsse Beschlüsse dazu, wo sich noch Ärzte und Psychotherapeuten niederlassen können.

G-BA: Sprechstunde ist von Psychotherapeuten anzubieten

Zukünftig fester Bestandteil der psychotherapeutischen Versorgung

(BPtK) Ab dem 1. April 2017 ist von Psychotherapeuten grundsätzlich eine Sprechstunde anzubieten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschloss dazu am 24. November 2016 eine entsprechende Änderung der Psychotherapie-Richtlinie. „Die Sprechstunde ist zukünftig fester Bestandteil der psychotherapeutischen Versorgung“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, fest.

Psychotherapeuten mit einem ganzen Praxissitz haben zukünftig Sprechstundentermine von in der Regel mindestens 100 Minuten pro Woche anzubieten. Bei Psychotherapeuten mit einem halben Praxissitz sind es mindestens 50 Minuten. Diese Verpflichtung gilt für alle Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie Fachärzte, die über eine Abrechnungsgenehmigung für eine Richtlinienpsychotherapie verfügen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können jedoch mehr oder weniger Sprechstundenzeiten vorschreiben, wenn dies zur Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrags notwendig ist.

Der G-BA setzte damit eine Auflage des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) um. Nach Auffassung des BMG ist die neue Sprechstunde ein wesentlicher Teil des Versorgungsauftrags und gehört deshalb zu den Pflichten jedes Vertragspsychotherapeuten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssten daher auch in der Lage sein, ihrem Sicherstellungsauftrag nachkommen zu können. Dies sei jedoch nicht gewährleistet, wenn die Sprechstunde in der Psychotherapie-Richtlinie ein ausschließlich freiwilliges Angebot würde. Das BMG hatte deshalb im September dieses Jahres die Genehmigung des G-BA-Beschlusses zur Änderung der Psychotherapie-Richtlinie davon abhängig gemacht, dass der G-BA seinen Beschluss bis zum 30. November 2016 korrigiert.

Der G-BA beschloss ferner, auf die Einführung einer Standarddokumentation für alle Patienten in einer Richtlinienpsychotherapie zu verzichten. Stattdessen wurde dem Unterausschuss Qualitätssicherung die Aufgabe übertragen, einen Auftrag an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) zur Entwicklung eines einrichtungsvergleichenden Qualitätssicherungsverfahrens in der ambulanten Psychotherapie vorzubereiten. Diese Änderung seines früheren Beschlusses erfolgte aufgrund der Beanstandung des BMG, das dabei der Kritik der BPtK und der Patientenvertretung gefolgt war.

Schließlich hat der G-BA eine Übergangsregelung zur psychotherapeutischen Sprechstunde beschlossen. Versicherte müssen erst ab dem 1. April 2018 in einer Sprechstunde gewesen sein, bevor sie weitere psychotherapeutische Behandlungen (Probatorik, Akutsprechstunde, Richtlinienpsychotherapie) erhalten können. Von dieser Pflicht sind allerdings grundsätzlich Patienten ausgenommen, die nach einer stationären Krankenhausbehandlung oder einer rehabilitativen Behandlung mit einer Diagnose aus dem Indikationsspektrum der Psychotherapie-Richtlinie entlassen werden. Auch Patienten, bei denen zuvor bei einem anderen Psychotherapeuten oder Facharzt im Rahmen einer psychotherapeutischen Sprechstunde die Indikation für eine ambulante Psychotherapie gestellt worden ist, müssen von dem weiterbehandelnden Psychotherapeuten nicht erst erneut in der Sprechstunde gesehen werden.

Schließlich hat der G-BA die Zeit einheitlich festgelegt, in der psychotherapeutische Praxen telefonisch erreichbar sein müssen. Künftig müssen Psychotherapeuten mit einem ganzen Praxissitz persönlich oder über Praxispersonal mindestens 200 Minuten pro Woche telefonisch erreichbar sein. Bei Psychotherapeuten mit einem halben Praxissitz sind es zukünftig 100 Minuten. Diese Zeiten der telefonischen Erreichbarkeit sind den Kassenärztlichen Vereinigungen mitzuteilen und zu veröffentlichen.