Neues Versorgungsangebot für schwer psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche

BPtK begrüßt G-BA-Richtlinie für eine teambasierte ambulante Komplexbehandlung

(BPtK) Das wichtige Reformvorhaben für eine koordinierte ambulante Versorgung von schwer psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen ist endlich auf den Weg gebracht worden“, konstatiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), anlässlich der gestrigen Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur ambulanten Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche. „Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den Besonderheiten der Versorgung von Kindern und Jugendlichen Rechnung getragen und mit der neuen Richtlinie die Grundlage für eine teambasierte multiprofessionelle Versorgung geschaffen.“

In den Teams arbeiten stets eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in und eine Kinder- und Jugendpsychiater*in systematisch zusammen. Die Patient*innen bzw. die Sorgeberechtigten wählen eine Psychotherapeut*in oder Ärzt*in als zentrale Ansprechpartner*in, die für sie die gesamte Behandlung plant („Bezugspsychotherapeut*in/-ärzt*in“). Teil des sogenannten „Zentralen Teams“ ist darüber hinaus eine nichtärztliche koordinierende Person, die bestimmte Koordinationsaufgaben übernehmen soll. Die Bezugspsychotherapeut*in /-ärzt*in sorgt dafür, dass alle beteiligten Leistungserbringer*innen koordiniert zusammenarbeiten und bedarfsabhängig auch Einrichtungen der Jugendhilfe, der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienste oder der Eingliederungshilfe in die Versorgung eingebunden werden.

»Schwer psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche mit einem komplexen psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungsbedarf benötigen häufig auch Leistungen aus anderen Hilfesystemen außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung“, erläutert Cornelia Metge, Vorstandsmitglied der BPtK. „Die Richtlinie bietet künftig den Rahmen für eine bessere Zusammenarbeit und Koordination der Leistungen an diesen Schnittstellen, zum Beispiel zur Jugendhilfe, zu Schule und Kita oder zur Eingliederungshilfe. Insbesondere die vorgesehenen regelmäßigen interdisziplinären Fallkonferenzen, die Teilnahme an SGB-übergreifenden Hilfekonferenzen und die verschiedenen Koordinationsleistungen können zum Gelingen einer gut abgestimmten multiprofessionellen Versorgung beitragen“, so Metge weiter.

»Der G-BA hat an vielen Stellen aus den Fehlern der Richtlinie für Erwachsene gelernt. Zentrale Hürden, wie Beschränkungen bei halben Versorgungsaufträgen, zu hohe Anforderungen an die Netzverbünde oder die Vorgabe von Doppeluntersuchungen, die aktuell noch die Entwicklung der ambulanten Komplexbehandlung bei Erwachsenen behindern, wurden bei der Richtlinie für Kinder und Jugendliche vermieden“, betont Dr. Benecke. „Problematisch ist allerdings die Vorgabe, dass stets eine nichtärztliche koordinierende Person Teil des Zentralen Teams sein muss, an die obligatorisch bestimmte Koordinationsleistungen von der Psychotherapeut*in bzw. Ärzt*in zu delegieren sind“, kritisiert die BPtK-Präsidentin. „Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen können selbst am besten beurteilen, in welchen Fällen und an wen eine Delegation von Koordinationsleistungen sinnvoll und effizient ist und auch bei Patient*innen und Kooperationspartner*innen Akzeptanz findet. Darüber hinaus bestehen auch bei den dafür vorgesehenen Gesundheitsberufen ein Fachkräftemangel bzw. lange Wartezeiten, sodass ein neues Nadelöhr entstehen könnte.“

Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie

in der 6. Amtsperiode konstituiert

(BPtK) Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie (WBP) hat am 11. März 2024 in seiner konstituierenden Sitzung für die sechste Amtsperiode (2024 bis 2028) als Vorsitzende Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Bernhard Strauß, Jena und Univ.-Prof. Dr. med. Dr. theol. Gereon Heuft, Münster gewählt.

Gemäß § 8 PsychThG wird der WBP gemeinsam von der Bundespsychotherapeutenkammer und der Bundesärztekammer gebildet. Von der Bundespsychotherapeutenkammer sind Prof. Dr. Siegfried Gauggel, Prof. Dr. Nina Heinrichs, Prof. Dr. Falk Leichsenring, Prof. Dr. Bernhard Strauß, Prof. Dr. Kirsten von Sydow und Prof. Dr. Ulrike Willutzki als Mitglieder berufen worden. Als deren Stellvertreter*innen wurden Dr. Dagmar Nuding, Prof. Dr. Tina In-Albon, Prof. Dr. Svenja Taubner, Prof. Dr. Christina Hunger-Schoppe, PD Dr. Maya Krischer und Prof. Dr. Wolfgang Lutz benannt. Von der Bundesärztekammer wurden Prof. Dr. Michael Linden, Prof. Dr. Alexandra Philipsen, Prof. Dr. Dr. Gereon Heuft, Prof. Dr. Johannes Kruse, Prof. Dr. Georg Romer und Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne als Mitglieder berufen. Als deren Stellvertreter*innen wurden Prof. Dr. Anil Batra, Prof. Dr. Andreas Bechdolf, Prof. Dr. Hans-Christoph Friederich, Prof. Dr. Ulrike Dinger-Ehrenthal, Prof. Dr. Christine M. Freitag und Prof. Dr. Christian Fleischhaker benannt. Aufgabe des Gremiums ist zum einen die gutachterliche Beratung von Behörden zur Frage der wissenschaftlichen Anerkennung von einzelnen psychotherapeutischen Verfahren und Methoden.

Zum anderen befasst sich der WBP mit Anfragen psychotherapeutischer Fachverbände hinsichtlich der wissenschaftlichen Anerkennung von Psychotherapieverfahren und -methoden. Darüber hinaus greift der WBP aus eigener Initiative Fragen der Psychotherapieforschung auf.

Die Geschäftsführung des WBP wechselt in jeder Amtsperiode und liegt in dieser sechsten Amtsperiode bei der Bundespsychotherapeutenkammer. Nähere Informationen einschließlich der Liste der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des WBP sind auf der Internetseite www.wbpsychotherapie.de abrufbar.

Psychische Gesundheit in der EU fördern

BPtK-Positionen zur Europawahl 2024

(BPtK) Anlässlich der anstehenden Wahl zum Europäischen Parlament macht die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) mit einem Positionspapier auf Forderungen der Profession aufmerksam. In fünf Handlungsfeldern hat die BPtK festgehalten, welche Ziele und Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit auf EU-Ebene auf die politische Agenda gehören.

»Wir erwarten von der EU, die Prävention psychischer Erkrankungen, einen besseren Zugang zur Versorgung und die Integration psychisch kranker Menschen in den Arbeitsmarkt mit Nachdruck in den Blick zu nehmen“, fordert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Angesichts langer Arbeitsausfälle und einer hohen Anzahl an Frühberentungen infolge psychischer Erkrankungen, der daraus resultierenden hohen Kosten für die Gesundheits- und Sozialsysteme, sowie angesichts des fortschreitenden Fachkräftemangels muss die EU bei diesem Thema aktiv handeln. “

»Die EU-Kommission hat mit der EU Mental Health Strategy einen ersten, wichtigen Schritt unternommen, die psychische Gesundheit in der EU zu stärken. Damit diese Ansätze auch spürbare Wirkungen entfalten, sind mehr Verbindlichkeit, klare Zeitziele und ein Monitoring des Umsetzungsstands ebenso wie eine ausreichende Finanzierung dringend erforderlich“, so Dr. Nikolaus Melcop, Vizepräsident der BPtK.

Die BPtK fordert anlässlich der Europawahl 2024:

  • die psychische Gesundheit in der EU konsequent und wirkungsvoll zu fördern,
  • Kinder und Jugendliche vor psychischen Gefahren nachhaltig zu schützen,
  • die Menschenrechte als Fundament für die psychische Gesundheit zu achten,
  • Gesundheitsdaten zu schützen und die Patientensouveränität zu stärken,
  • das Subsidiaritätsprinzip und die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen zu wahren.

Diskriminierung, Hass und Hetze schaden der Psyche

Psychotherapeutenschaft positioniert sich für gesellschaftliches Klima der Offenheit, Vielfalt und Toleranz

(BPtK) Anlässlich der vielen Demonstrationen, mit denen sich derzeit Menschen bundesweit für Demokratie und ein gesellschaftliches Klima der Offenheit, Vielfalt und Toleranz einsetzen, erklärt Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK): „Demokratie und die Wahrung der Grund- und Menschenrechte sichern den Frieden und die Freiheit aller Menschen in diesem Land. Denn eine freie Entwicklung der Persönlichkeit, wie sie die demokratischen Grundwerte jedem und jeder Einzelnen zusichern, ist die Grundlage für psychische Gesundheit. Diskriminierung, Hass und Hetze bedrohen das psychisch gesunde Aufwachsen und Leben massiv.“

Die Psychotherapeutenschaft hat sich bereits auf dem 43. Deutschen Psychotherapeutentag im November 2023 mit einer Resolution gegen ein Klima der Angst und Intoleranz ausgesprochen. Damit hat sich der Berufsstand gegen menschenfeindliche und antidemokratische Gruppierungen positioniert, die mit Hass und volksverhetzenden Parolen versuchen, die Gesellschaft zu spalten, indem sie Angst und Intoleranz verbreiten und bestimmte Personengruppen ausgrenzen. Diffamierungen, Stigmatisierungen, Diskriminierungen, Antisemitismus und Rassismus gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und darüber hinaus auch die psychische Unversehrtheit und Gesundheit oder sogar das Leben, wenn körperliche Gewalt ausgeübt wird. Der 43. Deutsche Psychotherapeutentag appellierte an alle Verantwortlichen, diesen Entwicklungen entschieden entgegenzutreten.

Gemeinsames Vorgehen gegen Diskriminierung und Rassismus notwendig

BPtK nimmt Studienergebnisse zur strukturellen Diskriminierung beim Zugang zur Psychotherapie sehr ernst

(BPtK) Im November 2023 veröffentlichte das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderte Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) eine Studie mit dem Titel „Rassismus und seine Symptome. Bericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors mit dem Schwerpunkt Gesundheit“. Die Benachteiligungen bei der Terminvergabe für Menschen mit Nachnamen, die auf eine türkische oder nigerianische Herkunft hindeuten, waren bei der Psychotherapie unter den untersuchten Fachgruppen am stärksten ausgeprägt.

Zu den Ergebnissen der Studie positioniert sich der Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) wie folgt:

»Die Ergebnisse der Studie des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors sind mit Blick auf Psychotherapeut*innen beschämend. Der Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer nimmt die Ergebnisse der Studie sehr ernst und zum Anlass, die bereits bestehenden Ansätze zum Vorgehen gegen strukturellen Rassismus und Diskriminierung innerhalb der Profession zu überprüfen, die Auseinandersetzung mit diesem Thema zu intensivieren und umgehend weitere Maßnahmen zu ergreifen. Unser Ziel muss sein, noch stärker für das Problem des Rassismus in der Psychotherapie zu sensibilisieren und gemeinsam jeder Form von Rassismus entschieden entgegenzutreten.“

Wissenschaftler*innen des DeZIM-Instituts untersuchten im Zeitraum Juni bis November 2022 die Diskriminierungserfahrungen im deutschen Gesundheitswesen und befragten dazu bundesweit mehr als 21.000 Personen. Im Fokus der Untersuchungen standen der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen sowie ihre Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung. Stichproben zufällig ausgewählter Praxen für Allgemeinmedizin, Dermatologie, Radiologie und Psychotherapie ergaben, dass Patient*innen, deren Namen mit anderen Ländern als Deutschland in Verbindung gebracht werden, trotz identisch formulierter Terminanfragen bei der Terminvergabe benachteiligt werden. Die Wahrscheinlichkeit, einen Termin zu bekommen, lag in psychotherapeutischen Praxen bei türkischen Namen um zwölf Prozentpunkte und bei nigerianischen Namen um acht Prozentpunkte niedriger als bei deutschen Namen.

Geflüchtete drei Jahre von Psychotherapie auszuschließen, ist fatal

Änderung des AsylbLG erschwert Versorgung und erhöht Kosten

(BPtK) »Wer von Krieg oder Flucht traumatisiert ist, kann nicht drei Jahre auf eine Psychotherapie warten. Psychisch kranke Menschen benötigen frühzeitig psychotherapeutische Versorgung – unabhängig von der Herkunft“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Dass Geflüchtete zukünftig drei Jahre eingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten sollen, ist eine fatale Entscheidung.“

Mit dem am 18. Januar 2024 beschlossenen Rückführungsverbesserungsgesetz hat der Deutsche Bundestag auch eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes beschlossen, der Schutzsuchende doppelt so lange wie bisher von der Regelversorgung ausschließt. Statt 18 Monaten erhalten Schutzsuchende zukünftig 36 Monate lang nur eingeschränkte Gesundheits- und Sozialleistungen. Das Asylbewerberleistungsgesetz gewährt in diesem Zeitraum grundsätzlich nur eine Akut- und Schmerzbehandlung. Psychotherapie wird nur in Einzelfällen genehmigt.

»Das hat gravierende Auswirkungen auf die Versorgung psychisch kranker Geflüchteter“, so Benecke. „Unbehandelt oder zu spät behandelt, können sich psychische Erkrankungen verschlechtern oder chronifizieren. Behandlungskosten erhöhen sich, obwohl sie durch frühzeitige Behandlung vermeidbar wären.“ Bereits heute kann die Nachfrage nach Versorgung psychisch kranker Geflüchteter nicht gedeckt werden. Mit der erfolgten gesetzlichen Verschärfung wird es für Geflüchtete noch schwerer werden, psychotherapeutische, psychosoziale oder psychiatrische Unterstützung zu erhalten.

Die BPtK hatte gemeinsam mit weiteren Organisationen in einem Positionspapier auf die gesundheitlichen Folgen bei der Verdoppelung der Asylleistungsbeschränkungen von 18 auf 36 Monate aufmerksam gemacht und an die Bundestagsabgeordneten appelliert, sich gegen eine Änderung auszusprechen.

BPtK: geplantes QS-Verfahren ambulante Psychotherapie nachteilig für Patientenversorgung

Gemeinsamer Bundesausschuss beschließt Erprobung

(BPtK) »Das geplante QS-Verfahren ambulante Psychotherapie wird keine Qualitätsverbesserungen bringen, sondern sich sogar nachteilig auf die Patientenversorgung auswirken. Die Umsetzung wird viel Zeit von Psychotherapeut*innen in Anspruch nehmen, die dringend für die Behandlung von Patient*innen benötigt wird“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die vom IQTIG für das QS-Verfahren entwickelten Instrumente sind schlicht ungeeignet, um die Qualität in der psychotherapeutischen Versorgung zu sichern und Verbesserungen anzustoßen. Allein durch die Erprobung entstehen schon enorme Kosten“, ergänzt Vizepräsident Dr. Nikolaus Melcop.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte den gesetzlichen Auftrag, bis Ende 2022 ein datengestütztes, einrichtungsvergleichendes QS-Verfahren in der ambulanten Psychotherapie einzuführen. Vor diesem Hintergrund war das IQTIG beauftragt worden, die Instrumente für ein solches QS-Verfahren für erwachsene Patient*innen zu entwickeln, die eine Richtlinienpsychotherapie erhalten. Wissenschaftler*innen kritisierten jedoch mehrfach und umfassend die Instrumente der fallbezogenen Dokumentation durch die Psychotherapeut*innen und die Patientenbefragung. „Die zahlreichen methodischen und inhaltlichen Zweifel an diesem Verfahren haben letztlich den G-BA dazu veranlasst, erstmals eine mehrjährige Erprobung eines QS-Verfahrens vorzusehen, ehe es bundesweit ausgerollt werden soll“, erläutert Dr. Melcop. Das QS-Verfahren soll laut G-BA-Beschluss ab 2025 über sechs Jahre in Nordrhein-Westfalen als Modellregion erprobt werden.

Allein für die QS-Dokumentation sind bei jeder Patient*in über 100 Datenfelder überwiegend per Hand auszufüllen, um insgesamt neun Qualitätsindikatoren zu berechnen. „Obwohl die Evidenz für die vermeintlichen Qualitätspotenziale vollkommen unzureichend ist, soll mit einem enormen bürokratischen Aufwand eine Vielzahl von Standardprozessen für jede Patient*in gesondert dokumentiert werden“, kritisiert BPtK-Präsidentin Dr. Andrea Benecke.

Hinzu kommen voraussichtlich neun weitere Qualitätsindikatoren auf Basis der Patientenbefragung, deren Überarbeitung derzeit noch im G-BA beraten wird. „Der vorliegende Fragebogen erfüllt wichtige wissenschaftliche Standards nicht und wurde von zahlreichen Expert*innen umfassend kritisiert, ohne dass bislang eine Besserung in Sicht ist“, ergänzt Melcop. Zudem sollen den Praxen die Ergebnisse der Patientenbefragung lediglich anonymisiert und zusammengefasst über all jene Patient*innen zurückgemeldet werden, die in einem Zwei-Jahres-Zeitraum ihre Therapie beendet haben. Die in der Psychotherapie behandelten Patient*innen unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer Erkrankungen, des Schweregrades und der Chronizität, der resultierenden Einschränkungen und schließlich der Behandlungsdauer und Behandlungsverfahren viel zu stark, als dass sie in einem einheitlichen QS-Verfahren sinnvoll zusammengefasst werden könnten. „Belastbare Qualitätsaussagen und gezielte Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung werden sich daraus für die einzelnen Praxen nicht ableiten lassen“, betont Dr. Melcop.

Der Richtlinienbeschluss wird nun vom Bundesministerium für Gesundheit rechtlich geprüft. Wird die Richtlinie nicht beanstandet, tritt sie in Kraft. Das Antrags- und Gutachterverfahren, das laut Gesetz durch das neue QS-Verfahren abgelöst werden soll, bleibt während der sechsjährigen Erprobung weiterhin bestehen. Die ambulante Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie ist von der Erprobung des QS-Verfahrens ausgenommen.

Nein zur Verlängerung des Bezugszeitraums eingeschränkter Gesundheitsleistungen für Asylbewerber*innen

Gemeinsamer Appell von BPtK und Verbänden aus dem Bereich der psychotherapeutischen, psychosozialen und psychiatrischen Versorgung

(BPtK) Aktuell plant die Bundesregierung, Asylbewerber*innen den Zugang zur psychotherapeutischen und ärztlichen Versorgung zu erschweren. Zukünftig könnte ihnen drohen, dass sie für 36 statt bisher 18 Monate nur eingeschränkte Gesundheitsleistungen erhalten. Das würde die Versorgungssituation für psychisch erkrankte Menschen, die Schutz in Deutschland suchen, massiv verschlechtern. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF), die Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT), die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die Bundesdirektorenkonferenz (BDK), der Arbeitskreis der Chefärzt*innen der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankhäusern in Deutschland (ackpa), Ärzte der Welt, der Berufsverband Deutscher Psychiater und die Deutsch-Türkische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosoziale Gesundheit (DTGPP), fordern in einem gemeinsamen Appell, dass die Bundesregierung von Plänen, den Bezugszeitraum für eingeschränkte Gesundheits- und Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu verlängern, absieht.

»Wer Politik auf Kosten der Gesundheit von Schutzsuchenden betreibt, handelt unethisch und erhöht sogar die volkswirtschaftlichen Folgekosten“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Das ist Politik ohne Sinn und Verstand. Ich fordere die Bundespolitik deshalb auf, diese Pläne nicht weiter zu verfolgen. Denn wenn psychische Erkrankungen zu spät behandelt werden, dauert die Behandlung länger und wird teurer. Mit einer psychischen Erkrankung fällt es außerdem schwerer, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren.“

Im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Entwurfs eines Rückführungsverbesserungsgesetzes im Innenausschuss des Deutschen Bundestages wurde eine entsprechende Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes bereits von den Fraktionen der SPD und der FDP thematisiert. Ein Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 6. November 2023 hatte ebenfalls eine Verlängerung des Bezugszeitraums eingeschränkter Gesundheits- und Sozialleistungen nach dem AsylbLG gefordert.

BPtK begrüßt Zulassung der Systemischen Therapie bei Kindern und Jugendlichen

G-BA erweitert psychotherapeutisches Behandlungsangebot

(BPtK) »Mit der heute vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossenen Zulassung der Systemischen Therapie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen wird die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Heranwachsenden um eine ganz wichtige Behandlungsmöglichkeit erweitert“, erklärt die Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Dr. Andrea Benecke.

»Die Systemische Therapie ist schon lange in der Erziehungsberatung, der stationären Jugendhilfe und den kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen der Krankenhäuser stark verbreitet und wird dort erfolgreich angewandt“, ergänzt Cornelia Metge, Vorstandsmitglied der BPtK. „Die Zulassung der Systemischen Therapie ist zudem eine wichtige Weichenstellung für die psychotherapeutische Weiterbildung und ermöglicht, dass künftig Psychotherapeut*innen in größerem Umfang Systemische Therapie in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen anbieten können“, so Metge weiter.

Grundlage der Entscheidung war die Prüfung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Dieses hat der Systemischen Therapie einen Nutzen insbesondere bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Angst- und Zwangsstörungen, Essstörungen, Hyperkinetischen Störungen und substanzbezogenen Störungen attestiert. „Auf dieser Basis wurde das komplexe Bewertungsverfahren zügig und mit positivem Ergebnis abgeschlossen. Der G-BA hat damit einen wichtigen Beitrag für die evidenzbasierte Weiterentwicklung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung geleistet“, erläutert BPtK-Präsidentin Benecke.

Die Systemische Therapie kann künftig als Kurzzeittherapie mit bis zu zweimal zwölf Therapiestunden und als Langzeittherapie mit bis zu 48 Stunden durchgeführt werden. Jetzt müssen noch Abrechnungsdetails geregelt werden, sodass die Systemische Therapie den Versicherten voraussichtlich ab der zweiten Jahreshälfte 2024 zur Verfügung steht.

Die Systemische Therapie betont die Bedeutung der sozialen, insbesondere der familiären Beziehungen für die Entstehung und Behandlung von psychischen Erkrankungen. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Systemischen Therapie ist es dabei, Stärken der Patient*in und des Bezugssystems zu nutzen und gemeinsam Lösungen für die Probleme und Konflikte zu entwickeln. Für einen möglichst unmittelbaren und nachhaltigen Therapieerfolg können dazu wichtige Bezugspersonen wie Eltern und Geschwister oder ganze (Patchwork-)Familien sowie weitere wichtige Personen aus den Lebensbereichen der Patient*in in die Therapie einbezogen werden. Um das besser zu ermöglichen, kann die Systemische Therapie auch in einem eigenen Setting, dem Mehr-Personen-Setting, durchgeführt werden.

Bundestag beauftragt Regierung: Weiterbildung finanzieren!

Petition zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung liegt nun beim BMG

(BPtK) Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) muss sich mit der unzureichenden Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung auseinandersetzen. Der Deutsche Bundestag hat heute die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses angenommen und an das Bundesgesundheitsministerium zur Berücksichtigung überwiesen.  

»Damit wird der Bundesgesundheitsminister nun auch vom Parlament aufgefordert, endlich zu handeln“, so Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Wenn die psychotherapeutische Weiterbildung in Praxen, Ambulanzen und Kliniken nicht endlich hinreichend finanziert wird, wird es nicht genügend Fachpsychotherapeut*innen für die Versorgung geben“, warnt Benecke.

Der Kassler Psychologiestudent Felix Kiunke hatte im März 2023 eine Petition (148151) beim Deutschen Bundestag eingereicht und die ausreichende Finanzierung der ambulanten und stationären psychotherapeutischen Weiterbildung gefordert. Nur so können Weiterbildungsplätze für die verpflichtende ambulante und stationäre Weiterbildung zur Fachpsychotherapeut*in in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt werden und die Absolvent*innen der im Jahr 2019 neu geregelten Master-Studiengänge Psychologie/Psychotherapie ihre berufliche Qualifizierung unter verlässlichen finanziellen Rahmenbedingungen fortsetzen.

Im Juli 2023 hatte der Petitionsausschuss das Thema in einer öffentlichen Anhörung beraten und im Dezember 2023 den Bundestagsabgeordneten das höchstmögliche Votum empfohlen. Danach ist die Petition von der Bundesregierung zu berücksichtigen. Nach der heutigen formalen Entscheidung des Bundestages muss sich nun das Bundesgesundheitsministerium mit dieser Angelegenheit befassen.