Honorierung von Soziotherapie und medizinischer Rehabilitation

Bewertungsausschuss beschließt EBM-Änderungen für Psychotherapeuten

(BPtK) Der Bewertungsausschuss hat die Honorierung für Soziotherapie und medizinische Rehabilitation geregelt, wenn diese von Psychotherapeuten verordnet werden. Damit können ab dem 2. Quartal 2018 auch Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Soziotherapie und medizinische Rehabilitation, die von den Krankenkassen bezahlt werden, verordnen und abrechnen. Die Erstverordnung von Soziotherapie (GOP 30810) und die Folgeverordnung (GOP 30811) werden jeweils mit 17,90 Euro, die Verordnung von medizinischer Rehabilitation (GOP 01611) mit 32,18 Euro (Stand: 1. Januar 2018) vergütet.

Um Soziotherapie verordnen zu können, müssen Psychotherapeuten zuvor bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung eine Abrechnungsgenehmigung beantragen. Hierfür ist auch die Erklärung einer Kooperation mit einem gemeindepsychiatrischen Verbund oder einer vergleichbaren Versorgungsstruktur einzureichen. Für die Rehabilitationsverordnung muss dagegen keine Abrechnungsgenehmigung beantragt werden.

Seit Juni 2017 sind die Änderungen der Soziotherapie- und Rehabilitations-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses in Kraft, die die neuen Befugnisse von Psychotherapeuten zur Verordnung von Soziotherapie und medizinischer Rehabilitation regeln. Mit diesen neuen Befugnissen verfügen Psychotherapeuten über weitere wichtige Bausteine, um eine umfassendere Versorgung von Menschen mit chronischen und schweren psychischen Erkrankungen besser koordinieren zu können. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat bereits eine „Praxis-Info Soziotherapie“ veröffentlicht, in der auch erläutert wird, wie Psychotherapie und Soziotherapie sich ergänzen und aufeinander aufbauen können.

Mitte März 2018 wird die BPtK auch eine Praxis-Info „Medizinische Rehabilitation“ veröffentlichen, in der ausführlich und anhand von Fallbeispielen beschrieben wird, wann und wie Psychotherapeuten eine medizinische Rehabilitation verordnen können.

Mehr Transparenz über die Leistungen der Psychiatrischen Institutsambulanzen

Kassen und Krankenhäuser vereinbaren bundeseinheitliche PIA-Dokumentation

(BPtK) Ab dem 1. Juli 2018 müssen die Psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) nach einem bundesweit einheitlichen Katalog dokumentieren, welche Leistungen sie erbringen. Hierzu muss tagesbezogen und getrennt nach Berufsgruppen dokumentiert werden, in welchem zeitlichen Umfang ein Patient Einzel- oder Gruppenpsychotherapie, Gespräche zur medikamentösen Ein- oder Umstellung oder eine Krisenintervention erhalten hat. Auch ob eine aufsuchende Behandlung stattgefunden hat, in welchem Umfang und welche Leistungen dabei konkret erbracht wurden, wird zukünftig erfasst.

Nicht umgesetzt wurde jedoch die gebotene Differenzierung bei den Berufsgruppen zwischen Psychologen und Psychologischen Psychotherapeuten/Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie Ärzten und Fachärzten. Das ist aus Sicht der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) nicht sachgerecht. Zwar stellen die neuen Dokumentationsanforderungen mehr Transparenz über das Leistungsgeschehen her, welche Strukturqualität eine PIA wirklich vorhält bleibt jedoch weiterhin unklar. Das ist auch deshalb kritisch, weil mit der neuen PIA-Dokumentation eine Übermittlung der zur Leistungserbringung eingesetzten personellen Kapazitäten an die Krankenkassen vor Ort verbunden ist.

Die Übermittlung der personellen Kapazitäten erfolgt erstmalig bis zum 31. März 2020 für die Leistungen des Jahres 2019. Sie soll die Grundlage dafür sein, wie ambulante Krankenhausleistungen in der Bedarfsplanung berücksichtigt werden können. Aus Sicht der BPtK wäre es jedoch nur angemessen, die PIA-Leistungen in der Bedarfsplanung zu berücksichtigen, bei denen ein Patient aufgrund zu großer Entfernung zu einem geeigneten Psychotherapeuten in einer PIA behandelt wurde. Der viel häufigere Grund dürfte jedoch sein, dass Patienten wegen der Schwere und Chronizität der Erkrankung in einer PIA und nicht in einer ambulanten Praxis behandelt werden. Leistungen für solche Patienten gehören jedoch nicht in die ambulante Bedarfsplanung, sondern sind klassische Krankenhausleistungen. Die Ursache für die PIA-Behandlung müsste deshalb ebenfalls Teil der Dokumentation sein.

Bewertungsportale dürfen Arztprofile nicht für Werbung missbrauchen

BGH setzt jameda Schranken

(BPtK) Das Arzt- und Psychotherapeutenbewertungsportal jameda muss die Daten einer Ärztin auf seiner Homepage löschen. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor (Urteil vom 20. Februar 2018, Aktenzeichen VI ZR 30/17).

Begibt man sich auf die Suche nach Psychotherapeuten oder Ärzten im Internet, gelangt man schnell auf Bewertungsportale wie jameda. Bei Abrufen eines Profils von Psychotherapeuten oder Ärzten auf diesem Portal, die keine zahlenden Kunden sind, wirbt jameda dort bisher für andere Ärzte und Psychotherapeuten. Die Werbung für die Konkurrenz kann von Ärzten und Psychotherapeuten nur verhindert werden, in dem sie einen kostenpflichtigen Vertrag mit jameda abschließen. Damit verlasse jameda seine Stellung als „neutraler“ Informationsmittler, so der BGH, und muss das Profil der klagenden Ärztin, die keine zahlende Kundin war, nun löschen. Jameda kündigte an, zukünftig die Werbung in dieser Form nicht mehr durchzuführen. Der BGH hält allerdings grundsätzlich Bewertungen von Ärzten und Psychotherapeuten im Internet auch gegen deren Willen für zulässig.

„Ich bin froh, dass der BGH zumindest diesem Auswuchs an Kommerz ein Ende gesetzt hat“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer klar.

Psychiatrische Institutsambulanzen werden weiter angerechnet

BPtK: G-BA lässt psychisch kranke Menschen weiter warten

(BPtK) Psychiatrische Institutsambulanzen sollen auch künftig in der Bedarfsplanung pauschal auf die Arztgruppe der Psychotherapeuten angerechnet werden. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute beschlossen. Obwohl Psychiatrische Institutsambulanzen nachweislich im Schwerpunkt keine psychotherapeutischen Leistungen erbringen, werden sie in der Bedarfsplanung bis Ende 2022 pauschal auf die Gruppe der Psychotherapeuten angerechnet. „Der G-BA verlängert damit wissentlich eine fachlich falsche Regelung, die in der ambulanten Versorgung von psychisch kranken Menschen weiter zu langen Wartezeiten führt“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Patienten erhalten in Psychiatrischen Institutsambulanzen vor allem eine psychiatrische Basisversorgung, ergänzt um pflegerische und ergotherapeutische Leistungen. Psychotherapie findet dort in aller Regel nicht statt.“

Durch die willkürliche G-BA-Entscheidung droht in den kommenden Jahren ein zusätzlicher Abbau von psychotherapeutischen Praxen. In Regionen, in denen durch Psychiatrische Institutsambulanzen ein Versorgungsgrad von mehr als 140 Prozent erreicht wird, besteht die Gefahr, dass Praxissitze nicht mehr nachbesetzt werden. In ländlichen Regionen, in denen die Bedarfsplanung grundsätzlich viel zu wenige Praxen vorsieht, könnten sich die Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung dadurch weiter verlängern.

Psychiatrische Institutsambulanzen versorgen grundsätzlich andere Patienten als psychotherapeutische Praxen. Sie behandeln psychisch kranke Menschen, die wegen der Art, Schwere oder Dauer der Erkrankung nicht ausreichend in ambulanten Praxen versorgt werden können. Dabei erhält ein Drittel der Patienten in Psychiatrischen Institutsambulanzen nur einen Termin pro Quartal, ein weiteres Drittel lediglich 2 oder 3 Termine. In einer psychotherapeutischen Behandlung ist dagegen ein Termin pro Woche die Regel. „Der G-BA hat eine offensichtlich fachlich falsche Regelung verlängert“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Dies ist Politik zulasten psychisch kranker Menschen.“

Die Reform der Psychotherapeutenausbildung soll zügig abgeschlossen werden

Ergebnisse der Koalitionsgespräche von CDU, CSU und SPD

(BPtK) Das zentrale Anliegen der Psychotherapeutenschaft steht auf der Agenda von CDU, CSU und SPD. Die Reform der Psychotherapeutenausbildung soll zügig abgeschlossen werden. Das ist ein Ergebnis der Koalitionsverhandlungen.

Auch das Thema psychische Gesundheit hat nach den Ergebnissen der Koalitionsgespräche einen hohen Stellenwert. Psychische Erkrankungen zählen die Parteien zu den Volkskrankheiten. Sie sollen gezielt durch Maßnahmen in der Forschung, der Prävention, der Behandlung und Rehabilitation bekämpft werden.

Die Koalitionsverhandlungen sind jetzt abgeschlossen. Vorbehaltlich der Zustimmung der drei Parteien soll eine neue Bundesregierung zeitnah mit der Umsetzung des Regierungsprogrammes beginnen.

Reform der Psychotherapeutenausbildung von großer gesellschaftlicher Bedeutung

Wissenschaftsrat verabschiedet Empfehlungen zu den Perspektiven der Psychologie

(BPtK) Der Wissenschaftsrat hat Empfehlungen zu den „Perspektiven der Psychologie in Deutschland“ vorgelegt. Einen Schwerpunkt bildet die Reform der Psychotherapeutenausbildung. Psychische Störungen gehörten zu den häufigsten Erkrankungen und spielten in der Versorgung und bei den Sozialversicherungen eine bedeutende Rolle. Daher sei eine gute Qualifizierung von Psychotherapeuten von großem gesellschaftlichem Interesse.

„Der Wissenschaftsrat sendet ein starkes Signal an Bund und Länder, dass Psychotherapeuten bereits im Studium sowohl wissenschaftlich als auch praktisch ausreichend für die Versorgung qualifiziert werden müssen“, kommentiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), die Empfehlungen. Der Wissenschaftsrat favorisiert ein Bachelorstudium der Psychologie und ein verfahrens- und altersgruppenübergreifendes Masterstudium der Klinischen Psychologie und Psychotherapie sowie eine einjährige Praxisphase. Anschließend sollen Absolventen nach Überprüfung ihrer praktischen Handlungskompetenzen ihre Approbation erhalten können und in der Weiterbildung für die Fachkunde qualifiziert werden.

„Damit wir die prekäre finanzielle und rechtliche Situation der Psychotherapeuten in Ausbildung endlich beenden, müssen die vor der Weiterbildung erforderlichen Praxisphasen auch Teil des Studiums sein“, stellt Munz zum Vorschlag des Wissenschaftsrates fest, als Alternative zu einem 6-jährigen Studium ein Praktisches Jahr zwischen das Studium und die Approbation zu legen. „Der Arzt im Praktikum wurde aus gutem Grund abgeschafft. Fehler von damals dürfen jetzt nicht wiederholt werden.“

Der Wissenschaftsrat berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung. Seine Empfehlungen zu den Perspektiven der Psychologie in Deutschland hat er am 26. Januar 2018 verabschiedet.

Dolmetscher und Sprachmittler finanzieren

BPtK fordert, sprachliche Barrieren im Gesundheitswesen abzubauen

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert eine neue Bundesregierung auf, Dolmetscher und Sprachmittler in psychotherapeutischen und ärztlichen Gesprächen zu finanzieren.

Mit dem Patienten zu sprechen, ist insbesondere bei der Behandlung psychischer Erkrankungen unverzichtbar. Damit Psychotherapie gelingen kann, müssen sich Patient und Psychotherapeut in einer Sprache austauschen können. Krankenkassen sind jedoch bisher nicht gesetzlich verpflichtet, Dolmetscher und Sprachmittler für die Behandlung fremdsprachiger Patienten zu bezahlen. Fehlende sprachliche Verständigung, aber auch kulturelle Unterschiede sowie Missverständnisse gefährden daher viel zu häufig eine fachgerechte Diagnostik, Aufklärung und Behandlung von Migranten. „Wenn Patient und Psychotherapeut nicht die gleiche Sprache sprechen, ist es unbedingt notwendig, auf interkulturell geschulte Dolmetscher oder Sprachmittler zurückgreifen zu können“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz.

Der Einsatz von Dolmetschern und Sprachmittlern ist auch bei der Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen notwendig. Der Anspruch auf eine Behandlung ohne unüberbrückbare sprachliche Hürden sollte unabhängig vom rechtlichen Status des Patienten bestehen. „Für eine gute Gesundheitsversorgung fremdsprachiger Patienten ist es nicht wichtig, ob sie erst vor Kurzem als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind oder aus anderen Gründen in Deutschland leben“, erklärt BPtK-Präsident Munz.

Die BPtK fordert deshalb, im SGB V zu regeln, dass die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für qualifizierte Sprachmittlung übernimmt, wenn diese für eine angemessene Diagnostik, Aufklärung und Behandlung fremdsprachiger Patienten notwendig ist. Um eine angemessene Versorgung von Flüchtlingen sicherzustellen, die noch keinen Anspruch auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung haben, ist eine entsprechende Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz notwendig.

Sektorenübergreifende Versorgung psychisch kranker Menschen

BPtK fordert Einrichtung einer Enquête-Kommission

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert den Bundestag auf, eine Enquête-Kommission zur Versorgung von schwer und chronisch psychisch kranken Menschen einzuberufen.

„Die Versorgung von schwer beeinträchtigten psychisch kranken Menschen geht häufig an deren Bedürfnissen vorbei“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Seit Jahrzehnten mangelt es an einer ausreichenden Koordination, um dem komplexen und individuellen Behandlungs- und Hilfebedarf dieser Menschen gerecht zu werden.“ Die Enquête-Kommission soll innerhalb von 2 Jahren nicht nur grundlegende Empfehlungen zu den Leistungen und zur Organisation einer sektoren-, kostenträger- und berufsgruppenübergreifenden Versorgung von schwer beeinträchtigten psychisch kranken Menschen vorlegen, sondern insbesondere konkrete Vorschläge für einen angemessenen gesetzlichen Rahmen machen.

Trotz jahrzehntelanger Bemühungen ist es bisher nicht gelungen, flächendeckend eine koordinierte Versorgung für Patienten mit komplexem Behandlungs- und Unterstützungsbedarf zu schaffen. Dazu gehören besonders häufig Menschen mit Suchterkrankungen, psychotischen Erkrankungen und schweren affektiven Störungen. Sie sind in vielen Fällen dauerhaft in ihrer gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe eingeschränkt und neben Leistungen des Gesundheitssystems besonders auf Leistungen der Sozial- und Eingliederungshilfe angewiesen.

Auch für schwer und chronisch psychisch kranke Menschen gilt der Grundsatz „ambulant vor stationär“.

  • Steigende Patientenzahlen in psychiatrischen Krankenhäusern belegen jedoch, dass sie nach wie vor zu häufig und zu lange stationär behandelt werden müssen, weil geeignete ambulante Versorgungsangebote fehlen.

Schwer und chronisch psychisch kranke Menschen benötigen ein komplexes Angebot an Behandlungs-, Rehabilitations- und Teilhabeleistungen. Da für die unterschiedlichen Leistungen unterschiedliche Träger und Leistungserbringer zuständig sind, deren Angebote nicht ausreichend koordiniert sind, erhalten Patienten Leistungen häufig zu spät oder gar nicht.

  • Die gesundheitlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen sind beträchtlich: Immer mehr psychisch kranke Menschen werden erwerbsunfähig und müssen vorzeitig in Rente. Mit den Erwerbsunfähigkeitsrenten ist für sie ein hohes Armutsrisiko verbunden.

Der Auftrag der Enquête-Kommission „Bedarfs- und bedürfnisorientierte Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen“ soll sein, auf der Grundlage einer umfassenden Bestandsaufnahme und einer Analyse des Behandlungs- und Betreuungsbedarfs von psychisch kranken Menschen mit schweren Beeinträchtigungen Empfehlungen für angemessene Versorgungs-, Finanzierungs- und Vergütungsstrukturen zu erarbeiten und daraus konkrete Vorschläge für die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen abzuleiten. Die Empfehlungen sollten noch in dieser Legislaturperiode vom Gesetzgeber umgesetzt werden.

Gleiche Chance auf Behandlung in Stadt und Land

BPtK fordert Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert die neue Bundesregierung auf, die Versorgung psychisch kranker Menschen auf dem Land zu verbessern. Insbesondere dort fehlen psychotherapeutische Praxen. Damit psychisch kranke Menschen auf dem Land die gleiche Chance auf eine Behandlung haben wie in der Stadt, sind bis zu 4.000 neue Niederlassungen notwendig. Die neue Bundesregierung sollte deshalb den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit einer Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung beauftragen. Der G-BA sollte verpflichtet werden, noch im Jahr 2018 die Verhältniszahlen für die Arztgruppe der Psychotherapeuten auf dem Land und in der Stadt einheitlicher zu gestalten.

Psychisch kranke Menschen auf dem Land haben bisher eine viel geringere Chance, einen Behandlungsplatz bei einem Psychotherapeuten zu finden als Menschen in Ballungszentren. Ursache hierfür ist, dass der G-BA für ländliche Regionen deutlich weniger Psychotherapeuten vorsieht als für Großstädte. Während sich in Städten 36,1 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner niederlassen dürfen, sind es in ländlichen Regionen im ungünstigsten Fall nur 12,8 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner. „Die beträchtlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land sind nicht zu begründen“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Psychische Erkrankungen sind auf dem Land nur unwesentlich seltener als in der Stadt.“ Epidemiologische Daten belegen: In Großstädten werden 30 Prozent der Menschen jedes Jahr psychisch krank, auf dem Land sind es 27 Prozent.

Erst wenn der Gesetzgeber die Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen ausdrücklich zur Änderung der Bedarfsplanung verpflichtet, lässt sich die massive Unterversorgung von psychisch kranken Menschen auf dem Land beseitigen. „Dabei muss der Gesetzgeber diesmal dafür sorgen, dass sich der G-BA an Aufträge und Fristen hält“, mahnt Munz. Der G-BA hatte bereits den gesetzlichen Auftrag, bis Ende 2016 insbesondere die ambulante psychotherapeutische Versorgung zu verbessern. Bis jetzt hat er diesen Auftrag nicht umgesetzt.

Verantwortlich dafür sind die beiden großen Akteure im G-BA. Der GKV-Spitzenverband agiert in der ambulanten Versorgung psychisch kranker Menschen mit nachgewiesen falschen Annahmen und spricht in Verkennung der Realität von „Überversorgung“. Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung spielen honorarpolitische Überlegungen eine zentrale Rolle. Obwohl Psychotherapeuten in großen Teilen extrabudgetär vergütet werden, besteht für die Kassenärztlichen Vereinigungen die Gefahr, dass sie für niedergelassene Ärzte geringere Einkommenszuwächse verhandeln können, wenn sie dringend benötigte psychotherapeutische Praxen zulassen. „Der Gesetzgeber darf dieses eigennützige Aufschieben seiner Aufträge nicht mehr hinnehmen“, fordert BPtK-Präsident Munz. Mittelfristig muss auch entschieden werden, wie neue Bedarfe in der ambulanten Versorgung zu finanzieren sind. Auch hier ist der Gesetzgeber noch in dieser Legislaturperiode gefordert.

Für Verbesserungen in der Versorgung qualifizieren

BPtK fordert rasche Reform der Psychotherapeutenausbildung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert von der nächsten Bundesregierung eine rasche Reform der Psychotherapeutenausbildung. Psychotherapeuten müssen besser für ein differenziertes Versorgungsangebot qualifiziert werden. Vor allem aber brauchen junge Menschen, die sich entschließen, Psychotherapeutin oder Psychotherapeut zu werden, akzeptable Rahmenbedingungen. Psychotherapeuten in der Ausbildung sind aktuell in aller Regel nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sie erzielen in dieser Phase trotz eines abgeschlossenen Studiums kein regelmäßiges Einkommen und müssen die 3 bis 5 Jahre dauernde Qualifizierung selbst finanzieren. Seit der Bologna-Reform ist zudem nicht mehr klar, welches Studium erforderlich ist, um Psychotherapeut werden zu können. Die Notwendigkeit einer Reform der Psychotherapeutenausbildung ist auch deshalb seit Jahren unstrittig.

Die heutige Ausbildung befähigt Psychotherapeuten im Schwerpunkt für die ambulante Versorgung. In Zukunft müssen Psychotherapeuten aber vor allem in die Versorgung von psychisch kranken Menschen im Krankenhaus und in Reha-Einrichtungen stärker integriert werden. Außerdem sind wichtige Weiterentwicklungen der ambulanten Versorgung heute noch nicht in der Psychotherapeutenausbildung geregelt. Dazu zählt insbesondere das breitere Spektrum von psychischen Erkrankungen, die mit Psychotherapie behandelt werden können, aber auch die Stärkung der Gruppenpsychotherapie und die psychotherapeutische Sprechstunde.

„Künftig sollen Psychotherapeuten bereits nach dem Studium so qualifiziert sein, dass ihnen eine Approbation erteilt werden kann, damit sie sich genauso wie Ärzte darauf aufbauend weiterbilden können und währenddessen ein angemessenes Einkommen erzielen“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Eine Reform sollte außerdem dafür sorgen, dass Psychotherapeuten ihre Qualifizierung nicht mehr selbst finanzieren müssen.“ Die von den Psychotherapeuten in Weiterbildung geleistete Arbeit in der Versorgung wird einen wesentlichen Teil der Kosten decken. Für eine hohe Weiterbildungsqualität mit ausreichender Anleitung werden aber zusätzliche Mittel gebraucht.

Seit Juli letzten Jahres gibt es einen Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein Reformgesetz. Der Entwurf sieht ein fünfjähriges Studium vor, das aus einem Bachelor- und einem Masterstudiengang besteht und nach einer staatlichen Prüfung die Approbation ermöglicht. In der anschließenden Weiterbildung spezialisieren sich Psychotherapeuten für die Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen und erwerben die Fachkunde in einem Psychotherapieverfahren. Erst danach ist eine Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich. Die Reform wird von einer breiten Mehrheit der Psychotherapeuten getragen. Der Deutsche Psychotherapeutentag hat sich seit 2014 mehrfach mit überwältigender Mehrheit für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung ausgesprochen.