Flexiblere Videobehandlung für Psychotherapeut*innen

Mehr Spielraum bei einzelnen Leistungen

(BPtK) Die Obergrenze für Videobehandlung bei psychotherapeutischen Leistungen wird zum 1. Juli 2022 flexibler gestaltet. Darauf haben sich Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband geeinigt. Bisher galt eine Begrenzung auf maximal 30 Prozent für jede einzelne Leistungen (GOP) innerhalb eines Quartals. Künftig können einzelne Leistungen auch deutlich häufiger per Video stattfinden, solange die 30-Prozent-Grenze für genehmigungspflichtige Leistungen insgesamt nicht überschritten wird. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hatte sich für eine flexiblere Regelung eingesetzt und begrüßt diese ausdrücklich.

Ausgenommen von der neuen Regelung ist die Akutbehandlung. Diese Leistung darf je Psychotherapeut*in im Quartal weiterhin über alle Patient*innen hinweg nur zu 30 Prozent per Video stattfinden. Sprechstunde und probatorische Sitzungen können auch künftig nicht per Video erbracht werden. Schließlich gilt auch weiterhin die Grenze von 30 Prozent der Behandlungsfälle mit ausschließlicher Videobehandlung.

Die BPtK setzt sich langfristig für eine Regelung für Videobehandlung ein, die auf eine Begrenzung der Leistungen verzichtet – und lediglich den maximalen Anteil der Patient*innen festgelegt, die ausschließlich per Video behandelt werden.

Cannabis legalisieren, Alkohol verteuern, Hilfsangebote ausbauen

Drogen- und Suchtpolitik in Deutschland neu ausrichten

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hält es für notwendig, die Drogen- und Suchtpolitik grundsätzlich neu auszurichten. Statt auf Verbot und Kriminalisierung sollte sie auf Regulierung, Prävention und aufgeklärten, kompetenten und eigenverantwortlichen Gebrauch von Drogen setzen. Das ist der beste Schutz vor Drogenmissbrauch und -abhängigkeit. „Von keiner Drogenpolitik ist zu verhindern, dass Drogen ausprobiert und gebraucht werden. Deshalb sollten Erwachsene wie Jugendliche auch lernen, Drogen so zu nutzen, dass sie ihre Gesundheit nicht gefährden und das Risiko für Missbrauch und Abhängigkeit gering bleibt.“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK.

Die BPtK fordert deshalb, Cannabis zu legalisieren, Alkohol deutlich stärker zu besteuern und beide ausschließlich über staatlich lizenzierte Geschäfte abzugeben. Werbung ist für alle legalen Drogen grundsätzlich zu verbieten. Die Abgabe an Minderjährige muss stärker als bislang sanktioniert werden. Unverzichtbar ist außerdem der gezielte Ausbau von Aufklärungsangeboten ebenso wie von professionellen Angeboten zur Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Suchterkrankungen, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Das Ziel bleibt das gleiche wie das der bisherigen Drogenpolitik: Drogenmissbrauch und -abhängigkeit vermeiden.

Cannabis ist nicht harmlos: Es kann, anders als früher angenommen, auch körperlich abhängig machen und birgt insbesondere das Risiko, an einer Psychose zu erkranken. Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis. Alkohol kann tödlich sein. In Deutschland sterben jedes Jahr 14.000 Personen an Alkoholerkrankungen und Leberschäden. Alkohol fördert aggressives und gewalttätiges Verhalten. Jede vierte Gewalttat erfolgt unter Alkoholeinfluss. Alkohol erhöht das Risiko, an einer Psychose zu erkranken, deutlich. Er wird von vielen Expert*innen aufgrund seiner leichten Verfügbarkeiten, seinen massiven gesundheitlichen Schäden und gesellschaftlichen Kosten als „die gefährlichste aller Drogen“ eingeschätzt. Cannabis gilt als eine moderat schädliche Droge.

Alkohol ist als legale Droge in Deutschland fast überall verfügbar und ausgesprochen preiswert. Fast jede fünfte Deutsche* trinkt Alkohol in riskanten Mengen. Cannabis ist die meistgebrauchte illegale Droge. Mehr als jede vierte Deutsche* hat schon mindestens einmal im Leben Cannabis als Rauschmittel genutzt. Jede zweite junge Erwachsene* (46,4 %) und jede zehnte Jugendliche* (10,4 %) hat dieses Rauschmittel schon einmal ausprobiert. Der Gebrauch von Cannabis nimmt seit Jahrzehnten zu – trotz Verbot und Strafen. Die deutsche Prohibitionspolitik, die den Cannabis-Gebrauch einschränken sollte, ist damit gescheitert.

Die BPtK fordert deshalb, Cannabis zu legalisieren und ergänzend zu regeln:

  • Mindestalter für den Erwerb aller legalen Drogen auf 18 Jahre festlegen,
  • Verkaufsverbot von Cannabis in Nahrungsmitteln,
  • Cannabis nach seiner stärksten psychoaktiven Substanz (THC-Gehalt) und Menge besteuern, THC-Gehalt auf höchstens 15 Prozent beschränken,
  • Alkoholsteuer auf den europäischen Durchschnitt erhöhen und einen Mindestpreis für Alkohol festlegen,
  • Abgabe aller legalen Drogen ausschließlich über staatlich lizenzierte Geschäfte,
  • Abgabe legaler Drogen an Minderjährige stärker sanktionieren,
  • striktes Werbeverbot für alle legalen Drogen,
  • Aufklärungs- und Anti-Stigma-Kampagnen zu Suchterkrankungen,
  • verpflichtende Aufklärungsprogramme zu Drogen an Schulen ab der sechsten Jahrgangsstufe,
  • Screening zur besseren Früherkennung von Drogenmissbrauch,
  • Suchtberatung als verpflichtendes Leistungsangebot der Kommunen,
  • ambulante Psychotherapie bei Suchterkrankungen ohne Einschränkungen ermöglichen,
  • Rehabilitationseinrichtungen zur Behandlung von Suchterkrankungen besser finanzieren,
  • spezielle Behandlungsangebote für suchtkranke Kinder und Jugendliche schaffen,
  • Therapie- und Versorgungsforschung bei Suchterkrankungen ausbauen.

Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen gefordert

40. Deutscher Psychotherapeutentag in Stuttgart

(BPtK) Der 40. Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) am 13. und 14. Mai in Stuttgart forderte von der Bundesregierung noch in diesem Jahr ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen. Durch eine finanzielle Förderung der psychotherapeutischen Weiterbildung müssten außerdem die Weichen für die Zukunft der Profession gestellt werden. Der DPT stellte ferner die Muster-Weiterbildungsordnung (M-WBO) fertig und beschloss, die Ordnungen und die Satzung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) zu gendern, um ein weiteres Signal für die gleichberechtigte Ansprache aller Kammermitglieder zu setzen.

Wachsende Aufgaben für die Profession

Nach zwei digitalen Versammlungen tagte der DPT wieder in Präsenz. Birgit Gorgas begrüßte für die Versammlungsleitung die Delegierten und stellte fest, dass angesichts von Krieg, Pandemie und Klimakrise mehr Menschen psychotherapeutische Beratung und Behandlung bräuchten. Um helfen zu können, müsse die Profession dazu jedoch auch in die Lage versetzt werden.

„Das Warten muss jetzt ein Ende haben!“

BPtK fordert dringend mehr psychotherapeutische Behandlungsplätze

(BPtK) Psychisch kranke Menschen müssen seit über 20 Jahren monatelang auf eine Behandlung in einer psychotherapeutischen Praxis warten. „Seit der Einführung der psychotherapeutischen Bedarfsplanung 1999 fehlen unzählige psychotherapeutische Praxen“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Überfällig ist eine Reform der Bedarfsplanung, die ihren Namen verdient. Wer psychisch erkrankt, muss sich deshalb seit mehr als zwanzig Jahren auf eine unzumutbar lange Suche nach einem freien Behandlungsplatz bei einer zugelassenen Psychotherapeut*in machen. Durch die Corona-Pandemie hat sich der Bedarf an psychotherapeutischer Hilfe noch einmal erheblich vergrößert.“

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertag bereits angekündigt, die Bedarfsplanung zu reformieren. „Das Warten auf eine psychotherapeutische Behandlung muss jetzt endlich ein Ende haben“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Der Bundesgesundheitsminister sollte noch in diesem Jahr ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen verabschieden, mit dem mehr psychotherapeutische Praxen insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen ermöglicht werden.“

Kurze Geschichte der langen Wartezeiten

Seit mehr als 10 Jahren belegen Umfragen und Studien, dass psychisch kranke Menschen monatelang auf eine psychotherapeutische Behandlung warten müssen:

Corona: Immer mehr Essstörungen und Depressionen bei Jugendlichen

DAK Kinder- und Jugendreport 2022 wertet Krankenhausdaten aus

(BPtK) Seit Beginn der Corona-Pandemie ist der Anteil Jugendlicher, die aufgrund einer Depression oder einer Essstörung im Krankenhaus behandelt wurden, massiv gestiegen. Im Vergleich zu 2019 wurden 2021 40 Prozent mehr Jugendliche (15 bis 17 Jahre) aufgrund einer Essstörung und 25 Prozent mehr Jugendliche wegen einer Depression stationär behandelt. Mädchen wurden mit psychischen Erkrankungen deutlich häufiger in einer Klinik versorgt als Jungen.  Im Grundschulalter zeigte sich eine Zunahme von Entwicklungsstörungen. Dies sind die Ergebnisse des DAK-Kinder- und Jugendreports 2022, für den die Krankenkasse die Abrechnungsdaten von rund 800.000 Kindern und Jugendlichen im Alter bis 17 Jahren auswertete.

Kliniken mussten während der Corona-Pandemie Kapazitäten für die Behandlung von Corona-Erkrankten freihalten. Hiervon waren auch Kinder- und Jugendpsychiatrische Stationen betroffen. Auch deshalb war während der Pandemie die Krankenhaus-Behandlung von Kindern und Jugendlichen zeitweise stark rückläufig. Sie liegt nun aber bei Depressionen und Essstörungen sogar weit über dem Niveau vor der Pandemie.

Monatelange Wartezeiten auf psychotherapeutische Behandlung

Umfrage von rbb|24

(BPtK) Mehr als 50 Prozent der Patient*innen warten mehr als vier Monate nach dem ersten Kontakt auf eine psychotherapeutische Behandlung. Das hat eine Umfrage vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb|24) bei bundesweit 123 psychotherapeutischen Praxen ergeben. Die Wartezeit war auf dem Land deutlich länger als in der Stadt. Die Hälfte der Praxen in der Stadt gab an, dass die Wartezeit zwischen Erstgespräch und Therapiebeginn bei mehr als zwei Monaten lag, auf dem Land bei mehr als sechs Monaten.

Diese Wartezeiten bestätigen mehrere frühere Untersuchungen, die ebenfalls gezeigt haben, dass Patient*innen oft Monate auf den Beginn einer Psychotherapie warten müssen.

Starke seelische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen

Eltern-Befragung der AOK Baden-Württemberg zu den Folgen der Corona-Pandemie

(BPtK) Die Corona-Pandemie hat Kindern und Jugendlichen sowohl körperlich als auch seelisch stark zugesetzt. Das geht aus einer repräsentativen Befragung von 500 Eltern in Baden-Württemberg durch die AOK Baden-Württemberg im März und April hervor.

Fast jedes zweite Elternteil (43,9 Prozent) berichtet, dass die eigene Familie stark oder eher stark durch die Corona-Pandemie belastet sei. Die Kinder litten unter einem breiten Spektrum an psychischen Beschwerden. Seit Beginn der Pandemie sei jedes fünfte Kind (21,2 Prozent) traurig und jedes vierte (25,4 Prozent) antriebslos gewesen, gaben die Eltern an. Häufig hätten sich auch Ängste (13,3 Prozent), depressive Phasen (14,7 Prozent), Zukunftsängste (11,6 Prozent) und Schlafprobleme (15,3 Prozent) gezeigt. „Immer mehr Kinder und Jugendliche sind aufgrund der Corona-Pandemie auf professionelle psychotherapeutische Unterstützung angewiesen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Wir müssen kurzfristig zusätzliche psychotherapeutische Praxissitze schaffen. Die Bundesregierung sollte möglichst noch im Herbst ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen vorlegen.“

Die Corona-Pandemie hat die Welt von Kindern und Jugendlichen erheblich verändert und eingeschränkt. Kindern und Jugendlichen war es in den letzten zwei Jahren kaum möglich, ihrem gewohnten Alltag nachzugehen. Laut Befragung haben sich bei über der Hälfte der Kinder und Jugendlichen (57,4 Prozent) die sozialen Kontakte verändert. Fast die Hälfte der Kinder (48,7 Prozent) mache seit Beginn der Pandemie weniger Sport, jedes vierte Kind habe an Gewicht zugenommen (24,7 Prozent). Gleichzeitig stieg die Mediennutzung besorgniserregend (66,6 Prozent).

Elternratgeber für Flüchtlinge jetzt auch als PDF-Broschüre erhältlich

Auch in Ukrainisch und Russisch verfügbar

(BPtK) Der Elternratgeber für Flüchtlinge ist jetzt auch als PDF-Broschüre auf Ukrainisch und Russisch erhältlich. Die Eltern sind geflohen, weil sie möglicherweise ihr Leben und das ihrer Kinder bedroht sahen. Auf der Flucht war vieles sehr schwierig. Wer solche Unsicherheit erlebt, trägt manchmal noch lange die Erinnerungen daran mit sich herum. Vor allem die Bilder von bedrohlichen Ereignissen sind nicht einfach zu vergessen. Der Ratgeber erklärt Eltern, wie sie richtig auf ihre traumatisierten Kinder reagieren können.

Dieser Ratgeber ist bereits als Webseite verfügbar unter www.elternratgeber-fluechtlinge.de oder www.parent-refugees.de. Er ist in das Ukrainische und Russische übersetzt sowie auf Deutsch, Englisch, Arabisch, Kurdisch und Persisch erhältlich. Außerdem gibt es ein ausdruckbares Plakat mit QR-Code, mit dem auf die Webseite aufmerksam gemacht werden kann.

BPtK setzt Fortbildungsreihe zur ambulanten Komplexbehandlung fort

Online-Veranstaltung am 8. Juni 2022 zu schweren Zwangserkrankungen

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) setzt ihre Fortbildungsreihe zur ambulanten Komplexversorgung fort. Schwerpunkt der dritten Veranstaltung am 8. Juni 2022 ist die multiprofessionelle Behandlung von Patient*innen mit schweren Zwangserkrankungen. Einführend werden die Anforderungen der neuen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur ambulanten Komplexbehandlung einschließlich der Aufgaben von Psychotherapeut*innen vorgestellt. Im Anschluss wird aus der Perspektive von stationär und ambulant tätigen Psychotherapeut*innen sowie weiteren Gesundheitsberufen dargestellt und diskutiert, wie eine vernetzte Versorgung ausgestaltet werden kann.

Anmeldungen sind ab sofort unter der E-Mail-Adresse veranstaltung@bptk.de möglich. Anmeldeschluss ist der 2. Juni 2022. Eine Zertifizierung der Fortbildung bei der Berliner Psychotherapeutenkammer ist beantragt.

Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen können künftig eine ambulante und multiprofessionelle Komplexbehandlung erhalten. Das neue Versorgungsangebot soll ab der zweiten Jahreshälfte 2022 den ersten Patient*innen zur Verfügung stehen. Um Psychotherapeut*innen darauf vorzubereiten und den Aufbau der Netze zu befördern, hat die BPtK Anfang des Jahres eine neue Online-Fortbildungsreihe begonnen.

Gesundheitliche Versorgung von Migrant*innen und Flüchtlingen mangelhaft

SVR-Gutachten fordert Finanzierung der Sprachmittlung

(BPtK) Die psychosoziale und psychotherapeutische Versorgung von Migrant*innen und Flüchtlingen ist mangelhaft. Das stellt der Sachverständigenrat für Integration und Migration in seinem Jahresgutachten 2022 fest. Ursachen sind unter anderem die nicht ausreichenden psychotherapeutischen Behandlungskapazitäten und die fehlende Finanzierung von Sprachmittlung. Der Sachverständigenrat kritisiert insbesondere das Asylbewerberleistungsgesetz, das Flüchtlingen nur eine sehr eingeschränkte Gesundheitsversorgung gewährt. Der Rat fordert deshalb einen Ausbau der Versorgungsangebote und die Sprachmittlung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu verankern.

Migrant*innen und Flüchtlinge sind psychisch stärker belastet als die deutsche Bevölkerung. Sie leiden häufiger unter Depressionen, Angststörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen. Insbesondere Flüchtlinge haben ein höheres Risiko psychisch zu erkranken, da sie ihre Heimat nicht freiwillig verlassen, häufig politische Verfolgung und Gewalt sowie lebensbedrohliche Situationen erlebt haben. Flüchtlinge gehören zu den psychisch gefährdetsten Gruppen der Gesellschaft.

Das Jahresgutachten 2022 des Sachverständigenrats für Integration und Migration können Sie hier nachlesen: https://www.svr-migration.de/jahresgutachten/.