Neues Disease-Management-Programm für Patienten mit chronischen Depressionen

G-BA schließt Psychotherapeuten als Koordinatoren der Behandlung aus

(BPtK) Patienten mit chronischen oder wiederkehrenden Depressionen können sich künftig im Rahmen eines strukturierten Behandlungsprogramms (Disease-Management-Programm – DMP) behandeln lassen. Die inhaltlichen Anforderungen für das neue DMP hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in seiner Sitzung am 15. August 2019 beschlossen und hat damit einen gesetzlichen Auftrag aus dem Jahr 2015 umgesetzt. Das DMP richtet sich an Patienten mit chronischer Depression oder wiederholt auftretenden depressiven Episoden mit mittlerer bis schwerer Ausprägung.

Zentrale Bausteine des Behandlungsprogramms sind eine leitlinienorientierte Behandlung mit Psychotherapie und medikamentöser Therapie. Die konkreten Therapieempfehlungen richten sich insbesondere nach Verlauf und Schweregrad der Depression unter Berücksichtigung komorbider körperlicher und psychischer Erkrankungen. Auch das Vorgehen bei Suizidalität und Maßnahmen des Krisenmanagements werden im DMP adressiert. Jeder Patientin und jedem Patienten soll zudem – sofern sie aus ärztlicher oder psychotherapeutischer Sicht davon profitieren können – ein evaluiertes digitales Selbstmanagementprogramm unter qualifizierter Begleitung angeboten werden. Alternativ können auch evaluierte Präsenzschulungen angeboten werden.

Die Langzeitbetreuung und Koordination der Behandlung soll im DMP grundsätzlich durch den Hausarzt erfolgen. In Ausnahmefällen können dies auch spezialisierte Leistungserbringer wie beispielsweise Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie übernehmen. Dagegen können sich Patienten nicht bei ihrem Psychotherapeuten in das DMP einschreiben lassen. „Damit werden für Patienten, die bereits beim Psychotherapeuten in Behandlung sind, völlig unnötige Hürden für die Teilnahme am DMP aufgebaut“, bemängelt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. „Patienten sollten die Wahl haben, dass der Arzt oder Psychotherapeut die Koordination ihrer Versorgung übernehmen kann, der am besten mit ihrer Erkrankung vertraut und für sie der wichtigste Ansprechpartner ist. Der zentralen Rolle der Psychotherapie in der Versorgung depressiver Erkrankungen muss hier stärker Rechnung getragen werden.“

Sinnvoll erscheint dagegen, dass das DMP eine systematische Einbindung der Psychotherapeuten und Fachärzte im Behandlungsverlauf vorsieht. Eine Grundlage hierfür bilden die regelmäßigen Verlaufskontrollen, bei denen der koordinierende Arzt insbesondere die Symptomausprägung und -veränderung, das psychosoziale Funktionsniveau und Behandlungseffekte beurteilt. Wenn nach sechs Wochen hausärztlicher Behandlung noch keine ausreichende Besserung erzielt wurde, ist von ihm die Überweisung zum Psychotherapeuten oder entsprechend qualifizierten Facharzt zu prüfen. Eine stärkere Kooperation zwischen Hausärzten und Psychotherapeuten kann so zu einer leitlinienorientierten Behandlung beitragen.

Online-Befragung von ver.di zur Versorgungsqualität in der Psychiatrie

Welche Versorgung ist mit der aktuellen Personalausstattung möglich?

(BPtK) Im Herbst soll der Gemeinsame Bundesausschuss Mindeststandards für die Personalausstattung in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken beschließen, die eine leitliniengerechte Versorgung ermöglichen. Es wird befürchtet, dass die Vorgaben noch unter denen der Psychiatrie-Personalverordnung bleiben und die pflegerischen und psychotherapeutischen Versorgungsmängel in der Psychiatrie weiter bestehen bleiben.

Die Gewerkschaft ver.di bittet deshalb um die Beteiligung an einer kurzen Umfrage „Versorgungsbarometer Psychiatrie“. Gefragt wird nach der aktuellen Personalausstattung und ihren Auswirkungen auf die Versorgung. Ausdrücklich gefragt wird auch nach der Einschätzung der Psychotherapeuten. Wer sich an der Umfrage beteiligen möchte, kann dies HIER tun.

Online-Befragung zu Suizidalität

BPtK empfiehlt, das Präventionsprojekt zu unterstützen

(BPtK) Jedes Jahr versterben in Deutschland 10.000 Menschen durch Suizid. Das Projekt „Suizidprävention Deutschland“ will Defizite beschreiben und Empfehlungen entwickeln. Es ist eine Initiative des Nationalen Suizidpräventionsprogramms für Deutschland und der Deutschen Akademie für Suizidprävention und wird vom Bundesgesundheitsministerium gefördert (https://www.akademie-suizidpraevention.de).

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) empfiehlt, sich an der Online-Befragung zu beteiligen und die Fragebögen bis spätestens 30. September 2019 auszufüllen. Die Fragebögen haben unterschiedliche thematische Schwerpunkte:

Die Antworten werden selbstverständlich vertraulich behandelt, anonymisiert ausgewertet und ausschließlich für das oben genannte Vorhaben verwendet. Bei Rückfragen bitte wenden an: bmg@lvr.de oder suizidpraevention-deutschland@uk-halle.de.

Weitere Infos zur Studie:

Mangelhafter Patientenschutz bei Gesundheits-Apps

BPtK: Nachlässige Qualitätssicherung im Digitalen Versorgung-Gesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert einen mangelhaften Patientenschutz bei Gesundheits-Apps, wie er im gestern verabschiedeten Kabinettsentwurf zum Digitalen Versorgung-Gesetz vorgesehen ist. Gesundheits-Apps, auf die Versicherte einen Anspruch haben, werden danach nicht den Standards der gesetzlichen Krankenversicherung genügen. Als ausreichend soll bereits gelten, wenn Versicherte durch eine App besser informiert werden. Die BPtK fordert, an Gesundheits-Apps vergleichbare Ansprüche zu stellen wie an Arznei- und Heilmittel.

„Wenn eine Gesundheits-App verspricht, eine Behandlung wirksam zu unterstützen, dann muss genau diese Wirkung auch unabhängig überprüft werden“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die angestrebte schnelle Verbreitung von Gesundheits-Apps darf nicht zulasten der Patienten gehen. Der Hauptzweck der Gesundheitsversorgung ist das Wohl der Patienten und nicht Wirtschaftsförderung mit Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung.“

Mit dem Digitalen Versorgung-Gesetz plant Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine Liste mit „digitalen Gesundheits-Anwendungen“, auf die Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch haben. Die Liste soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führen. Die BPtK begrüßt, dass Gesundheits-Apps verstärkt für die Versorgung nutzbar werden sollen. Dafür müssen Gesundheits-Apps aber nachweisen, dass sie eine Behandlung tatsächlich wirksam unterstützen können. Nur der Beleg eines „positiven Versorgungseffektes“, wie er bisher im Digitalen Versorgung-Gesetz geplant ist, ist nicht ausreichend.

Für psychische Erkrankungen gibt es bereits eine Reihe evaluierter und als Medizinprodukte der Klassen I bzw. IIa zertifizierte Gesundheits-Apps. Sie können die Prävention unterstützen und eine psychotherapeutische Behandlung positiv ergänzen. In der Fülle des Angebots ist es jedoch weder für Versicherte noch Patienten und auch nicht für Psychotherapeuten erkennbar, welche Angebote die von Herstellern angegebenen Wirkungen tatsächlich erzielen.

Die BPtK fordert außerdem, dass Ärzte und Psychotherapeuten prüfen müssen, ob eine Gesundheits-App zu einem Patienten und seiner Erkrankung passt. Das Digitale Versorgung-Gesetz plant, es Krankenkassen zu erlauben, Versicherten Gesundheits-Apps zu empfehlen. „Ohne fachkundige Diagnostik und Indikationsstellung durch Ärzte und Psychotherapeuten drohen Fehlbehandlungen“, warnt BPtK-Präsident Munz. „Für kranke Menschen kann die leichtfertige Empfehlung einer Krankenkasse schnell zum Albtraum werden.“

Reform der Bedarfsplanungs-Richtlinie in Kraft getreten

BMG beanstandet G-BA-Beschluss nicht

(BPtK) Am 30. Juni 2019 ist die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) geänderte Bedarfsplanungs-Richtlinie in Kraft getreten. Anders als die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) sah das Bundesgesundheitsministerium (BMG) keinen Grund, den G-BA-Beschluss zu beanstanden.

Mit der geänderten Richtlinie kann bei weitem nicht der wissenschaftlich und fachlich festgestellte Bedarf an zusätzlichen psychotherapeutischen Behandlungsplätzen gedeckt werden. Durch die Änderungen können einmalig knapp 800 neue Psychotherapeutensitze geschaffen werden. Um eine bedarfsgerechte Versorgung zu ermöglichen, wäre jedoch mindestens das Dreifache an zusätzlichen Praxissitzen notwendig gewesen. Ein vom G-BA in Auftrag gegebenes Gutachten hatte einen zusätzlichen Bedarf von rund 2.400 Sitzen ermittelt. Im Ergebnis hat der G-BA eine Reform der Bedarfsplanung beschlossen, die weiter zu unzumutbaren Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie führt. Der „Monitor Patientenberatung“ der Unabhängigen Patientenberatung hatte jüngst erneut lange Wartezeiten für eine Psychotherapie bemängelt.

Außerdem führte der G-BA statt eines Morbiditätsfaktors lediglich einen zusätzlichen Demografiefaktor ein. Mit dem zusätzlichen Demografiefaktor schuf er sogar einen Automatismus, der künftig zu einem jährlichen Abbau von vorgesehenen psychotherapeutischen Praxissitzen führt. Bereits in diesem Jahr sinkt dadurch die Zahl der rund 1.000 zusätzlichen Praxissitze auf 776 Sitze. Die BPtK hatte keine Gelegenheit, zu diesem Demografiefaktor Stellung zu nehmen, weil er erst nach dem Stellungnahmeverfahren eingeführt wurde. Aus Sicht der BPtK hätte das BMG die Bedarfsplanungs-Richtlinie allein aus diesem Grund beanstanden müssen, weil die neue Regelung sich besonders nachteilig für die Psychotherapie auswirkt.

Depressionen deutlich häufiger diagnostiziert

Anteil unspezifischer Diagnosen immer noch viel zu hoch

(BPtK) Depressionen wurden 2017 um 26 Prozent häufiger diagnostiziert als 2009. 2017 erhielt etwa jeder sechste gesetzlich Krankenversicherte mindestens eine Diagnose einer depressiven Erkrankung. Allerdings beträgt der Anteil der ungenauen („unspezifischen“) Diagnosen immer noch 42 Prozent und ist damit viel zu hoch. Hausärzte stellten rund 60 Prozent der Depressionsdiagnosen. Von ihnen stammen auch 70 Prozent der unspezifischen Diagnosen. Bei fachspezifischen Ärzten und Psychotherapeuten lag der Anteil nur bei 6 Prozent. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Versorgungsatlas-Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung. Die Grundlage bildeten bundesweite vertragsärztliche Abrechnungsdaten zwischen 2009 und 2017 von jährlich mehr als 60 Millionen gesetzlich Krankenversicherten.

Frauen erhalten immer noch doppelt so häufig eine Depressionsdiagnose wie Männer. Doch nahmen diese Diagnosen bei Männern (plus 40 Prozent) doppelt so schnell zu wie bei Frauen (plus 20 Prozent). Die Zunahme war insbesondere bei jungen Männern sowie in ländlichen Kreisen besonders ausgeprägt.

Unspezifische Diagnosen sind Diagnosen, bei denen nicht zwischen den verschiedenen Depressionen unterschieden wird. Es wird beispielsweise nicht der Schweregrad der Depression kodiert, der notwendig ist, um die Indikation für eine leitliniengerechte Behandlung zu stellen. Depressionen können in den meisten Fällen wirksam behandelt werden, z. B. mit einer Psychotherapie oder mit Antidepressiva. Wie genau Depressionen bei Erwachsenen am besten behandelt werden sollen, ist in der „S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression“ dargestellt. Die Bundespsychotherapeutenkammer hat die wesentlichen Inhalte für Psychotherapeuten in einer Leitlinien-Info zusammengefasst. Außerdem beinhaltet die Broschüre „Informationen für Patienten“, die ergänzend zur mündlichen Aufklärung ausgehändigt werden können.

Prävention und Frühintervention bei Alkoholerkrankungen

Internationaler Round Table der BPtK am 9. April 2019 in Berlin

(BPtK) (English Version available on http://www.npce.eu/)

In Europa wird weltweit am meisten Bier, Wein und Hochprozentiges getrunken. Insbesondere junge Erwachsene konsumieren häufig zu viel Alkohol. Alkoholmissbrauch fördert Gewalt, tötet und erhöht durch zahlreiche Folgeerkrankungen die Sterberate. Mehr als zehn Prozent aller Todesfälle in Europa sind durch Alkoholmissbrauch verursacht. 12 Millionen Bürger der EU sind alkoholabhängig, rund 9 Millionen Kinder leben mit alkoholkranken Eltern zusammen. In Bezug auf die Prävention von Alkoholmissbrauch gibt es in einigen Mitgliedsländern zwar ermutigende Beispiele, es fehlt aber eine effektive, europaweite Strategie zur Steuerung des Konsums und des Verkaufs von Alkohol. Sowohl in der ambulanten als auch der stationären Versorgung von Alkoholkranken kann Psychotherapie einen wichtigen Beitrag leisten, sie findet jedoch noch viel zu selten statt.

Das sind die zentralen Ergebnisse des Round-Table-Gesprächs „Prävention von und Frühintervention bei Alkoholstörungen – aus Best-Practice-Beispielen in Europa lernen“, das von der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in Kooperation mit dem Network for Psychotherapeutic Care in Europe (NPCE) am 9. April 2019 in Berlin stattfand. Daran beteiligt waren internationale Experten aus Belgien, Bulgarien, Frankreich, Irland, Italien, Litauen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Ungarn, der Schweiz, Zypern und Deutschland.

Möglichkeiten und Grenzen einer europäischen Alkoholpolitik

Genderaspekte in Prävention und Versorgung

BPtK-Symposium zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

(BPtK) Psychische Auffälligkeiten zeigen sich bei Mädchen und Jungen unterschiedlich. Jungen äußern ihre Probleme mehrheitlich nach außen, z. B. in Form von expansivem oder aggressivem Verhalten. Mädchen hingegen richten ihre Probleme vorwiegend nach innen, wirken eher traurig und ziehen sich zurück. Ob Mädchen, Jungen und ihre Familien bei psychischen Auffälligkeiten unterschiedlich angesprochen und behandelt werden sollten oder sogar müssen, war Thema eines Symposiums der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) am 16. Mai 2019 in Berlin.

„Prävention und Versorgung sollten einen Beitrag leisten, die gesundheitliche Chancengleichheit von Mädchen und Jungen zu verbessern“, stellte Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK, in seiner Begrüßung fest. „Deshalb müssen wir kritisch prüfen, ob Geschlechtsunterschiede bereits ausreichend berücksichtigt werden, und wenn nicht, geeignete Maßnahmen entwickeln, um das zu erreichen.“ Moderator und BPtK-Vorstandsmitglied Wolfgang Schreck begrüßte, dass die verschiedensten Akteure aus dem Gesundheitswesen, der Kinder- und Jugendhilfe sowie dem Bildungs- und Sozialwesen an der Veranstaltung teilnehmen. Dadurch gebe es die Chance, über die Grenzen einzelner Hilfesysteme und Professionen hinaus zu diskutieren.

Psychische Auffälligkeiten bei Mädchen und Jungen

Epidemiologische Studien untermauern die Bedeutung von Geschlechtsunterschieden in der psychischen Gesundheit. Dr. Franz Baumgarten vom Robert Koch-Institut stellte dies anhand Auswertungen der KiGGS-Studie, bei der in den vergangenen 15 Jahren über 17.000 Kinder, Jugendliche und ihre Eltern aus ganz Deutschland befragt wurden, dar. Danach schätzen Eltern 19,1 Prozent der Jungen als psychisch auffällig ein. Das ist häufiger als bei Mädchen, von denen 14,5 Prozent als psychisch auffällig eingeschätzt werden. Während Auffälligkeiten bei Jungen vor allem im Zusammenhang mit aggressivem Verhalten und Hyperaktivität stehen, zeigen sie sich bei Mädchen vorwiegend in Form von emotionalen Problemen.

Patienten vor Fehlbehandlungen schützen

BPtK fordert besseren Patientenschutz im Digitalen Versorgung-Gesetz

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt, dass Gesundheits-Apps verstärkt für die Versorgung nutzbar werden sollen. Dafür müssen Gesundheits-Apps aber nachweisen, dass sie eine Behandlung wirksam unterstützen können. Der Beleg eines „positiven Versorgungseffektes“, wie er bisher im Digitalen Versorgunggesetz geplant ist, ist nicht ausreichend.

„Wenn eine Gesundheits-App verspricht, eine Behandlung wirksam zu unterstützen, dann muss genau diese Wirkung auch unabhängig überprüft werden“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz, „sonst können Ärzte und Psychotherapeuten es nicht verantworten, sie zu verordnen.“ Nach dem geplanten Digitalen Versorgung-Gesetz könnten Gesundheits-Apps auch zugelassen werden, wenn sie – anders als vom Hersteller angekündigt – nicht die Behandlung unterstützen, sondern zum Beispiel nur Informationen vermitteln. „Die angestrebte schnelle Verbreitung von Gesundheits-Apps darf nicht zulasten der Patienten gehen“, stellt Munz klar. „Der Hauptzweck der Gesundheitsversorgung ist das Wohl der Patienten und nicht Wirtschaftsförderung mit Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung.“

Für psychische Erkrankungen gibt es bereits eine Reihe evaluierter und als Medizinprodukte der Klassen I bzw. IIa zertifizierte Gesundheits-Apps. Sie können die Prävention unterstützen und eine psychotherapeutische Behandlung positiv ergänzen. In der Fülle des Angebots ist es jedoch weder für Versicherte noch Patienten und auch nicht für Psychotherapeuten erkennbar, welche Angebote die von Herstellern angegebenen Wirkungen tatsächlich erzielen. „Wir begrüßen, dass digitale Anwendungen in die Versorgung psychisch kranker Menschen integriert werden sollen. Auch als Präventionsangebote halten wir digitale Anwendungen für sinnvoll“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Dafür müssen Gesundheits-Apps aber den Nachweis erbringen, dass sie tatsächlich wirksam sind.“

Mit dem Digitalen Versorgung-Gesetz plant Bundesgesundheitsminister Spahn eine Liste mit „digitalen Gesundheits-Anwendungen“, auf die Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch haben. Die Liste soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führen. Mit den Gesundheits-Apps entstehen damit neue Kassenleistungen, an die vergleichbare Ansprüche bezüglich Wirksamkeit zu stellen sind wie an Arznei- und Heilmittel.

Die BPtK fordert außerdem, dass Ärzte und Psychotherapeuten prüfen müssen, ob eine Gesundheits-App zu einem Patienten und seiner Erkrankung passt. Das Digitale Versorgung-Gesetz plant, es Krankenkassen zu erlauben, Versicherten Gesundheits-Apps zu empfehlen. „Ohne fachkundige Diagnostik und Indikationsstellung durch Ärzte und Psychotherapeuten drohen Fehlbehandlungen“, warnt BPtK-Präsident Munz. „Für kranke Menschen kann die leichtfertige Empfehlung einer Krankenkasse schnell zum Albtraum werden. Deshalb fordert die BPtK, den Patientenschutz bei Gesundheits-Apps im Digitalen Versorgung-Gesetz nachzubessern.“

Schutz von psychisch kranken Menschen nicht ausreichend

BPtK warnt vor elektronischer Patientenakte

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) warnt psychisch kranke Menschen davor, die elektronische Patientenakte, wie sie bisher im Digitalen Versorgung-Gesetz geplant ist, zu nutzen. „Die elektronische Patientenakte erfüllt bislang nicht die Mindeststandards, die zum Schutz der Patienten notwendig sind“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Psychisch kranke Menschen müssen im Einzelnen darüber entscheiden können, wer zum Beispiel von einer Behandlung in einer psychiatrischen Klinik oder mit einem Antidepressivum erfährt. Solange dies nicht sichergestellt ist, kann ich nur davon abraten, Informationen über psychische Erkrankungen in der elektronischen Patientenakte zu speichern.“

Aus Sicht der BPtK sichern die gesetzlichen Vorgaben zur Patientenakte bisher nicht die unabdingbaren Mindeststandards für Patientensicherheit und Patientensouveränität. Die BPtK fordert, für Patienten verbindlich ein Berechtigungsmanagement auf Dokumentenebene vorzusehen. „Menschen mit psychischen Erkrankungen werden immer noch stark diskriminiert“, stellt Munz fest. „Patienten müssen deshalb entscheiden können, welche Dokumente überhaupt in der Patientenakte gespeichert und welche Dokumente von wem eingesehen werden dürfen. Nicht jeder Leistungserbringer sollte ungefiltert auf alle Informationen zugreifen dürfen.“ Außerdem müssen sensible Gesundheitsinformationen auf dem höchsten Niveau des Datenschutzes und der Datensicherheit vor dem Zugriff von Nichtberechtigten geschützt werden.

Downloads