Rund 10.000 Kinder kommen mit alkoholbedingten Schäden zur Welt

BPtK fordert intensive Aufklärungskampagne für Schwangere

(BPtK) Nach Schätzungen sind jährlich rund 10.000 Kinder in Deutschland schon bei ihrer Geburt alkoholgeschädigt. Fast jede dritte Frau trinkt während ihrer Schwangerschaft Alkohol und fast jede zehnte Frau in riskanten Mengen. 12 Prozent der Schwangeren betrinken sich gelegentlich sehr stark, vier Prozent tun dies sogar jeden Monat (GEDA-Studie, Robert Koch-Institut, 2012).

„Zu viele Menschen wissen nach wie vor nicht, dass Alkohol in der Schwangerschaft zu schweren und lebenslangen Schäden am ungeborenen Kind führen kann“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Deshalb sind intensive Aufklärungskampagnen für Schwangere notwendig. Schwangere sollten vollkommen auf Alkohol verzichten. Im Blut des Kindes herrscht schnell die gleiche Alkoholkonzentration wie im Blut der Mutter. Die Leber eines ungeborenen Kindes kann den Alkohol jedoch noch nicht abbauen.“

Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann zu schweren körperlichen, aber auch geistigen Schäden am ungeborenen Kind führen. Kinder, die solche Schäden erlitten haben, zeigen häufig Verhaltens- und Entwicklungsstörungen. Sie haben auch ein erhöhtes Risiko, selbst eine Suchterkrankung zu entwickeln. „Kinder mit vorgeburtlichen Schäden durch Alkoholkonsum benötigen häufig ihr Leben lang spezielle Versorgung“, stellt BPtK-Präsident Munz anlässlich der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss fest. „Dabei ist eine frühzeitige Diagnostik und eine abgestimmte Behandlung im multiprofessionellen Team notwendig.“ Die Anhörung erfolgte aufgrund eines Antrags der FDP-Fraktion (BT-Drs. 19/26118).

Vergütung für Psychotherapeut*innen in Ausbildung sofort regeln!

BPtK fordert gesetzliche Frist für die Krankenkassen

(BPtK) Die Vergütung von Psychotherapeut*innen in Ausbildung (PiAs) muss sofort geregelt werden. Seit 2019 ist bereits gesetzlich vorgeschrieben, dass von den Einnahmen aus Patientenbehandlungen 40 Prozent an PiAs weitergeben werden müssen. Bisher weigern sich jedoch die Krankenkassen, mit den Ausbildungsinstituten Vereinbarungen zu schließen, die das ermöglichen. Erst nach einer Vereinbarung können die Institute einen Vergütungsanteil an die PiAs auszahlen. Deshalb fordert die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), den Kassen jetzt eine Frist zu setzen. Diese Frist soll im Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung festgelegt werden, das heute im Bundestag beraten wird. Danach müssen spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes die Vereinbarungen zur PiA-Vergütung geschlossen sein.

„Viele PiAs warten seit über einem Jahr auf eine bessere Vergütung. Das ist nicht weiter zumutbar“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Die Krankenkassen sollten gesetzliche Vorschriften nicht dadurch unterlaufen können, dass sie Verhandlungen gar nicht ernsthaft führen.“

Mit der Reform der Psychotherapeutenausbildung wurde 2019 geregelt, dass PiAs mindestens 40 Prozent der Vergütung der von ihnen geleisteten Krankenbehandlungen erhalten. Dafür müssen die Krankenkassen mit den Ausbildungsambulanzen auf Landesebene eine Vereinbarung schließen. Die Ambulanzen sind verpflichtet, den vereinbarten Anteil an die PiAs auszuzahlen und dies den Kassen nachzuweisen.

Immer mehr Student*innen geraten an ihre psychischen Grenzen

Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage der FDP-Fraktion

(BPtK) Student*innen geraten immer mehr an ihre psychischen Grenzen. Dies wird durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt. Der Anteil, der angibt, psychisch beeinträchtigt zu sein, ist in diesem Jahr auf zehn Prozent gestiegen. 2012 waren es noch drei Prozent, 2016 sieben Prozent. Das geht aus den regelmäßigen Sozialerhebungen des Deutschen Studentenwerks und einer Corona-Sonderbefragung hervor. Die Zahlen teilte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion mit (BT-Drucksache 19/26331).

„Viele Student*innen haben bereits seit einem Jahr keine Präsenzveranstaltungen mehr,“ stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Der Verlust sozialer Kontakte, eine längere Studiendauer, unsichere Studienfinanzierung und unklare Arbeitsperspektiven – all dies gefährdet die psychische Gesundheit von Student*innen und jungen Menschen.“ Knapp die Hälfe der Jugendlichen gab in einer bundesweiten Studie zum Jugendalltag 2020 an, Angst vor der Zukunft zu haben. Nach einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK berichten über 50 Prozent der Auszubildenden von psychischen Beschwerden.

Kooperation zwischen Gesundheitswesen und Jugendhilfe weiter ausbauen

BPtK zum Entwurf eines Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG)

(BPtK) Die Kinder- und Jugendhilfe soll modernisiert und stärker an die Lebenssituation und die Bedarfe von Kindern und ihren Familien angepasst werden. Das ist das Ziel des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (BT-Drs. 19/26107), zu dem heute eine öffentliche Anhörung im Bundestag stattfindet. Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Kinder- und Jugendhilfe zum Beispiel künftig für alle Kinder zuständig sein, unabhängig davon, ob sie unter körperlichen, seelischen oder geistigen Behinderungen leiden. Außerdem sollen präventive Angebote gestärkt und unkomplizierte Beratungsmöglichkeiten ausgebaut werden. Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus auch Maßnahmen für einen wirksameren Kinderschutz.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt insbesondere die neue Regelung zur stärkeren Kooperation von Gesundheitswesen und Jugendhilfe. Sehen Psychotherapeut*innen oder Ärzt*innen Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung, sollen sie sich mit den Jugendämtern austauschen und beraten. „Eine geregelte Kooperation wird die Versorgung verbessern“, betont BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Dafür sollen auf Landesebene Kooperationsvereinbarungen getroffen werden. Diese sollten aus Sicht der BPtK jedoch nicht auf gefährdete Kinder begrenzt werden. Grundsätzlich benötigen auch viele psychisch kranke Kinder zusätzlich zu ihrer Behandlung die Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe. „Die Kooperationsvereinbarungen sollten auf alle Kinder und Jugendlichen erweitert werden, die sowohl Leistungen aus dem SGB V als auch aus dem SGB VIII erhalten“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Eine möglichst enge Abstimmung zum Beispiel von Familienberatung und Krankenbehandlung ist häufig sehr hilfreich, um die Gesundheit des Kindes nachhaltig zu fördern.“

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Besprechungen finanziert werden, die notwendig sind, um einzelne Kinder vor Gefahren zu schützen und ihre Versorgung abzustimmen. Die BPtK kritisiert, dass bisher gesetzlich nur sichergestellt ist, dass Online-Besprechungen vergütet werden. Eine Vergütung sollte es aber auch für Besprechungen im unmittelbaren Kontakt geben. „Ob per Video oder im unmittelbaren Kontakt – beide Arten von Besprechungen sollten möglich sein und auch finanziert werden“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Die Leistungserbringer*innen sollten selbst entscheiden können, wie sie ihre Hilfen koordinieren.“

Nicht in allen Regionen in Deutschland ist die Internetverbindung so stabil, dass eine störungsfreie Online-Besprechung möglich ist. In einer Befragung der BPtK zur Videobehandlung gaben Psychotherapeut*innen zum Beispiel an, dass bei 40 Prozent der Patient*innen auf dem Land und immerhin noch rund 25 Prozent in einer Großstadt die Internetverbindung nicht ausreicht, um eine störungsfreie Videositzung durchführen zu können. Aber selbst, wenn das Problem gelöst ist, reiche Videokonferenz nicht aus. „Besprechungen im unmittelbaren Kontakt sind erforderlich, wenn Eltern oder Kinder einbezogen werden“, erklärt Munz. „Bei solchen Gesprächen ist es meist notwendig, auch non-verbale Informationen vollständig mitzubekommen.“

BPtK fordert Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Menschen

Privatpraxen für zusätzliche Sprechstunden und Behandlungsplätze nutzen

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert eine Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Menschen. Das Angebot an psychotherapeutischer Beratung und Behandlung muss kurzfristig deutlich ausgeweitet werden. Deshalb sollten auch Privatpraxen bis Ende des Jahres grundsätzlich Menschen mit psychischen Beschwerden und Erkrankungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen versorgen können. Die Kassen müssen verpflichtet werden, die Kosten ohne bürokratische Hürden zu erstatten. Voraussetzung sollte nur sein, dass eine approbierte Psychotherapeut*in in Privatpraxis feststellt, dass eine Behandlung notwendig ist.

„Die zugelassenen Praxen sind durch die Corona-Pandemie noch stärker überlaufen. Viele Hilfesuchende warten inzwischen monatelang auf eine psychotherapeutische Beratung oder Behandlung“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Die zweite Corona-Welle gefährdet die psychische Gesundheit der Menschen erheblich stärker als die erste. Die andauernde Virusgefahr und die notwendigen Einschränkungen im gewohnten Leben überfordern die seelischen Widerstandskräfte vieler Menschen.“

Dabei verschärft die Corona-Pandemie den chronischen Mangel an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach einer Umfrage der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung sind die Patientenanfragen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum durchschnittlich um 40 Prozent gestiegen, bei Kindern und Jugendlichen sogar um 60 Prozent.  Nur 10 Prozent der Patient*innen kann innerhalb eines Monats ein Behandlungsplatz angeboten werden. 38 Prozent müssen länger als sechs Monate warten. „Es kann noch schlimmer werden“, sagt Munz voraus. „Das ganze Ausmaß der psychischen Folgen der Pandemie wird erst nach einem Lockdown-Ende sichtbar werden. Viele Menschen versuchen jetzt noch durchzuhalten und suchen erst später Hilfe.“

Bis hierhin und nicht weiter? Wie viel Internet ist okay?

Neue Internetseite: www.elternratgeber-internet.de

(BPtK) Eltern beobachten manchmal mit Sorge, wie viel Aufmerksamkeit und Lebenszeit ihre Kinder ihrem Smartphone schenken. Manchmal scheint ihnen die Welt im Netz wichtiger zu sein als die reale Welt. Und es stellen sich ganz grundsätzliche Fragen: Wie verändert die neue digitale Welt der Information, des Spiels und Zeitvertreibs, des Sich-Selbst-Findens, des Zusammenfindens und des Abgrenzens die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? Was ist normal und gehört heute einfach dazu? Was ist noch gesund und was zu viel des Abtauchens in virtuelle Welten?

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) bietet mit ihrem Elternratgeber „Internet“ erste Orientierung und Hilfe. Dieser Elternratgeber ist jetzt auch als eigene Internetseite verfügbar: www.elternratgeber-internet.de.

Die Webseite bietet je nach Alter des Kindes oder Jugendlichen unterschiedliche Empfehlungen für die Internetnutzung. Sie beschreibt auch, wo Eltern sich Beratung und Hilfe holen können, wenn sie den Eindruck bekommen, dass ihre Kinder in Chat-Plattformen und Spielen versinken. Es werden auch heikle Themen wie Cyber-Mobbing und Pornografie im Netz angesprochen.

Fast jedes dritte Kind ist psychisch auffällig

Starke Belastung durch die Corona-Pandemie

(BPtK) Weit über 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland leiden unter dem erneuten Lockdown während der zweiten Coronawelle. Fast jedes dritte Kind ist momentan psychisch auffällig, vor der Pandemie traf dies nur auf jedes fünfte Kind zu. Zugenommen haben vor allem Ängste und psychosomatische Beschwerden. Kinder sind niedergeschlagen, gereizt, haben Kopf- oder Bauchschmerzen oder können nicht einschlafen.

Das sind die zentralen Ergebnisse der COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, in der die psychische Gesundheit und Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie untersucht wird. Bereits im Mai und Juni 2020 wurden dafür mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche und über 1.500 Eltern befragt. Nun liegen der Ergebnisse der zweiten Befragungswelle von Mitte Dezember bis Mitte Januar vor.

Auch Familien kommen immer mehr an ihre Grenzen. Bereits im ersten Lockdown hatten 27 Prozent der Kinder berichtet, sich häufiger zu streiten. 37 Prozent der Eltern gaben an, dass Streitereien mit den Kindern häufiger eskalierten. Besonders der eingeschränkte Schulunterricht und das Home-Schooling belasten fast jedes zweite Kind stärker als noch beim ersten Lockdown.

Corona-Schutzimpfung auch für schwer psychisch kranke Menschen

„Hohe Priorität“ insbesondere bei bipolarer Störung, Schizophrenie oder schwerer Depression

(BPtK) Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen können künftig mit „hoher Priorität“ eine Corona-Schutzimpfung beanspruchen. Erstmals gehören auch Menschen mit einer bipolaren Störung, Schizophrenie oder schwerer Depression zu der Gruppe mit hoher Priorität auf eine Schutzimpfung.

„Auch Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen brauchen einen vorrangigen Anspruch auf eine Corona-Schutzimpfung“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die Aktualisierung der Impfverordnung ist ein wichtiger erster Schritt, um Menschen mit psychischen Erkrankungen zu schützen.“

Die Bundesregierung hat die Coronavirus-Impfverordnung mit Wirkung vom 8. Februar aktualisiert. Danach bleibt die Einteilung in Gruppen mit „höchster Priorität“, „hoher Priorität“ oder „erhöhter Priorität“ grundsätzlich erhalten. Die Gruppen wurden jedoch konkretisiert und ergänzt. Hohe Priorität haben künftig auch Personen, die in der stationären Versorgung von Menschen mit psychischen Behinderungen tätig sind. Auch bis zu zwei Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen, die nicht stationär versorgt werden, gehören zu dieser Gruppe. Voraussetzung dafür ist, dass sie Kontakt zu pflegebedürftigen Menschen mit einer Demenz, geistigen Behinderung oder schweren psychischen Erkrankungen haben. Die BPtK fordert jedoch, dass auch das medizinische und therapeutische Personal, das schwer psychisch kranke Menschen versorgt, eine Impfung erhält, und zwar im ambulanten wie im stationären Sektor.

Wer eine Schutzimpfung erhalten möchte, muss Nachweise über Vorerkrankungen, Alter, Wohnort, Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung oder Beschäftigungsort erbringen. Vorerkrankungen können durch niedergelassene Ärzt*innen bescheinigt werden. Mit der neuen Coronavirus-Impfverordnung wird auch eine individuelle ärztliche Beurteilung eingeführt, mit der festgestellt werden soll, ob aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ein sehr hohes oder hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf besteht. Diese Beurteilung kann allerdings nur von bestimmten Ärzt*innen ausgestellt werden, die von den Obersten Landesgesundheitsbehörden oder den von ihnen bestimmten Stellen mit dieser Aufgabe beauftragt wurden.

Die aktuelle Coronavirus-Impfverordnung finden Sie hier.

Systemische Therapie seit Jahresanfang Leistung der Beihilfe

Sprechstunde nicht abrechenbar, nur unter 18-Jährige durch KJP behandelbar

(BPtK) Seit dem 1. Januar 2021 übernimmt die Beihilfe, die Krankenversicherung der Beamt*innen, die Kosten für die Systemische Therapie. Auch die Kostenübernahme für die psychotherapeutische Akutbehandlung wurde neu geregelt. Als gravierende Einschränkung bleibt allerdings: Die Beihilfe bezahlt weiterhin keine psychotherapeutischen Sprechstunden. Außerdem dürfen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) aller anerkannten psychotherapeutischen Verfahren nur noch unter 18-Jährige behandeln.

„Diese willkürlichen Einschränkungen sind nicht nachzuvollziehen“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die psychotherapeutische Sprechstunde gehört seit 2017 zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen verfügen berufsrechtlich über die Erlaubnis, Heranwachsende bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres zu behandeln.“ Die BPtK fordert deshalb vom Bundesinnenministerium (BMI), welches die Bundesbeihilfe-Verordnung erlassen hat, diese fachlich und juristisch nicht haltbaren Regelungen zu korrigieren.

Das BMI hatte mit der geänderten Bundesbeihilfe-Verordnung die sozialrechtliche Anerkennung der Systemischen Therapie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nachvollzogen. Die Systemische Therapie ist damit als Einzeltherapie, im Mehrpersonensetting und als Gruppentherapie im Regelfall mit bis zu 36 Sitzungen beihilfefähig. Eine Behandlung kann um weitere 12 Sitzungen verlängert werden.

Die psychotherapeutische Sprechstunde wurde dagegen auch in die neue Bundesbeihilfeverordnung nicht aufgenommen. Für Diagnostik und Indikationsstellung bleibt es bei den alten Regelungen zu den probatorischen Sitzungen. Danach sind grundsätzlich bis zu fünf probatorische Sitzungen, im Falle der analytischen Psychotherapie bis zu acht Sitzungen, erlaubt. Probatorische Sitzungen werden dabei weiterhin über Analogbewertungen unter Verwendung der entsprechenden Ziffern für das Psychotherapieverfahren als Einzelbehandlung abgerechnet. Zusätzliche Kontingente der psychotherapeutischen Sprechstunde und der probatorischen Sitzungen, wie sie in der Psychotherapie-Richtlinie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen und Menschen mit geistiger Behinderung vorgesehen sind, wurden damit nicht umgesetzt. Der Leistungsanspruch für Beihilfeberechtigte bleibt damit deutlich hinter dem Standard der gesetzlichen Krankenversicherung zurück.

Neu geregelt wurde die Akutbehandlung. Künftig können auch Beihilfeberechtigte bis zu 24 Therapieeinheiten von mindestens 25 Minuten als Akutbehandlung erhalten. Hierbei bedarf es vorab keiner Genehmigung durch den Kostenträger. Die Akutbehandlung ist bis zu einer Höhe von 51 Euro beihilfefähig. Personen unter 21 Jahren und Menschen mit geistiger Behinderung können für einen stärkeren Einbezug von Bezugspersonen insgesamt 30 Therapieeinheiten erhalten.

Schließlich wurde auch für die Kurzzeittherapie eine Ausnahme vom Genehmigungsverfahren eingeführt. Die Kurzzeittherapie als Einzel- oder Gruppentherapie von bis zu 24 Behandlungsstunden bedarf nicht mehr vorab der Genehmigung durch die Beihilfe. Vor Behandlungsbeginn ist wie bisher eine somatische Abklärung zu veranlassen.

Hochproblematisch ist dagegen, dass KJP nur noch Heranwachsende bis 18 Jahre behandeln dürfen. Dies widerspricht deren berufsrechtlichen Behandlungserlaubnis, welche eine Behandlungsmöglichkeit bis zum Ende des 21. Lebensjahres einschließt. Wenn dies im Einzelfall erforderlich ist, können Behandlungen auch über das 21. Lebensjahr fortgesetzt werden.

„Die Bundesbeihilfe-Verordnung ignoriert die besondere Behandlungskompetenz von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen im Transitionsalter zum Erwachsenen“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Gerade psychisch kranke Heranwachsende müssen die Möglichkeit haben, eine erforderliche Behandlung bei ihrer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in durchzuführen oder fortzusetzen.“

Fast jede vierte Familie durch Kinderbetreuung in erster Corona-Welle stark belastet

Elternbefragung des Bundesfamilienministeriums im April und Mai 2020

(BPtK) Familien kamen mit den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen während der ersten Coronawelle im März und April unterschiedlich gut zurecht. Trotz großer Herausforderungen und vielfachen Belastungen funktionierte die Betreuung zu Hause für fast die Hälfte der Eltern (48 Prozent) gut. Als stark belastend erlebte fast jede vierte Familie (23 Prozent) die Betreuung zu Hause. Bei ebenso vielen (21 Prozent) kam es vermehrt zu Streit und Spannungen. Dies zeigt eine repräsentative Online-Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Das Institut befragte rund 1.500 Eltern mit Kindern unter 15 Jahren im April und Mai 2020.

Wie gut die Familien durch den ersten Corona-Lockdown gekommen sind, hing insbesondere vom Einkommen und der Bildung der Eltern ab. Zwei Drittel der Familien mit hohem sozio-ökonomischen Status gaben an, „ganz gut“ durch die Krise gekommen zu sein. Dies traf jedoch nur auf die Hälfte der Familien mit geringerem Bildungsniveau und Einkommen zu.

Häufig sorgten sich die Eltern, dass ihre Kinder durch die fehlende Förderung in Kitas und Schulen zurückfallen und langfristige Nachteile haben. Auch hier zeigten sich starke Unterschiede nach Bildung und Einkommen von Eltern. Nur zehn Prozent der Mütter und Väter mit einfacher Bildung und geringen Einkommen gaben an, ihr Kind auch von zu Hause aus gut fördern zu können. Von den Eltern mit hohem sozio-ökonomischen Status trauten sich das 29 Prozent zu.

„Die Ergebnisse der Elternbefragung zeigen, dass während der Corona-Pandemie insbesondere Familien und ihre Kinder Unterstützung brauchen, die wenig Geld haben oder in denen sich die Familien mit der Förderung ihrer Kinder überfordert fühlen“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. „Wenn Schulschließungen unvermeidlich sind, dann sind verlässliche alternative Betreuungs- und Lernangebote unverzichtbar.“