Weiterhin viel zu wenig Psychotherapeuten im Ruhrgebiet

Krankenkassen und Kassenärzte verweigern sachgerechte Reform

(BPtK) Das Ruhrgebiet bleibt auch zukünftig psychotherapeutisch massiv unterversorgt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute entschieden, dass künftig nur 85 statt der mindestens 700 notwendigen Psychotherapeuten zusätzlich zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen werden. Damit haben die Menschen zwischen Duisburg und Dortmund eine erheblich geringere Chance als in anderen großstädtischen Regionen behandelt zu werden, wenn sie psychisch erkranken.

Während es im Rheinland 41,0 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner gibt und im Rhein-Main-Gebiet 43,1, sind es im Ruhrgebiet nur 20,1. Psychisch kranke Menschen warten deshalb im Ruhrgebiet durchschnittlich 8 Monate auf eine psychotherapeutische Behandlung, 2 Monate länger als im Bundesdurchschnitt. Der G-BA hält sich damit nicht einmal an ein Gutachten, das er selbst in Auftrag gegeben hat. Nach dem IGES-Gutachten sind rund 550 zusätzliche Sitze erforderlich, damit im Ruhrgebiet genauso viele Menschen psychotherapeutisch versorgt werden können wie in anderen großstädtischen Regionen.

„Die beiden großen Organisation im G-BA, die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen, sind offensichtlich nicht bereit, sachgerechte Entscheidungen zu treffen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Sie brauchen dringend einen Weckruf des Gesetzgebers, damit sie sich an ihre verpflichtenden Aufgaben erinnern. In den Koalitionsvertrag gehört deshalb auch eine Reform der Bedarfsplanung, die dem G-BA keinen Spielraum mehr lässt, eine echte Reform zu torpedieren.“

Der Gesetzgeber hatte den G-BA beauftragt, bis Ende 2016 das Problem der unzureichenden ambulanten psychotherapeutischen Versorgung zu lösen. Der G-BA hat diesen Auftrag nicht erfüllt und nach Fristende nur ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Versagen ist nicht dem G-BA als Organisation anzulasten, sondern seinen für den Bereich Bedarfsplanung zuständigen Trägerorganisationen. Der GKV-Spitzenverband agiert bis heute in der ambulanten Versorgung psychisch kranker Menschen mit nachgewiesen falschen Annahmen und spricht in Verkennung der Realität von „Überversorgung“. Er betreibt kurzsichtige Kostendämpfung auf dem Rücken seiner Versicherten. Aber auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenärztlichen Vereinigungen sind nicht bereit, für eine ausreichende Versorgung psychisch kranker Menschen zu sorgen. Sie haben zwar die Aufgabe, die ambulante Versorgung sicherzustellen, interpretieren sie aber weitgehend honorarpolitisch. Obwohl Psychotherapeuten in großen Teilen extrabudgetär vergütet werden, fürchten die Kassenärztlichen Vereinigungen, dass für niedergelassene Ärzte der anderen Facharztgruppen geringere Einkommenszuwächse verhandelbar sind, wenn sie dringend benötigte psychotherapeutische Praxen zulassen. „Die versorgungspolitische Ignoranz der Krankenkassen und die Dominanz ärztlicher Honorarinteressen in den Kassenärztlichen Vereinigungen verhindern seit Jahren die dringende Reform der ambulanten Versorgung psychisch kranker Menschen“, kritisiert BPtK-Präsident Munz.

Der Gesetzgeber sollte es nicht hinnehmen, dass seine Aufträge aus dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz von 2015 jahrelang nicht erledigt werden. Er sollte deshalb den G-BA noch für 2018 mit einer Reform der Bedarfsplanung für die am stärksten unterversorgten ländlichen Gebiete und das Ruhrgebiet beauftragen. Er sollte dabei den Spielraum des G-BA bei der Umsetzung der Vorgabe auf nahezu Null reduzieren. Außerdem sollte er sicherstellen, dass der G-BA den bestehenden Auftrag umsetzt, regional die Morbiditäts- und Sozialstruktur zu berücksichtigen. „Ohne, dass der Gesetzgeber den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen eindeutig die Richtung weist, wird es keine bessere Versorgung für psychisch kranke Menschen geben“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Mittelfristig ist darüber nachzudenken, wie die für den gesamten ärztlichen Bereich dringend notwendige Differenzierung der ambulanten Versorgung finanziert werden soll. Auch hier ist der Gesetzgeber in dieser Legislaturperiode gefordert.“

Herausragendes Engagement für Menschen mit Suchterkrankungen

Diotima-Ehrenpreis 2017 an Prof. Dr. Wilma Funke, Prof. Dr. Gerhard Bühringer, Prof. Dr. Johannes Lindenmeyer und Peter Missel verliehen

(BPtK) Prof. Dr. Wilma Funke, Prof. Dr. Gerhard Bühringer, Prof. Dr. Johannes Lindenmeyer und Peter Missel haben heute den Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft erhalten. Die deutsche Psychotherapeutenschaft ehrt damit in diesem Jahr eine Kollegin und drei Kollegen, die sich für die Versorgung von Menschen mit Suchterkrankungen engagieren. „Suchterkrankungen und übermäßiger Substanzkonsum stellen ein bedeutendes epidemiologisches, sozial- und gesundheitspolitisches Problem dar. Den alarmierenden Zahlen stehen jedoch noch immer erhebliche Missstände in der Prävention und Behandlung entgegen. Hinzu kommt, dass Suchtkranke in besonderem Maß von Stigmatisierung betroffen sind“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Mit dem Diotima-Ehrenpreis werden dieses Jahr eine Kollegin und drei Kollegen ausgezeichnet, die sich in ihrer Berufslaufbahn auf verschiedene Weise dieser Patientengruppe gewidmet haben und maßgeblich dazu beigetragen haben, Psychotherapie in der Behandlung von Suchtkranken zu etablieren.“

Professorin Funke ist leitende Psychologin in den Kliniken Wied, 2010 wurde ihr der Professorentitel von der Katholischen Hochschule NRW in Köln verliehen. Ihr beruflicher Weg ist geprägt sowohl durch ihre Tätigkeit in der Forschung als auch in der psychotherapeutischen Versorgung. Mit ihrem stetigen Engagement, beide Bereiche zu verbinden, hat sie Wesentliches erreicht, um Menschen mit Suchterkrankungen eine wissenschaftlich fundierte Versorgung anbieten zu können und zentralen Fragen der Versorgungspraxis wissenschaftlich nachzugehen. So hat sie nicht nur zu einem fruchtbaren Austausch zwischen Praxis und Forschung beigetragen, sondern auch immer wieder zur Vernetzung unterschiedlicher Versorgungsbereiche.

Professor Bühringer wurde nach langjähriger Arbeit am Institut für Therapieforschung in München 2005 auf die erste deutsche Professur für Suchtforschung an der Technischen Universität Dresden berufen, die er nach wie vor als Seniorprofessor leitet. Sein gesamtes Berufsleben lang hat er sich der empirisch und experimentell begründeten Suchtforschung und der Entwicklung und Verbreitung von Behandlungsmethoden für Suchterkrankungen gewidmet. Damit hat er die Psychotherapie von Suchterkrankungen wissenschaftlich begründet und weiterentwickelt, und zwar gleichermaßen für stoffgebundene wie auch Verhaltenssüchte. Er hat sich auf verschiedensten Ebenen für einen Wissenschaftstransfer und die Evaluation und Verbesserung der Prävention und Gesundheitsversorgung eingesetzt. Damit hat er die Suchtkrankenhilfe in Deutschland maßgeblich stimuliert und geformt.

Professor Lindenmeyer leitet die Salus Klinik Lindow und ist seit 2016 Honorarprofessor für psychosomatische und Suchtrehabilitation an der Technischen Universität Chemnitz. Mit ihm wird ein Kollege geehrt, der die Psychotherapie bei Suchterkrankungen weiterentwickelt und im Versorgungssystem verankert hat. Der aber auch maßgeblich dazu beigetragen hat, dieses Wissen sowohl nachfolgenden Generationen von Psychotherapeutinnen und -therapeuten als auch Suchtkranken zur Verfügung zu stellen, auch indem er sich gezielt an Multiplikatoren und Medien gewandt hat.

Peter Missel ist leitender Psychologe der Median Kliniken Daun – Am Rosenberg und Vorsitzender des Eifeler Verhaltenstherapie-Instituts. Seinem Engagement und politischen Weitblick ist es zu verdanken, dass die Entwöhnungsbehandlung für Suchtkranke ein wesentlicher Bestandteil des Suchthilfesystems in Deutschland wurde und im internationalen Vergleich einzigartig ist. Er hat sich langjährig dafür eingesetzt, Psychotherapie als wesentliches Behandlungsmittel in der Entwöhnung und Psychotherapeuten als wichtige Berufsgruppe in der Rehabilitation von Suchtkranken zu etablieren.

Der Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft wird einmal im Jahr an Personen oder Organisationen verliehen, die sich in besonderem Maß um die Versorgung psychisch kranker Menschen verdient gemacht haben. Der Preis ist nach Diotima aus Mantinea benannt, einer mythischen Priesterin der Antike. Sie gilt als Lehrerin des Sokrates, die ihn dazu inspirierte, als erster Philosoph die Seele des Menschen in den Mittelpunkt seines Denkens und Lehrens zu stellen.

Onlinebefragung zur neuen Psychotherapie-Richtlinie

Wie verändern die neuen Regelungen Praxisalltag und Patientenversorgung?

(BPtK) Zum 1. April 2017 sind die Regelungen der neuen Psychotherapie-Richtlinie wirksam geworden. Die Einführung der Sprechstunde und Akutbehandlung, die Vorgaben zur telefonischen Erreichbarkeit, die Änderungen im Antrags- und Gutachterverfahren und weitere Detailregelungen haben die vertragspsychotherapeutische Versorgung und Praxisabläufe wesentlich verändert. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat mit der Richtlinienänderung auch eine Evaluation der Reform der Psychotherapie-Richtlinie vorgesehen, allerdings erst in fünf Jahren.

Aus Sicht der Psychotherapeutenkammern ist es jedoch erforderlich, schon frühzeitig repräsentative Daten darüber zu erhalten, wie die neuen Regelungen der Psychotherapie-Richtlinie den Praxisalltag und die Versorgung der Patienten verändert haben. Die Kammern möchten frühzeitig wissen, ob und wie die Umsetzung gelingt und welche Versorgungsdefizite weiter bestehen. Auf Basis der Daten der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen könnte rechtzeitig nachgesteuert und zu Beginn dieser Legislaturperiode die gesundheitspolitische Diskussion gestaltet werden.

Aus diesen Gründen führen die Bundespsychotherapeutenkammer, die Landespsychotherapeutenkammern und das Institut für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf eine Onlinebefragung zur Psychotherapie-Richtlinie durch. Die Kammern benötigen die Erfahrungen und die Rückmeldungen der niedergelassenen Psychotherapeuten, um belegen zu können, wie sich die Neuerungen in der Praxis auswirken.

Die Onlinebefragung richtet sich an alle Psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten, die an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilnehmen. Die Befragung nimmt circa 15 Minuten in Anspruch. Angaben zur Person und Angaben zu den Auswirkungen der Reform der Psychotherapie-Richtlinie werden getrennt voneinander gespeichert. Hierdurch wird die Anonymität der Teilnehmer gewährleistet.
Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig und kann jederzeit ohne Speicherung der Daten beendet werden.

Zur Onlinebefragung gelangen Sie über den folgenden Link: uhh.de/ijv6a.
Die Teilnahme ist noch bis zum 3. Dezember 2017 möglich.

Neue Praxis-Info „Soziotherapie“

BPtK: Hilfreicher Baustein für die Behandlung schwer psychisch Kranker

(BPtK) Mit der Befugnis, Soziotherapie zu verordnen, wird Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ein hilfreicher Baustein für die ambulante psychotherapeutische Behandlung von schwer psychisch kranken Menschen an die Hand gegeben. Durch eine soziotherapeutische Unterstützung ist es schwer psychisch kranken Menschen manchmal überhaupt erst möglich, einen niedergelassenen Psychotherapeuten aufzusuchen. Soziotherapeuten können Patienten außerdem dabei zur Seite stehen, um in der Psychotherapie besprochene Inhalte im Alltag selbstständig umzusetzen. Sie können schließlich auch helfen, Termine regelmäßig wahrzunehmen, andere notwendige Leistungen zu beantragen und zu nutzen.

Damit sich Psychotherapie und Soziotherapie gut ergänzen, ist eine enge Zusammenarbeit notwendig. Damit diese Verbesserungen jedoch auch den Patienten zugutekommen, müssen noch deutlich mehr Soziotherapeuten qualifiziert werden. Dafür müssen die Krankenkassen die notwendigen Rahmenverträge abschließen. In einigen Regionen Deutschlands sind bisher noch viel zu wenige Soziotherapeuten zugelassen.

Diese neue BPtK-Broschüre aus der Reihe Praxis-Info informiert über die Ziele und Inhalte von Soziotherapie. Anhand von Praxisbeispielen wird zudem erläutert, wie Psychotherapie und Soziotherapie sich ergänzen und aufeinander aufbauen können. Außerdem erläutert die Broschüre, was bei der Verordnung von Soziotherapie zu beachten ist und wie diese genau erfolgt.

Reform der Psychotherapeutenausbildung überfällig

BPtK fordert schnelleres Handeln der nächsten Bundesregierung

(BPtK) Der Nutzen psychotherapeutischer Behandlung ist umfassend erforscht und gut belegt. Immer mehr psychische Erkrankungen lassen sich psychotherapeutisch erfolgreich behandeln. „Heute sind Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten während ihrer Ausbildung, die erst nach dem Studium beginnt, in aller Regel nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sie erzielen kein regelmäßiges Einkommen und müssen ihre Ausbildung auch noch selber finanzieren“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Das ist unwürdig und darf jungen Menschen nicht länger zugemutet werden.“ Künftig soll daher bereits das Studium so qualifizieren, dass danach eine Approbation erteilt werden kann. Dies ist Voraussetzung dafür, dass Psychotherapeuten sich dann, genauso wie Ärzte, weiterbilden und ein angemessenes Einkommen erzielen können.

Die Notwendigkeit einer Reform der Psychotherapeutenausbildung ist seit Jahren unbestritten. Seit Juli dieses Jahres liegt deshalb ein Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums vor. Dieser sieht ein fünfjähriges Studium vor, das aus einem Bachelor- und einem Masterstudiengang besteht und nach einer staatlichen Prüfung die Approbation ermöglicht. „Seit der Bologna-Reform ist nicht mehr klar, welches Studium erforderlich ist, um Psychotherapeut zu werden“, erläutert BPtK-Präsident Munz den Reformbedarf. „Mit den bundesweiten Vorgaben für ein Approbationsstudium wird diese Unsicherheit endlich beendet.“ In der darauffolgenden Weiterbildung spezialisieren sich Psychotherapeuten für die Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen und erwerben die Fachkunde in einem Psychotherapieverfahren. Erst danach ist eine Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich.

Die Reform wird sowohl von einer breiten Mehrheit der Psychotherapeuten gefordert als auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung unterstützt. Der Deutsche Psychotherapeutentag hat sich seit 2014 mehrfach mit überwältigender Mehrheit für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung ausgesprochen. Die BPtK fordert deshalb, die Reform der Psychotherapeutenausbildung auf die Agenda der nächsten Bundesregierung zu setzen.

DIMDI veröffentlicht OPS 2018

"Stationsäquivalente Behandlung" abrechenbar

(BPtK) Das DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) hat den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 2018 veröffentlicht. Darin ist auch beschrieben, unter welchen Voraussetzungen künftig die neue „Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung“ im häuslichen Umfeld durch Krankenhäuser (§ 115d Absatz 2 SGB V) abgerechnet werden kann. Dabei hält sich das DIMDI eng an die entsprechende Vereinbarung zwischen GKV-Spitzenverband und dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) sowie der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).

Behandlung im häuslichen Umfeld

Ab dem 1. Januar 2018 können Krankenhäuser eine psychiatrische Akutbehandlung auch im häuslichen Umfeld erbringen. Eine solche stationsäquivalente Behandlung muss unter der Leitung eines Facharztes von einem multiprofessionellen Team aus ärztlichem und pflegerischem Dienst sowie mindestens einem Vertreter einer weiteren Berufsgruppe (z. B. Psychologe/Psychotherapeut, Sozialarbeiter oder Ergotherapeut) erbracht werden.

Um diese Leistung abzurechnen, muss mindestens ein direkter Patientenkontakt pro Tag durch mindestens ein Mitglied des Teams erfolgen. Als direkter Patientenkontakt gelten auch Kontakte mit dem Patienten in der Klinik, z. B. zur Diagnostik oder Gruppentherapie. Auch internetbasierte Interventionen können als Therapiezeit kodiert werden.

Darüber hinaus sind wöchentlich eine fachärztliche Visite in der Regel im häuslichen Umfeld des Patienten sowie eine multiprofessionelle Fallbesprechung zur Beratung des weiteren Behandlungsverlaufs durchzuführen. Die Therapiezeiten sind berufsgruppenspezifisch zu kodieren, Fahrzeiten werden nicht angerechnet.

Für größere psychiatrische Krankenhäuser und Abteilungen sind diese Voraussetzungen voraussichtlich gut erfüllbar. Die Möglichkeit, Leistungen auch in der Klinik zu erbringen, macht die Behandlung relativ flexibel. Allerdings wird insbesondere die Höhe der Vergütung noch entscheidend dafür sein, wie häufig die stationsäquivalente Leistung tatsächlich erbracht wird. Die Vergütung muss jedes Haus individuell verhandeln. Außerdem wird sich erst in der Praxis zeigen, wie aufwendig die Leistungen gegenüber den Krankenkassen vor Ort dargelegt und begründet werden müssen.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert, dass die Leistung nur unter der Verantwortung eines Facharztes erbracht werden kann. Dies sei eine unnötige Einengung der fachlichen Voraussetzung und organisatorischen Freiheiten der Krankenhäuser. Die BPtK fordert deshalb, dass die multiprofessionellen Teams auch von Psychologischen Psychotherapeuten oder in der Kinder- und Jugendpsychiatrie von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten geleitet werden können. Zudem hatte die BPtK bei der gesetzlichen Einführung der „Stationsäquivalenten Behandlung“ gefordert, dass grundsätzlich auch Netze ambulanter Leistungserbringer stationsäquivalente Leistungen erbringen können sollen.

Nur wenig weitere Änderungen im OPS 2018

Darüber hinaus beinhaltet der OPS 2018 für die psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken keine wesentlichen Änderungen. Um Unschärfen bei der Kodierung zu verringern, erfolgt eine präzisere Beschreibung der Patientenmerkmale für eine Intensivbehandlung in der Psychiatrie. Die beiden Zusatzkodes „Indizierter komplexer Entlassungsaufwand bei Erwachsenen“ und „Erhöhter Aufwand bei drohender oder bestehender psychosozialer Notlage“ werden zusammengelegt. Da beide Kodes im Kern dieselben Leistungen beschreiben, war es in der Praxis zu Abgrenzungsproblemen gekommen. Außerdem geht in der Kinder- und Jugendpsychiatrie die „Kriseninterventionelle Behandlung“ zukünftig in der Leistung „Erhöhter Betreuungsaufwand bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen“ auf.

Psychotherapeutische Leistungen weiterhin unzureichend beschrieben

Auch zukünftig kann weiterhin im Prinzip jedes Gespräch als Psychotherapie kodiert werden. Die BPtK hatte gefordert, nur noch solche Leistungen als Therapieeinheiten zu erfassen, die konzeptuell in ein theoriegeleitetes Psychotherapieverfahren eingebettet sind und in einer Behandlungsplanung individuell mit dem Patienten vereinbart wurden. Die Therapieeinheiten könnten so den besonderen Aufwand psychotherapeutischer Interventionen besser abbilden und den Krankenhäusern ermöglichen, einen psychotherapeutischen Schwerpunkt besser sichtbar zu machen. Eine Schärfung der psychotherapeutischen Leistungsbeschreibung dient auch der Entbürokratisierung, da nicht mehr jede Gesprächsleistung über 25 Minuten kodiert werden müsste. Ebenso wenig wurden die Voraussetzungen für die Abrechnung eines „Qualifizierten Behandlungsentzugs“ verbessert. Krankenhäuser, die dabei hohe Qualitätsstandards umsetzen, können diese weiterhin nicht angemessen darstellen.

 
 

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Kinderschutzhotline von Fachleuten für Fachleute: 0800 19 210 00

Kostenlose telefonische Beratung rund um die Uhr und bundesweit

(BPtK) Hat ein Psychotherapeut den Verdacht, dass ein Kind misshandelt, vernachlässigt oder sexuell missbraucht wird, kann er sich seit Juli 2017 von der „Medizinischen Kinderschutzhotline“ beraten lassen. Die Hotline bietet eine praxisnahe und kollegiale Beratung durch Experten in Kinderschutzfragen, z. B. bei Fragen, wie ein angemessenes Verhalten bei einem Verdacht aussehen kann. Die kostenlose telefonische Beratung wendet sich an Ärzte, Psychotherapeuten, Pflegekräfte und Rettungsdienste, nicht aber an Angehörige und andere Berufsgruppen. Sie ist rund um die Uhr und bundesweit zu erreichen unter: 0800 19 210 00.

Die beratenden Ärzte bieten Antworten auf Fragen wie: 

  • Was sind die gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf Schweigepflicht und Handeln?
  • Welche Schritte kann oder muss ich in einem Kinderschutzfall einleiten?
  • Was muss ich bei der klinischen Abklärung und Dokumentation eines Kinderschutzfalles beachten?
  • Wie spreche ich Begleitpersonen auf einen Misshandlungsverdacht an?
  • Wo gibt es Hilfe vor Ort?

Die Kinderschutzhotline will die bestehenden Hilfestrukturen vor Ort ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Verantwortung für den konkreten Kinderschutzfall bleibt beim Anrufenden. Sie leistet keine Rechtsberatung und kann nicht abschließend und eindeutig klären, ob im konkreten Fall tatsächlich eine Form von Misshandlung vorliegt.

Die „Medizinische Kinderschutzhotline“ ist ein vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördertes Projekt. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Jörg M. Fegert von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Ulm. Das Projekt wird in Kooperation mit den DRK Kliniken Westend durchgeführt. Die BPtK ist im wissenschaftlichen Beirat des Projekts vertreten.

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G-BA: Demografiefaktor ohne Überprüfung unbefristet weiter gültig

BPtK: G-BA benachteiligt ältere Menschen auf dem Land

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat gestern entschieden, den Demografiefaktor unbefristet und für alle Arztgruppen weiter zur Berechnung der notwendigen Anzahl von Praxissitzen einzusetzen. „Damit kommt der G-BA erneut einer ihm gestellten Aufgabe nicht nach“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Der G-BA hatte sich 2012 selbst verpflichtet, den Demografiefaktor innerhalb von 5 Jahren daraufhin zu überprüfen, bei welcher Arztgruppe er sinnvoll ist und deshalb fortgeführt werden kann. „Diese Prüfung hat jetzt gar nicht stattgefunden“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Ohne eine sachliche Begründung benachteiligt der G-BA damit weiterhin ländliche Regionen mit vielen älteren Menschen, in denen ohnehin schon viele psychotherapeutische Praxen fehlen.“

Der G-BA verschiebt damit dringend notwendige Korrekturen an der psychotherapeutischen Bedarfsplanung. Er hatte bereits den gesetzlichen Auftrag, bis Ende 2016 die Bedarfsplanung grundlegend zu überarbeiten und insbesondere für die unzureichende psychotherapeutische Versorgung eine angemessene Lösung zu finden. Schon diesen Auftrag hat der G-BA nicht erledigt. Stattdessen hat er erst Anfang 2017 ein Gutachten in Auftrag gegeben, mit dessen Ergebnissen frühestens im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen ist. „Beim Demografiefaktor ist der G-BA bereits an der Differenzierung zwischen den Arztgruppen gescheitert“, kritisiert Munz.

Aktuelle Daten des Robert Koch-Instituts zeigen eindeutig, dass der Demografiefaktor in der psychotherapeutischen Versorgung ungeeignet ist, Unterschiede in der Morbidität der Bevölkerung abzubilden. Die Häufigkeit psychischer Erkrankungen bei den Über-65-Jährigen fällt nur um den Faktor 1,5 geringer aus als bei den Unter-65-Jährigen. Der Demografiefaktor setzt jedoch den psychotherapeutischen Behandlungsbedarf bei älteren Menschen mit einem Bedarf an, der um den Faktor 7,4 niedriger liegt. Der Demografiefaktor führt jetzt jedoch weiterhin dazu, dass für die Über-65-Jährigen nur 13,5 Prozent des Behandlungsbedarfs angenommen wird wie für die Unter-65-Jährigen. Die BPtK hatte gefordert, den Demografiefaktor für die Arztgruppe der Psychotherapeuten aufzuheben.

Neue Praxis-Info „Krankentransport“

BPtK: Was bei der Verordnung von Krankenfahrten und Krankentransporten zu beachten ist

(BPtK) Psychotherapeuten können künftig schwer psychisch kranke Menschen noch umfassender versorgen. Seit Juni 2017 können sie Patientinnen und Patienten in ein Krankenhaus einweisen und den dafür notwendigen Krankentransport verordnen. Außerdem können sie Soziotherapie und medizinische Rehabilitation verschreiben.

Im März 2017 hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit seinen Richtlinienänderungen die Voraussetzungen dafür geschaffen. Damit die neuen Befugnisse leichter umgesetzt werden können, informiert die BPtK in ihrer Reihe „Praxis-Info“ darüber, was bei einer Verordnung dieser Leistungen zu beachten ist.

Die Praxis-Info zu Krankentransporten übersetzt die Richtlinie in praktische Anleitungen für die tägliche Arbeit der Psychotherapeuten. Sie erläutert, bei welchen Patienten eine Krankenfahrt oder ein Krankentransport verordnet werden kann, was vom Psychotherapeuten vor einer Verordnung geprüft und beachtet werden muss und wie konkret das Verordnungsformular auszufüllen ist.

Hilfen für Leid und Unrecht in Behindertenhilfe und Psychiatrie nach 1949

Stiftung Anerkennung und Hilfe bietet Unterstützung an

(BPtK) Menschen, die als Kinder und Jugendliche Leid und Unrecht in der stationären Behindertenhilfe oder Psychiatrie erfahren haben, können sich seit dem 1. Januar 2017 an die Stiftung Anerkennung und Hilfe wenden. Diejenigen, die bis heute unter den Folgen von körperlicher und psychischer Gewalt, Strafen, Demütigungen leiden oder finanzielle Einbußen durch ihre Unterbringung hatten, können von der Stiftung finanzielle Unterstützung erhalten.

Bei den Geschädigten handelt es sich zum Teil um Menschen mit kognitiven Einschränkungen, die auch heute noch in Einrichtungen leben und sich kaum über Internet, Zeitungen oder Zeitschriften informieren können. Deswegen ist es wichtig, dass Psychotherapeuten, die einen direkten Kontakt zu ihnen haben, sie über das Hilfsangebot informieren.

Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregierung aufgefordert, in Abstimmung mit den Bundesländern ein solches Hilfesystem einzurichten, um das Leid der Menschen in der Behindertenhilfe und Psychiatrie nach 1949 anzuerkennen und das erlebte Unrecht aufzuarbeiten. Bund, Länder und Kirchen gestehen damit Missstände und Versäumnisse in der Vergangenheit ein.

Detaillierte Informationen zu den Hilfen finden sich unter www.stiftung-anerkennung-und-hilfe.de.