Patient*innen im Umgang mit psychischen Erkrankungen stärken

Fachtagung der Allianz für Gesundheitskompetenz am 4. Februar 2020

(BPtK) Unter dem Motto „Gesundheitskompetenz im digitalen Zeitalter“ findet am 4. Februar 2020 eine große Fachtagung der „Allianz für Gesundheitskompetenz“, der auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) angehört, statt. „Jede Zweite* verfügt nur über eine begrenzte Gesundheitskompetenz und hat Probleme damit, Informationen zu finden, zu verstehen und für die eigene Gesundheit zu nutzen. Dies trifft auch auf Menschen mit psychischen Erkrankungen zu“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Um das zu ändern, bietet die BPtK zwei Webportale an, auf denen sich Patient*innen informieren können.“

„Gerade bei psychischen Erkrankungen ist es für viele schwierig, sich überhaupt helfen zu lassen“, erläutert der BPtK-Präsident. „Unsere Webseite ‚Wege zur Psychotherapie‘ informiert deshalb gut verständlich über psychische Erkrankungen und wen die Patient*in um Rat fragen kann.“ Sie bietet Antworten auf Fragen „Bin ich psychisch krank?“, „Wer behandelt psychische Erkrankungen“ oder „Was kann ich im Notfall tun?“ Sie ist auch auf Englisch und Türkisch verfügbar.

Um Jugendliche im Umgang mit ihren häufig widerstreitenden Gefühlen zu stärken wurde von der BPtK die Seite „Gefühle fetzen“ konzipiert (www.gefuehle-fetzen.net). Jugendliche erfahren dort, welche Gefühle andere Jugendliche bewegen, wie diese damit umgegangen sind und wann es sinnvoll sein kann, sich Hilfe zu holen und bei wem.

Die BPtK informiert auch Migrant*innen über psychische Erkrankungen. Viele Flüchtlinge haben in ihrem Heimatland und auf der Flucht Traumatisches erlebt. Ein großer Teil von ihnen leidet noch lange unter den schrecklichen Erlebnissen. Um auch ihnen zu helfen, hat die BPtK einen Ratgeber für Flüchtlingshelfer sowie einen Ratgeber für Flüchtlingseltern herausgegeben. Der Elternratgeber ist auch in Englisch, Arabisch, Persisch und Kurdisch verfügbar.

Die „Allianz für Gesundheitskompetenz“ wurde 2017 gegründet mit dem Ziel, die Bevölkerung in ihrer Gesundheitskompetenz zu stärken. Partner der Allianz sind neben dem Bundesministerium für Gesundheit, der Gesundheitsministerkonferenz der Länder und der Patientenbeauftragten der Bundesregierung 14 Spitzenorganisationen der Selbstverwaltung.

Gutachter*innen lehnen einheitliche ambulante Gebührenordnung ab

Neue Gebührenordnung für Ärzte notwendig

(BPtK) Eine einheitliche ambulante Gebührenordnung für die gesetzliche und private Krankenversicherung ist mit erheblichen Nachteilen verbunden. Zu diesem Ergebnis kommt die Wissenschaftliche Kommission für ein modernes Vergütungssystem (KOMV) in einem Gutachten, das vom Bundesgesundheitsministerium beauftragt war. Stattdessen wird eine partielle Harmonisierung der beiden Gebührenordnungen empfohlen, insbesondere zur gemeinsamen Beschreibung der einzelnen ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen. „Erste Konsequenz aus dem Gutachten muss nun die schnelle Umsetzung der neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und damit auch der neuen Gebührenordnung für Psychotherapeuten (GOP) sein“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).

„Der Entwurf einer neuen GOÄ/GOP berücksichtigt das gesamte Leistungsspektrum ärztlicher und psychotherapeutischer Tätigkeiten auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Zudem sind Bewertungen der Leistungen transparent betriebswirtschaftlich kalkuliert“, erklärt der BPtK-Präsident. „Diese neue GOÄ/GOP kann daher zu einem späteren Zeitpunkt einer von den Gutachter*innen vorgeschlagenen partiellen Harmonisierung bei der Leistungsbeschreibung und relativen Kostenkalkulation zugrunde gelegt werden. Die aktuelle Reform der GÖÄ/GOP darf aber jetzt nicht weiter aufgeschoben werden“.

Die letzte Teilaktualisierung der GOÄ fand im Jahr 1996 statt. Die Leistungen in der GOÄ wurden seither nicht mehr an den aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst. Auch die Preise der ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen blieben seither unverändert. Dadurch fehlen in der GOÄ zum Beispiel neue wissenschaftlich anerkannte Psychotherapieverfahren wie die Systemische Therapie ebenso wie Leistungen der psychotherapeutischen Notfallbehandlung.

In der Folge ist auch die Vergütung in der privaten Krankenversicherung deutlich unter das Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung gefallen. Verhaltenstherapeutische Einzelsitzungen werden in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) um rund zehn Prozent, die tiefenpsychologische fundierte und die analytische Psychotherapie sogar um 19 Prozent höher vergütet als nach den Gebührensätzen der GOÄ/GOP. Mit der Reform des EBM zum 1. April 2020 wird bei den übenden Verfahren die Honorierung in der gesetzlichen Krankenversicherung die von Privatpatienten sogar um 83 Prozent übersteigen. „Unter diesen Rahmenbedingungen ist eine wirtschaftliche Leistungserbringung für Psychotherapeut*innen bei PKV-Versicherten nicht mehr möglich“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Die Umsetzung der neuen GOÄ/GOP ist mehr als überfällig.“

Arbeitnehmer*innen in Leiharbeit sind häufiger psychisch krank

Antwort auf eine Kleine Anfrage Der Linken

(BPtK) Leiharbeiter*innen sind in einem allgemein schlechten Gesundheitszustand und leiden häufiger unter Depressionen und Burnouts. Dies stellt das Bundesarbeitsministerium in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage Der Linken „Auswirkungen atypischer Beschäftigung auf die Gesundheit“ fest. Die Bundesregierung hält dazu fest: „Längsschnittstudien […] verweisen darauf, dass es sich um kausale Zusammenhänge handeln könnte“ (Bundestagsdrucksache 19/16172, Seite 6).

Dabei sind solche Arbeitsverhältnisse weit verbreitet. Jede fünfte Beschäftigte*, oder fast 8 Millionen Menschen, arbeitet heute in einer sogenannten atypischen Beschäftigung. Darunter fallen fast 1 Million Leiharbeiter*innen, 4,5 Millionen Teilzeitbeschäftigte und 2,5 Millionen befristet Beschäftigte.

Über 50.000 Unterschriften für eine bessere Personalausstattung in der Psychiatrie

Öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestags

(BPtK) Die Petition für eine ausreichende und flächendeckende Personalausstattung in den psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern war erfolgreich. Die Petition, die vom Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen eingebracht worden war, erreichte mit fast 55.000 Unterschriften die notwendige Zustimmung. Der Petitionsausschuss des Bundestags berät das Anliegen der Unterzeichner*innen jetzt in einer öffentlichen Sitzung.

Damit wird der unzureichende Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-Richtlinie) noch einmal öffentliches Thema. Trotz gravierender Versorgungsmängel in den Kliniken und entgegen der Meinung von Fachexpert*innen hatte der G-BA die Personalstandards nicht ausreichend verbessert. Die Politik hat deshalb bereits reagiert und den G-BA beauftragt, bis zum 30. September 2020 Vorgaben für die Anzahl von Psychotherapeut*innen je Krankenhausbett zu erarbeiten.

Depressive Beschwerden in Deutschland besonders häufig

Ergebnisse des European Health Interview Survey

(BPtK) In Deutschland kommen depressive Beschwerden deutlich häufiger vor als im europäischen Durchschnitt. In Europa berichtet durchschnittlich einer von 15 Erwachsenen (6,6 %) zum Beispiel über eine niedergeschlagene Stimmung oder erhebliche Schwierigkeiten, sich zu Aktivitäten aufzuraffen. In Deutschland ist es aber von zehn Erwachsenen fast einer (9,2 %).

Das ist das Ergebnis des European Health Interview Survey (EHIS), bei dem rund 250.000 Erwachsene aus 25 EU-Staaten befragt wurden. Die Unterschiede sind bei jüngeren Menschen besonders groß: Deutschland 11,5 %, Europa 5,2 %. Bei Älteren sind depressive Symptome in Deutschland dagegen seltener: Deutschland 6,7 %, Europa 9,1 %.

„Wir müssen genauer wissen, weshalb junge Menschen bei uns deutlich häufiger von depressiven Symptomen berichten als im europäischen Vergleich“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, fest. „Klar ist aber jetzt schon, wir benötigen Präventionsangebote, die Jugendliche und junge Erwachsene besser erreichen.“

Nähere Informationen zu Depressionen und deren Behandlungsmöglichkeiten, sind auf der BPtK-Homepage zu finden: www.bptk.de/psychische-krankheiten.

Höhere Vergütung der Behandlung bei Arbeitsunfall oder Berufskrankheit

Gesetzliche Unfallversicherung passt psychotherapeutische Honorare an

(BPtK) Die gesetzliche Unfallversicherung hat eine bessere Vergütung psychotherapeutischer Leistungen beschlossen. Ihre Honorierung wurde zum 1. Januar 2020 zum Teil deutlich erhöht.

Probatorische Sitzungen werden künftig mit 130 Euro statt 110 Euro je Sitzung vergütet, ebenso die traumaspezifische Therapie. Auch Vergütungen für Notfallkonsultationen, besonders aufwändige therapeutische Maßnahmen und verschiedene psychodiagnostische Leistungen wurden angehoben. Die gesetzliche Unfallversicherung hat jetzt auch die biografische Anamnese eingeführt, die einmal im Behandlungsfall berechnet werden kann.

Die gesetzliche Unfallversicherung ist verpflichtet, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Versicherten nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten mit psychischen Gesundheitsstörungen wiederherzustellen. Die Versorgung dieser Patient*innen ist seit 2012 im „Psychotherapeutenverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung“ geregelt. Die Therapie kann ausschließlich vom Unfallversicherungsträger oder von einer „Durchgangsärzt*in“ (D-Ärzt*in) eingeleitet werden. Diese überweist an eine Psychotherapeut*in, um den Behandlungsbedarf zu prüfen und, falls notwendig, eine störungsspezifische Behandlung einzuleiten.

Um Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung zu behandeln, müssen Psychotherapeut*innen eine „Beteiligung“ beantragen. Dafür müssen sie akkreditierte Fortbildungen in der leitliniengerechten Diagnostik und Behandlung von typischen psychischen Erkrankungen nach Arbeitsunfällen und psychischen Berufskrankheiten im Umfang von 120 Stunden nachweisen sowie sechs supervidierte Behandlungsfälle von traumatisierten Patient*innen. In den zwei Jahren vor dem Antrag auf „Beteiligung“ sind darüber hinaus sechs Behandlungsfälle mit jeweils mindestens fünf Sitzungen von traumatisierten Patient*innen darzulegen. Ferner ist die Teilnahme an einer Einführungsveranstaltung der Unfallversicherung verpflichtend. Mit der „Beteiligung“ verpflichten sich Psychotherapeut*innen, innerhalb einer Woche nach Auftragserteilung mit der ambulanten Therapie zu beginnen.

BMG genehmigt Richtlinie zur Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik

Vorgaben für die Psychosomatik sollen aber noch einmal überprüft werden

(BPtK) Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat die Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-Richtlinie) genehmigt, aber mit einer Auflage versehen: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll die Mindestvorgaben für das Personal in den psychosomatischen Kliniken noch einmal überprüfen. Insbesondere soll er erwägen, die psychosomatischen Behandlungsbereiche weiter zu differenzieren und die Minutenwerte, die den Behandlungen je Patient*in und Woche zugrunde liegen, anzupassen. Die Richtlinie wurde am 31. Dezember 2019 veröffentlicht und ist damit in Kraft. Falls die Regelungen für die psychosomatischen Kliniken noch geändert werden müssen, soll der G-BA sie bis zum 31. Oktober 2020 anpassen. Falls die Frist nicht eingehalten werden kann, soll der G-BA die Sanktionsregelungen für diese Kliniken weiter aussetzen.

Anders als in der Psychiatrie gab es für die Psychosomatik bisher keine Personalvorgaben. Auch aus Sicht der Bundespsychotherapeutenkammer ist es sinnvoll noch einmal zu überprüfen, inwieweit die neuen Vorgaben wirklich geeignet sind, der Versorgung in den psychosomatischen Kliniken gerecht zu werden. Bisher unterscheiden die Vorgaben dort nur zwei Behandlungsbereiche. Nach Meinung von Expert*innen ist die Versorgung aber weitaus differenzierter. Auch ist aus Expertensicht der Anteil der Pflegeminuten im Vergleich zu anderen Berufsgruppen zu hoch.

Da das BMG die Richtlinie lediglich in Bezug auf die rechtmäßige Umsetzung des gesetzlichen Auftrags prüft, war mit weiteren Auflagen, insbesondere zur Höhe der Personalvorgaben, nicht zu rechnen. Dass in Psychiatrie und Psychosomatik aber noch erheblicher Nachbesserungsbedarf in der psychotherapeutischen Versorgung besteht, hat der Gesetzgeber bereits mit dem Auftrag an den G-BA klargemacht, Vorgaben für die Mindestzahl an Psychotherapeut*innen je Klinikbett zu entwickeln.

1.000 Euro monatlich für Psychotherapeuten in Ausbildung

Bessere Vergütung in psychiatrischen Kliniken

(BPtK) Psychotherapeuten in Ausbildung erhalten während des „Psychiatriejahrs“ ab September 2020 eine Vergütung von mindestens 1.000 Euro im Monat, was für viele eine deutliche finanzielle Verbesserung darstellt. Für Krankenhäuser entstehen hierdurch keine zusätzlichen Kosten. Die Krankenkassen müssen diese Mindestvergütung refinanzieren, unabhängig von dem tatsächlichen Entgelt, das die Kliniken zahlen. Dies regelt der neue § 3 Absatz 3 Nummer 7 der Bundespflegesatzverordnung. Für Reha-Einrichtungen sowie ärztliche und psychotherapeutische Praxen greift diese Regelung nicht, da diese nicht dem Krankenhausfinanzierungsgesetz unterliegen.

Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit sind keine Krankheiten

BPtK unterstützt nachdrücklich Behandlungsverbot

(BPtK) Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit sind keine Krankheiten oder Störungen. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) unterstützt deshalb nachdrücklich den Gesetzentwurf, den die Bundesregierung heute beschlossen hat. Danach sollen grundsätzlich bei unter 18-jährigen sogenannte Konversionsbehandlungen zur Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität verboten werden.

„Der Gesetzentwurf ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal, die Diskriminierung und Stigmatisierung von Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit nicht zu tolerieren“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Behandlungen von Homosexualität stellen einen erheblichen Verstoß gegen das psychotherapeutische Berufsrecht dar.“ Die BPtK hat sich zusätzlich für ein allgemeines Verbot ausgesprochen, das nicht auf Minderjährige beschränkt ist. Sollte das aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich sein, fordert sie ein Schutzalter bis 21 Jahre.

In Patientenbefragungen berichten auch psychotherapeutisch behandelte Menschen mit homosexueller Orientierung von Erfahrungen mit Konversionstherapien. „Das ist entwürdigend und inakzeptabel“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Die Behandlung von Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit ist zudem mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden. Betroffene Personen entwickeln häufiger depressive Erkrankungen, Angststörungen und Substanzmissbrauch und haben insbesondere als Jugendliche und junge Erwachsene ein erhöhtes Suizidrisiko.“

Dem heutigen heilberuflichen Konsens ging ein langer und schwieriger politischer Emanzipationsprozess insbesondere der frühen homosexuellen Emanzipationsbewegung voraus. Erst das öffentliche Auftreten der Schwulen- und Lesbenbewegung gegen die Diskriminierung ihrer sexuellen Orientierung führte dazu, dass auch die Wissenschaft diesbezüglich ihre pathologisierende Einstellung änderte. 1973 wurde Homosexualität aus dem US-amerikanischen Handbuch der psychischen Störungen (DSM) gestrichen. Danach dauerte es bis 1991, bis auch in der WHO-Klassifikation (ICD-10) Homosexualität nicht mehr als psychische Störung aufgeführt wurde. Transsexualität wurde gar erst in der im Mai 2019 verabschiedeten ICD-11 von der Liste der psychischen Erkrankungen gestrichen. „Aus Sicht der deutschen Psychotherapeutenschaft ist es bedrückend, dass diese Kategorisierungen mit dazu beitragen, dass homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen diskriminiert, stigmatisiert und Gewalt ausgesetzt waren und weiterhin sind“, erklärt BPtK-Präsident Munz.

Ein Verbot der Tabakwerbung reicht nicht aus

BPtK fordert auch ein Verbot für Alkoholwerbung

(BPtK) Im Deutschen Bundestag zeichnet sich eine Mehrheit für ein Tabakwerbeverbot in Deutschland ab. Damit würde Deutschland als letztes EU-Land die Werbung für Tabak auf Kinoleinwänden, Plakaten und Litfaßsäulen verbieten. „Ein Verbot der Tabakwerbung ist eine längst überfällige Maßnahme. Jedes Jahr sterben in Deutschland ca. 120.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Es ist an der Zeit, die Werbung für dieses Suchtmittel zu untersagen“, betont Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Aber Deutschland hat auch ein Alkoholproblem.“

Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland sind abhängig von Alkohol oder trinken Alkohol in schädlichen Mengen. Etwa die Hälfte dieser alkoholkranken Menschen wird durch unser Gesundheitssystem nicht erkannt und nur 10 Prozent der alkoholabhängigen Menschen erhalten eine suchtspezifische Behandlung. Alkoholstörungen verursachen nicht nur erhebliche Kosten im Gesundheitswesen, sondern auch volkswirtschaftliche Kosten durch lange Krankschreibungen und Frühverrentungen. Epidemiologischen Studien zufolge liegt die Hochrisikophase für die Entwicklung einer Alkoholstörung bereits im zweiten Lebensjahrzehnt in den Jahren zwischen 15 und Anfang 20. Wer in diesen Lebensjahren zu viel trinkt, hat ein erhöhtes Risiko, später eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln.

2018 stellte die Weltgesundheitsorganisation WHO in ihrem Gesundheitsbericht fest, dass Deutschland im europäischen Vergleich beim Alkoholkonsum weit über dem Durchschnitt liegt. Pro Kopf liegt der Durchschnitt bei 8,6 Litern reinem Alkohol pro Jahr, in Deutschland liegt er bei 11 Litern. Die Gesundheitspolitik setzt in Deutschland bisher nur auf Aufklärung und Eigenverantwortung. „Das reicht nicht aus. Wir brauchen ein Werbeverbot als ersten Schritt und im Weiteren zusätzlich zu Aufklärungskampagnen eine geringere Verfügbarkeit durch die Begrenzung der Verkaufszeiten für Alkohol. Auch die Erhöhung der Preise darf kein Tabu sein“, fordert BPtK-Präsident Dr. Munz.