Klimakrise gefährdet psychische Gesundheit

BPtK veröffentlicht Standpunkt zu psychischen Folgen der Klimakrise

(BPtK) Die Klimakrise wirkt sich nicht nur auf die körperliche, sondern auch auf die psychische Gesundheit aus. Studien zeigen, dass Naturkatastrophen, Hitzewellen oder Luftverschmutzung die Psyche belasten und das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Posttraumatische Belastungsstörungen erhöhen. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat einen Standpunkt veröffentlicht, der über die Evidenz zu den psychischen Folgen der Klimakrise aufklärt und politischen Handlungsbedarf ableitet.

»Mit den zunehmend spürbaren Folgen der Klimakrise wird auch die psychische Belastung in der Bevölkerung ansteigen“, erklärt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Zu diesen belastenden Folgen zählen nicht nur vermehrte Naturkatastrophen. Auch indirekte Auswirkungen der Klimakrise, wie verstärkte Migration oder die Verschärfung sozialer Ungleichheit, setzen der Psyche zu. Die beste Prävention ist deshalb eine wirksame Klimapolitik.“

»Die Politik muss auf diese gesundheitlichen Implikationen zeitnah reagieren. Neben dringend erforderlichen Maßnahmen zur Reduktion der Ursachen der Klimakrise ist es auch nötig, dass die psychosoziale und psychotherapeutische Versorgung für die zukünftigen Herausforderungen ausgebaut wird“, sagt Dr. Nikolaus Melcop, Vizepräsident der BPtK.

»Die psychischen Folgen der Klimakrise treffen vulnerable Gruppen, wie Kinder und Jugendliche, sozial Benachteiligte oder Menschen mit psychischen Vorerkrankungen, besonders hart.“, betont Sabine Maur, Vizepräsidentin der BPtK. „Zum Schutz dieser Gruppen müssen spezifische Präventions- und Interventionsmaßnahmen entwickelt und etabliert werden.“

Um die psychische Gesundheit im Kontext der Klimakrise zu erhalten und zu fördern, sieht die BPtK insbesondere in den folgenden Bereichen politischen Handlungsbedarf:

  • Folgen der Klimakrise auf die psychische Gesundheit im öffentlichen Diskurs und bei politischen Entscheidungsprozessen unter Einbezug psychotherapeutischer Expertise berücksichtigen,
  • psychosoziale und (notfall-)psychotherapeutische Versorgung für zukünftig steigenden Bedarf anpassen,
  • Forschung zu klimaassoziierter psychischer Belastung und Interventionen zu deren Reduktion fördern,
  • Entwicklung und Umsetzung von Hitzeschutzplänen unter Berücksichtigung der psychischen Gesundheitsrisiken gesetzlich verankern,
  • strukturelle Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise zeitnah umsetzen.

BPtK erwirkt höhere Vergütung für die Behandlung von Bundeswehrangehörigen und Bundespolizist*innen in Privatpraxen

Anpassung der Vereinbarungen zum 1. September 2023

(BPtK) »Wir freuen uns sehr, dass wir eine Erhöhung der Vergütung mit dem Bundesverteidigungsministerium und dem Bundesinnenministerium verhandeln konnten und die Vergütung nun mit der Honorierung der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar ist“, erklärt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. Psychotherapeut*innen mit Kassenzulassung sind von dieser Anpassung nicht betroffen, da sie weiterhin über die Kassenärztlichen Vereinigungen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab abrechnen.  

Mit dem Bundesverteidigungsministerium wurde ein Zuschlag pro Behandlungsstunde vereinbart. Für psychotherapeutische Leistungen wird nach wie vor der 2,3-fache Satz gezahlt. Zusätzlich werden ab dem 1. September 2023 die Verhaltenstherapie und die Systemische Therapie mit einem Zuschlag von 17,50 Euro pro Behandlungsstunde und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und analytische Psychotherapie mit einem Zuschlag von 25,50 Euro pro Behandlungsstunde vergütet.

Bei der Rechnungstellung ist zur Abrechnung des Zuschlags die GOP-Ziffer für die erbrachte psychotherapeutische Leistung anzugeben und mit dem Zusatz „Z“ zu versehen.

Beispiel 1: Verhaltenstherapie

Kasseneinmischung gefährdet Patientenwohl

BPtK zum Entwurf eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert den Referentenentwurf zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), demzufolge sich Kranken- und Pflegekassen künftig massiv in psychotherapeutische und ärztliche Belange einmischen können. Geplant ist aktuell, dass Krankenkassen mit automatisierten Auswertungen von Gesundheitsdaten ihre Versicherten zu Gesundheitsrisiken beraten können. Aus Sicht der BPtK schadet eine solche Regelung mehr, als sie den Patient*innen nützt.

»Das Patientenwohl bleibt auf der Strecke, wenn Krankenkassen jederzeit auf Basis der Aktenlage in das Behandlungsgeschehen eingreifen können“, stellt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK, fest. Risiken zu beurteilen und zu entscheiden, welche Art der Behandlung erforderlich ist, ist eine Kernaufgabe von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen. Sie entscheiden dies im Einzelfall auf der Grundlage einer individuellen Diagnostik und Indikationsstellung unter Einbeziehung der Patient*innen. „Patient*innen werden erheblich verunsichert, wenn ihre Krankenkasse sie aus heiterem Himmel mit vermeintlichen Risiken für ihre Gesundheit konfrontiert“, warnt Dr. Benecke weiter.

Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert, vor dem Hintergrund ökonomischer Interessenkonflikte sowie negativer Erfahrungen der Versicherten bei der Beratung durch die Krankenkassen, unter anderem beim Krankengeldbezug auf eine Ermächtigung der Krankenkassen zur Einmischung in die Behandlung beziehungsweise den Zugang zur Behandlung grundsätzlich zu verzichten. Eine strikte Trennung von Versicherung und Versorgung ist unerlässlich.

Psychische Erkrankung erstmalig als Berufskrankheit anerkannt

BPtK begrüßt BSG-Urteil zur Posttraumatischen Belastungsstörung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt die Entscheidung des 2. Senats des Bundessozialgerichts (BSG), der zufolge erstmalig eine psychische Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wurde (Aktenzeichen B 2 U 11/20 R). Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) eines Rettungssanitäters könne wie eine Berufskrankheit eingestuft werden, obwohl psychische Erkrankungen nicht zu den in der Berufskrankheiten-Verordnung aufgezählten Berufskrankheiten gehören.

»Das Urteil des Bundessozialgerichts ist bahnbrechend und längst überfällig“, konstatiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Als Psychotherapeutenschaft fordern wir bereits seit Jahren, psychische Gefährdungen im Arbeitskontext konsequent im Berufskrankheitenrecht zu berücksichtigen. Rettungskräfte werden in ihrem Arbeitsalltag mit traumatisierenden Ereignissen konfrontiert. Sie sind oft die ersten an Unfallorten, erleben Tod, schwere Unglücke und Katastrophen mit. Und das immer und immer wieder. Wer solch traumatische Ereignisse erlebt, hat ein erhöhtes Risiko, an einer PTBS zu erkranken“, so Benecke weiter. „Natürlich gilt dies auch für andere Berufsgruppen wie Lokführer*innen, Einsatzkräfte und Soldat*innen, die im Rahmen ihrer Arbeit stark belastenden Ereignissen ausgesetzt sind.“ Nun hat auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil diesen Zusammenhang anerkannt. Das Berufskrankheitenrecht muss endlich angepasst werden. Dabei muss die Expertise von Psychotherapeut*innen unbedingt berücksichtigt werden. Dass Menschen, die unter einer im Arbeitskontext entstandenen psychischen Erkrankung leiden, immer noch jahrelang vor Gericht um ihr Recht kämpfen müssen, ist unfassbar“, so Benecke.

Für die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit muss eine eindeutig nachgewiesene Kausalkette zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Entstehung der Erkrankung vorliegen. Zudem muss das Risiko für die Entstehung dieser spezifischen Erkrankung für eine bestimmte Personen- bzw. Berufsgruppe deutlich erhöht sein.

BPtK kritisiert Diskriminierung fremdsprachiger Straftäter*innen

Bundestag beschließt Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz

(BPtK) Als diskriminierend bezeichnet die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) das vom Deutschen Bundestag am 22. Juni 2023 beschlossene Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz. Straftäter*innen mit fehlenden Deutschkenntnissen darf diesem Gesetz zufolge künftig die Suchtbehandlung verweigert werden. Lediglich in der Beschlussempfehlung zum Sanktionenrechts-Überarbeitungsgesetz wird darauf verwiesen, dass in Einzelfällen eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht abgelehnt werden könne, wenn die Suchtbehandlung ausnahmsweise über eine Sprachmittlung oder fremdsprachige Therapeut*innen sichergestellt werde oder in einer Einrichtung erfolgt, die auf die Behandlung in der jeweiligen Muttersprache der Personen ausgelegt ist (BT-Drs. 20/7026, S. 19).

»Menschen aufgrund fehlender Deutschkenntnisse die Suchtbehandlung zu verweigern, entbehrt jeder fachlichen Grundlage und ist deshalb diskriminierend“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Mit einer qualifizierten Sprachmittlung kann eine Behandlung fremdsprachiger Menschen erfolgreich durchgeführt werden; dieser Anspruch muss gesetzlich verankert werden. Ob eine günstige Behandlungsprognose besteht oder nicht, wird von Ärzt*innen oder Psychotherapeut*innen festgestellt. Eine solche Prognose bei Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse nur ausnahmsweise zu ermöglichen oder davon abhängig zu machen, ob zufällig fremdsprachige Therapeut*innen angestellt sind, ist nicht tragbar.“

Die BPtK hatte gefordert, dass Menschen, die nicht oder nicht ausreichend Deutsch sprechen, in einer Entziehungsanstalt zur Behandlung ihrer Suchterkrankung untergebracht werden können und ihre Behandlung über den Einsatz von qualifizierter Sprachmittlung sichergestellt werden sollte.

Die BPtK setzt sich gemeinsam mit anderen Organisationen der psychotherapeutischen, psychiatrischen und psychosozialen Versorgung in einem Positionspapier dafür ein, dass Sprachmittlung Behandlungen ermöglicht und eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung werden sollte.

Keine Abschiebung bei Krankheit!

Positionspapier: Anerkennung ärztlicher & psychotherapeutischer Expertise

(BPtK) Ein Bündnis aus sechs Verbänden der psychotherapeutischen, psychiatrischen und psychosozialen Versorgung, darunter die Bundespsychotherapeutenkammer, fordert den Gesetzgeber in einem Positionspapier auf, die Anerkennung ärztlicher und psychotherapeutischer Expertise in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren wiederherzustellen und die erhöhten Nachweispflichten zurückzunehmen.

»Wenn eine Geflüchtete* schwer traumatisiert ist, eine Abschiebung den psychischen Gesundheitszustand weiter verschlechtern würde oder sogar die Gefahr besteht, dass die Person aufgrund ihrer psychischen Erkrankung Suizid begeht, muss die Geflüchtete* geschützt werden. Dass psychotherapeutische Gutachten in Asylverfahren nicht mehr anerkannt werden, ist Schikane und erschwert Geflüchteten mit psychischen Erkrankungen, ihr Recht auf Schutz wahrzunehmen“, erklärt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).

Geflüchtete Menschen tragen derzeit die Beweislast, wenn es um den Nachweis von Erkrankungen im Asylverfahren geht. Sie verfügen in der Regel jedoch nicht über die Ressourcen oder den Zugang zu Fachkräften, um solche Stellungnahmen in Auftrag zu geben. Keine andere Personengruppe treffen derart hohe Anforderungen beim Nachweis von Erkrankungen, die im Zuge der gesetzlichen Verschärfungen im Asylrecht in den Jahren 2016 und 2019 noch erhöht wurden.

Aus diesem Grund fordern die Verbände:

  • Die Ermittlungspflicht muss bei den Behörden liegen;
  • Die Kosten für die anspruchsvollen Nachweise müssen von den zur Ermittlung verpflichteten Behörden getragen werden;
  • Stellungnahmen Psychologischer Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen müssen wieder berücksichtigt werden.

Damit eine Bescheinigung im Asylverfahren als qualifiziert gilt, muss sie nicht nur die Krankheitsvorgeschichte, die Untersuchungsmethoden und die Diagnose enthalten, sondern auch die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben.

Viele Behandler*innen können aus Kapazitätsgründen keine derart umfangreichen Stellungnahmen erstellen. Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, die mit der Versorgung von Geflüchteten in Berührung kommen, sind zudem regelmäßig mit dem Problem konfrontiert, dass ihre Expertise in der Beurteilung von Erkrankungen von Behörden oder Verwaltungsgerichten nicht berücksichtigt werden.

Im Bereich psychischer Erkrankungen wie der Posttraumatischen Belastungsstörung werden Atteste von Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen ohne Anführung fachlicher Gründe seit 2019 nicht mehr berücksichtigt. Infolgedessen bleibt es dem Zufall überlassen, ob Menschen eine fachärztliche Bescheinigung rechtzeitig einreichen können. Traumatisierten Menschen, die Sicherheit und Schutz in Deutschland suchen, droht die Abschiebung trotz Krankheit und Schutzbedarf.

Psychische Gesundheit von Menschen mit geistiger Behinderung stärken

BPtK anlässlich der Eröffnung der Special Olympics World Games

(BPtK) »Wir wollen Menschen mit geistiger Behinderung in ihrer Gesundheitskompetenz und im Umgang mit Stress und psychischen Belastungen stärken“, erklärt Dr. Andrea Benecke anlässlich der Eröffnung der Special Olympics World Games am 17. Juni 2023 in Berlin. „Als Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) wollen wir einen konkreten Beitrag dazu leisten, die psychische Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit geistiger Behinderung zu verbessern.“ Die BPtK ist seit 2018 Kooperationspartnerin des Gesundheitsprogramms Healthy Athletes®, das das Sportgroßereignis für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung begleitet.

Als weltweit größte inklusive Sportveranstaltung finden die Special Olympics World Games in diesem Jahr erstmalig in Deutschland statt. Mehr als 7.000 Athlet*innen mit geistiger und mehrfacher Behinderung treten vom 17. bis 25. Juni in 26 Sportarten miteinander an. Während der Sportwettbewerbe stehen kostenlose Beratungen und Untersuchungen in verschiedenen Gesundheitsbereichen zur Verfügung. Ziel des Moduls „Strong Minds – Innere Stärke“ aus dem Gesundheitsprogramm Healthy Athletes® ist es, die psychische Gesundheit der teilnehmenden Athlet*innen zu stärken und sie zu einem kompetenten Umgang mit Stress- und Belastungssituation zu befähigen.

»Wir wollen damit auch einen Beitrag leisten, den Zugang zu Präventionsangeboten für die psychische Gesundheit und einer guten psychotherapeutischen Versorgung zu verbessern. Menschen mit geistigen Behinderungen haben ein erhöhtes Risiko für psychische Belastungen und die Entwicklung psychischer Erkrankungen. Doch der Zugang zu professioneller Hilfe gestaltet sich für sie häufig noch als besonders schwierig“, betont BPtK-Vorstandsmitglied Cornelia Metge anlässlich der Eröffnung des Gesundheitsprogramms. „Unsere Versorgung ist häufig noch viel zu wenig auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zugeschnitten. Auch wir Psychotherapeut*innen müssen uns diesen Herausforderungen stellen.“

Die Weltspiele sind ein positives Beispiel dafür, wie über den gemeinsamen Sport Inklusion, gesellschaftliche Teilhabe und Sichtbarkeit gelingen kann. „Auch wir Psychotherapeut*innen nehmen durch die vielen persönlichen Begegnungen und Erlebnisse wichtige Eindrücke und Erfahrungen mit in unseren psychotherapeutischen Alltag“, erläutert Metge. „Den vielen sportbegeisterten Menschen aus aller Welt, die sich in dieser Woche in Berlin versammelt haben, wünsche ich viel Freude und Erfolg bei ihren Wettkämpfen und ganz viel Spaß bei den Special Olympics Weltspielen 2023 in Berlin!“

BPtK: Versorgung psychisch kranker Menschen kann nicht warten

Forderungen und Lösungsvorschläge für einen bedarfsgerechten und passgenauen Ausbau der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat heute im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin ein Konzept zur Weiterentwicklung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung vorgestellt. Mit dem vorgeschlagenen Maßnahmenbündel sollen gezielt die Wartezeiten auf eine Psychotherapie in ländlichen und strukturschwachen Regionen und in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen abgebaut werden. Zusätzlich soll für Patient*innen, die einen besonderen Unterstützungsbedarf haben, der Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung erleichtert werden. Die BPtK greift damit entsprechende Ziele des Koalitionsvertrags der Bundesregierung auf. Damit die Verbesserungen die Patient*innen noch in dieser Legislaturperiode erreichen, fordert die BPtK, die Vorschläge schnellstmöglich in Gesetzesreformen zu berücksichtigen.

»Menschen mit psychischen Erkrankungen brauchen jetzt Verbesserungen“, mahnt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Unsere Forderungen – ganz besonders die zur Bedarfsplanung – müssen deshalb noch in das erste Versorgungsgesetz aufgenommen werden. Wir fordern eine Absenkung der Verhältniszahlen in der psychotherapeutischen Bedarfsplanung um mindestens 20 Prozent“, so Benecke weiter. „87 Prozent der auf diese Weise geschaffenen zusätzlichen Kassensitze würden außerhalb von Großstädten entstehen. Außerdem würden die zusätzlichen Sitze den historisch schlechter versorgten Städten in Ostdeutschland und im Ruhrgebiet zugutekommen.“

»Unbehandelte oder zu spät behandelte psychische Erkrankungen im Kindesalter können im schlimmsten Fall das gesamte Leben beeinflussen – mit allen negativen Folgen für die soziale, schulische und berufliche Teilhabe“, warnt Cornelia Metge, Beisitzerin im Vorstand der BPtK. „Wir fordern deshalb, dass über die Absenkung der Verhältniszahlen in der psychotherapeutischen Bedarfsplanung auch mehr Sitze für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie geschaffen werden und künftig in einer eigenen Bedarfsplanungsgruppe geplant werden.“ Aufsuchende Angebote und sektorenübergreifende Unterstützung sind für psychisch kranke Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien ebenso besonders wichtig.

Ein wichtiger Fokus des Konzepts der BPtK liegt auf der Verbesserung der Versorgung von Patient*innen mit schweren psychischen Erkrankungen, länger andauernder Arbeits- oder Schulunfähigkeit und nach Krankenhausbehandlung. „Die Hürden der Richtlinie zur ambulanten Komplexversorgung müssen beseitigt werden, damit mehr Patient*innen mit schweren und komplexen psychischen Erkrankungen von diesem Angebot profitieren können“, sagt BPtK-Vizepräsident Dr. Nikolaus Melcop. „Außerdem sollte nach der Entlassung aus dem Krankenhaus die Bereitstellung einer ambulanten Anschlussbehandlung gesetzlich gefördert werden, damit Patient*innen zeitnah eine ambulante psychotherapeutische Weiterbehandlung erhalten.“

»Mit unserem Sechs-Punkte-Konzept zeigen wir, dass eine bedarfsgerechte und passgenaue Verbesserung der Versorgung nötig und möglich ist“, resümiert Benecke. „Jetzt ist die Politik am Zug. Eine Fortsetzung der stillen Rationierung durch künstliche Verknappung von Therapieplätzen lehnen wir ab.“

Breites Bündnis fordert Gesetzesänderung zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung

Anhörung am 3. Juli im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages

(BPtK) Ein breites Bündnis aus Studierenden der Psychologie und Psychotherapie, Psychotherapeut*innen in Ausbildung, staatlich anerkannten Ausbildungsstätten, Hochschullehrer*innen, Psychotherapeutenkammern, Psychotherapeutenverbänden und Mitgliedern der Gremien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung steht geschlossen hinter der Forderung des Studenten Felix Kiunke, die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung gesetzlich zu regeln. Seine beim Deutschen Bundestag eingereichte Petition hat mehr als 72.000 Unterstützer*innen gefunden und wird deshalb am 3. Juli 2023 Gegenstand einer Anhörung im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages sein.

Felix Kiunke steht kurz vor dem Abschluss seines Studiums der Klinischen Psychologie und Psychotherapie und möchte anschließend die Weiterbildung zum Fachpsychotherapeuten beginnen. Derzeit ist nicht gesichert, dass es für ihn und andere Absolvent*innen des neuen Studienganges ausreichend Weiterbildungsstellen gibt und sie eine Chance haben, die neue Weiterbildung zu absolvieren. Das hat gravierende Folgen auch für die Versorgung von psychisch kranken Menschen in Deutschland. Ohne Weiterbildung wird es in einigen Jahren keinen Nachwuchs mehr für die Psychotherapie von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen geben.

Seit der Reform von 2019 besteht die Psychotherapeutenausbildung aus einem Psychotherapiestudium an einer Universität und einer anschließenden Weiterbildung zum/zur Fachpsychotherapeut*in in Anstellung. In der Weiterbildung haben die approbierten Psychotherapeut*innen Anspruch auf ein angemessenes Gehalt. Die Psychotherapeutenkammern haben in den vergangenen Jahren unter Mitwirkung des gesamten Berufsstandes neue Weiterbildungsordnungen erarbeitet. Aber ohne Gesetzesänderung fehlen die finanziellen Mittel, damit Praxen, Ambulanzen und Kliniken genügend Weiterbildungsstellen schaffen können, die die Qualitätsanforderungen der Weiterbildungsordnungen erfüllen.

Salamitaktik bei Analyse der Wartezeiten verschleiert realen Umfang

vdek-Auswertung zu Wartezeiten in der Psychotherapie

(BPtK) Eine heute vom Verband der Ersatzkassen (vdek) veröffentlichte Analyse zu Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie versucht, das bestehende Versorgungsproblem kleinzurechnen. „Statt den gesamten Prozess der Wartezeit bis zum Beginn einer ambulanten Psychotherapie in den Blick zu nehmen, hat der vdek lediglich zwei kleinere Teilabschnitte betrachtet“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Mit dieser Salamitaktik verschleiert der vdek das reale Versorgungsproblem langer Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie.“ Eine Wartezeit bis zu 12 Tagen zwischen letzter psychotherapeutischer Sprechstunde und erster probatorischer Sitzung herauszustellen, ist irreführend. Zugleich Wartezeiten von mehr als 12 Monaten zu unterschlagen und auf die am besten versorgten 50 Prozent der Patient*innen abzustellen, statt den Durchschnitt zu verwenden, verstellt den Blick auf den tatsächlichen Handlungsbedarf in vielen Regionen. Auch Wartezeiten, die sich dadurch verlängern, dass Patient*innen mehrere Psychotherapeut*innen aufsuchen müssen, bis sie einen Therapieplatz erhalten, werden in der vdek-Analyse herausgerechnet.

Im Durchschnitt warten Patient*innen nach dem Erstgespräch circa 20 Wochen auf den Beginn der Behandlung. Das zeigen übereinstimmend Analysen der BPtK auf der Basis von Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und eine aktuelle Analyse der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. In dieser Zeit wird die Diagnostik und Indikationsstellung im Rahmen weiterer Sprechstundentermine abgeschlossen und in probatorischen Sitzungen geprüft, ob Patient*in und Psychotherapeut*in vertrauensvoll zusammenarbeiten können und das gewählte Behandlungsverfahren für die Patient*in passt. „Dieser Prozess könnte deutlich verkürzt werden und sollte idealerweise nach sechs bis acht Wochen abgeschlossen sein“, betont Dr. Benecke.

Psychotherapeut*innen müssen derzeit zum Teil Sprechstunden und probatorische Sitzungen über einen längeren Zeitraum strecken, bis sie einen regulären Therapieplatz anbieten können. Insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen gibt es schlicht viel zu wenige Psychotherapeutensitze. Die von der Ampel-Koalition angekündigte Reform der Bedarfsplanung ist überfällig. „Für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen und für Menschen in den ländlichen und strukturschwachen Regionen braucht es dringend zusätzliche Behandlungskapazitäten, mindestens im Umfang von 1.600 Sitzen“, fordert BPtK-Präsidentin Dr. Benecke. „Mehr Vermittlung über die Terminservicestellen, wie es der vdek vorschlägt, kann das Problem der fehlenden Therapieplätze nicht lösen. Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht vermittelt werden“, betont Benecke.