Ambulante Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche überfällig

BPtK fordert Frist im GVWG

(BPtK) Schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche brauchen ein intensiv-ambulantes Versorgungsangebot. Mindestens 100.000 Kinder und Jugendliche sind so schwer krank, dass sie neben einer psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlung zusätzliche spezielle Hilfen und Unterstützungsangebote benötigen. Der Gesetzgeber hat 2019 beschlossen, ein intensiv-ambulantes, multiprofessionelles Versorgungsangebot zu schaffen, das von Psychotherapeut*innen oder Psychiater*innen koordiniert wird. Damit die Komplexversorgung auch für schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche zügig erarbeitet wird, muss im Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) eine Frist bis zum 30. Juni 2022 gesetzt werden.

„Die ambulante Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche ist überfällig. Schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche brauchen endlich ein ambulantes Versorgungsangebot, das auf ihre spezifischen Versorgungsbedürfnisse zugeschnitten ist und stationäre Aufenthalte vermeiden hilft“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung zum GVWG im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages.

Für die umfassende Koordination der ambulanten Komplexversorgung für schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche sollten Psychotherapeut*innen auch die notwendigen ergänzenden Behandlungen und Unterstützungsangebote veranlassen und verordnen können. Hierfür müssen sie die Befugnis erhalten, psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen im Rahmen des SGB V verordnen zu können.

Flyer und Plakat zum BPtK-Elternratgeber Internet

Erste Orientierung und Hilfe: Wie viel Internet ist okay?

(BPtK) Der BPtK-Ratgeber Internet trifft weiter auf großes Interesse von Eltern. Um auf das Hilfsangebot noch besser aufmerksam zu machen, stellt die BPtK für Praxen und Beratungsstellen einen Flyer zum Mitnehmen und ein Plakat für die Wand zur Verfügung. Die Broschüre liegt inzwischen auch als Internetseite vor: www.elternratgeber-internet.de. Als gedrucktes Exemplar kann sie kostenlos unter bestellungen@bptk.de angefordert werden.

BPtK-Auswertung: Monatelange Wartezeiten bei Psychotherapeut*innen

Corona-Pandemie verschärft das Defizit an Behandlungsplätzen

(BPtK) Psychisch kranke Menschen müssen weiterhin monatelang auf einen Behandlungsplatz bei einer niedergelassenen Psychotherapeut*in warten. „Die Coronakrise verschärft den Mangel an Behandlungsplätzen“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Es rächt sich jetzt, dass die Krankenkassen seit Jahren die Zulassung einer ausreichenden Anzahl von psychotherapeutischen Praxen blockieren.“

BPtK-Auswertung von 300.000 Versichertendaten für das Jahr 2019

Nach einer BPtK-Auswertung von über 300.000 Versichertendaten für das Jahr 2019 warten rund 40 Prozent der Patient*innen mindestens drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung, wenn zuvor in einer psychotherapeutischen Sprechstunde festgestellt wurde, dass sie psychisch krank sind und deshalb behandelt werden müssten. Damit wartet fast die Hälfte von psychisch kranken Menschen inakzeptabel lange auf eine notwendige Behandlung.

Dabei beginnt nur die Hälfte der Patient*innen nach einer psychotherapeutischen Sprechstunde eine Behandlung. Knapp 20 Prozent von ihnen benötigt eine besonders dringende Akutbehandlung. Von den Patient*innen, die eine Behandlung brauchen, beginnen über 80 Prozent eine Kurzzeittherapie von höchstens 24 Stunden. Nur knapp 15 Prozent beginnen direkt eine Langzeittherapie oder verlängern innerhalb der untersuchten 15 Monate die Kurzzeittherapie.

Hintergrund: Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat die psychischen Belastungen in der Bevölkerung massiv erhöht. Insbesondere während der zweiten Corona-Welle nahmen die Anfragen bei niedergelassenen Psychotherapeut*innen massiv zu. Nach einer Umfrage der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung vom Januar 2021 erhielten niedergelassene Psychotherapeut*innen deutlich mehr Anfragen als im Januar 2020. Stellten Patient*innen im vergangenen Jahr im Schnitt 4,9 Anfragen pro Woche, waren es 2021 6,9. Allein der Anteil an Psychotherapeut*innen, die mehr als zehn Anfragen pro Woche erhielten, verdoppelte sich dabei. Nur zehn Prozent der Anfragenden konnten innerhalb eines Monats einen Behandlungsplatz erhalten. Knapp 40 Prozent mussten länger als sechs Monate warten.

BPtK-Forderung: Kurzfristige Corona-Soforthilfe

Es ist zu erwarten, dass das ganze Ausmaß der psychischen Folgen erst nach einem Lockdown-Ende sichtbar wird. Die BPtK fordert deshalb eine Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Menschen. Das Angebot an psychotherapeutischer Beratung und Behandlung muss kurzfristig deutlich ausgeweitet werden. Deshalb sollten auch Privatpraxen bis Ende des Jahres grundsätzlich Menschen mit psychischen Beschwerden und Erkrankungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung versorgen können. Die Kassen müssen verpflichtet werden, die Kosten ohne bürokratische Hürden zu erstatten.

BPtK-Forderung: Langfristig mehr Praxen zulassen

Auf Dauer ist eine erneute Reform der Bedarfsplanung notwendig. „Fast jeder zweite psychisch kranke Mensch muss drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung warten“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Die Politik sollte endlich das Leid der psychisch kranken Menschen ernst nehmen. Insbesondere außerhalb von Großstädten und im stark unterversorgten Ruhrgebiet müssen erheblich mehr psychotherapeutische Praxen zugelassen werden, damit Menschen, bei denen in einer psychotherapeutischen Sprechstunde eine psychische Erkrankung festgestellt wurde, auch innerhalb von vier Wochen eine Behandlung aufnehmen können.“

Corona-Sonderregelungen für gesetzlich Versicherte verlängert

BPtK fordert auch Akutbehandlung per Video zu ermöglichen

(BPtK) Psychotherapeut*innen können Videobehandlungen weiter unbegrenzt anbieten. Auch im zweiten Quartal 2021 gelten die aktuellen Sonderregelungen fort. Danach können grundsätzlich Einzelsitzungen und in begründeten Fällen auch psychotherapeutische Sprechstunden und probatorische Sitzungen per Video durchgeführt werden, und zwar ohne Begrenzung bei der Anzahl der Patient*innen und Leistungsmenge. Auch die telefonische Unterstützung für Patient*innen, die bereits in Behandlung sind, ist weiter abrechenbar. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen geeinigt.

Psychotherapeutische Akutbehandlungen und Gruppen-Psychotherapie können dagegen weiterhin nicht per Video erbracht werden. Dabei kann es gerade in der Akutbehandlung notwendig sein, in Krisensituationen eine erforderliche intensive psychotherapeutische Behandlung flexibel auch über Videositzungen sicherzustellen. Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert im Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz eine gesetzliche Regelung aufzunehmen, die grundsätzlich Akutbehandlung auch als Videobehandlung ermöglicht. Diese Forderung unterstützt auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme. Bislang sieht der Gesetzentwurf lediglich vor, dass künftig auch Gruppen-Psychotherapiesitzungen als Videobehandlung durchgeführt werden können.

Akutbehandlung auch per Video ermöglichen

BPtK zum Gesetzentwurf zur digitalen Modernisierung

(BPtK) Die Videobehandlung hat sich während der Corona-Pandemie enorm bewährt, um die psychotherapeutische Versorgung aufrechtzuerhalten. Sie soll deshalb künftig flexibel eingesetzt werden können. Doch gerade bei besonders dringenden psychotherapeutischen Akutbehandlungen soll sie weiter ausgeschlossen bleiben. Das sieht das Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege vor, zu dem heute eine Anhörung im Bundestag stattfindet.

„Die Chancen der Digitalisierung sollen gerade bei Menschen genutzt werden, die dringend psychotherapeutische Hilfe benötigen“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. „Deshalb sollte das Gesetz zur digitalen Modernisierung auch Akutbehandlungen per Video ermöglichen.“ Ob dies möglich ist, muss im Einzelfall entschieden werden, je nachdem, ob zum Beispiel ein Videogespräch für eine Patient*in überhaupt technisch möglich ist oder ob die Psychotherapeut*in es bei der jeweiligen Erkrankung fachlich für ratsam hält.

Eine Akutbehandlung ist für Patient*innen gedacht, die sich in einer psychischen Krise befinden oder bei denen ohne kurzfristige Behandlung eine Krankschreibung oder eine Einweisung ins Krankenhaus droht. Durch 24 Gesprächstermine à 25 Minuten soll verhindert werden, dass sich die Erkrankungen weiter verschlimmern.

Fahrlässiger Patientenschutz bei Gesundheits-Apps

BPtK zum Gesetzentwurf zur digitalen Modernisierung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert den fahrlässigen Patientenschutz bei Gesundheits-Apps, wie er im Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG), das heute im Bundestag beraten wird, vorgesehen ist. Danach sollen Gesundheits-Apps schon bis zu zwei Jahre verordnet werden können, bevor überhaupt geklärt ist, ob sie wirksam sind oder nicht sogar schaden. Für das erste Jahr können die Anbieter*innen außerdem die Preise für die Nutzung der Gesundheits-Apps nach eigenem Ermessen festsetzen. „Das ist Wirtschaftsförderung für die Digitalbranche auf Kosten des Patientenschutzes“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Für unfertige digitale Produkte dürfen nicht die hohen Qualitätsstandards der gesetzlichen Krankenversicherung über Bord geworfen werden.“

An „digitale Gesundheitsanwendungen“ (DiGAs), wie die Gesundheits-Apps im Gesetzentwurf heißen, müssen die gleichen Ansprüche gestellt werden wie an alle Arznei- und Heilmittel. Vor ihrer Verordnung in der gesetzlichen Krankenversicherung muss sichergestellt sein, dass sie nicht die Gesundheit der Patient*innen gefährden. Deshalb müssen zum Beispiel Depression-Apps, ihre Wirksamkeit nachgewiesen haben, bevor Patient*innen sie anwenden. Dieser Nachweis muss mittels klinischen Studien mit Kontrollgruppen erfolgen. „Unsere Patient*innen sind keine Versuchskaninchen“, betont Munz. „Eine schnelle Markteinführung der Gesundheits-Apps darf nicht zum Holter-die-Polter beim Patientenschutz führen. Es muss geprüft sein, dass digitale Therapieprogramme zum Beispiel tatsächlich depressive Beschwerden lindern und die Patient*in nicht weiter in ihre Hoffnungslosigkeit treiben.“

Arbeitsunfähigkeit und Frührenten aufgrund von psychischen Erkrankungen

Noch Plätze frei: Online-Fachtagung am 6. und 7. Mai 2021

(BPtK) Psychische Erkrankungen sind ein wesentlicher Grund für Arbeitsunfähigkeit und Frührenten. Am 6. und 7. Mai 2021 bietet deshalb eine Online-Fachtagung der gesetzlichen Unfallversicherung die Möglichkeit, Wege für eine bessere Kooperation zwischen Unternehmen und Gesundheitssystem zu diskutieren.

Unter dem Titel „Schnittstellen zwischen Prävention, Rehabilitation und Psychotherapie“ geht es um einen Austausch von Psychotherapeut*innen, Betriebs-, Haus- und Fachärzt*innen, Expert*innen für Prävention und Reha-Management sowie Vertreter*innen der Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen. Themen sind unter anderem:

  • Integration von psychischen Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung,
  • arbeitsplatzbezogene Psychotherapie und
  • individuelle Ansätze zur erfolgreichen Eingliederung psychisch erkrankter Menschen.

Die Fachtagung wird gemeinsam von der Bundespsychotherapeutenkammer, der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung durchgeführt. Es sind noch Plätze frei.

Weitere Informationen zur Veranstaltung und den Anmeldungsmodalitäten finden Sie unter: https://www.dguv.de/iag/veranstaltungen/schnittstellen/2021/index.jsp.

Corona-Sonderregelungen für Privatversicherte verlängert

Videobehandlung und telefonische Beratung weiter möglich

(BPtK) Versicherte der privaten Krankenversicherung (PKV) können während der Corona-Pandemie weiterhin unbürokratisch ihre psychotherapeutische Behandlung per Videotelefonat durchführen. Die entsprechenden gemeinsamen Abrechnungsempfehlungen von Bundespsychotherapeutenkammer, Bundesärztekammer, privater Krankenversicherung und Beihilfe wurden bis zum 30. Juni 2021 verlängert.

Auch längere telefonische Beratungen können weiterhin durchgeführt werden, wenn eine psychotherapeutische Behandlung dringend erforderlich, aber aufgrund der Pandemie in der Praxis oder per Videotelefonat nicht möglich ist. Je Termin sind 30 Minuten Telefonberatung abrechenbar. Innerhalb eines Kalendermonats können bis zu viermal 30-minütige telefonische Beratungen erstattet werden.

Die Analogabrechnungsempfehlung für die Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen während der Corona-Pandemie nach Nummer 245 GOÄ analog wurde ebenfalls bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Die Berechnung der Analoggebühr nach Nummer 245 GOÄ ist weiterhin auch für Psychotherapeut*innen einmal je Sitzung zum 1,0-fachen Satz in Höhe von 6,41 Euro möglich. Voraussetzung hierfür ist der unmittelbare, persönliche Kontakt zwischen Psychotherapeut*in und Patient*in.

Heranwachsende weiter durch KJP behandelbar

Klarstellung des Bundesinnenministeriums zur Bundes-Beihilfeverordnung

(BPtK) Heranwachsende bis 21 Jahre können weiterhin eine psychotherapeutische Behandlung bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) beginnen, auch wenn sie in der Krankenfürsorge der Bundesbeamt*innen (Bundesbeihilfe) versichert sind. Dies hat das Bundesinnenministerium in einem Rundschreiben an die obersten Bundesbehörden klargestellt.

Nach der jüngsten Änderung der Bundes-Beihilfeverordnung, die am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, durften Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) nur noch unter 18-Jährige behandeln. Die Bundespsychotherapeutenkammer hatte daraufhin vom Bundesinnenministerium eine schnelle Korrektur gefordert. KJP verfügen über die spezifischen fachlichen Kompetenzen zur Behandlung von Patient*innen im Übergang zum Erwachsenenleben. Sie sind in der psychotherapeutischen Versorgung von Heranwachsenden unverzichtbar. Ihre Beteiligung ist berufsrechtlich, sozialrechtlich wie auch fachlich unstrittig.

Das Bundesinnenministerium spricht in seinem Rundschreiben von einem „Redaktionsversehen“. Ein Ausschluss der KJP sei nicht beabsichtigt gewesen. Aufwendungen von psychotherapeutischen Behandlungen von Heranwachsenden seien weiterhin beihilfefähig, auch wenn die Behandlung von KJP durchgeführt wird. Die Verordnung war unter anderem angepasst worden, um die Systemische Therapie auch in der Beamtenfürsorge zu verankern.

Immer mehr psychisch kranke Kinder und Jugendliche können behandelt werden

BARMER Arztreport 2021 zur Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen

(BPtK) Immer mehr psychisch kranke Kinder und Jugendliche in Deutschland können psychotherapeutisch behandelt werden. Innerhalb der letzten elf Jahre hat sich der Anteil von Kindern und Jugendlichen, die eine psychotherapeutische Leistungen in Anspruch nahmen, mehr als verdoppelt. Er stieg von rund zwei Prozent im Jahr 2009 auf gut vier Prozent im Jahr 2019. Dies geht aus dem gestern veröffentlichten Arztreport 2021 der BARMER hervor. Ausgewertet wurden die Abrechnungsdaten von mehr als 1,6 Millionen Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen unter 24 Jahren. „Diese bessere Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen war vor allem deshalb möglich, weil sich insbesondere in ländlichen Regionen die psychotherapeutischen Angebote verbessert haben“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. Mecklenburg-Vorpommern ist mit 3,33 Prozent zwar nach wie vor Schlusslicht in Deutschland, allerdings stieg hier die Inanspruchnahme psychotherapeutischer Leistungen in den letzten elf Jahren besonders stark – und zwar um 239 Prozent.

Die Corona-Pandemie macht allerdings auch das chronische Defizit in der psychotherapeutischen Versorgung deutlich: Erste Auswertungen der BARMER zeigen bereits, dass die Anzahl von Akutbehandlungen und Anträgen für den Beginn oder die Verlängerung einer ambulanten Psychotherapie im Jahr 2020 um etwa sechs Prozent anstieg, im letzten Quartal 2020 sogar um 12,6 Prozent. „Durch den höheren Bedarf steigen auch die Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. „Nur zehn Prozent der Anfragenden kann innerhalb eines Monats einen Behandlungsplatz erhalten. Fast 40 Prozent müssen länger als sechs Monate warten.“

Manchmal vergehen sogar Jahre zwischen Diagnose und psychotherapeutischer Behandlung. Bei jeder dritten jungen Patient*in (36,2 Prozent) war bereits fünf Jahre vor Beginn einer ambulanten Psychotherapie eine psychische Störung diagnostiziert worden. Besonders viel Zeit verstrich bei hyperkinetischen Störungen. Bei der Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit Diagnosen wie ADHS vergingen über zwei Jahre, bis eine Psychotherapie begonnen wurde. Ein Viertel hatte auch nach 4,5 Jahren noch keine psychotherapeutische Hilfe erhalten.

Die Auswertungen der BARMER zeigen außerdem, dass junge Menschen oft über Jahre an psychischen Störungen leiden. Fast zwei Drittel (59,3 Prozent) der Kinder und Jugendlichen, die 2014 eine Psychotherapie begonnen hatten, waren länger als ein Jahr in psychotherapeutischer Behandlung. Auch nach fünf Jahren waren noch 62,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen erkrankt. „Eine gesunde Entwicklung ist entscheidend für das ganze Leben,“ betont BPtK-Präsident Munz. „Wer als Kind oder Jugendlicher psychisch erkrankt, ist auch als Erwachsener psychisch stärker gefährdet. Über die Hälfte aller psychischen Erkrankungen entstehen bereits vor dem 19. Lebensjahr. Je früher Kinder und Jugendliche Hilfe und Unterstützung bekommen, umso größer sind die Chancen, dass sich psychische Probleme gut behandeln lassen und rasch wieder abklingen.“

Für fast ein Viertel (23 Prozent) der 2019 begonnenen Psychotherapien waren Anpassungsstörungen und Reaktionen auf schwere Belastungen wie Mobbing oder eine Trennung der Eltern der Auslöser. Zweithäufigste Ursache waren Depressionen mit 18,4 Prozent gefolgt von Angststörungen (14,0 Prozent) und emotionalen Störungen des Kindesalters (13,6 Prozent).