Erhebliche Defizite in der Versorgung von Menschen mit Depressionen

Nur rund sechs Prozent der Patient*innen erhalten eine Psychotherapie

(BPtK) Die Behandlung von Menschen mit Depressionen in Deutschland weist weiterhin große Mängel auf: Eine Psychotherapie (Kurzzeit oder Langzeit) erhalten nur 6,2 Prozent aller depressiven Patient*innen und 10,2 Prozent der schwer depressiven Patient*innen. Antidepressive Medikamente nehmen 42 Prozent aller Patient*innen mit Depressionen und 60,3 Prozent der Patient*innen mit schweren Depressionen ein. Der Großteil der Patient*innen erhält ihre Diagnose vom Hausarzt (78,3 %). Bei einem weitaus geringeren Anteil werden die Symptome durch spezielle Behandler*innen eingeschätzt: bei knapp jeder fünften Person (18,7 %) durch Psychiater*innen oder Neurolog*innen und bei nur jeder zwanzigsten Person (5,1 %) durch Psychotherapeut*innen.

Dies ist das Ergebnis der bislang umfangreichsten bundesland-weiten Studie zur Versorgung von Menschen mit Depressionen, die die AOK Niedersachsen in Kooperation mit Expert*innen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Leibniz Universität Hannover und der Ostfalia Hochschule Wolfsburg durchgeführt hat. Für die Studie wurden Daten von über 285.000 Personen mit einer Depressionsdiagnose aus dem Jahr 2018 ausgewertet. Von den Diagnostizierten waren zwei Drittel (67,5 %) weiblich. Das durchschnittliche Alter betrug knapp 60 Jahre (57,5).

Diese Befunde bestätigen Ergebnisse des „Faktencheck Depression“ der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2014: Danach erhielten drei von vier Patient*innen (74 %) in Deutschland, die an einer schweren Depression erkrankt sind, keine angemessene Therapie. Mehr als die Hälfte (56 %) der schwer Depressiven wurde unzureichend, 18 Prozent sogar gar nicht behandelt.

Medizinische Leitlinien zur Behandlung von Depressionen empfehlen bei allen Schweregraden einer Depression Psychotherapie, bei schweren Depressionen eine Kombination aus Psychotherapie und Antidepressiva.

Vergütung der ambulanten Komplexbehandlung deckt nicht Mehraufwand

BPtK: „Neue Versorgung für schwer psychisch Kranke droht zu scheitern“

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hält die Vergütung der neuen ambulanten Komplexversorgung für schwer psychisch Kranke für unzureichend. Die Vergütung deckt nicht den Mehraufwand für intensiv-psychotherapeutische Behandlungen mit möglichst durchgehender Erreichbarkeit. Spezifische Gesprächsleistungen im Einzel- und Gruppensetting, die für schwer psychisch Kranke notwendig sind, sind gar nicht vorgesehen, auch nicht für kurzfristige Kriseninterventionen. Die neue Vergütung berücksichtigt damit nicht, dass psychotherapeutische Praxen überwiegend zeitgebundene Leistungen erbringen und dadurch im Vergleich zu psychiatrischen Praxen geringere Fallzahlen vorweisen. „Die Komplexversorgung droht damit zu scheitern“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Das neue Behandlungsangebot für schwer psychisch Kranke schließt mehr als die Hälfte der Psychotherapeut*innen aus und bezahlt den Rest für den Mehraufwand nicht ausreichend.“

Die ambulante Komplexbehandlung kann ab 1. Oktober erbracht und abgerechnet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Krankenkassen haben die Vergütung für diese neue Leistung vereinbart. Für das ambulant-intensive Behandlungsangebot wird es in der Gebührenordnung für Psychotherapeut*innen (GOP) einen neuen Abschnitt geben, der neun GOP-Ziffern enthält:

Die Eingangssprechstunde (GOP 37500) und die differentialdiagnostische Abklärung (GOP 37510) werden beide mit 26,02 Euro (231 Punkten) je 15 Minuten vergütet und können im Krankheitsfall vier Mal abgerechnet werden. Die differenzialdiagnostische Abklärung ist dabei nur von Ärzt*innen berechnungsfähig. Fallbesprechungen (GOP 37550) sind bis zu viermal im Quartal mit 14,42 Euro (128 Punkten) je 10 Minuten verrechenbar. Fallbesprechungen können dabei sowohl telefonisch als auch per Video durchgeführt werden.

Die sechs restlichen GOP-Ziffern können ausschließlich von Bezugspsychotherapeut*innen oder -ärzt*innen berechnet werden: Hierunter fallen die Erstellung des Gesamtbehandlungsplanes (GOP 37520) ein Mal im Krankheitsfall mit 50,47 Euro (448 Punkten) sowie zusätzliche Aufgaben wie die Aktualisierung des Behandlungsplanes (GOP 37525) ein Mal pro Quartal mit einer Zusatzpauschale von 50,70 Euro (450 Punkten) oder Aufwände für Organisation, Technik und Management des Netzverbundes (GOP 37570) ein Mal pro Quartal mit einer Zusatzpauschale von 22,53 Euro (200 Punkten). Die Koordination der Versorgung durch eine nichtärztliche Person (GOP 37530), wie beispielsweise einer ambulanten psychiatrischen Pflegekraft oder einer Ergotherapeut*in, wird ein Mal pro Quartal mit 65,01 Euro (577 Punkten) vergütet. Die Veranlassung von Hausbesuchen der nichtärztlichen Person (GOP 37535) wird bis zu dreimal im Quartal mit je 18,70 Euro (166 Punkten) abgerechnet. Für die Teilnahme einer nichtärztlichen Person an Fallbesprechungen (GOP 37551) können 14,42 Euro (128 Punkte) je zehn Minuten veranschlagt werden.

Voraussetzung für die Abrechnung der neuen GOP-Ziffern ist der Zusammenschluss in einem Netzverbund und der Erhalt einer Abrechnungsgenehmigung von der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Für die Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche mit einer schweren psychischen Erkrankung wird es ein eigenes Versorgungsprogramm mit eigenen Vergütungsregelungen geben, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss aktuell entwickelt wird.

Krankenhäuser halten Personalvorgaben in der Psychiatrie nicht ein

Deutsches Krankenhausinstitut veröffentlicht Psychiatrie-Barometer 2021/2022

(BPtK) In der Erwachsenen-Psychiatrie herrscht weiter ein gravierender Ärztemangel. Nur gut die Hälfte der Krankenhäuser erfüllte die Personalvorgaben für Ärzt*innen (58 %) in allen drei Quartalen 2021 zu 100 Prozent. Etwas besser sah es bei den Psychotherapeut*innen (71 %) aus. Dabei wurde beim Erfüllungsgrad der Ärzt*innen berücksichtigt, wenn Psychotherapeut*innen auf diese Berufsgruppe angerechnet wurden.

Rund 30 Prozent der Krankenhäuser gaben an, die Personalvorgaben bei Ärzt*innen weitgehend eingehalten zu haben, bei den Psychotherapeut*innen waren es 22 Prozent der Krankenhäuser. Bei der Pflege und den Spezialtherapeut*innen waren mehr als die Hälfte der Häuser nicht in der Lage, ausreichend Personal für ihre Patient*innen anzubieten. Nur 36 Prozent der befragten Krankenhäuser konnten die Vorgaben für die Pflege in allen drei Quartalen einhalten, bei den Spezialtherapeut*innen waren es 40 Prozent der Krankenhäuser. Dabei stellen die Mindestpersonalvorgaben nur eine Untergrenze für das erforderliche Personal dar, die nicht unterschritten werden darf. Für eine leitliniengerechte Versorgung benötigen die Krankenhäuser noch mehr Personal.

Als Hauptgrund gaben die Krankenhäuser an, dass erforderliche Stellen aufgrund des Fachkräftemangels nicht besetzt werden konnten. Das geht aus einer repräsentativen Befragung psychiatrischer und psychosomatischer Einrichtungen des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) hervor.

Der Fachkräftemangel wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Um auch in Zukunft die Versorgung in Psychiatrie und Psychosomatik sicherstellen zu können, müssen aus Sicht der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) die Kompetenzprofile und Aufgaben der einzelnen Berufsgruppen dringend weiterentwickelt werden. Die vorhandenen Kompetenzen der einzelnen Berufsgruppen müssen besser genutzt und die Aufgaben anders verteilt werden. Nur dann kann es gelingen, die verbliebenen Fachkräfte in den Kliniken zu halten und das Krankenhaus als Arbeitsplatz wieder attraktiv zu machen.

BPtK-Praxis-Info E-Patientenakte aktualisiert

Grundlagen für Beratung und Aufklärung der Patient*innen

(BPtK) Die BPtK hat die Praxis-Info E-Patientenakte aktualisiert. Die Praxis-Info soll Psychothe­rapeut*innen dabei unterstützen, wie die E-Patientenakte in der Praxis eingesetzt werden und wie eine differenzierte Beratung und Aufklärung der Patient*innen gelingen kann.

Ambulante Komplexversorgung auf nächste Legislatur verschoben

Lauterbach packt notwendige Korrekturen nicht an

(BPtK) Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verschiebt die notwendigen Korrekturen an der ambulanten Versorgung schwer psychisch Kranker in die nächste Legislaturperiode.  „Die ambulante Komplexversorgung wird scheitern, wenn nicht kurzfristig gravierende Fehler behoben werden“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest.

Die Bundesregierung hatte noch im Koalitionsvertrag geplant, die unzureichenden Kapazitäten in der ambulanten Komplexversorgung „bedarfsgerecht, passgenau und stärker koordiniert auszubauen“ und „den Zugang sicherzustellen“. In der Versorgung schwer psychisch Kranker drohen erhebliche Engpässe, weil die Mehrheit der Psychotherapeut*innen von der zentralen Koordinatoren-Rolle ausgeschlossen wurde. Durch überflüssige Doppeluntersuchungen wurden ferner erhebliche Hürden aufgebaut. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will jetzt jedoch zunächst die Ergebnisse der fünfjährigen Evaluation durch den Gemeinsamen Bundesausschuss abwarten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Ambulante Komplexversorgung bei schwer psychisch kranken Versicherten“ der Unionsfraktion hervor (BT-Drs. 20/2513). Die Ergebnisse der Evaluation sollen bis spätestens 18. Dezember 2026 vorliegen. Dazwischen liegt die nächste Bundestagswahl am 26. Oktober 2025. „Bundesgesundheitsminister Lauterbach stößt damit schwer psychisch Kranken vor den Kopf“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Sie werden insbesondere in vielen ländlichen Regionen keine Behandler*innen finden, die ihnen die neue multiprofessionelle und ambulante Versorgung anbieten.“

Sozial benachteiligte Kinder leiden besonders unter der Corona-Pandemie

DAK-Präventionsradar zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Schuljahr 2021/2022

(BPtK) Kinder und Jugendliche mit niedrigem Sozialstatus leiden besonders unter der Corona-Pandemie. Ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden haben sich in den vergangenen zwei Jahren besonders verschlechtert. Dies sind die zentralen Ergebnisse des aktuellen DAK-Präventionsradars, für den deutschlandweit 18.000 Schüler*innen der Jahrgangsstufen 5 bis 10 befragt wurden.

Insgesamt berichteten Schulkinder in hohem Ausmaß von den negativen Auswirkungen der Pandemie auf ihre psychische und körperlicher Gesundheit. Bei 40 Prozent der Mädchen und 27 Prozent der Jungen sank die Lebenszufriedenheit. Bei 45 Prozent der Kinder und Jugendlichen aus Familien mit niedrigem Sozialstatus verringerte sich die Lebensqualität. Ungefähr die Hälfte der befragten Schulkinder berichtete zudem von einem geringeren psychischen Wohlbefinden (61 % der Mädchen, 40 % der Jungen). Bei niedrigem Sozialstatus betrug dieser Anteil 67 Prozent, bei Mädchen sogar 86 Prozent. Mehr als ein Drittel der Schulkinder (39 %) hat sich wegen der Pandemie außerdem häufiger einsam gefühlt. Insgesamt erlebten 84 Prozent der Kinder und Jugendlichen Einsamkeit aufgrund der Pandemie.

Schulkinder gaben an, dass sie mindestens wöchentlich unter Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen (24,2 %) leiden. Auch hier lag der Anteil mit niedrigem Sozialstatus mit 37,9 Prozent deutlich höher. Bei ihnen ist dieser Anteil in den vergangenen zwei Jahren um fast 50 Prozent gestiegen (+ 47,5 %). Insgesamt haben die Schmerzen bei Schulkindern im Vergleich zu vor der Pandemie um fast ein Drittel zugenommen (+ 30,1 %).

„Kinder und Jugendliche leiden besonders unter der Vielzahl an Krisen, die heute ihr Leben prägen“, stellt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, fest. „Klimakollaps, lebensgefährliche Viren, Krieg in Europa und unbezahlbare Lebensmittel- und Gaspreise lassen ihre Zukunft unkontrollierbar erscheinen. Das Leben von Kindern und Jugendlichen ist wie lange nicht mehr durch Unsicherheit und Hilflosigkeit bestimmt.“

Patient*innen wollen ernst genommen werden

BPtK-Patientenbefragung zur psychotherapeutischen Sprechstunde

(BPtK) Psychisch kranke Menschen schätzen Psychotherapeut*innen als direkte und kompetente Ansprechpartner*innen. Das ist das Ergebnis einer Patientenumfrage der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), die fünf Jahre nach der Einführung der psychotherapeutischen Sprechstunde insgesamt 192 Personen zu ihren Erfahrungen befragte. Über 80 Prozent der Patient*innen waren mit der Beratung in der psychotherapeutischen Sprechstunde „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“. Sie schätzten insbesondere die Ernsthaftigkeit und Professionalität der ersten beratenden und diagnostischen Gespräche bei Psychotherapeut*innen. Fast alle Ratsuchenden betonten, dass ihnen aufmerksam zugehört wurde (93 %) und sie mit ihren Problemen ernst genommen wurden (88 %). Ebenfalls befürworteten fast alle (94 %) den direkten Weg zur Psychotherapeut*in. Die Patient*innen wollen einhellig (93 %) selbst entscheiden, bei wem sie ihre psychischen Beschwerden abklären lassen. Eine vorige verpflichtende Konsultation beispielsweise bei einer Haus- oder Fachärzt*in lehnten zwei Drittel ab.

„Die psychotherapeutische Sprechstunde ist für Patient*innen ein einzigartiges Angebot “, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Bemerkenswert ist, wie sehr sie die Sprechstunde schätzen, Patient*innen wollen ernst genommen werden.“

Seit dem 1. April 2017 können Patient*innen bei psychischen Beschwerden kurzfristig einen Termin in einer „psychotherapeutischen Sprechstunde“ erhalten. Dort erfahren sie, wie ihre Beschwerden einzuschätzen sind und ob sie eine Behandlung benötigen. „Damit haben sich die psychotherapeutischen Praxen zur zentralen Anlauf‐ und Koordinationsstelle für psychisch kranke Menschen entwickelt“, bilanziert Munz. „Patient*innen erhalten eine kompetente Beratung, sie können ihre Beschwerden umfassend diagnostizieren lassen und bekommen Empfehlungen, welche Hilfe möglich oder notwendig ist.“

Der direkte Weg zur Psychotherapeut*in ist dafür die unerlässliche Grundlage. „Psychische Beschwerden sind oft äußerst schambesetzt,“ erklärt der BPtK-Präsident. „Dass Patient*innen einen Hürdenlauf über Haus- und Fachärzt*innen ablehnen, ist deshalb verständlich.“

„Das Gespräch über psychische Erkrankungen benötigt Aufmerksamkeit und Zeit. Patient*innen erwarten zu Recht, dass ihnen ausführlich zugehört wird“, ergänzt Munz. Das ermöglicht die psychotherapeutische Sprechstunde. Die Patient*in kann dafür bis zu sechs Termine à 25 Minuten vereinbaren, die meist zu 50 Minuten-Gesprächen zusammengelegt werden.

Fast 10.000 Flüchtlinge ohne psychosoziale oder psychotherapeutische Hilfe

Wartezeit auf eine Psychotherapie betrug durchschnittlich 6,7 Monate

(BPtK) Fast 10.000 Flüchtlinge blieben 2020 ohne psychosoziale oder psychotherapeutische Hilfe. Nur jedem 20. Flüchtling konnte Hilfe angeboten werden. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung betrug durchschnittlich 6,7 Monate.

Das sind die Ergebnisse des Berichts „Flucht und Gewalt 2022“ der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF). Die Kapazitäten der psychosozialen Zentren liegen wie in den vergangenen Jahren weit unter dem Bedarf. „Die Psychosozialen Zentren benötigen dringend eine ausreichende und langfristige Finanzierung“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer.

Psychotherapeut*innen als direkte Ansprechpartner*innen für psychisch kranke Menschen

Diotima-Ehrenpreis an Dieter Best und Jürgen Doebert verliehen

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat am 12. Mai 2022 Dieter Best und Jürgen Doebert mit dem Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft ausgezeichnet, um ihr Engagement bei der Integration der Psychotherapeut*innen in die vertragsärztliche Versorgung zu würdigen.

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Unzumutbare Dauerbaustellen in der Versorgung psychisch kranker Menschen

Bericht der Unabhängigen Patientenberatung 2021

(BPtK) Die Versorgung psychisch kranker Menschen muss gestärkt werden. Das verdeutlicht der Monitor Patientenberatung 2021 der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), der am 16. Juni 2022 veröffentlicht wurde.

Fehlende Behandlungsplätze und Verweigerung der Kostenerstattung

Dauerbaustelle bleibt die lange Suche nach einem Psychotherapieplatz. Auch die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen hätten hier keine Abhilfe schaffen können, stellt die UPD in ihrem Bericht klar. Psychisch kranke Menschen bekämen zwar Termine für die psychotherapeutische Sprechstunde oder eine Akutbehandlung vermittelt. Die Vermittlung in freie Behandlungsplätze für Kurz- und Langzeittherapien sei jedoch nicht sichergestellt. Zugleich lehnten die Krankenkassen die Kostenerstattung für eine erforderliche psychotherapeutische Behandlung mit dem Verweis auf die Termineservicestellen ab, auch wenn die Patient*in keinen freien Behandlungsplatz bei einer Vertragspsychotherapeut*in erhält.

Krankengeldmanagement verbesserungswürdig

Auch die Kommunikation der Krankenkassen gegenüber Versicherten sei weiterhin ein Problemfeld, so die UPD. Menschen mit psychischen Erkrankungen erhielten noch immer belastende Anrufe von ihrer Krankenkasse mit Fragen zu ihrer Arbeitsunfähigkeit. Dies verunsichere die Patient*innen und setze sie unter Druck, etwa wenn sie Krankengeld beziehen und von ihrer Krankenkasse dazu aufgefordert werden, einen Reha-Antrag zu stellen. Patient*innen verstünden nicht, warum sie die ambulante Psychotherapie unterbrechen sollten.

Fehlende Finanzierung der Sprachmittlung

Immer wieder müsse die UPD Ratsuchende darüber informieren, dass in Deutschland für fremdsprachige Patient*innen bislang kein gesetzlicher Anspruch auf professionelle Sprachmittlung in der Gesundheitsversorgung besteht. Für die Finanzierung fehle die notwendige gesetzliche Verankerung. Durch professionelle Sprachmittlung können die Chronifizierung von Erkrankungen, Fehlinformation, Fehldiagnosen und Fehlversorgung aufgrund von sprachlichen oder kulturellen Missverständnissen oder Übersetzungsfehlern verhindert werden.

Patient*innen brauchen bessere Informationen zum Datenschutz

Große Unsicherheit bestünde bei Ratsuchenden zudem hinsichtlich der Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA). Viele wollten die ePA zwar gerne nutzen, seien sich allerdings unsicher, wer über die hinterlegten Daten bestimmen und diese einsehen könne. Patient*innen brauchen bessere Informationen und Aufklärung zum Datenschutz und zur Verwaltung der ePA, fordert die UPD in ihrem Bericht. Nur so lasse sich bei Patient*innen die Akzeptanz zur Nutzung der ePA erhöhen.