Essstörungen in der psychotherapeutischen Praxis

Neue BPtK-Leitlinien-Info „Essstörungen”

(BPtK) Die BPtK hat eine Leitlinien-Info über die S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Essstörungen“ veröffentlicht. Die Broschüre richtet sich an alle Berufsgruppen, die Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche mit Essstörungen behandeln und soll dabei helfen, die aktuellen diagnostischen und therapeutischen Empfehlungen bei den verschiedenen Formen von Essstörungen zu überblicken. Dafür wurden Informationen aus der Leitlinie praxisorientiert aufbereitet. Behandlungsempfehlungen werden aufgrund des unterschiedlichen therapeutischen Vorgehens für die verschiedenen Essstörungen voneinander getrennt beschrieben. Das letzte Kapitel der Leitlinien-Info fasst Informationen für Patient*innen zusammen, die ergänzend zur mündlichen Aufklärung an Patient*innen sowie Angehörige ausgehändigt werden können.

Künftig schnellere finanzielle Unterstützung für Opfer sexueller Gewalt

Vereinfachtes und beschleunigtes Antragsverfahren des „Fonds sexueller Missbrauch“

(BPtK) Menschen, die im Kindes- und Jugendalter Opfer sexueller Gewalt wurden, können künftig schneller mit finanzieller Unterstützung rechnen. Bisher war es bei Anträgen auf die Finanzierung von Psychotherapien, Beratungen und anderen therapeutischen Hilfen mitunter zu extrem langen Wartezeiten gekommen. Dies hatte zu Unterbrechungen oder sogar zum Abbruch von ambulanten Psychotherapien geführt. In Zukunft soll über Anträge innerhalb von maximal drei Monaten entschieden werden, teilte die neu aufgestellte Geschäftsstelle des „Fonds sexueller Missbrauch“ mit. Wenn Verfahren in der Clearingstelle beraten werden müssen, soll die Bearbeitungszeit maximal vier Monate betragen. Rechnungen von Psychotherapeut*innen sollen innerhalb von vier Wochen bearbeitet werden.

Auch das Antragsverfahren wurde vereinfacht und beschleunigt. Die neu gestaltete „Fragen und Antworten“-Rubrik auf der Webseite des Fonds enthält jetzt viele Informationen zu den einzelnen Leistungen, die aus dem Fonds gewährt werden können.

„Die Gelder des Fonds sind eine wichtige Hilfe für Menschen, denen in Kindheit oder Jugend sexuelle Gewalt angetan wurde“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die Behandlung der oft schweren psychischen Erkrankungen solcher Patient*innen dauert häufig länger, als sie von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird. Die Möglichkeit, ambulante Psychotherapien über diesen Fonds weiter zu finanzieren, ist für viele dieser Patient*innen essenziell.“

Durch Corona: Digitaler Zeitvertreib bei Kindern und Jugendlichen stark gestiegen

DAK-Studie zu Computerspielen und sozialen Medien im Sommer 2021

(BPtK) Während der Corona-Pandemie hat die Dauer, die Kinder und Jugendliche mit Computerspielen oder in sozialen Netzwerken wie Twitter, TikTok oder Instagram verbringen, stark zugenommen. Dies stellt eine Studie der DAK-Gesundheit in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf fest. Im Sommer 2021 verbrachten Kinder und Jugendliche an Schultagen durchschnittlich fast zwei Stunden (109 Minuten) mit digitalen Spielen. Das waren 31 Prozent mehr als im September 2019. Bei den sozialen Medien stieg die Nutzungsdauer im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten um knapp 20 Prozent auf über zwei Stunden (139 Minuten).

Die deutlich längeren Zeiten, die Kinder und Jugendliche wegen Schulschließungen und Kontaktverboten online verbracht haben, hat auch das Risiko für Internetsucht erhöht. So sind mittlerweile 4,1 Prozent aller 10- bis 17-Jährigen vom Computerspielen abhängig. Vor der Corona-Pandemie waren es noch 2,7 Prozent. Bei sozialen Medien erhöhte sich der Anteil der abhängigen Nutzer*innen von 3,2 auf 4,6 Prozent. Im Vergleich zu 2019 bedeutet das einen Anstieg um rund 50 Prozent beim digitalen Spielen und um rund 40 Prozent bei den sozialen Medien.

Laut der Studie gibt es in rund der Hälfte der Familien keine festen Regeln für die Mediennutzung. „Eltern sollten mit ihren Kindern vereinbaren, wann und wie lange sie Computer und Internet nutzen“, rät Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), angesichts des bevorstehenden Pandemie-Winters 2021/22. Welche Regeln je nach Alter sinnvoll sind und wie Eltern erkennen können, ob der Internetkonsum ihrer Kinder noch normal oder schon krankhaft ist, können sie im BPtK-Elternratgeber „Internet“ nachlesen.

Schweigepflicht gefährdet

BPtK kritisiert EU-Entwurf zur E-Evidenz-Verordnung

(BPtK) Die Europäische Kommission plant, die grenzüberschreitende Beweiserhebung in strafrechtlichen Verfahren zu ändern. Sie will Telekommunikations- und Internetanbietern in anderen EU-Staaten verpflichten, ihre Daten an Staatsanwaltschaft, Polizei, Zoll und Steuerfahndung herauszugeben. Damit könnten auch sensible Daten zu körperlichen und psychischen Erkrankungen, zum Beispiel aus der elektronischen Patientenakte, als Beweismittel sichergestellt werden.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert, dass damit die Schweigepflicht von Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen gefährdet ist. „Psychotherapeut*innen können so unfreiwillig und unwissentlich Helfer*innen der Justiz- und Strafverfolgungsbehörden werden“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Die geplante E-Evidenz-Verordnung untergräbt die Vertraulichkeit der Gespräche zwischen Patient*in und Psychotherapeut*in und verletzt damit die gesetzliche und berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht der Heilberufe. Berufe mit Schweigepflicht müssen von den Regelungen der E-Evidenz-Verordnung ausgenommen werden.“

Familien- und Sorgearbeit nicht diskriminieren

BPtK fordert, Richtlinie zur Komplexversorgung zu beanstanden

(BPtK) Seit zehn Jahren steigt die Zahl der Psychotherapeut*innen, die aufgrund von Familien- und Sorgearbeit mit einem halben Praxissitz arbeiten. Dies gilt inzwischen für mehr als die Hälfte der niedergelassenen Psychotherapeut*innen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) plant jedoch, die Psychotherapeut*innen zu diskriminieren, die neben ihrem Beruf auch Kinder betreuen oder betagte Eltern pflegen. Mit einer neuen Richtlinie (KSVPsych-Richtlinie) sieht er vor, Psychotherapeut*innen mit halben Praxissitzen von zentralen Aufgaben der Komplexversorgung schwer psychisch kranker Menschen auszuschließen.

„Beruf und Familie unvereinbar zu machen, ist ein Rückfall in verstaubte Vorstellungen von ausschließlicher Erwerbstätigkeit“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Die Planungen des G-BA sind frauenfeindlich. Dreiviertel der Psychotherapeut*innen sind weiblich.“ Die BPtK fordert deshalb vom Bundesgesundheitsministerium, die Richtlinie zur Komplexversorgung zu beanstanden.

Die Richtlinie ist rechtswidrig und gefährdet die ambulante Versorgung von schwer psychisch kranken Menschen. Der Gesetzgeber hat vor 15 Jahren ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen, dass Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen sich Praxissitze teilen, um besser Beruf und Familie vereinbaren zu können. Damit sollte insbesondere das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes umgesetzt werden. Die neue G-BA-Richtlinie schließt jedoch Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen mit einem halben Praxissitz davon aus, die zentrale Koordinierungsrolle in der Komplexversorgung übernehmen zu können. „Damit gefährdet der G-BA nicht zuletzt das Reformprojekt selbst, weil nicht mehr genug Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen zur Verfügung stehen, die für schwer psychisch kranke Menschen die Behandlung planen und steuern können“, erklärt BPtK-Präsident Munz. „Aus fachlicher Sicht gibt es keinen Grund, warum nicht auch Psychotherapeut*innen mit einem halben Praxissitz zentrale Koordinationsaufgaben übernehmen können.“

Durch Corona: Mehr Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie notwendig

Trendreport des KV-Zentralinstituts zum ersten Halbjahr 2021

(BPtK) Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen haben im ersten Halbjahr 2021 deutlich mehr Kinder und Jugendliche behandelt als im ersten Halbjahr 2019. Sie rechneten um acht Prozent mehr Leistungen ab, ermittelte das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Im März 2021 lag die Zahl der Patient*innen sogar um fast ein Drittel höher als im vorpandemischen Zeitraum.

„Kita- und Schulschließungen sowie Kontaktbeschränkungen haben deutliche psychische Spuren hinterlassen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. Die Politik muss Kindern und Jugendlichen sowie ihre Familien deutlich mehr Angebote machen, um sie psychisch zu stärken.“ Darüber hinaus sollte der neue Bundestag eine Enquête-Kommission Kindergesundheit einsetzen, die aufzeigt, wie ein gesundes Aufwachsen in Deutschland gefördert werden kann.

Psychiatrie-Richtlinie muss nachgebessert werden

BPtK fordert Ersatzvornahme des Gesundheitsministers

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte am 16. September 2021 keine weitere Erhöhung der Minutenwerte für Psychotherapie in psychiatrischen Krankenhäusern beschlossen. Damit missachtete er den gesetzlichen Auftrag, die Psychotherapie in diesen Kliniken zu stärken. Jetzt muss Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-Richtlinie) prüfen. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert, dass der Minister die mangelhafte psychotherapeutische Versorgung in psychiatrischen Krankenhäusern per Ersatzvornahme verbessert. Die BPtK hatte zusammen mit der Bundesärztekammer und der Patientenvertretung eine Erhöhung der Minutenwerte für Einzelpsychotherapie auf mindestens 75 bis 100 Minuten gefordert.

Der G-BA hatte eine solche substanzielle Erhöhung der psychotherapeutischen Behandlungs- und Personalkapazitäten in der Psychiatrie um ein Jahr verschoben. Nach fast zehn Jahren Beratung hatte er dies mit immer noch fehlenden Daten begründet. „Diese Begründung ist vorgeschoben“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Wie viel Psychotherapie für eine leitliniengerechte Versorgung in den Psychiatrien notwendig ist, lässt sich mit den Ist-Daten zur Personalausstattung nicht ermitteln. Diese Frage lässt sich nicht empirisch, sondern nur auf Basis von Expertenmeinungen beantworten.“ Tatsächlich hat der G-BA bereits eine Reihe von Expertenanhörungen durchgeführt, um eine leitliniengerechte Personalausstattung festzulegen.

Abschiebung von Flüchtlingen: Psychotherapeutische Stellungnahmen ausgeschlossen

BPtK und BAfF kritisieren willkürlichen Ausschluss von Psychotherapeut*innen

(BPtK) Seit 2019 werden psychotherapeutische Stellungnahmen nicht mehr anerkannt, wenn beurteilt werden soll, ob ein Flüchtling aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung nicht abgeschoben werden darf. Außerdem unterstellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei Psychotherapeut*innen pauschal eine Parteilichkeit, wenn die Gutachter*in den Flüchtling auch behandelt. Dabei ist es vom Verfahren her vorgesehen, dass vor allem die jeweiligen Behandler*innen solche Stellungnahmen verfassen. Dies zeigt eine aktuelle Untersuchung der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) zur Entscheidungspraxis des BAMF.

„Psychotherapeut*innen verfügen per Approbation über die Kompetenz, psychische Erkrankungen zu beurteilen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Es ist unbegreiflich, dass eine staatliche Behörde willkürlich und einseitig psychotherapeutische Stellungnahmen bei Abschiebungen von Flüchtlingen ausschließt. Schwere psychische Erkrankungen können sich durch eine Abschiebung erheblich verschlimmern und das Leben von Flüchtlingen gefährden. Jede fachliche Expertise durch einen anerkannten Heilberuf sollte deshalb in Asylverfahren berücksichtigt werden.“

Politik für eine starke psychische Gesundheit

BPtK-Forderungen an die nächste Bundesregierung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert eine Politik für eine starke psychische Gesundheit. Psychische Erkrankungen sind eine Volkskrankheit. Jede dritte Erwachsene* leidet an einer psychischen Erkrankung. „Dafür sind eine bessere Prävention und eine kurzfristige Behandlung von psychischen Erkrankungen ohne monatelange Wartezeiten notwendig“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Außerdem hat die Corona-Pandemie erneut deutlich gemacht: Armut macht krank, auch häufiger psychisch krank.“

Die BPtK fordert deshalb von der nächsten Bundesregierung:

  • Um die monatelangen Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Gebieten zu verringern, sind mindestens 1.600 Praxissitze für Psychotherapeut*innen zusätzlich erforderlich.
  • spezielle psychotherapeutische Angebote für bildungsferne Familien mit geringem Einkommen,
  • mehr Psychotherapie und mehr Psychotherapeut*innen in psychiatrischen Krankenhäusern,
  • eine ambulante Versorgung von schwer psychisch kranken Kindern und Jugendlichen, die insbesondere psychotherapeutisch ausgerichtet ist,
  • Qualifizierung einer ausreichenden Anzahl von Psychotherapeut*innen auch in der Zukunft. Dafür muss die finanzielle Förderung der ambulanten und stationären Weiterbildung von Psychotherapeut*innen sichergestellt werden.

 

Corona-Sonderregelungen: Videobehandlung weiter unbegrenzt möglich

Empfehlung zur Hygieneziffer letztmalig verlängert

(BPtK) Psychotherapeut*innen können Videobehandlungen während der Corona-Pandemie weiter bis zum 31. Dezember 2021 unbegrenzt anbieten. Auch im vierten Quartal 2021 gelten für gesetzlich Versicherte die aktuellen Sonderregelungen. Danach können grundsätzlich Einzelsitzungen, Akutbehandlungen, Gruppentherapien mit bis zu acht Patient*innen und in begründeten Fällen auch psychotherapeutische Sprechstunden und probatorische Sitzungen per Video durchgeführt werden. Die Begrenzung für die Videobehandlung in Bezug auf die Anzahl der Patient*innen und die Leistungsmenge wird ebenfalls weiterhin ausgesetzt. Ebenso ist die telefonische Unterstützung für Patient*innen, die bereits in Behandlung sind, weiter abrechenbar. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen geeinigt.

Gleichfalls können Versicherte der privaten Krankenversicherung während der Corona-Pandemie weiterhin unbürokratisch ihre psychotherapeutische Behandlung per Video durchführen. Die entsprechenden gemeinsamen Abrechnungsempfehlungen von Bundespsychotherapeutenkammer, Bundesärztekammer, privater Krankenversicherung und Beihilfe wurden bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Die Abrechnungsempfehlung für die Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen während der Corona-Pandemie wurde ebenfalls bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Die Berechnung der Analoggebühr Nr. 245 GOÄ ist weiterhin auch für Psychotherapeut*innen einmal je Sitzung zum 1,0-fachen Satz in Höhe von 6,41 Euro möglich. Voraussetzung hierfür ist der unmittelbare, persönliche Kontakt zwischen Psychotherapeut*in und Patient*in. Die Beteiligten vertreten die Sichtweise, dass die Empfehlung zur Hygieneziffer Nr. 245 GOÄ analog letztmalig verlängert wurde.

Auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat ihre Corona-Sonderregelungen bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Für Behandlungen nach dem Psychotherapeutenverfahren gilt weiterhin, dass Videosprechstunden analog den entsprechenden Behandlungsziffern (P-Ziffern) abgerechnet werden können. Dabei wird für die Videosprechstunde ein Zuschlag in Höhe von 12 Euro für eine volle Stunde bzw. 6 Euro für eine halbe Stunde gezahlt, wenn ein zugelassenes zertifiziertes Videosystem eingesetzt wird. Die Regelung gilt auch für neuropsychotherapeutische Leistungen, die bisher analog zum Psychotherapeutenverfahren honoriert werden.