Kinder und Jugendliche besser vor sexueller Gewalt schützen

BPtK nimmt Stellung zum Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums

(BPtK) Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen kann ihre körperliche und psychische Gesundheit ein Leben lang schwerwiegend schädigen. Jegliche Form sexueller Gewalt gegen Minderjährige muss daher unterbunden oder möglichst frühzeitig aufgedeckt und effektiv verfolgt werden. Gelingt dies nicht, sollten die Betroffenen einen Anspruch auf individuelle Aufarbeitung haben. Das ist ihnen eine Gesellschaft schuldig, deren Institutionen bei der Verhinderung sexueller Gewalt versagt haben.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt daher nachdrücklich, dass das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) das 2010 ins Leben gerufene Amt der bzw. des Unabhängigen Beauftragten auf eine dauerhafte gesetzliche Grundlage stellen will. „Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind ein notwendiger erster Schritt, um Kinder – auch im digitalen Raum – besser vor sexueller Gewalt zu schützen und die betroffenen Menschen bei der individuellen Aufarbeitung zu unterstützen“, bewertet BPtK-Präsidentin Dr. Andrea Benecke den Referentenentwurf.

Die BPtK sieht Psychotherapeut*innen dabei in einer besonderen Verantwortung, frühzeitig sowohl Gefährdungen zu erkennen als auch die Betroffenen bei der Bewältigung zu unterstützen. „Psychotherapie ist das zentrale Mittel, um die Leiden der in Kindheit und Jugend von sexueller Gewalt betroffenen Menschen zu heilen oder zu lindern und sie zugleich in die Lage zu versetzen, sich mit dem erlittenen Unrecht auseinanderzusetzen und verbriefte Rechte einzufordern“, so Benecke.

Die BPtK kritisiert allerdings, dass das BMFSFJ in diesem Gesetzentwurf die Psychotherapeut*innen nicht als eigene Berufsgruppe angemessen berücksichtigt hat. „Psychotherapeut*innen können ihre Verantwortung nur wahrnehmen, wenn Patient*innen sich darauf verlassen können, dass das psychotherapeutische Gespräch unter besonderem Schutz steht“, stellt die Präsidentin der BPtK klar. „Das ist die Maxime, unter der Psychotherapeut*innen arbeiten.“ Dem sollten die Änderungen im Gesetz zu Kooperation und Information im Kinderschutz Rechnung tragen, wenn es darum geht, die Schnittstelle zum medizinischen Kinderschutz zu verbessern. Die BPtK fordert, dass der Gesetzgeber durch explizite Nennung von Psychotherapeut*innen deutlich macht, dass den Besonderheiten der Therapeut-Patient-Beziehungen in Psychotherapien Rechnung getragen wird.  

Zu einem besseren Schutz gehört auch, dass die von sexueller Gewalt betroffenen Kinder und Jugendlichen rechtzeitig psychotherapeutische Unterstützung und Behandlung erhalten können. Die BPtK fordert deshalb dazu auf, mit den neu geschaffenen, gesetzlich verankerten Strukturen ein Gesamtkonzept zu erarbeiten, das Prävention, Aufarbeitung und individuelle Hilfen einschließt. Hierzu gehört insbesondere eine bedarfsgerechte psychotherapeutische Versorgung. Die geplante forschungsbasierte Berichtspflicht zur Identifizierung von Lücken und Bedarfen für wirkungsvolle Ansätze zu Prävention, Intervention und Hilfen sowie zu Forschung und Aufarbeitung kann dabei eine Schlüsselrolle spielen.

Elektronische Patientenakte bleibt freiwillig

BPtK begrüßt Widerspruchsregelung im EU-Gesundheitsdatenraum

(BPtK) Die Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) Dr. Andrea Benecke zeigt sich erleichtert über die Ergebnisse der Trilogverhandlungen zwischen EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission zu Widerspruchsregelungen (Opt-out-Regelungen) im Verordnungsentwurf eines Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS): „Ob man seine Gesundheitsdaten teilen oder für Forschungszwecke spenden möchte, bleibt eine freie Entscheidung“, so Benecke. „Das Widerspruchsrecht der Patient*innen schwächt den EU-Gesundheitsdatenraum nicht, sondern stärkt dessen Akzeptanz.“

Die BPtK hatte sich in den Verhandlungen zum EU-Gesundheitsdatenraum dafür eingesetzt, dass mindestens eine Widerspruchsregelung gesetzlich verankert wird.

»Weil psychische Erkrankungen immer noch mit Stigmatisierung und Diskriminierung verbunden sind, ist es insbesondere für Menschen mit psychischen Erkrankungen wichtig, dass Patient*innen die Hoheit über ihre Gesundheitsdaten behalten“, so Dr. Nikolaus Melcop, Vizepräsident der BPtK.

Patient*innen können den Zugriff von Angehörigen der Gesundheitsberufe auf ihre Daten in der elektronischen Patientenakte (ePA) verweigern. Sie erhalten Zugang zu den Daten in der ePA nur dann, wenn dies für die Behandlung erforderlich ist. EU-weit sollen elektronische Patientenakten zukünftig eine Patientenkurzakte, elektronische Rezepte, medizinische Bilder und Laborergebnisse enthalten. Damit sichert die EU Patient*innen die freiwillige Nutzung der ePA und freiwillige Forschungsdatenspende zu.

In den Trilogverhandlungen wurde zudem festgelegt, dass für Forschungszwecke ausschließlich anonymisierte oder pseudonymisierte Gesundheitsdaten verwendet werden dürfen. Die Datennutzung ist für bestimmte Zwecke vorgesehen und erlaubt auch die kommerzielle Forschung. Die Datennutzung für Werbezwecke oder zur Bewertung von Versicherungsverträgen wurde ausgeschlossen.

Die Reform gestalten, statt Ankündigungen verwalten!

Appell des 44. DPT an Bundesminister Lauterbach

(BPtK) Zum Auftakt des 44. Deutschen Psychotherapeutentages (DPT), der am 12. und 13. April in Würzburg stattfindet, richten die Delegierten einen Appell an Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Lauterbach, die Versorgung psychisch kranker Menschen endlich zu stärken. Die vom Bundesminister vor über einem Jahr angekündigten Versorgungsreformen liegen immer noch nicht vor.

»Wiederholte Ankündigungen und vorläufige Arbeitsentwürfe sind keine Gesetze. Psychisch kranke Menschen brauchen Taten – und kein Warten“, so Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der BPtK. „Der Bundesgesundheitsminister muss die für die Gesetzgebung verbleibende Zeit gut nutzen und jetzt die psychotherapeutische Versorgung der Zukunft sichern und gestalten. Die im Koalitionsvertrag benannten Reformvorhaben sind überfällig und müssen endlich in ein Gesetz münden.“

Die Delegierten betonen, dass der Handlungsbedarf auch angesichts der Zunahme psychischer Erkrankungen, der wachsenden Nachfrage nach psychotherapeutischer Behandlung und der weiter ansteigenden gesellschaftlichen Folgekosten aufgrund später oder fehlender Behandlung dringend ist. Sie fordern Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf, die Weiterentwicklung der ambulanten und stationären psychotherapeutischen Versorgung psychisch kranker Menschen sicherzustellen.

Die zentralen Reformprojekte aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sollen dazu endlich umgesetzt werden:

eine Bedarfsplanungsreform, die zusätzliche Kassensitze für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen schafft,

  • eine Bedarfsplanungsreform, die zusätzliche Kassensitze für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen schafft,
  • einen Ausbau der Behandlungsangebote in der ambulanten Komplexversorgung,
  • eine leitliniengerechte psychotherapeutische Versorgung und eine bedarfsgerechte Personalausstattung in der stationären Versorgung.

Finanzierung der Weiterbildung, Antidiskriminierung und Qualitätssicherung

Der 44. Deutsche Psychotherapeutentag fand vom 12. bis 13. April 2024 in Würzburg statt

(BPtK) In Würzburg, einem historisch bedeutsamen Ort für die neuzeitliche Psychotherapie, begrüßte am 12. und 13. April 2024 die Versammlungsleitung die Delegierten des 44. Deutschen Psychotherapeutentages (DPT). Dr. Bruno Waldvogel, Vizepräsident der Psychotherapeutenkammer Bayern, zeichnete nach, wie in Würzburg seit dem 20. Jahrhundert bedeutende Vertreter*innen der Profession die Psychotherapie und die psychotherapeutische Versorgung vorangetrieben und weiterentwickelt haben. In der NS-Diktatur unterstützten Professionsangehörige, die zuvor bei bedeutenden Psychotherapeut*innen auch jüdischen Glaubens gelernt hatten, die menschenverachtende Politik Adolf Hitlers. „Nie wieder!“ – das muss für die deutschen Parlamente gelten. „Nie wieder!“ – das ist auch die Haltung der Profession.

BPtK-Fachtag Antisemitismus, Rassismus: Diskriminierung in der Psychotherapie

08.10.2024, 9:30 bis 16:30 Uhr, digital

(BPtK) Wie kann eine diskriminierungssensible Psychotherapie ausgestaltet werden? Welche spezifischen Versorgungsbedürfnisse haben Patient*innen, die von Rassismus oder Antisemitismus betroffen sind? Der BPtK-Fachtag „Antisemitismus, Rassismus: Diskriminierung in der Psychotherapie“ möchte gemeinsam mit Expert*innen diese Fragen beleuchten und die Auseinandersetzung mit diesen Themen in der Profession fördern.

Der Fachtag findet am Dienstag, 08.10.2024, 9:30 bis 16:30 Uhr, digital statt. Das vollständige Programm wird zeitnah veröffentlicht.

Die Veranstaltung richtet sich an Mitglieder der Profession. Für die Veranstaltung werden Fortbildungspunkte beantragt.

Gerne können Sie sich für die Veranstaltung bereits anmelden unter: veranstaltung@bptk.de

Neu: Ergotherapie per Blankoverordnung möglich

BPtK hat Praxis-Info Ergotherapie aktualisiert

(BPtK) Seit dem 01.04.2024 können Psychotherapeut*innen eine Blankoverordnung für Ergotherapie ausstellen. Diese neue Option erstreckt sich auf die beiden Diagnosegruppen „Wahnhafte und affektive Störungen/Abhängigkeitserkrankungen“ (PS3) und „Dementielle Syndrome“ (PS4). Bei einer Blankoverordnung legen die Ergotherapeut*innen selbst das konkrete ergotherapeutische Heilmittel, die Menge und die Frequenz der Behandlungseinheiten fest und übernehmen auch die wirtschaftliche Verantwortung. Psychotherapeut*innen können dabei stets entscheiden, ob eine Verordnung als Blankoverordnung erfolgt. In psychotherapeutisch begründeten Fällen kann von einer Blankoverordnung abgesehen werden.

Hintergrund dieser Änderung ist, dass Ergotherapeut*innen die Möglichkeit erhalten sollen, ihre Therapie patientenindividuell und bedarfsgerecht zu gestalten und an den Behandlungsverlauf anzupassen. Blankoverordnungen unterliegen nicht den üblichen Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Verzichtet Psychotherapeut*innen bewusst auf eine Blankoverordnung, bleiben sie jedoch in der wirtschaftlichen Verantwortung für die Behandlung.

Möglich wurde die neue Form der Verordnung durch eine gesetzliche Regelung, nach der die Heilmittelverbände mit dem GKV-Spitzenverband Verträge zur Blankoverordnung abschließen können. Der aktuelle Vertrag beschränkt sich auf die Blankoverordnung von Ergotherapie bei bestimmten Diagnosegruppen. Entsprechende Verträge zu weiteren Heilmitteln sollen in den kommenden Jahren folgen. Diese Neuerung hilft, in der Versorgungspraxis wiederholt erforderliche Korrekturen in den Verordnungsformularen und damit bürokratischen Aufwand zu vermeiden, und ebnet den Weg für eine noch effizientere Zusammenarbeit zwischen den Professionen.

Was Psychotherapeut*innen bei einer Blankoverordnung im Einzelnen zu beachten haben, ist in der überarbeiteten Fassung der von der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) veröffentlichten Praxis-Info Ergotherapie dargestellt.

Gemeinsam und entschlossen für eine Gesetzesänderung zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung

Breite Beteiligung an Kundgebung im Vorfeld des DPT

(BPtK) Im Vorfeld des 44. Deutschen Psychotherapeutentages (DPT) haben sich heute in Würzburg Studierende, Hochschullehrer*innen, Psychotherapeut*innen in Ausbildung, neuapprobierte Psychotherapeut*innen, Vertreter*innen von Ausbildungsstätten, Psychotherapeutenverbänden, Psychotherapeutenkammern und Delegierte des DPT zu einer Kundgebung versammelt. Sie fordern von der Bundesregierung, die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung endlich gesetzlich zu regeln. Die Kundgebung wurde auch von der Bayerischen Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention Judith Gerlach unterstützt.

Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer, wies auf die gravierenden Folgen fehlender Regelungen für die Versorgung psychisch kranker Menschen in Deutschland hin: „Ohne eine Gesetzesänderung werden viele Absolvent*innen des neuen Studiengangs Psychologie/Psychotherapie keine Weiterbildungsstellen finden, die sie brauchen, um Fachpsychotherapeut*innen zu werden. Ohne Fachpsychotherapeut*innen ist die psychotherapeutische Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht mehr sichergestellt.“

Im März 2023 hatte der Student Felix Kiunke beim Deutschen Bundestag eine Petition eingereicht, die mehr als 72.000 Unterstützer*innen fand und in eine öffentliche Anhörung am 3. Juli 2023 mündete. Im Januar forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung mit höchstmöglichem Votum auf, sich mit der unzureichenden Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung auseinanderzusetzen.

»Die Finanzierungslücke ist klar definiert. Die Maßnahmen, sie zu schließen, liegen lange auf dem Tisch. Jetzt muss der Bundesgesundheitsminister handeln, um die Finanzierung der Weiterbildung zu sichern“, forderte Benecke.

Seit der Reform von 2019 besteht die Psychotherapeutenausbildung aus einem Psychotherapiestudium an einer Universität und einer anschließenden Weiterbildung in Anstellung zur Fachpsycho­therapeut*in. In der Weiterbildung haben die bereits approbierten Psychotherapeut*innen Anspruch auf ein angemessenes Gehalt. Die Psychotherapeutenkammern haben in den vergangenen Jahren unter Mitwirkung des gesamten Berufsstandes neue Weiterbildungsordnungen erarbeitet und verabschiedet. Aber ohne Gesetzesänderung fehlen die finanziellen Mittel, damit Praxen, Ambulanzen und Kliniken genügend Weiterbildungsstellen schaffen können. 

Selbstbestimmte Änderung des Namens- und Personenstands für trans* Personen endlich möglich

Selbstbestimmungsgesetz positiv für psychische Gesundheit

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) befürwortet den Entwurf eines Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG – BT-Drs. 20/9049), der am 12. April 2024 im Deutschen Bundestag zur abschließenden Beratung aufgesetzt ist.

»In der eigenen Geschlechtsidentität anerkannt und mit dem präferierten Vornamen angesprochen zu werden, ist für die psychische Gesundheit wesentlich“, erklärt BPtK-Präsidentin Dr. Andrea Benecke. „Dass die diskriminierende und pathologisierende Begutachtung vor einer Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen zukünftig abgeschafft wird, ist ein überfälliger Schritt, um trans*, intergeschlechtliche und non-binäre Personen in ihrer Selbstbestimmung zu stärken“, so die BPtK-Präsidentin weiter.

Neu ist, dass eine Änderung des Geschlechtseintrags bei Minderjährigen zukünftig die Erklärung über eine Beratung unter anderem bei einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in oder im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe erfordert. „Notwendig sind weiterhin der Ausbau und die verlässliche Finanzierung kostenloser Beratungsangebote für trans*, intergeschlechtliche und non-binäre Personen“, so Sabine Maur, Vizepräsidentin der BPtK.

Minderjährige ab dem 14. Lebensjahr sollen die Erklärung über die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen sowie über die Beratung eigenständig, aber mit Zustimmung der Sorgeberechtigten abgeben können. Bei Minderjährigen bis zum 14. Lebensjahr müssen die Sorgeberechtigten eine Erklärung über die Änderung und die Beratung abgeben. Die Bundespsychotherapeutenkammer und der Deutsche Psychotherapeutentag hatten sich in der Vergangenheit schon mehrfach in Stellungnahmen und Resolutionen für ein Selbstbestimmungsgesetz ausgesprochen.

Verbesserungen der Versorgung psychisch kranker Menschen jetzt!

BPtK sieht dringenden Nachbesserungsbedarf am Arbeitsentwurf eines Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes

(BPtK) Anlässlich des veröffentlichten Arbeitsentwurfs eines Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) begrüßt die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erste Schritte unternommen hat, um die Versorgung psychisch kranker Menschen zu stärken. Aus Sicht der BPtK sind weitere Nachbesserungen dringend notwendig.

»Der Vorschlag für eine eigene Bedarfsplanungsgruppe für Leistungserbringer*innen, die überwiegend oder ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandeln, ist ein wichtiger Schritt. Damit können lange Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie für Kinder und Jugendliche abgebaut und die Versorgungskapazitäten regional besser geplant werden. Das allein reicht aber nicht aus. Bundesminister Lauterbach muss die Versorgungsbedarfe von Menschen mit psychischen Erkrankungen insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen insgesamt in den Entwurf des GSVG integrieren“, fordert BPtK-Präsidentin Dr. Andrea Benecke.

Seit Jahren fordert die BPtK eine Reform der Bedarfsplanung, um Wartezeiten abzubauen und die psychotherapeutische Versorgung insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen zu verbessern. Die Stärkung der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ist angesichts der zunehmenden psychischen Belastungen und nochmals gestiegenen Wartezeiten mehr als überfällig. Außerdem muss endlich sichergestellt werden, dass in den psychiatrischen Krankenhäusern ausreichend Personal für eine leitliniengerechte psychotherapeutische Versorgung zur Verfügung steht. Alle zentralen Vorhaben der Ampelkoalition zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen wurden bislang nicht angepackt.

»Außerdem appellieren wir an Bundesminister Lauterbach, die psychotherapeutische Weiterbildung in ausreichendem Umfang zu finanzieren und dies im GVSG zu verankern. Auch hier muss noch in dieser Legislaturperiode gehandelt werden!“, ergänzt Benecke. „Qualifizierter Nachwuchs ist für die zukünftige Versorgung psychisch kranker Menschen unverzichtbar!“

Die BPtK hat frühzeitig konkrete Vorschläge zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung und Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung vorgelegt.

Kernanliegen für die psychotherapeutische Versorgung sind insbesondere:

  • Die unzumutbar langen Wartezeiten auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz müssen über eine Reform der Bedarfsplanung insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen abgebaut werden. Dafür müssen die Verhältniszahlen um mindestens 20 Prozent abgesenkt werden.
  • Die Kassensitze für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie sind in einer eigenen Bedarfsplanungsgruppe gesondert zu planen.
  • In den psychiatrischen Krankenhäusern muss eine leitliniengerechte psychotherapeutische Versorgung ermöglicht werden. Die Minutenwerte für Psychotherapie in der PPP-Richtlinie müssen so angehoben werden, dass Patient*innen 100 Minuten Einzeltherapie pro Woche erhalten können.
  • In die Primärversorgungszentren müssen psychotherapeutische Angebote integriert werden.

Für die Finanzierung der Weiterbildung müssen gesetzliche Regelungen geschaffen werden:

  • für die ambulante Weiterbildung in Praxen die Möglichkeit zur Ausweitung des zulässigen Praxisumfangs und – analog zur Förderung der Weiterbildung zur Hausärzt*in oder grundversorgenden Fachärzt*in – einen Gehaltszuschuss;
  • für Weiterbildungsambulanzen eine Berücksichtigung realistischer Weiterbildungskosten bei den Vergütungsverhandlungen mit den Krankenkassen;
  • für die stationäre Weiterbildung eine Finanzierung zusätzlicher Personalstellen für Weiterbildungsteilnehmer*innen in den psychiatrischen Kliniken.

BPtK: PPP-Richtlinie muss um Qualitätsvorgaben ergänzt werden

G-BA verzögert vollständige Erfüllung der Mindestpersonalvorgaben in der Psychiatrie um weitere drei Jahre

(BPtK) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gibt den psychiatrischen Kliniken weitere drei Jahre Zeit, die Mindestvorgaben der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-Richtlinie) vollständig umzusetzen. Bis 2027 reicht es, die Vorgaben weiterhin nur zu 90 Prozent und ab 2028 zu 95 Prozent zu erfüllen. Zudem wurde der Sanktionsfaktor für die Nicht-Erfüllung der Mindestvorgaben um über 60 Prozent abgesenkt.

»Die in der PPP-Richtlinie festgelegten Mindestpersonalvorgaben sind viel zu niedrig angesetzt und völlig ungeeignet, um eine leitliniengerechte Versorgung sicherzustellen“, kritisiert Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Dass selbst die vollständige Umsetzung der PPP-Richtlinie nun um weitere drei Jahre aufgeschoben wird, wird das noch vorhandene Personal weiterhin über seine Belastungsgrenzen hinaus beanspruchen.“

Das über die Untergrenzen hinaus für eine leitliniengerechte Behandlung notwendige Personal soll in den Budgetverhandlungen vor Ort mit den Krankenkassen ausgehandelt werden. „Was fehlt, sind verbindliche Vorgaben dazu, wie viel mehr Personal erforderlich ist, um eine leitliniengerechte Behandlung sicherstellen zu können. Nur mit zusätzlichen Qualitätsvorgaben, deren Unterschreitung nicht sofort zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs führt, kann die Versorgungsqualität in den psychiatrischen Kliniken langfristig verbessert werden. Wir begrüßen deshalb, dass der G-BA die Ergänzung der PPP-Richtlinie um verbindliche Qualitätsvorgaben jetzt ausdrücklich prüfen will“ , so Benecke weiter.

Wie groß die Lücke zu einer leitliniengerechten Versorgung ist, haben die Ergebnisse eines vom Innovationsfonds des G-BA geförderten Projekts zur Personalausstattung für eine leitliniengerechte Versorgung in der Psychiatrie (EPPIK) aufgezeigt, die am 14. März in Berlin vorgestellt wurden. Für eine leitliniengerechte Behandlung von Regelpatient*innen in der Psychiatrie müssten demnach zusätzlich zu den ärztlichen Leistungen Psychotherapeut*innen im Umfang von 250 Minuten pro Patient*in und Woche zur Verfügung stehen. Dies entspricht circa einer Vollzeit-Psychotherapeut*in auf zehn Patient*innen. Zum Vergleich: Bei aktuell rund 50 Minuten, die einer Psychotherapeut*in gemäß PPP-Richtlinie für eine Patient*in wöchentlich zur Verfügung stehen soll, betreut eine Vollzeit Psychotherapeut*in circa 48 Patient*innen. In den Minutenwerten sind neben der Zeit für die Behandlung mit Psychotherapie auch alle weiteren für die Versorgung erforderlichen Aufgaben, wie zum Beispiel Team- und Fallbesprechungen, Dokumentation oder die Organisation der weiteren Behandlung, enthalten.