Corona-Pandemie: Mehr psychische Erkrankungen bei jugendlichen Mädchen

Aktueller Kinder- und Jugendreport der DAK erschienen

(BPtK) Während der Corona-Pandemie hat die Häufigkeit erstmals diagnostizierter psychischer Erkrankungen bei jugendlichen Mädchen deutlich zugenommen. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit, in den die Abrechnungsdaten von rund 800.000 DAK-Versicherten im Alter bis 17 Jahre eingeflossen sind. In der Altersgruppe der 15- bis 17-jährigen Mädchen stieg zwischen 2019 und 2021 die Anzahl neu diagnostizierter Essstörungen (+54 Prozent), Depressionen (+ 18 Prozent) und Angststörungen (+24 Prozent) an. Bei Jungen hat die Häufigkeit von Essstörungen, Depressionen und Angststörungen zwischen 2019 und 2021 hingegen abgenommen. Bei ihnen zeigte sich eine Zunahme der Häufigkeit von Adipositas (15 Prozent).

Während der Corona-Pandemie hat auch der Anteil von jugendlichen Mädchen mit erstmals diagnostizierter Depression, die medikamentös behandelt worden sind, um sechs Prozentpunkte zugenommen (+ 65 Prozent). Ähnliche Tendenzen zeigen sich auch bei der medikamentösen Behandlung von Essstörungen und Angststörungen. Auch der Anteil jugendlicher Mädchen, die aufgrund von Depressionen stationär behandelt werden mussten, hat während der Corona-Pandemie zugenommen. Während 2018 und 2019 noch knapp 15 von 1.000 jugendlichen Mädchen wenigstens einmal aufgrund von Depressionen im Krankenhaus versorgt wurden, lag der Anteil in den Jahren 2020 und 2021 zusammengenommen bei 18 Fällen je 1.000.

„Die DAK-Daten zeigen, dass insbesondere bei jungen Mädchen während der Corona-Pandemie psychische Erkrankungen zugenommen haben, die häufiger als früher medikamentös oder stationär behandelt worden sind. Psychotherapie ist im Kindes- und Jugendalter häufig das Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung psychischer Erkrankungen. Wir fordern die Politik auf, ein Sofortprogramm aufzusetzen, damit psychisch kranke Kinder und Jugendliche schneller Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung haben und stationäre und medikamentöse Behandlungen weitgehend vermieden werden können“, fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Hierzu gehören die Vereinfachung des Kostenerstattungsverfahrens in der Psychotherapie, eine Reform der Bedarfsplanung mit mehr Psychotherapeutensitzen und die Entwicklung interdisziplinärer Versorgungsformen“.

Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in der Psychiatrie erforderlich

Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage zur PPP-Richtlinie veröffentlicht

(BPtK) Nach Ansicht der Bundesregierung wurde erst der erste Schritt auf dem Weg zu einer Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in psychiatrischen Kliniken gemäß des gesetzlichen Auftrags (§ 136a Absatz 2 Satz 9 SGB V) getan. In diesem ersten Schritt hatte der G-BA 2021 lediglich die Berufsgruppe der Psychotherapeut*innen mit einem eigenen Aufgabenprofil in der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-Richtlinie) ergänzt. Wie die Bundesregierung jetzt noch einmal bestätigt, wurde die für eine Stärkung der Psychotherapie erforderliche Überprüfung und gegebenenfalls notwendige Erhöhung der Minutenwerte von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen auf 2022 verschoben.

Dabei ist es nach Ansicht der Bundesregierung unklar, ob Menschen mit psychischen Erkrankungen, die stationär behandelt werden, einen höheren Psychotherapiebedarf haben als solche, die ambulant behandelt werden. Diese Feststellung ist nach Ansicht der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) verwunderlich, da eine Krankenhausbehandlung gerade dann erforderlich ist, wenn die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht ausreichend sind. „Psychotherapie ist – alleine oder in Kombination mit Pharmakotherapie – das wirksamste Behandlungsmittel bei psychischen Erkrankungen und wird in allen Leitlinien mit hohen Evidenzgraden empfohlen“, erläutert Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK. Während Patient*innen in der ambulanten Versorgung in der Regel mindestens 50 Minuten Einzeltherapie pro Woche erhalten, sind nach den Vorgaben der PPP-Richtlinie aktuell ebenfalls nur 50 Minuten Einzelpsychotherapie pro Woche vorgesehen. Die BPtK hatte gemeinsam mit der Bundesärztekammer und der Patientenvertretung gefordert, dass mindestens 75 bis 100 Minuten Psychotherapie pro Woche in der PPP-Richtlinie festgeschrieben werden sollten.

Auch die Aussage der Bundesregierung, dass der stationäre Bedarf an Psychotherapie auf der Basis der Nachweisdaten zur aktuellen Personalausstattung in den Einrichtungen ermittelt werden kann, ist nicht nachvollziehbar. Wie viel Psychotherapie für eine leitliniengerechte Versorgung in den Psychiatrien notwendig ist, lässt sich nicht darüber ermitteln, wie viele Minuten Psychotherapie Patient*innen derzeit erhalten. Die Ist-Daten zur Personalausstattung bilden den Status quo ab, aber erlauben keine Aussage, was für eine gute Versorgung notwendig ist. Diese Frage lässt sich nicht empirisch, sondern nur auf Basis der am besten verfügbaren Evidenz, in diesem Fall Expertenmeinungen, beantworten. Tatsächlich hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bereits eine Reihe von Expertenanhörungen hierzu durchgeführt. Es bleibt nun abzuwarten, ob der G-BA seinem gesetzlichen Auftrag nachkommt und diesen bis Ende des Jahres endlich vollständig umsetzt.

Downloads

Straftäter*innen trotz fehlender Deutschkenntnisse behandeln

BPtK zum Entwurf des Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetzes

(BPtK) Im Referentenentwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts plant die Bundesregierung, Straftäter*innen bei fehlenden Deutschkenntnissen eine Suchtbehandlung zu verweigern. Unzureichende Sprachkenntnisse stünden dem Erfolg einer Behandlung entgegen und für den Einsatz von Sprachmittler*innen seien forensische Kliniken nicht geeignet.

„Suchterkrankungen sind schwere, häufig chronisch verlaufende psychische Erkrankungen, die dringend behandlungsbedürftig sind“, betont Dr. Dietrich Munz, Präsident Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Menschen eine Unterbringung in Entziehungsanstalten zu verwehren, weil sie die deutsche Sprache nicht sprechen, ist menschenverachtend und diskriminierend“, so Munz weiter.

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Sprachmittlung bei notwendigen medizinischen Behandlungen gesetzlich verankert werden soll. Das muss auch für die Behandlung von Straftäter*innen mit Suchterkrankungen gelten.

Mit qualifizierten Sprachmittler*innen ist Psychotherapie auch bei mangelnden Deutschkenntnissen möglich und praktisch erprobt sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting. Mangelnde Sprachkenntnisse sind daher kein Argument dafür, suchtkranken Menschen eine notwendige Behandlung zu verweigern. Erst kürzlich hat die BPtK gemeinsam mit anderen Organisationen der psychotherapeutischen, psychiatrischen und psychosozialen Versorgung in einem Positionspapier gezeigt, dass Sprachmittlung Behandlungen ermöglicht und eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung werden sollte.

Verschlechterungen für psychisch kranke Menschen abwenden

BPtK setzt sich für Erhalt der Neupatientenregelung ein

(BPtK) Die bessere Vergütung für die Behandlung von Patient*innen, die eine Praxis zum ersten Mal oder nach längerer Unterbrechung erneut aufsuchen, hat es auch für psychisch kranke Menschen oft leichter gemacht, einen Termin bei einer Fachärzt*in zu finden. Zur Deckung der Finanzierungslücken in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) plant die Bundesregierung mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz nun die Abschaffung der Neupatientenregelung.

„Psychisch kranke Menschen haben von der Neupatientenregelung profitiert. So konnten sie parallel zur Psychotherapie anstehende Termine zum Beispiel bei Psychiater*innen oder zur somatischen Abklärung schneller erhalten“, erläutert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Der Wegfall der Neupatientenregelung gefährdet die notwendige und politisch gewünschte multiprofessionelle Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Mittel- und langfristig kann dies zu vermeidbaren Krankenhausaufenthalten und längeren Krankschreibungen führen und damit sogar zu Mehrausgaben.“

„Die BPtK fordert von der Bundesregierung, die Finanzierungslücke in der GKV dauerhaft zu schließen, ohne die Versorgung zu verschlechtern.“ Notwendig und sachgerecht ist es, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel abzusenken und kostendeckende Beiträge für ALG-II-Empfänger*innen an die GKV zu zahlen”, betont BPtK Präsident Munz. Die BPtK unterstützt die Initiative der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum Erhalt der Neupatientenregelung.

Patientenentscheidung über Verordnungsdaten sichern

BPtK zum Entwurf des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes

(BPtK) Der Referentenentwurf zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) trifft Regelungen zur Digitalisierung. Diese haben direkte Auswirkungen auf die Versorgung von psychisch kranken Menschen. Aktuell ist vorgesehen, dass Daten aus elektronischen Verordnungen von Arzneimitteln oder digitalen Anwendungen an Krankenkassen, Unternehmen der privaten Krankenversicherung, Hersteller digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) und Leistungserbringer*innen weitergegeben werden, wenn Patient*innen dem zustimmen. Die Nutzung der Daten muss dafür im Rahmen des jeweiligen Nutzungszwecks erforderlich sein.

„Mit dieser Regelung hätten dank der Verordnungsdaten erstmals nicht nur Behandelnde in Echtzeit Einblicke in den Gesundheitszustand”, erläutert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Für psychisch kranke Menschen kann das Nachteile mit sich bringen, zum Beispiel beim Krankengeldmanagement der Krankenkasse.“

In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf fordert die BPtK, Patient*innen so zu informieren, dass sie Vorteile und Risiken der Datenweitergabe abwägen können. Sie müssen das Recht erhalten, differenziert über den Zugriff auf ihre Daten zu entscheiden. „Nur eine pauschale Entscheidung dafür oder dagegen sichert die Patientensouveränität nicht“, stellt Dr. Dietrich Munz klar. „Patient*innen müssen ausreichend Informationen und Unterstützung bekommen. Nur so können sie in diesem sensiblen Feld eine bewusste und differenzierte Entscheidung darüber treffen, wer welche Daten erhalten soll und was genau damit gemacht werden darf.“ Versicherte müssen die Weitergabe der Daten über elektronische Verordnungen zum Beispiel bei psychischen Erkrankungen ausschließen können und auf einzelne Verordnungen, etwa im Zusammenhang mit DiGAs bei chronischen Krankheiten, beschränken können.

In der Vergangenheit wurde deutlich, dass sich insbesondere Menschen mit psychischen Erkrankungen durch Beratungsangebote ihrer Krankenkassen nicht unterstützt, sondern oftmals unter Druck gesetzt fühlten. Deswegen fordert die BPtK außerdem die Veröffentlichung von Transparenzberichten durch die Krankenkassen, die offenlegen, wie die Verordnungsdaten in der Beratung von Patient*innen tatsächlich genutzt werden. Gleichzeitig müssen eine wirksame datenschutzrechtliche Kontrolle und Sanktionierung sichergestellt sein.

Der vorliegende Referentenentwurf berücksichtigt an vielen Stellen, dass die verzögerte Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht auf ein Verschulden der Leistungserbringer*innen zurückzuführen ist. In den letzten Jahren wurde zunehmend deutlich, dass die verzögerte Anbindung an die Telematikinfrastruktur auf fehlenden Komponenten und Updates beruht. Die BPtK sieht sich damit in ihrer Ablehnung von Sanktionen für Leistungserbringer*innen bestätigt und fordert, sie grundsätzlich zu streichen.

BPtK führt Fortbildungsreihe zur ambulanten Komplexbehandlung fort

Online-Veranstaltung am 16. September 2022 zu Patient*innen im höheren Alter

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) führt ihre Fortbildungsreihe zur ambulanten Komplexversorgung im digitalen Format fort. Thema der vierten Veranstaltung am 16. September 2022 ist die multiprofessionelle Behandlung von Patient*innen mit psychischen Erkrankungen im höheren Alter. In der Fortbildung werden die Anforderungen der neuen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur ambulanten Komplexbehandlung einschließlich der Aufgaben von Psychotherapeut*innen vorgestellt. Im Anschluss wird aus der Perspektive von stationär und ambulant tätigen Expert*innen aus der Gerontopsychiatrie und -psychotherapie dargestellt diskutiert, wie eine vernetzte Versorgung für Patient*innen im höheren Alter ausgestaltet werden kann.

Anmeldungen sind ab sofort unter der E-Mail-Adresse veranstaltung@bptk.de möglich. Anmeldeschluss ist der 12. September 2022. Eine Zertifizierung der Fortbildung bei der Berliner Psychotherapeutenkammer ist beantragt.

Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen können künftig eine ambulante und multiprofessionelle Komplexbehandlung erhalten. Das neue Versorgungsangebot wird ab dem 1. Oktober 2022 starten. Um Psychotherapeut*innen dabei zu unterstützen und den Aufbau der Netzwerke zu befördern, hat die BPtK Anfang des Jahres eine neue Online-Fortbildungsreihe begonnen.

Psychische Erkrankung häufigster Grund für Krankenhaus-Behandlung 18- bis 24-Jähriger*

Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zum Jahr 2020

(BPtK) Psychische Erkrankungen sind der häufigste Grund für eine Krankenhaus-Behandlung bei jungen Erwachsenen. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes waren psychische Erkrankungen im Jahr 2020 fast bei jeder fünften Krankenhaus-Behandlung einer 18- bis 24-Jährigen* der Grund für die Einweisung. Über die Hälfte aller psychischen Erkrankungen entstehen bereits vor dem 19. Lebensjahr. Manche müssen bereits stationär behandelt werden.

Die häufigsten Diagnosen waren (wiederkehrende) Depressionen gefolgt von Alkoholerkrankungen (Alkoholmissbrauch, akute Alkoholvergiftungen und Abhängigkeits- oder Entzugssyndrome). Der Anteil psychischer Krankheiten an allen Behandlungen von 15- bis 24-Jährigen* ist damit binnen 15 Jahren von 12 Prozent auf gut 18 Prozent gestiegen. Im Jahr 2005 wurden 135.100 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren wegen psychischer Krankheiten stationär behandelt. Diese waren damals noch der dritthäufigste Behandlungsgrund.

Corona-Pandemie verschlechtert seelische Gesundheit von Kindern

BPtK: Mehr aufsuchende Hilfen in Schulen und Kitas notwendig

(BPtK) Durch Kita- und Schulschließungen, Quarantäne, eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten und Kontakte verschlechterte sich bei mehr als jedem dritten Kind (35 Prozent) während der Corona-Pandemie die seelische Gesundheit. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Monitor 1/2022 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, bei der 3.000 Mütter zu den pandemiebedingten Belastungen ihrer drei- bis zwölfjährigen Kinder befragt worden sind. 10 bis 20 Prozent der Mütter berichteten davon, dass ihre Kinder während der Pandemie erstmals auffälliges Verhalten zeigten. Zu den häufigsten Beschwerden gehörten: Reizbarkeit und Aggressivität (22,1 Prozent), Antriebsmangel (17,8 Prozent), Ängstlichkeit (14,8 Prozent) und gedrückte Stimmung (17,5 Prozent). Weitere Probleme waren übermäßiger Medienkonsum und Bewegungsmangel. Überdurchschnittlich betroffen waren Kinder aus Familien, die mit besonderen Einschränkungen umgehen müssen, wie niedriges Einkommen, einfache Bildung oder Alleinerziehende.

Als Ursache für die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Kinder nennen die Mütter vor allem den Wegfall der Tagesstruktur (74,0 Prozent) und die soziale Isolation (71,1 Prozent) während der Pandemie. Etwa ein Drittel gibt fehlenden Kontakt zu den Lehrer*innen (36,4 Prozent) sowie den Wegfall sozialer Unterstützung (31,7 Prozent) an.

Zwei Drittel der Mütter wünschten sich künftig mehr Unterstützung zur Bewältigung pandemiebedingter Belastungen ihrer Kinder, insbesondere durch Sportvereine (27,8 Prozent) und Schulpsycholog*innen oder Schulsozialarbeiter*innen (24,8 Prozent). Beratung und Hilfe von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen oder Kinder- und Jugendpsychiater*innen erwarteten 11,9 Prozent der Mütter. Mütter mit niedriger Bildung und niedrigem Einkommen bekundeten seltener, mehr Unterstützung bei Lockdowns zu benötigen, obwohl gerade ihre Kinder besonders durch die Pandemie belastet waren. „Um Kindern aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status bei Corona-Einschränkungen zu unterstützen, brauchen wir deutlich mehr aufsuchende Hilfen in Schulen und Kitas“, fordert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. „Lehrer*innen und Erzieher*innen sollten stärker dabei unterstützt werden, psychische Belastungen bei Kindern zu erkennen und in Hilfestrukturen zu vermitteln. Hierfür braucht es mehr Geld und mehr Personal.“

BPtK: Online-Fortbildungsreihe „Digitalisierung in der Psychotherapie“ startet

Vier Module einzeln oder gemeinsam buchbar

(BPtK) Die Digitalisierung trägt dazu bei, dass der Zugang zu Informationen, auch zu psychotherapeutischem Wissen, für Patient*innen immer leichter möglich ist. Zugleich ermöglicht sie es, räumliche Distanzen zwischen Psychotherapeut*innen und Patient*innen zu überwinden. Videobehandlungen und die Nutzung von Virtual-Reality-Anwendungen werden auch in psychotherapeutischen Behandlungen eingesetzt.

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung für die psychotherapeutische Versorgung aller Altersgruppen und die Erwartungen und Einstellungen von Patient*innen? Wie können digitale Anwendungen in der psychotherapeutischen Behandlung sinnvoll eingesetzt werden? Und welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind dabei zu beachten?

Unter Federführung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) wurde von den Landespsychotherapeutenkammern dazu eine Fortbildungsreihe konzipiert, die Grundlagenwissen zu aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung, ihren Chancen und Risiken in der Psychotherapie vermittelt. Interessierte Psychotherapeut*innen können sich nun für diese Online-Fortbildungsveranstaltungen anmelden. Insgesamt gibt es vier Module, die einzeln oder gemeinsam gebucht werden können.

Serotonin-Hypothese greift zu kurz

Chemisches Ungleichgewicht reicht als Erklärung einer Depression nicht aus

(BPtK) Ein hoher oder niedriger Gehalt des Botenstoffs Serotonin im Gehirn hat keinen Effekt darauf, ob eine Depression vorliegt oder nicht. Die Serotonin-Aktivität am Rezeptor ist bei den meisten gesunden und depressiven Menschen gleich, bei einem kleinen Anteil der depressiven Patient*innen sogar höher. Ein künstlich hervorgerufener Serotonin-Mangel, zum Beispiel durch spezielle Diäten, verursacht zudem keine depressiven Symptome. Das sind die Ergebnisse einer neuen Überblicksstudie, die die Ergebnisse von 17 zusammenfassenden Studien auswertete. Danach greift die sogenannte Serotonin-Hypothese aus den 1960er-Jahren zu kurz, die depressive Symptome, wie Niedergeschlagenheit oder Antriebslosigkeit, auf einen Mangel an Serotonin im Gehirn zurückführt. Die Hypothese wird in den letzten Jahrzehnten in Fachkreisen zunehmend angezweifelt. Die neuen Befunde stellen damit auch den klinischen Nutzen von Antidepressiva infrage. Diese zielen darauf ab, Depressionen durch eine Beeinflussung des Stoffwechsels von Serotonin und anderen Botenstoffen zu behandeln. Antidepressiva wirken vor allem bei weniger stark ausgeprägter depressiver Symptomatik oft nur geringfügig.

Serotonin ist ein Botenstoff, der von einer Nervenzelle zur anderen Informationen weitergibt. Es kann sich an verschiedene Rezeptoren auf der Oberfläche verschiedener Zellen im Körper binden. Jeder Serotonin-Rezeptor führt zu einer anderen Reaktion im Körper. So steuert das Serotonin viele unterschiedliche Prozesse. Im zentralen Nervensystem etwa ist das Serotonin ein wichtiger Botenstoff, der unterschiedlichste Prozesse beeinflusst: Körpertemperatur, Appetit, Emotionen, das Belohnungssystem, Stimmung und Antrieb, Bewusstseinslage und Schlaf-Wach-Rhythmus sowie Schmerzbewertung.

Die neue Studie bietet keine alternative Erklärung für die Entstehung von Depressionen an. Führende Expert*innen sind sich aber darin einig, dass eine Depression meist eine komplexe Erkrankung mit mehreren Ursachen ist, die auf ein wechselseitiges Zusammenwirken von Genen, negativen Lebensereignissen und veränderten Gehirnfunktionen zurückgeht.